Leitsatz (amtlich)
Die in der sowjetischen Besatzungszone bei den Sozialversicherungsanstalten begonnen und der Deutschen Versicherungsanstalt fortgesetzten Selbstversicherungen für den Fall der Invalidität oder der Berufsunfähigkeit, des Alters und des Todes sind Rentenversicherungen bei deutschen Versicherungsträgern iS des FAG SV ; die Versicherungszeiten sind in der Rentenversicherung der Arbeiter anzurechnen.
Normenkette
SVFAG §§ 1, 4
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 31. Oktober 1958 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 17. Dezember 1957 werden aufgehoben.
Die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen wird verpflichtet, der Klägerin einen Bescheid über die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit aus der Rentenversicherung der Arbeiter vom 1. Dezember 1956 an zu erteilen.
Die Beigeladene hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Klägerin begehrt Rente wegen Berufsunfähigkeit. Sie lebte als Hausfrau in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bis November 1956 und übersiedelte dann in das Bundesgebiet (Oldenburg). In der SBZ war sie von August 1950 bis August 1955 freiwillig gegen Invalidität und Alter versichert. Sie entrichtete 32 Beiträge an die Sozialversicherungsanstalten (SVAen) und von April 1953 an weitere 29 Beiträge an die Deutsche Versicherungsanstalt (DVA). Von dieser erhielt sie von September 1955 bis November 1956 Invalidenrente. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Versicherung bei der DVA eine gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des früheren Fremdrentenrechtes (Fremd- und Auslandsrentengesetz - FremdRG aF - vom 7. August 1953 - BGBl I 848) gewesen ist.
Die Beklagte verneinte dies, rechnete demnach die Beiträge zur DVA nicht auf die Wartezeit an und lehnte den im November 1956 gestellten Rentenantrag durch Bescheid vom 15. Juni 1957 ab. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Oldenburg nach Beiladung der Landesversicherungsanstalt (LVA) Oldenburg-Bremen ab. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen wies die Berufung zurück und ließ die Revision zu: Die Klägerin gehöre zwar zum Personenkreis des § 1 Abs. 2 FremdRG aF, sei ferner - mindestens seit Antragstellung - berufsunfähig, auch sei die Anwartschaft erhalten, soweit es bis Dezember 1956 noch darauf ankomme; die Wartezeit von 60 Kalendermonaten sei jedoch nicht erfüllt, weil die Versicherungszeiten bei der DVA hierauf nicht anrechenbar seien; die Rente könne daher nicht gewährt werden (Urteil vom 31. Oktober 1958).
Gegen das Urteil legte die Klägerin Revision ein; sie rügte eine Verletzung des § 1 FremdRG aF und beantragte, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung der Rente zu verurteilen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.
Nachdem das Fremdrentenrecht mit Wirkung vom 1. Januar 1959 neu geregelt worden ist (Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz - FANG - vom 25. Februar 1960, BGBl I 93), sind sich die Beteiligten einig geworden, daß der Klägerin ein Rentenanspruch vom 1. Januar 1959 an zusteht. Die Beklagte meint, daß zur Feststellung der Rente die beigeladene LVA zuständig sei; sie beantragte daher, die Revision zurückzuweisen, soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten begehrt.
Die Revision ist zulässig und teilweise begründet, da zwar nicht die Beklagte, wohl aber die Beigeladene zu verpflichten ist, der Klägerin vom 1. Dezember 1956 an Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Der Anspruch der Klägerin läßt sich allerdings nicht schon auf § 4 Abs. 4 Satz 3 FremdRG aF stützen, denn die in der SBZ bezogene Rente ist nicht "nach Reichsrecht", sondern nach den hiervon abweichenden Vorschriften der SBZ festgestellt worden. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Klägerin mit den in der SBZ zurückgelegten Versicherungszeiten die Wartezeit erfüllen kann. Entgegen der Auffassung des LSG ist das jedoch zu bejahen.
Für das neue - vom 1. Januar 1959 an geltende - Fremdrentenrecht bestimmt § 1 der Verordnung (VO) über die Anerkennung von Systemen und Einrichtungen der sozialen Sicherheit als gesetzliche Rentenversicherungen vom 11. November 1960 (BGBl I 849): "Die in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands bestehenden Systeme der Sozialversicherung für den Fall der Invalidität und des Alters ... werden als gesetzliche Rentenversicherungen anerkannt, soweit die Zugehörigkeit zu diesen Systemen beruht auf ... der freiwilligen Versicherung, mit der eine bei der Sozialversicherung begonnene Selbstversicherung fortgesetzt wird, und Träger der Versicherung die Deutsche Versicherungsanstalt ist." Nach dem neuen Recht sind demnach die Beiträge zur DVA auf die Wartezeit anzurechnen. Die gleiche Rechtslage bestand aber bereits nach dem alten Fremdrentenrecht.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FremdRG aF werden in den Rentenversicherungen die bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 zurückgelegten Versicherungszeiten für die Wartezeit wie die in den Rentenversicherungen im Bundesgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten angerechnet § 1 Abs. 2 unterscheidet zwischen deutschen und nichtdeutschen Versicherungsträgern. Die deutschen Versicherungsträger werden in § 1 Abs. 7 definiert. Die Versicherungsträger in der SBZ (SVAen und DVA) sind hiernach deutsche Versicherungsträger. Den Begriff der Rentenversicherung erläutert das Gesetz in § 1 Abs. 6 Satz 2 zunächst gemeinsam für die deutschen und die nichtdeutschen Versicherungen. Als Rentenversicherung gelten danach Rentenversicherungen für den Fall der Invalidität oder der Berufsunfähigkeit, des Alters und des Todes. Anhand dieser Begriffsbestimmung hat der Senat bereits früher die Anforderungen, die an die Rentenversicherungen bei nichtdeutschen Versicherungsträgern zu stellen sind, im einzelnen dargelegt (BSG 6, 263). Für die Rentenversicherungen bei deutschen Versicherungsträgern gibt das Gesetz selbst eine zusätzliche Definition. Nach § 1 Abs. 6 Satz 3 sind darunter die Rentenversicherung der Arbeiter (Invalidenversicherung), die Rentenversicherung der Angestellten (Angestelltenversicherung) und die knappschaftliche Rentenversicherung sowie die nach dem 8. Mai 1945 außerhalb des Bundesgebietes und des Landes Berlin an deren Stelle getretenen Rentenversicherungen zu verstehen. Bei diesen Rentenversicherungen ist demnach auch die geschichtliche Entwicklung wesentlich. Sie zeigt hier, daß die bei den SVAen begonnene und bei der DVA fortgesetzte Rentenversicherung der Klägerin zu den Rentenversicherungen gehört hat, die an die Stelle der Rentenversicherungen der Arbeiter, der Angestellten und der knappschaftlichen Rentenversicherung getreten sind.
Nach dem Kriegsende wurden in der SBZ die SVAen errichtet, die durch die VO über die Sozialversicherung (SV) vom 26. April 1951 (GBl der SBZ S. 325) vom 1. Mai 1951 an zu einer einheitlichen SVA vereinigt worden sind. Diesen Anstalten ist durch die VO über die Sozialpflichtversicherung - VSV - vom 28. Januar 1947 (Arbeit und Sozialfürsorge - AuS - Amtl. Organ der deutschen Verwaltung für Arbeit und Sozialfürsorge in der SBZ S. 92) die gesamte Sozialpflichtversicherung übertragen worden. Versicherungspflichtig waren alle in unselbständiger Arbeit stehenden Beschäftigten ungeachtet der Höhe ihres Verdienstes (§ 3 a VSV), daneben selbständig Erwerbstätige und Unternehmer mit ihren Familienmitgliedern (§ 3 b-d). Auf Grund der ebenfalls am 28. Januar 1947 erlassenen VO über die freiwillige und zusätzliche Versicherung in der SV-VfzV (AuS S. 102) führten die SVAen außerdem die freiwillige Versicherung in der SV für die nicht versicherungspflichtigen Personen ohne Altersbegrenzung durch. Gemäß dieser VO hat die Klägerin am 1. August 1950 ihre freiwillige Versicherung bei der SVA Mark Brandenburg begonnen und zunächst hierzu und später zu der einheitlichen SVA ihre Beiträge entrichtet.
Bald zeigten sich jedoch Bestrebungen, die SV bei der SVA auf die Arbeiter und Angestellten zu beschränken. Die auszusondernden Versicherungen sollten auf die im Jahre 1952 errichtete DVA übergeleitet werden, die als "volkseigene Versicherungsanstalt nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Rechnungsführung" arbeitete und Sach- und Personenversicherungen jeder Art abschließen konnte (§§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 der VO über die Errichtung der DVA vom 6. November 1952 - GBl der SBZ S. 1185 -).
In der VO über die Herausnahme der freiwilligen Versicherungen aus der SV vom 19. März 1953 (GBl der SBZ S. 463) hatten die - auch im Vorwort der VO erkennbaren - Bestrebungen einen ersten Erfolg; ihren Abschluß erreichten sie mit der VO zur Übertragung der SV für Bauern, Handwerker, selbständig Erwerbstätige und Unternehmer sowie freiberuflich Tätige auf die DVA vom 2. März 1956 (GBl der SBZ S. 257), die die DVA vom 1. Januar 1956 an zum Träger der SV für diesen Personenkreis erklärte (§ 1), und mit der VO über die SV der Arbeiter und Angestellten vom 23. August 1956 (GBl der SBZ S. 681), die dem Gewerkschaftsbund der Zone "die gesamte politische, organisatorische und finanzielle Leitung der SV der Arbeiter und Angestellten" übertrug (§ 1 Abs. 1).
Die VO vom 19. März 1953 wollte alle freiwilligen Versicherungen in der SV am 31. März 1953 enden lassen (§ 1 Abs. 1); von da an sollte nur noch die DVA nach ihren Tarifen Versicherungsschutz auf freiwilliger Grundlage bieten (Vorwort der VO, §§ 1 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 1). Immerhin sollten jedoch einige Personengruppen, die bei der SV freiwillig oder pflichtversichert waren, darunter freiwillig versicherte Frauen, die - wie die Klägerin - am 31. März 1953 das 45. Lebensjahr vollendet hatten, "zur Aufrechterhaltung ihrer Ansprüche" die freiwillige Versicherung bei der DVA nach einem Sondertarif fortführen können (§ 4 Abs. 2).
Diese VO wurde jedoch schon nach drei Monaten durch die VO über die Neuregelung der freiwilligen Versicherungen der SV-Neuregelungs-VO vom 25. Juni 1953 (GBl der SBZ S. 823) rückwirkend aufgehoben und durch eine Regelung ersetzt, die zwar wiederum neue Selbstversicherungen in der SV von April 1953 an grundsätzlich ausschloß (§ 2 Abs. 4), aber wenigstens den bisher in der SV Weiterversicherten unter gewissen Bedingungen erlaubte, ihre Versicherung dort fortzusetzen (§ 2 Abs. 1 und 3). Für die Selbstversicherten, zu denen die Klägerin gehörte, bestimmte § 2 Abs. 2: "Personen, die bis zum 31. März 1953 freiwillig bei der Sozialversicherung auf Invaliden- und Altersrente versichert waren ... und ... keinen Anspruch aus einer Pflichtversicherung haben, können die erworbenen Ansprüche zu unveränderten Bedingungen bei der Deutschen Versicherungs-Anstalt aufrechterhalten". Hierzu war nach der ersten Durchführungsbestimmung vom 6. Juli 1953 (GBl der SBZ S. 865) ein Antrag erforderlich, der bis 31. Oktober 1953 zu stellen war. War der Antrag gestellt, wurde die Versicherung bei der DVA in dem bisherigen Versichertenausweis der SV bestätigt (§ 2 Abs. 5) und nunmehr die DVA zu den Leistungen verpflichtet, die die VfzV vom 28. Januar 1947 vorsah (§ 4 Abs. 2). Sie entsprachen denen der Sozialpflichtversicherung (§§ 49 - 59 VSV), und diese Übereinstimmung blieb auch weiter gewahrt. Bereits die erste Durchführungsbestimmung ließ für die "nach § 2 Abs. 2 der Verordnung bei der Deutschen Versicherungs-Anstalt freiwillig Versicherten" die Rentenerhöhungs-VO vom 25. Juni 1953 (GBl der SBZ S. 822) gelten (§ 2 Abs. 7), und bei den folgenden Rentenerhöhungen in der SV wurden die Renten aus diesen Versicherungsverhältnissen stets gleichermaßen erhöht. (Gesetz vom 16. November 1956 - GBl der SBZ S. 1279 - § 1 Abs. 3; VO vom 28. Mai 1958 - GBl der SBZ S. 442 - § 6). Daß die Verbindung zur SV nicht völlig gelöst war, zeigte ferner § 2 Abs. 6 der ersten Durchführungsbestimmung zur Neuregelungs-VO, welcher bestimmte: "Werden nach § 2 Abs. 2 der VO bei der Deutschen Versicherungs-Anstalt freiwillig versicherte Personen versicherungspflichtig, so gehen ihre Ansprüche gegen die Deutsche Versicherungs-Anstalt auf die Sozialversicherung über. Die Zeit der Versicherung bei der Deutschen Versicherungs-Anstalt gilt für die Sozialversicherung als Versicherungszeit im Sinne des § 49 Abs. 4 der Verordnung über die Sozialpflichtversicherung vom 28. Januar 1947 (VSV)". Auf Grund der Neuregelungs-VO hat die Klägerin ihr freiwilliges Versicherungsverhältnis vom 1. April 1953 an bei der DVA aufrechterhalten und nun ihre Beiträge zur DVA geleistet.
Die geschilderte Entwicklung bestätigt, daß die bei den SVAen begonnene und bei der DVA fortgesetzte freiwillige Versicherung der Klägerin eine Rentenversicherung im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 3 FremdRG aF gewesen ist. Für die Versicherung bei den SVAen haben das die Beteiligten des Rechtsstreits und die Vorinstanzen anerkannt. Durch die nach Kriegsende in der SBZ bei den SVAen einheitlich durchgeführte SV sind die bis dahin nach Versicherungszweigen gegliederten gesetzlichen Rentenversicherungen ersetzt worden. "An deren Stelle" sind aber nicht nur diejenigen Rentenversicherungen getreten, die in sachlichem Recht den bisherigen Vorschriften entsprachen. Eine solche Einschränkung wäre mit dem Sinn und Zweck des FremdRG aF nicht vereinbar. Das Gesetz will die Kriegsfolgen im Bereich der SV regeln und die Anwartschaften auf Sozialleistungen darum grundsätzlich schützen (BSG aaO, 264). Dieser Wille des Gesetzgebers ist auch bei der Auslegung des § 1 Abs. 6 Satz 3 zu beachten; er verbietet es, bei abweichenden sozialen Sicherungssystemen den Unterschieden im materiellen Recht, in der Organisationsform und im Rechtsschutz ein zu großes Gewicht beizulegen (BSG aaO, 265). Für die Anwendung des § 1 Abs. 6 Satz 3 FremdRG a.F. muß es deshalb genügen, daß die abgelösten und die neuen Rentenversicherungen im wesentlichen übereingestimmt haben; ist das der Fall, so sind auch die über das frühere Recht hinausgehenden Rentenversicherungen "an die Stelle" der bisherigen Rentenversicherungen getreten. Die bei den SVAen einheitlich durchgeführte SV ist aber ihrem Wesen nach eine Rentenversicherung der Arbeiter, Angestellten und der im Bergbau Beschäftigten geblieben; bei der Selbstversicherung, die eine besondere Form der sozialen Rentenversicherung darstellt (BSG 3, 201, 202), ist zwar das bestehende Recht, das sie nur bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres zuließ (§§ 21 AVG aF, 1234 RVO aF), über die Altersgrenze erweitert worden; hierbei handelt es sich jedoch um eine Abweichung, die nicht entscheidend sein kann. Die bei den SVAen neu zulässig gewordenen Selbstversicherungen sind darum zu den Rentenversicherungen zu rechnen, die an die Stelle von Rentenversicherungen der Arbeiter, Angestellten sowie der knappschaftlichen Rentenversicherung getreten sind.
Mit der Übertragung dieser Versicherungen auf die DVA gemäß § 2 Abs. 2 der Neuregelungs-VO hat nur ein weiterer Ablösungsvorgang stattgefunden. Im Gegensatz zu dem ersten hat er sich allerdings auf einen Teil der bisherigen Rentenversicherungen beschränkt. In diesem Teilbereich wird aber die neue Ablösung nochmals von § 1 Abs. 6 Satz 3 FremdRG aF erfaßt, weil insoweit wiederum Rentenversicherungen "an die Stelle" von Rentenversicherungen der Arbeiter, der Angestellten sowie der knappschaftlichen Rentenversicherung getreten sind. Dies gilt um so mehr, als die in der SV begründeten freiwilligen Rentenversicherungen bei der DVA "zu unveränderten Bedingungen aufrechterhalten" und von den übrigen Versicherungen der DVA deutlich gesondert worden sind; ihre Identität ist also bis auf den Wechsel des Versicherungsträgers erhalten geblieben. Daß diese Versicherungen nach dem Sprachgebrauch der SBZ nun nicht mehr zur "Sozialversicherung" gerechnet wurden, ist demgegenüber nicht entscheidend; ebensowenig kommt es darauf an, wie die sonstigen Versicherungen bei der DVA rechtlich zu beurteilen sind; im vorliegenden Falle ist nur zu prüfen, ob die nach § 2 Abs. 2 Neuregelungs-VO übergeleiteten Versicherungen Rentenversicherungen im Sinne des FremdRG aF geblieben sind; das ist aber nach § 1 Abs. 6 Satz 3 des Gesetzes zu bejahen.
Das LSG hat somit zu Unrecht die Beiträge der Klägerin zur DVA nicht auf die Wartezeit angerechnet. Seine Entscheidung, daß die Beklagte zu Leistungen an die Klägerin nicht verpflichtet sei, ist jedoch aus einem anderen Grund zutreffend. Denn die Beklagte ist für diese Leistungen nicht passiv legitimiert.
Nach § 1 Abs. 1 FremdRG aF richtet sich der Leistungsanspruch "gegen den nach § 7 zuständigen Versicherungsträger". Für den vorliegenden Fall läßt sich jedoch aus § 7 nichts darüber entnehmen, ob die Beklagte oder die Beigeladene zuständig ist, den Rentenanspruch festzustellen. Es muß daher geprüft werden, welchem Versicherungszweig der Bundesrepublik die Versicherungszeiten der Klägerin zugewiesen sind; diese Frage ist in § 4 Abs. 2 FremdRG aF geregelt. Der Wortlaut dieser Vorschrift gibt für den vorliegenden Rechtsstreit allerdings wiederum keine klare Antwort. Denn keiner der dort genannten Zuordnungsfälle betrifft den vorliegenden Sachverhalt. Die einzelnen Anknüpfungspunkte, wie die Art der Beschäftigung in der SBZ (Satz 1), die Besonderheit der Versicherung oder des dortigen Versicherungsträgers (Satz 3, 1. Halbs. und Satz 4) oder die Zuordnung einer freiwilligen Versicherung entsprechend der vorangegangenen Pflichtversicherung (Satz 3, 2. Halbs.) bieten auch keine Grundlage, sie hier entsprechend anzuwenden. Für eine Zuordnung nach der Wahl des Berechtigten findet sich im Gesetz gleichfalls keine Stütze. Nur die Normen der Sätze 2 und 5 ließen sich im Falle der Klägerin vielleicht entsprechend anwenden. Satz 2 greift ein, wenn Zeiten einer im Herkunftslande versicherungspflichtigen Beschäftigung sich nicht nach der Art der Beschäftigung einordnen lassen; wäre eine gleichartige Beschäftigung in der Bundesrepublik nicht versicherungspflichtig gewesen, so werden die Versicherungszeiten der Rentenversicherung der Angestellten zugewiesen. Satz 5 ist eine Auffangnorm für die Versicherungszeiten, die nach den vorangegangenen Sätzen weder in der Angestelltenversicherung noch in der knappschaftlichen Rentenversicherung einzuordnen sind; Satz 5 ist anzuwenden, wenn die Zuordnung in diesen Versicherungszweigen "mangels ausreichenden Beweises oder Glaubhaftmachung" nicht möglich ist. Im vorliegenden Fall beruht die Unklarheit der Zuordnung zwar auf rechtlichen Gründen; der Vergleich beider Auffangnormen ergibt jedoch, daß Satz 5 umfassender ist; nach dem Grundgedanken der gesetzlichen Zuordnungsregelung bietet es sich daher an, die vorhandene Gesetzeslücke hier in der Weise zu füllen, daß Satz 5 analog auf die Fälle erstreckt wird, in denen Rechtsgründe der Anrechnung in der Angestellten- und der knappschaftlichen Rentenversicherung entgegenstehen. Dies bedeutet, daß die von der Klägerin in der SBZ zurückgelegten Versicherungszeiten der Rentenversicherung der Arbeiter zuzurechnen sind, und hat zur Folge, daß nach dem FremdRG aF nicht die Beklagte, sondern die beigeladene LVA als der nach § 7 FremdRG aF örtlich zuständige Versicherungsträger der Arbeiterrentenversicherung die Leistungen festzustellen hat. An dieser Zuständigkeit der Beigeladenen hat das FANG nichts geändert, da Art. 6 § 6 Abs. 6 des Gesetzes den Wechsel einer bisher begründeten Zuständigkeit ausdrücklich ausgeschlossen hat.
Die somit für die Feststellung des erhobenen Anspruchs zuständige Beigeladene kann noch in der Revisionsinstanz zur Rentengewährung verurteilt werden. Das ergibt sich aus § 75 Abs. 5 SGG, der auch im Revisionsverfahren gilt (§§ 165, 153 Abs. 1 SGG). Der Verurteilung steht der Mangel eines entsprechenden Antrages nicht entgegen. Denn, wie das Bundessozialgericht (BSG 9, 67, 70) schon ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 75 Abs. 5 SGG unterstellt, daß ein Kläger zwar in erster Linie die Verurteilung des beklagten Versicherungsträgers, hilfsweise aber auch die jedes anderen in Frage kommenden begehrt; aus diesem Grunde ist § 75 Abs. 5 SGG mit der Vorschrift des § 123 SGG vereinbar, die das Gericht nur über die erhobenen Ansprüche entscheiden läßt; danach wäre zwar eine Verurteilung der Beigeladenen ausgeschlossen, wenn die Klägerin sie ausdrücklich nicht gewollt hätte (BSG aaO); ein entgegenstehender Wille ist hier jedoch nicht erkennbar.
Die Feststellungen des LSG reichen aus, um die Beigeladene nach dem Antrag der Klägerin zu verurteilen. An diese Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden, da Revisionsrügen gegen sie nicht erhoben worden sind (§ 163 SGG). Das ist zwar nicht allein maßgebend, weil das angefochtene Urteil auf diesen Feststellungen nicht beruht; da die tatsächlichen Feststellungen des LSG aber unstreitig und ihrem Inhalt nach unbedenklich sind, können sie als Grundlage für die Verurteilung der Beigeladenen dienen (vgl. BSG, Urteil vom 17. August 1961 - 8 RV 269/60 -). Dementsprechend ist die Beigeladene zu verpflichten, an die Klägerin vom 1. Dezember 1956 an Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren (§§ 1, 2, 4, 7 FremdRG aF, 1253 Abs. 1, 1262 Abs. 1, 1286 Abs. 1 RVO aF, 1246 RVO nF, Art. 2 § 6 ArVNG vom 23. Februar 1957 - BGBl I 45).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen