Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.11.1991) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. November 1991 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die beklagte Krankenkasse den Kläger über den 31. Dezember 1988 hinaus in der Versicherungsklasse (VK) 321 mit einem Anspruch auf erhöhtes Krankengeld zu versichern hat.
Der Kläger, der nach seinen Angaben seit 1982 schwerbehindert ist und sich 1987 einer Hüftgelenksoperation unterziehen mußte, ist freiwilliges Mitglied der Beklagten. Er war bis zum 31. Dezember 1988 seit nahezu 20 Jahren in der VK 321 versichert, aufgrund deren ihm gegen einen geringfügig höheren Beitrag bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf erhöhtes Krankengeld (kalendertäglich 142,– DM) zustand. Im Dezember 1988 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß es die Beitragsklasse 321 aufgrund des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) ab Januar 1989 nicht mehr geben werde. Vielmehr sehe das Gesetz für das Jahr 1989 ein Höchstkrankengeld von 122,– DM kalendertäglich vor. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1989).
Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Freiburg vom 21. Mai 1990; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Baden-Württemberg vom 15. November 1991). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne nach den ab 1. Januar 1989 geltenden Vorschriften des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) eine Versicherung in der bisherigen Beitragsklasse nicht mehr verlangen. Diese Beitragsklasse, die ein höheres Krankengeld vorsehe, als es nach § 47 SGB V zulässig sei, sei mit der Aufhebung der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung (12. AufbauVO) durch Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG ersatzlos weggefallen. Übergangsbestimmungen sehe das GRG insoweit nicht vor. Die Aufhebung der Ermächtigung, die Versicherung freiwilliger Mitglieder durch Satzung zu regeln, und die Begrenzung des Krankengeldanspruchs dieser Mitglieder seien nicht verfassungswidrig. Die Entscheidung des Gesetzesgebers verstoße weder gegen Art 14 des Grundgesetzes (GG), noch ergebe sich eine Verfassungswidrigkeit aus den Maßstäben über die unechte Rückwirkung. Der Gesetzgeber habe mit dem SGB V Unterschiede zwischen den sog RVO-Kassen und den Ersatzkassen im Bereich des Leistungs-, Beitrags- und Mitgliedschaftsrechts abbauen wollen, weil ein fairer Wettbewerb nur bei angeglichenen Rahmenbedingungen möglich sei. Dieses Anliegen überwiege das Ausmaß des Vertrauensschadens des Klägers. Auch wenn er sich für den verlorenen Versicherungsschutz einen Ausgleich nicht mehr außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung beschaffen könne, erscheine der Eingriff nicht als so gravierend, daß das gesetzgeberische Anliegen gegenüber dem Vertrauensschutz des Klägers zurücktreten müsse. Denn ihm verbleibe auch weiterhin im Krankheitsfall ein Krankengeld, das dem Regelentgelt entspreche. Es sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, eine darüber hinausgehende Existenzsicherung durch Krankengeld zu gewährleisten.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision macht der Kläger geltend, daß Art 3 und Art 14 GG verletzt seien. Aufgrund des langjährigen Bestandes seiner Zusatzversicherung und des dadurch bewirkten Vertrauensschutzes habe ihm der Gesetzgeber mindestens die Möglichkeit schaffen müssen, gegen einen entsprechend hohen Risikozuschlag einen Übergang in eine private Krankenversicherung zu ermöglichen. Da er sich in seinem Lebenszuschnitt auf ein bestimmtes Einkommen eingestellt habe und habe einstellen dürfen, habe der Gesetzgeber eine ersatzlose Beseitigung der Zusatzversicherung nicht vornehmen dürfen. Hierin liege auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil er bei Abschluß der Zusatzversicherung auch die Möglichkeit gehabt hätte, sogleich in eine private Krankenversicherung einzutreten, die ihn auch nach Inkrafttreten des GRG weiterhin versichert hätte. Gegenüber dem Personenkreis, der seinerzeit den Eintritt in die private Krankenversicherung vorgezogen habe, werde er willkürlich benachteiligt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. November 1991 und das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Mai 1990 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1989 zu verpflichten, den Kläger über den 31. Dezember 1988 hinaus in der Versicherungsklasse 321 mit einem erhöhten Anspruch auf Krankengeld zu versichern.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger kann nicht verlangen, über den 31. Dezember 1988 hinaus – wie bisher – in der VK 321 mit einem kalendertäglichen Krankengeld von 142,– DM versichert zu werden. Denn seit 1. Januar 1989 erhalten Versicherte ein Krankengeld, das in diesem Jahr höchstens 122,– DM pro Tag beträgt (Höchstkrankengeld). Das ergibt sich aus § 47 SGB V, mit dem der Gesetzgeber den Anspruch auf Krankengeld für alle Kassenarten, also auch für die Ersatzkassen, einheitlich geregelt hat (§ 2, § 4 Abs 2 SGB V). Danach besteht im Krankheitsfall kein höherer Anspruch auf Krankengeld als 80 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. Der Beitragsberechnung unterliegen nach § 223 Abs 3 Satz 1 SGB V die beitragspflichtigen Einnahmen aber nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze, nämlich bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V für den Kalendertag. Einnahmen die diesen Betrag übersteigen, bleiben außer Ansatz, soweit das SGB V nichts Abweichendes bestimmt (§ 223 Abs 3 Satz 2 SGB V). Für das Krankengeld enthält das SGB V weder hinsichtlich der Beitragsbemessungsgrenze noch hinsichtlich der Höhe des Krankengeldes eine abweichende Regelung. Dies gilt auch für das Satzungsrecht der Krankenkassen (vgl § 194 Abs 2 Satz 2 SGB V). Nach dem SGB V beteht keine Möglichkeit, in der Satzung für die freiwilligen Mitglieder ein höheres Krankengeld als das in § 47 SGB V festgelegte Höchstkrankengeld vorzusehen. Hierfür spricht insbesondere auch § 44 Abs 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift kann die Satzung für freiwillig Versicherte den Anspruch auf Krankengeld ausschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß darüber hinausgehende Regelungen des Krankengeldes durch die Satzung nicht zulässig sind.
Für die Zulässigkeit von Versicherungsbedingungen, die ein erhöhtes Krankengeld nach einem den Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsverdienstgrenze übersteigenden Arbeitseinkommen vorsahen, haben sich die Ersatzkassen vor dem 1. Januar 1989 auf die Regelung in Art 2 § 4 Abs 2 der 12. AufbauVO (in der im BGBl Teil III, Gliederungsnummer 8230/13 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch § 51 des Gesetzes vom 27. Juli 1981, BGBl I, 705) gestützt. Danach haben für die Versicherung nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht die Bestimmungen der Satzung der Ersatzkasse gegolten. Die 12. AufbauVO ist indessen durch Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG aufgehoben worden. Damit hat die in der Satzung der beklagten Krankenkasse geregelte VK 321, die ein höheres Krankengeld als das nach § 47 SGB V bemessene vorsah, ihre Rechtsgrundlage verloren (so bereits Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteile vom 26. Juni 1990 – 3 RK 22/89 –, SozR 3-5405 Art 79 GRG Nr 1, vom 21. November 1991 – 3 RK 38/89 – und vom 11. August 1992 – 1 RK 23/91 –).
Der Kläger kann sich demgegenüber nicht auf einen „Versicherungsvertrag” mit der Beklagten stützen, an den diese – ungeachtet der gesetzlichen Neuregelung – gebunden wäre. Die Mitgliedschaft Versicherungsberechtigter war und ist auch bei Ersatzkassen öffentlich-rechtlich geregelt. Die Versicherung wird nicht durch Vertrag begründet. Eine Änderung des Mitgliedschaftsverhältnisses bestimmt sich allein nach den gesetzlichen Vorschriften und der ihnen entsprechenden Satzung.
Entgegen der Auffassung des Klägers verstoßen die Aufhebung der Ermächtigung, die Versicherung der freiwilligen Ersatzkassenmitglieder durch die Satzung zu regeln, und die Begrenzung des Krankengeldanspruchs dieser Mitglieder auf das nach § 47 SGB V zulässige Höchstkrankengeld nicht gegen das GG.
Selbst wenn man davon ausgeht, daß durch das streitige Versicherungsverhältnis in der VK 321 eine „Anwartschaft auf Krankengeld” begründet worden ist, weil für das Entstehen des satzungsmäßigen konkreten Leistungsanspruchs nur noch der Versicherungsfall eintreten mußte, und wenn unterstellt wird, daß diese Rechtsposition im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG der Eigentumsgarantie unterfällt (vgl in diesem Zusammenhang den Vorlagebeschluß des erkennenden Senats an das BVerfG vom 10. Dezember 1991 – 1/3 RK 9/90 –), weil sie dem Versicherten zur ausschließlichen Nutzung zugeordnet ist, zudem auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und der Sicherung seiner Existenz dient (vgl BVerfGE 69, 272, 300; 72, 9, 18 f), ist Art 14 Abs 1 GG nicht verletzt.
Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich – wie das BVerfG in zahlreichen Entscheidungen dargelegt hat (BVerfGE 53, 257, 292; 58, 81, 109 f; 72, 9, 22; 74, 203, 214; 75, 78, 97) – erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Soweit der Gesetzgeber in schon bestehende Anwartschaften eingreift, ist zu berücksichtigen, daß in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei der Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Daher gebührt dem Gesetzgeber auch für Eingriffe in bestehende Anwartschaften Gestaltungsfreiheit. Insoweit kommt es indessen darauf an, daß gerade für diesen Eingriff legitimierende Gründe gegeben sind (vgl BVerfGE 31, 275, 290).
Das GRG zielt darauf ab, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung im Interesse aller zu erhalten, insbesondere die seit langem steigenden Beitragssätze zu senken und zu stabilisieren. Im Zusammenhang damit ist ein erster Schritt der Organisationsreform eingeleitet worden, der ua Unterschiede im Beitrags- und Leistungsrecht zwischen den Kassenarten beseitigen soll (zur Zielsetzung des Gesetzentwurfs vgl BR-Drucks 200/88 S 213). In diesem Zusammenhang steht auch die Begrenzung des Krankengeldanspruchs durch Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG. Wie bereits der 3. Senat des BSG in seinem Urteil vom 26. Juni 1990 (aaO) im einzelnen dargelegt hat, ergibt sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf des GRG, daß das neue Recht eine weitgehende Gleichstellung aller Krankenkassen im Bereich des Leistungs-, Beitrags- und Mitgliedschaftssrechts vorsieht, weil die unterschiedlichen Regelungen zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen zwischen den Krankenkassen geführt haben (BR-Drucks aaO, S 213 zu § 177 des Entwurfs). Es war wesentliches Anliegen des Gesetzgebers, derartige Unterschiede, insbesondere zwischen RVO-Kassen und Ersatzkassen, abzubauen, weil ein fairer Wettbewerb nur bei angeglichenen Rahmenbedingungen möglich ist (BR-Drucks aaO, S 152).
Gemessen an diesen Zielen scheint der Eingriff in die durch die VK 321 begründete Anwartschaft des Klägers gerechtfertigt und auch nicht unverhältnismäßig. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber den Umfang des gesetzlichen (Höchst-) Krankengeldanspruchs nicht berührt, sondern lediglich die satzungsrechtliche Möglichkeit beseitigt hat, einen darüber hinausgehenden, höheren Leistungsanspruch einzuräumen. Es handelt sich insoweit nicht um den völligen Entzug eines Anspruchs, sondern lediglich um die Bestimmung seines Inhalts bzw eine Beschränkung seines Umfangs iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 SGG, bei der dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zukommt. Diese ist insbesondere nicht durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistungen des Versicherten eingeschränkt (vgl BVerfGE 53, 257, 293); die durch die Wahl der VK 321 erworbene Rechtsposition war von vorausgegangenen Beitragsleistungen unabhängig; auch ist durch die erhöhten Beitragsleistungen in der Zeit vor dem 1. Januar 1989 die Rechtsposition des Klägers nicht in dem Sinne verstärkt worden, daß er für den Krankengeldanspruch nach einem die Jahresarbeitsverdienstgrenze übersteigenden Betrag eine bestimmte Anwartschaftszeit hätte zurückgelegt haben müssen. Die Versicherten haben im übrigen für die von ihnen bis zum 31. Dezember 1988 entrichteten Beitragszuschläge eine Gegenleistung in der Form erhalten, daß ihnen bis zu diesem Stichtag für den Fall krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ein entsprechender Anspruch auf ein erhöhtes Krankengeld eingeräumt war. Die Ersatzkassen hatten also das Risiko einer jederzeit möglichen Zahlung zu tragen.
Der Senat verkennt nicht, daß die Beschränkung des Krankengeldanspruchs aufgrund des Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG und des § 47 SGB V ein bei Inkrafttreten des GRG häufig bereits langjährig bestehendes Krankenversicherungsverhältnis geändert hat und daß der Wegfall des Teils des Krankengeldes, durch den ein Teil des Ausfalls des Arbeitsentgelts ausgeglichen wird, der wegen des über der Jahresarbeitsverdienstgrenze liegenden Arbeitsentgelts entsteht, für die Betroffenen nicht unerheblich ist. Versicherte wie der Kläger fühlen sich in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand der für sie günstigen Beitragsklasse mit Anspruch auf ein erhöhtes Krankengeld vor allem deshalb besonders betroffen, weil ihnen infolge Alters oder Krankheit die Möglichkeit erschwert oder genommen ist, in der privaten Krankenversicherung (PKV) einen entsprechenden Schutz zu erlangen.
Inwieweit das für den von der Neuregelung betroffenen Personenkreis zutrifft, läßt sich nicht generell beurteilen. Der 3. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 21. November 1991 (3 RK 38/89) auf den Einwand des dortigen Klägers, daß ihm die Möglichkeit einer PKV versperrt sei, ausgeführt, daß der Betroffene auf einen derartigen Versicherungsschutz nicht angewiesen sei, vielmehr für ihn ein Krankentagegeld in Höhe der Differenz zwischen dem bisherigen höheren und dem gesetzlichen (Höchst-) Krankengeld für die Dauer der Erkrankung nach Ablauf der Gehaltsfortzahlung ausreichend sei. Deshalb werde ein privater Versicherer die Gewährung des Versicherungsschutzes in aller Regel nur dann ablehnen, wenn wegen bestehender Vorerkrankung anzunehmen sei, daß monatelange Zeiten der Arbeitsunfähigkeit häufiger eintreten werden. Das LSG hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die PKV derzeit die Möglichkeit prüft, wie Höherverdienende mit ergänzendem Krankentagegeldtarif zu versichern sind, ob etwa Sondertarife zur Genehmigung vorzuschlagen sind oder ähnliches (Hinweis auf Frommknecht, „Zur Reform des Krankenversicherungssystems”, PKV-Dokumentation 13/90, S 59 f). Selbst wenn für den schwerbehinderten Kläger keine Möglichkeit bestehen sollte, mit einem privaten Krankenversicherer einen Vertrag über ein zusätzliches Krankentagegeld abzuschließen, sieht der erkennende Senat den Eingriff des Gesetzgebers in die durch die VK 321 begründete Rechtsposition nicht als so gravierend an, daß das genannte gesetzgeberische Anliegen gegenüber dem Vertrauensschutz des Klägers zurücktreten müßte. Denn ein eingeschränkter „Bestandsschutz” für solche Versicherten, die sich einen anderen Versicherungsschutz nicht mehr oder nicht mehr zu zumutbaren Bedingungen beschaffen können, wäre im Hinblick auf die Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten privater Versicherungsverhältnisse kaum hinreichend bestimmbar und hinsichtlich des Personenkreises schwer abgrenzbar gewesen. Deshalb muß es auch hier bei dem Grundsatz verbleiben, daß wegen der notwendigen Pauschalierungen gesetzliche Neuregelungen auch dann verfassungsrechtlich hingenommen werden müssen, wenn sie im Einzelfall zu gewissen Härten führen.
Davon abgesehen ist indessen schon zweifelhaft, ob die Betroffenen mit dem entwertenden Eingriff des Gesetzgebers nicht zu rechnen brauchten und sich darauf verlassen durften, daß das erhöhte Krankengeld aus ihrer freiwilligen Versicherung auf Dauer mindestens konstant bleiben werde. Denn die Anwartschaft auf das erhöhte Krankengeld beruhte allein auf Satzungsbestimmungen der jeweiligen Ersatzkasse. Diese hätte diese Bestimmungen wieder ändern können, weil die Einräumung eines Anspruchs auf „erhöhtes Krankengeld” nicht gesetzlich vorgeschrieben war.
Eine Verletzung des Gleichheitssatzes läßt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus einem Vergleich mit der Gruppe derjenigen freiwilligen Ersatzkassenmitglieder herleiten, die von vornherein eine private Zusatzkrankengeldversicherung abgeschlossen haben und noch heute versichert sind. Beide Gruppen unterscheiden sich in eben diesem Punkt: Die Angehörigen der einen Gruppe haben sich von Anfang an dafür entschieden, eine zusätzliche Krankengeldversicherung in eigener Verantwortung durchzuführen und haben unter Inkaufnahme anderer Versicherungsbedingungen auf den von ihrer Kasse gebotenen Versicherungsschutz verzichtet. Demgegenüber haben sich die Angehörigen der anderen Gruppe dazu entschlossen, den in der Satzung ihrer Krankenkasse gebotenen Versicherungsschutz auf ein erhöhtes Krankengeld in Anspruch zu nehmen. Sie konnten zwar davon ausgehen, daß ihre Kasse diesen Versicherungsschutz nicht von sich aus ändern würde; eine Gewißheit, die insoweit ein gesetzlicher Krankengeldanspruch vermittelt hätte, hatten sie jedoch nicht. Sie mußten vielmehr auch in Rechnung stellen, daß sie als Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlichen Änderungen dieses Systems unterliegen. Angesichts dieses Unterschieds war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die bisherige Versicherung mit Anspruch auf erhöhtes Krankengeld beizubehalten.
Auch eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips des Art 20 GG iVm Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor. Aus Art 20 GG können unmittelbare Ansprüche nur hergeleitet werden, soweit das Existenzminimum nicht mehr gewährleistet ist. Ansonsten obliegt die Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips im wesentlichen dem Gesetzgeber (BVerfGE 1, 97, 107; 8, 274, 329). Wenn er sich – wie hier – darauf beschränkt hat, den Umfang der Leistungen von Ersatzkassen auf denjenigen der übrigen gesetzlichen Krankenkassen zurückzuführen, um einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, kann aus dem Sozialstaatsprinzip oder aus Art 3 GG nicht hergeleitet werden, der Gesetzgeber habe auch den anderen Kassen erlauben müssen, freiwillige Versicherungen auf ein erhöhtes Krankengeld anzubieten.
Nach alledem konnte die Revision des Klägers keinen Erfolg haben. Da der Senat Art 79 Abs 6 Nr 7 GRG nicht für verfassungswidrig hält, bestand auch kein Anlaß, gemäß Art 100 GG das Verfahren auszusetzen und die streitige Frage dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen