Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungsmerkmale
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Einstufung von Beschäftigten nach Anl 1 zu FRG § 22, wenn die ausgeübten Berufe in den Berufskatalogen (hier zu den Leistungsgruppen B 2 und B 3) nicht enthalten sind.
Leitsatz (redaktionell)
Es ist grundsätzlich von den Beschäftigungsmerkmalen auszugehen, wie sie in den allgemeinen Definitionen der Leistungsgruppe beschrieben sind, also auch dann, wenn ein Beruf in dem Berufskatalog zu den einzelnen Leistungsgruppen aufgeführt ist.
Auch Angestellte unter 45 Jahren können schon die für die Leistungsgruppe 2 geforderten besonderen Erfahrungen besitzen. Neben den "besonderen Erfahrungen" müssen aber für die Einstufung in die Leistungsgruppe 2 auch die weiteren Tatbestandsmerkmale gegeben sein.
Die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für sich allein kann dem Erfordernis der selbständigen Leistung in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis nicht gleichgestellt werden.
Normenkette
FRG § 22 Anl 1 Buchst. B Fassung: 1960-02-25
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Oktober 1967 wird aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, der Rentenberechnung drei Beiträge der Klasse F für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1938 zugrunde zu legen. Im übrigen wird die Sache zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der Kläger, geboren am 18. Juni 1899, wurde aus der jetzigen Tschechoslowakei vertrieben und lebt seit Oktober 1946 im Bundesgebiet. Mit Bescheid vom 12. Mai 1964 gewährte ihm die Beklagte ab 1. Juni 1964 Altersruhegeld. Der Kläger beanspruchte eine höhere Rente. Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe wies die Klage ab (Urteil vom 24. August 1965). Während des Berufungsverfahrens entsprach die Beklagte dem Klagebegehren, soweit es die Anrechnung der Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1924 bis zum 31. Mai 1929 betraf (Bescheid vom 5. Januar 1966). Streitig blieb weiterhin die Zuordnung der Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 1936 bis zum 30. September 1938 nach der Anlage 1 zu § 22 des Fremdrentengesetzes vom 25. Februar 1960 (FRG) und die Bewertung von drei Pflichtbeiträgen, die für den Kläger für die Monate Oktober, November und Dezember 1938 zum Pensionsverein der Deutschen Sparkassen in P - einem Ersatzinstitut der tschechoslowakischen Pensionsversicherung - entrichtet worden waren. Die Beklagte hatte die Zeit vom 1. Januar 1936 bis zum 30. September 1938 der Leistungsgruppe B 3 zugeordnet, während der Kläger die Leistungsgruppe B 2 begehrte. Für die drei Beitragsmonate Oktober bis Dezember 1938 ging die Beklagte von den Beiträgen nach den Sätzen des Pensionsvereins der Deutschen Sparkassen in P (Gehaltsklasse 6 I) aus, die einem monatlichen Entgelt von mehr als RM 150,- bis zu RM 160,- entsprochen hätten, sie rechnete deshalb diese Beiträge nach einem Arbeitsentgelt von RM 155,- (Mittelwert der nachgewiesenen Gehaltsklasse) an; der Kläger dagegen meinte, entsprechend seiner Beitragsleistung von RM 21,50 monatlich = insgesamt RM 64,50 - hätte er im Reichsgebiet drei Marken der Klasse F zu RM 20,- und eine Marke der Klasse B zu RM 4,- kleben können, was 72,62 Werteinheiten (statt der von der Beklagten ermittelten 23,88 Werteinheiten) ergebe. Das Landessozialgericht (LSG) hob auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG auf; es verurteilte die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 12. Mai 1964 und vom 5. Januar 1966, "bei der Berechnung des Altersruhegeldes die Tätigkeit des Klägers ab 1. Januar 1936 der Leistungsgruppe 2 zuzuordnen und hierbei das Fremdrentengesetz auch auf die Beitragszeiten vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1938 anzuwenden" (Urteil vom 9. Oktober 1967). Es führte aus:
Die Beitragszeit von Oktober bis Dezember 1938 (nach der Einführung des Rechts der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten) sei zwar nicht bei einem "nichtdeutschen" Träger der Rentenversicherung im Sinne von § 15 Abs. 1 FRG, sondern bei der damaligen Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA) zurückgelegt worden, aber nicht nach reichsgesetzlichen, sondern noch nach tschechoslowakischen Vorschriften. Sie sei daher nicht als (deutsche) Beitragszeit im Sinne von § 27 Abs. 1 Buchst. a des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) unmittelbar anzurechnen, sondern wie eine nachgewiesene Beitragszeit im Sinne von § 15 FRG anzusehen und zur Ermittlung der maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 zu § 22 FRG anzurechnen. Ab 1. Januar 1936 sei der Kläger "kaufmännischer Leiter und Treuhänder" bei der Firma W.F. O, Flachsspinnerei, in F (Tschechoslowakei) gewesen. Als Treuhänder sei er "zur Überwachung erhaltener Sicherheiten für gegebene Bar- und Warenkredite" beschäftigt und unmittelbar der Firmenleitung unterstellt gewesen; die Firma habe 200 bis 300 Beschäftigte gehabt; der Kläger habe eine Tätigkeit verrichtet, die sonst von Wirtschaftsprüfern und Treuhandgesellschaften vorgenommen werde und eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung gehabt habe. Dies und der Werdegang des Klägers - Abitur, Staatshandelsschule T, Handelshochschule L mit kaufmännischer Diplom-Prüfung - rechtfertige die Zuordnung dieser Tätigkeit zur Leistungsgruppe B 2, wobei es im Hinblick auf die Art dieser Tätigkeit dahingestellt bleiben könne, ob der Kläger Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen gehabt habe; jedenfalls sei der Kläger einem nach dem Leistungsgruppenkatalog ohne Rücksicht auf sein Alter der Leistungsgruppe B 2 zugeordneten jüngeren Oberarzt gleichzustellen; einen gewissen Anhalt biete auch das verhältnismäßig geringe Gehalt, wenngleich diesem keine entscheidende Bedeutung zukomme.
Die Beklagte legte die vom LSG zugelassene Revision ein, sie beantragte,
unter Aufhebung des Urteils des SG die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie rügte die unrichtige Anwendung der §§ 15, 22 FRG in Verbindung mit der Anlage 1 B bzw. die Nichtanwendung der §§ 27, 32 AVG.
Zur Begründung trug sie vor:
§ 15 FRG könne schon seinem Wortlaut nach auf die drei Beiträge für Oktober bis Dezember 1938 nicht angewandt werden, weil diese Beiträge der RfA zugeführt worden seien; die Beiträge seien vielmehr unmittelbar nach § 27 AVG anzurechnen. Die Bewertung der zwar zur RfA, aber nach nichtdeutschen - hier: tschechoslowakischen - Vorschriften entrichteten Beiträge sei weder in § 27 noch in § 32 AVG geregelt, es handele sich insoweit um eine Gesetzeslücke. Maßgebend für deren Ausfüllung müsse der Grundsatz des § 32 Abs. 1 AVG sein, wonach es für die Rentenberechnung wesentlich auf die der Beitragsleistung zugrundeliegenden Brutto-Arbeitsentgelte ankomme. Daher sei für diese drei Monate der Mittelwert der Gehaltsklasse zugrunde zu legen, in die der Kläger einzuordnen sei. Jedes andere Verfahren - etwa die Zugrundelegung einer der tschechoslowakischen Beitragsleistung entsprechenden deutschen Beitragsklasse - sei mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar. Die Einstufung des Klägers in die Leistungsgruppe 2 für die Zeit ab 1. Januar 1936 sei nicht gerechtfertigt. Der Kläger habe offenbar Entscheidungen von einigem Gewicht nicht treffen müssen, sondern lediglich die Betriebsleitung zu beraten und deren Entscheidungen vorzubereiten gehabt. Es spreche nichts dafür, daß er darüber hinaus Befugnisse gehabt habe, die von ausschlaggebender Bedeutung für den Bestand des Betriebes gewesen seien. Der Kläger erfülle lediglich die Voraussetzungen der Einstufung in die Leistungsgruppe B 3, zumal auch sein relativ niedriges Gehalt nicht auf die Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit hinweise.
Der Kläger ließ sich im Revisionsverfahren nicht vertreten.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Soweit sie die Bewertung der Beiträge für die Monate Oktober bis Dezember 1938 betrifft (vgl. unten zu 1), ist sie im wesentlichen unbegründet. Soweit sie die Einstufung des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 1936 bis 30. September 1938 betrifft (vgl. unten zu 2), ist sie begründet in dem Sinne, daß das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
1. Vom 1. Oktober 1938 an ist im damaligen Sudetenland durch die Verordnung über die vorläufige Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 12. Oktober 1938 (RGBl I 1437) die Reichsversicherung eingeführt worden. Nach § 7 der Verordnung waren bis zum 31. Dezember 1938 die Beiträge noch nach dem bis zum 1. Oktober 1938 geltenden Recht, d.h. nach den bisherigen tschechoslowakischen Klassen zu berechnen, aber (umgerechnet in Reichsmark) an die neuen zuständigen Versicherungsträger - hier die RfA - abzuführen. Wie diese Beiträge nach dem heute geltenden Recht bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen sind, ist - wovon auch das LSG ausgeht - weder im AVG noch in anderen Gesetzen ausdrücklich geregelt. Entgegen der Auffassung des LSG können jedoch die §§ 15, 22 FRG in Verbindung mit den Tabellen der Anlage 1 zu diesem Gesetz hier nicht "entsprechend" angewandt werden, weil es sich nicht um Beitragszeiten handelt, die "bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind". Vielmehr liegen hier, wie auch die Beklagte annimmt, reichsgesetzliche Beiträge im Sinne von § 27 Abs. 1 Buchst. a AVG in der Fassung von Art. 3 Nr. 1 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes vom 25. Februar 1960 vor. Der Senat vermag jedoch hinsichtlich der Bewertung dieser Beiträge auch nicht der Auffassung der Beklagten zu folgen. Da es sich um reichsgesetzliche Beiträge im Sinne von § 27 Abs. 1 Buchst. a AVG handelt, sind sie wie sonstige in der damaligen Zeit nach Gehalts- und Beitragsklassen entrichtete AV-Beiträge grundsätzlich mit ihrem Reichsmark-Wert zu berücksichtigen; es besteht keine Notwendigkeit, für diese Beiträge von der Regelung in § 32 Abs. 3 Buchst. a AVG abzuweichen und dabei auf § 32 Abs. 1 AVG als einen übergeordneten Grundsatz zurückzugreifen. Diese Beträge dürfen nicht etwa nur in der Höhe berücksichtigt werden, wie sie nach Umrechnung ihres "Gehaltes" von Kronen auf Reichsmark nach den §§ 169, 171 AVG damaliger Fassung hätten entrichtet werden müssen. Es darf auch nicht der "Mittelwert" der tschechischen Gehaltsklassen zugrunde gelegt werden, in die der Kläger damals gehört hat. Dies hat bereits der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in dem (zur Veröffentlichung vorgesehenen) Urteil vom 17. Oktober 1968 - 1 RA 65/68 - entschieden; auf die nähere Begründung in diesem Urteil wird verwiesen. Der erkennende Senat hält die Rechtsauffassung des 1. Senats für zutreffend und schließt sich ihr an. Für den Kläger sind, umgerechnet in Reichsmark, für die Monate Oktober bis Dezember 1938 an Beiträgen insgesamt RM 64,50 entrichtet worden. Diese Beitragsleistung hat nach § 171 AVG aF der Entrichtung von drei Beitragsmarken in der damaligen Gehaltsklasse F zu RM 20,- monatlich entsprochen, die nach Anlage 1 zu § 32 AVG 68,73 Werteinheiten (statt der von der Beklagten ermittelten 23,88 Werteinheiten und der vom Kläger errechneten 72,62 Werteinheiten) ergeben. Die Beitragsklassen, die durch § 18 der 2. Verordnung zur Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten vom 9. Februar 1939 (RGBl I 181) eingeführt worden sind, haben erst "für die Zeit nach dem 31. Dezember 1938" gegolten; hieran hat auch § 52 der "Sudetenverordnung" vom 27. Juni 1940 (RGBl I 957), der die gleichen Beitragsklassen wie § 18 der Verordnung vom 9. Februar 1939 enthält, nichts geändert. Der die jeweils erreichte Gehaltsklasse übersteigende Mehrbetrag an Beitragsleistung (hier insgesamt RM 4,50) kann sich allerdings für den Kläger nicht auswirken, auch nicht etwa als ein Höherversicherungsbeitrag alten Rechts; der über die drei reichsdeutschen Monatsbeiträge hinausgehende Betrag steht einem freiwilligen Beitrag im Sinne von Art. 2 § 15 Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes nicht gleich (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 19. Juli 1963, BSG 19, 273).
2. Soweit es sich um die Einstufung der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 1936 bis zum 30. September 1938 bei der Firma Olbrich nach den Leistungsgruppen der Anlage 1 zu § 22 FRG handelt, erscheint die Revision der Beklagten deshalb als begründet, weil das LSG die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des Satzes 1 der Definition der Leistungsgruppe B 2 (Satz 2 kommt hier nicht in Betracht) nicht erschöpfend gewürdigt und weil es den Sachverhalt auch in tatsächlicher Hinsicht nicht vollständig geklärt hat. Es ist zu beachten, daß grundsätzlich von den Beschäftigungsmerkmalen auszugehen ist, wie sie in den allgemeinen Definitionen der Leistungsgruppen beschrieben sind, also auch dann, wenn ein Beruf in dem Berufskatalog zu den einzelnen Leistungsgruppen aufgeführt ist; für die Zuordnung zu den Leistungsgruppen sind die Berufskataloge nur maßgebend, wenn sich aus den allgemeinen Definitionen keine andere Leistungsgruppe ergibt. Ist ein Beruf - wie im vorliegenden Falle - in dem Berufskatalog nicht aufgeführt, so kann dies deshalb nicht zur Folge haben, daß dieser Beruf nur zu anderen in den Berufskatalogen genannten Berufen in Beziehung gesetzt und mit ihnen verglichen wird und daß aus dem Ergebnis dieses Vergleichs Schlüsse auf die Zuordnung zu der Leistungsgruppe gezogen werden, daß aber die Definitionen der Leistungsgruppen bei der Einstufung ganz oder teilweise übergangen werden. Dies hat jedoch das LSG weitgehend getan. Es hat im wesentlichen darauf abgehoben, daß der Beruf des Klägers, der "kaufmännischer Leiter und Treuhänder" bei der Firma O gewesen sei, hinsichtlich der Stellung und Verantwortung jedenfalls mit dem im Berufskatalog der Leistungsgruppe 2 genannten Oberarzt zu vergleichen sei. Es hat deshalb sowohl dem damaligen Alter des Klägers als auch dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, ob der Kläger Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen gehabt habe. Mit der Frage, ob der Kläger die für die Leistungsgruppe 2 in der allgemeinen Leistungsgruppendefinition geforderten "besonderen Erfahrungen" gehabt und "selbständige Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis" erbracht habe, hat es sich weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht befaßt. Es hat für die Einstufung des Klägers in die Leistungsgruppe 2 neben dem Vergleich mit dem Beruf des Oberarztes nur auf die Größe des Betriebes und auf die "erhebliche wirtschaftliche Bedeutung" der Tätigkeit des Klägers hingewiesen. Es ist zwar nicht zu beanstanden, wenn das LSG das in der Definition der Leistungsgruppe 2 (Satz 1) enthaltene Tatbestandsmerkmal der "besonderen Erfahrungen" ungeachtet der Tatsache, daß der Kläger in der fraglichen Zeit erst 37 bis 39 Jahre alt gewesen ist, hier - stillschweigend - bejaht hat. Aus einem Vergleich der Definitionen der Leistungsgruppen 2 und 3, die für den vorliegenden Fall in Betracht zu ziehen sind, und der in den Berufskatalogen genannten Berufe sowie der für die meisten dieser Berufe vorgesehenen Abstufungen nach dem Lebensalter läßt sich allerdings schließen, daß Angestellte der Leistungsgruppe 2 regelmäßig erst bei einem Alter von über 45 Jahren die in dieser Definition geforderten Merkmale erfüllen, also über eine "mehrjährige Berufserfahrung" (Satz 1 der Definition der Leistungsgruppe 3) hinaus über "besondere Erfahrungen" verfügen. Das schließt jedoch nicht aus, daß auch Angestellte unter 45 Jahren schon die für die Leistungsgruppe 2 geforderten besonderen Erfahrungen besitzen, vor allem dann, wenn sie - wie der Kläger - eine qualifizierte Berufsausbildung (hier ein mit Erfolg abgeschlossenes akademisches Studium) hinter sich haben; gerade bei solchen Berufen - z.B. dem Oberarzt oder auch dem Leitenden Wirtschafter (Landwirtschaft) - ist auch in dem Berufskatalog der Leistungsgruppe 2 eine Altersgrenze nicht erwähnt (vgl. hierzu die Urteile des BSG vom 24. November 1965, BSG 24, 113, 115; vom 15. März 1957, SozR Nr. 3 zu § 23 FRG; vom 22. November 1968 - 11 RA 208/66 -; vom 11. Dezember 1968 - 1 RA 47/68 -). Neben den "besonderen Erfahrungen" müssen aber für die Einstufung in die Leistungsgruppe 2 auch die weiteren Tatbestandsmerkmale gegeben sein. Das LSG hat insoweit lediglich auf die Größe des Betriebs und auf die "erhebliche wirtschaftliche Bedeutung" der Tätigkeit des Klägers hingewiesen. Einerseits besagt aber die Betriebsgröße allein nichts darüber, ob ein Angestellter "selbständige Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit" erbracht und ob er (eingeschränkte) Dispositionsbefugnis gehabt habe; andererseits kann ein Beruf von "erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung" auch dann sein, wenn es sich nicht um eine selbständige Leistung in verantwortlicher Tätigkeit handelt (etwa bei den in der Leistungsgruppe 3 genannten Bilanz- oder Lohnbuchhaltern unter 45 Jahren), während z.B. der Beruf des Oberarztes; sowie der Beruf des Redakteurs und Regisseurs über 45 Jahren, die in dem Berufsgruppenkatalog der Leistungsgruppe 2 genannt sind, nicht von erheblicher "wirtschaftlicher" Bedeutung sein muß. Die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für sich allein kann deshalb dem Erfordernis der selbständigen Leistung in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis nicht gleichgestellt werden. Andere Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger solche selbständigen Leistungen erbracht habe, lassen sich aber dem Urteil des LSG nicht entnehmen. Das LSG hat festgestellt, der Kläger sei bei der Firma O "kaufmännischer Leiter und Treuhänder" gewesen, er sei als Treuhänder "zur Überwachung erhaltener Sicherheiten für gegebene Bar- und Waren-Kredite" beschäftigt und unmittelbar der Firmenleitung unterstellt gewesen, es habe sich sonach um eine Tätigkeit gehandelt, die sonst von Wirtschaftsprüfern und Treuhandgesellschaften vorgenommen werde. Zunächst ist nicht ersichtlich, wie das LSG zu der Feststellung gelangt ist, der Kläger sei "kaufmännischer Leiter" des Betriebs gewesen. Der Kläger selbst hat sich nach seinen vom LSG erwähnten eigenen Angaben als "Revisor und Treuhänder" bezeichnet. Das Urteil des LSG läßt aber vor allem nicht erkennen, welche Funktionen der Kläger in dem Betrieb der Firma O selbst erfüllt hat; aus den Angaben des Klägers bei seiner Anhörung durch das SG am 24. August 1965, denen das LSG wahrscheinlich gefolgt ist, ergibt sich, daß er als Angestellter der Firma O in Betrieben, die bei dieser Firma verschuldet gewesen sind, die von den Schuldnerfirmen gegebenen Sicherheiten "überwacht" hat und bei dieser Überwachungstätigkeit offenbar an Weisungen nicht gebunden gewesen ist. Dies besagt nichts darüber, ob er auch das Ergebnis seiner Überwachungstätigkeit bei diesen anderen Firmen innerhalb der Firma O selbständig ausgewertet und etwa - wenn auch mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis - über erforderliche Maßnahmen gegenüber den Schuldnerfirmen zu entscheiden gehabt hat. Auf das Gewicht der Tätigkeit des Klägers für die Firma O kommt es aber für die Einstufung nach den Leistungsgruppen-Definitionen entscheidend an; es kann dahingestellt bleiben, ob - was fraglich erscheint - die Prüfungstätigkeit des Klägers sich für die Schuldnerfirmen wie die eines "Wirtschaftsprüfers" ausgewirkt hat und ob der Kläger, obwohl er offenbar keine Befugnisse zur Verwaltung und Verfügung über fremde Vermögenswerte gehabt hat, als "Treuhänder" bezeichnet werden kann. Schließlich hat das LSG auch im vorliegenden Falle nicht als unerheblich ansehen dürfen, ob der Kläger entsprechend der Definition der Leistungsgruppe 2 (Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen" gehabt hat. Auch dieses Tatbestandsmerkmal dient der Abgrenzung der Leistungsgruppe 2 gegenüber der Leistungsgruppe 3, bei der als negatives Tatbestandsmerkmal neben den sonstigen Erfordernissen in der Leistungsgruppendefinition gesagt ist, daß die ihr zuzuordnenden Angestellten "keine Verantwortung für die Tätigkeit Anderer tragen"; bei seiner Anhörung durch das SG hat der Kläger eine solche Verantwortung innerhalb des Betriebs der Firma O verneint.
Das Urteil des LSG ist daher in vollem Umfange aufzuheben. Hinsichtlich der Bewertung der drei Beiträge für die Monate Oktober bis Dezember 1938 ist die Berufung des Klägers im wesentlichen begründet, die Revision der Beklagten damit im wesentlichen unbegründet. Soweit über die Einstufung des Klägers nach der Anlage 1 zu § 22 FRG zu entscheiden ist, ist die Sache zur weiteren Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht und zur erneuten rechtlichen Würdigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen