Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt die Berufsgenossenschaft den Konkursverwalter eines Mitgliedunternehmens durch Verwaltungsakt wegen rückständiger Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung in Anspruch, Massegläubigerin zu sein, kann der Konkursverwalter dagegen vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach SGG § 55 Abs 1 Nr 1 die Feststellung begehren, daß die rückständigen Beiträge keine Masseschulden sind.
2. Rückstände iS des RVO § 28 Abs 3 S 1 idF des Gesetzes über Konkursausfallgeld (Drittes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes) Art 2 § 4 vom 1974-07-17 (BGBl I 1974, 1481) und damit Masseschulden iS des KO § 59 Abs 1 Nr 3 idF des AFGÄndG 3 Art 2 § 1 Nr 1 Buchst a sind auch die Ansprüche der Berufsgenossenschaften auf Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die letzten sechs Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners.
Normenkette
SGG § 51 Abs 1 Fassung: 1953-09-03, § 55 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1953-09-03; RVO § 28 Abs 3 S 1 Fassung: 1974-07-17; KO § 59 Abs 1 Nr 3 Fassung: 1974-07-17
Verfahrensgang
SG Augsburg (Entscheidung vom 21.02.1978; Aktenzeichen S 2 U 282/77) |
Tatbestand
I.
Die Firma H F KG in O ist Mitglied der Beklagten. Am 4. Oktober 1976 wurde über ihr Vermögen das (Anschluß-) Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt. Durch Bescheid vom 9. Dezember 1976 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger rückständige Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die Zeit vom 5. April bis 4. Oktober 1976 in Höhe von 46.313,01 DM als Masseschulden geltend.
Mit der bei dem Sozialgericht (SG) Augsburg erhobenen Klage hat der Kläger beantragt festzustellen, daß die Forderung der Beklagten in Höhe von 46.313,01 DM für rückständige Beiträge vom 5. April bis 4. Oktober 1976 keine Masseforderung in dem Konkursverfahren sei. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 21. Februar 1978). Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach § 28 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) seien Rückstände für die letzten sechs Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens Masseschulden iS des § 59 Abs 1 der Konkursordnung (KO). Da es sich bei den im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Beiträgen um "Rückstände" iS des § 28 Abs 3 RVO handele, gälten diese als Masseschulden und genössen das Vorwegbefriedigungsrecht des § 57 KO. Der Auffassung des Klägers, § 28 Abs 3 RVO solle nur die rückständigen Beiträge zu Trägern der Sozialversicherung betreffen und sie hervorheben, die mit der Versicherungspflicht von Arbeitnehmern zusammenhingen, sei nicht beizupflichten. Weder der Wortlaut noch der Sinn dieser Vorschrift lasse eine derartige Auslegung zu. Denn § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO erwähne allgemein die "Träger der Sozialversicherung", mache also keinen Unterschied im Sinne des Klägers. Nach § 1 RVO in der bis zum Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 23. Dezember 1976 geltenden Fassung gehöre zur Reichsversicherung die Krankenversicherung, die Unfallversicherung und die Arbeiterrentenversicherung. Demzufolge seien in § 3 Abs 1 RVO als Träger der Reichsversicherung für die Krankenversicherung die Krankenkassen, für die Unfallversicherung die Berufsgenossenschaften und für die Arbeiterrentenversicherung die Versicherungsanstalten genannt. Aus diesen Vorschriften ergebe sich zwingend, daß die Berufsgenossenschaften zu den Sozialversicherungsträgern gehören, und zwar sowohl für den Geltungsbereich der RVO als auch der KO. Das SG hat die Revision zugelassen (Beschluß vom 13. April 1978).
Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Die Entstehungsgeschichte des § 28 Abs 3 RVO und des § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO spreche dafür, daß unter "Rückstände" nur die Arbeitnehmerbeiträge und Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu verstehen seien, nicht aber die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Die Bundesregierung habe die Einführung des § 28 Abs 3 RVO damit begründet (BT-Drucks 7/1750), daß für ein halbes Jahr rückständige Beiträge im Konkursverfahren dieselbe Rangstellung haben sollten, wie die Löhne und Gehälter, aus denen sie stammten (Arbeitnehmeranteil), oder auf die sie entfallen (Arbeitgeberanteil). Da durch das Gesetz über Konkursausfallgeld (Drittes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes) vom 17. Juli 1974 die rückständigen Löhne für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens als Masseforderungen behandelt würden, sei es logisch und selbstverständlich sowie keiner näheren Begründung bedürftig, daß die mit diesen Lohnrückständen zusammenhängenden Arbeitnehmeranteile und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung das rechtliche Schicksal dieser Lohnrückstände teilen müßten. Hätte der Gesetzgeber zusätzlich auch noch die Beiträge zu den Berufsgenossenschaften aufstufen wollen, hätte er dies zumindest in der amtlichen Begründung hervorgehoben. Zwar würden die Beiträge zu den Berufsgenossenschaften an den Löhnen und Gehältern der Versicherten gemessen, jedoch werde, wenn die Beiträge zu den Berufsgenossenschaften im Konkursverfahren ausfallen, nur die Solidarität der Unternehmer betroffen, während beim Ausfall von Sozialversicherungsbeiträgen aus Löhnen und Gehältern bestimmte einzelne Arbeitnehmer benachteiligt seien. Die Beitragsforderungen der Berufsgenossenschaften verdienten daher nicht den gleichen rechtlichen Schutz wie die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge. Es sei unsozial, daß die Arbeitnehmer nur deshalb im Konkurs Verluste erleiden sollten, weil die Beiträge zu den Berufsgenossenschaften den gleichen Rang haben wie die rückständigen Löhne. Eine solche Risikogemeinschaft zwischen den sozial schwachen Arbeitnehmern und den finanziell starken Berufsgenossenschaften sei unverständlich und mit keinem sozial zu rechtfertigenden Argument zu vertreten. Die Tatsache, daß nach § 28 Abs 3 RVO iVm §§ 141 n Satz 3 und 141 m Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) die auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüche auf Beitragsrückstände, die auf Arbeitsentgelte für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorangegangenen drei Monate entfallen, auf bevorrechtigte Forderungen mit dem Rang des § 61 Abs 1 Nr 1 KO zurückgestuft worden seien, hätte wenig Sinn, wenn in diesen freien Raum die Berufsgenossenschaften eintreten könnten. Die Frage, ob die rückständigen Beiträge der Berufsgenossenschaften Masseschulden seien oder wie bisher als bevorrechtigte Konkursforderungen eingestuft werden, sei von großer Bedeutung. Es sei zu entscheiden, ob bewußt eine Benachteiligung der Arbeitnehmer in Kauf genommen werden müsse. Vermutlich sei die Formulierung in § 28 Abs 3 RVO und in § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO auf eine Flüchtigkeit des Gesetzgebers zurückzuführen. Dann aber müsse das Gesetz sinnvoll angewendet werden. So habe beispielsweise der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 2. Februar 1978 (V R 128/76) entschieden, daß die für einen infolge Konkurses des Bauunternehmers nicht vollendeten Bau zu zahlende Umsatzsteuer keine Masseschuld, sondern lediglich eine Konkursforderung ist, und der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) habe es abgelehnt, Sozialpläne als Masseschulden zu behandeln und stattdessen für sie ein neues Konkursvorrecht geschaffen.
Der Kläger beantragt, 1. das Urteil des SG Augsburg vom 21. Februar 1978 aufzuheben,
2. festzustellen, daß die Forderung der Beklagten in Höhe von 46.313,01 DM für rückständige Beiträge vom 5. April bis 4. Oktober 1976 keine Masseforderung in dem Konkursverfahren darstellt.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte des § 28 Abs 3 RVO ließen darauf schließen, daß eine ungleiche Behandlung von Sozialversicherungsbeiträgen zulässig sei. Zwar würden in § 28 Abs 3 RVO Berufsgenossenschaften als Beitragsgläubiger nicht ausdrücklich genannt; andere Sozialversicherungs träger, wie zB die gesetzliche Krankenversicherung und Rentenversicherung würden aber gleichfalls nicht erwähnt. Durch die Beschränkung des Wortlautes auf den Begriff "Rückstände" werde eindeutig festgelegt, daß es sich dabei um öffentlich-rechtlich entstandene, am Fälligkeitstag nicht getilgte Geldforderungen handele, zu denen nach bisher nicht bestrittener Rechtsauffassung rückständige Beitragsforderungen sämtlicher Sozialversicherungsträger, also auch der Berufsgenossenschaften, gehörten. Für diese Auffassung spreche auch der Wortlaut des § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO, der den bisher geltenden § 28 Abs 3 ersetzt habe. Darin seien ausdrücklich die Ansprüche der Träger der Sozialversicherung auf Beiträge erwähnt. Zu diesen Trägern gehörten auch die Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, wie durch die §§ 4 Abs 2, 12, 22 des Sozialgesetzbuches (SGB) I und die §§ 1, 2, 20 SGB IV bestätigt werde. Auch aus der vom Kläger zitierten Begründung zu § 28 Abs 3 RVO könne eine unterschiedliche Behandlung von Unfallversicherungsbeiträgen und Beiträgen zu anderen Sozialversicherungsträgern nicht hergeleitet werden. Die von den Berufsgenossenschaften zu erhebenden Beiträge würden ebenfalls aus Löhnen und Gehältern berechnet. Die allein von den Unternehmern aufzubringenden Unfallversicherungsbeiträge ständen den Arbeitgeberanteilen in der gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung gleich und müßten daher im Konkurs ebenfalls als Masseschulden behandelt werden. Unfallversicherungsbeiträge und Beiträge zur Krankenversicherung und Rentenversicherung seien auch nicht unterschiedlich schutzwürdig. Die Solidargemeinschaft der Unternehmer könne Beitragsausfälle nur bis zu einer gewissen Grenze tragen. Darüber hinaus müßte schließlich der Staat und damit der Steuerzahler eintreten. Eine solche Entwicklung werde durch den höchstmöglichen Rang der Beitragsrückstände im Konkurs verhindert. Auch der Hinweis des Klägers auf die Konkursausfallgeldregelung vermöge eine Ungleichbehandlung der Unfallversicherungsbeiträge gegenüber den sonstigen Sozialversicherungsbeiträgen nicht zu rechtfertigen. Das Konkursausfallgeld werde von der Gesamtheit der Unternehmer aufgebracht. Diese Belastung der an einem einzelnen Konkurs nicht beteiligten Unternehmer würde eine weitere Benachteiligung bedeuten, wenn sie durch die Herabstufung der rückständigen Unfallversicherungsbeiträge zu lediglich bevorrechtigten Konkursforderungen auch noch die Beiträge für die letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung tragen müßten. Durch Einstufung der auf die Bundesanstalt für Arbeit bei Zahlung von Konkursausfallgeld übergegangenen Beitragsansprüche und Lohnansprüche als lediglich bevorrechtigte Konkursforderungen habe Raum für Beitragsansprüche und nicht etwa Schutz der Arbeitnehmeransprüche vor Konkurrenz durch die auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Lohnansprüche geboten werden sollen.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 20. April 1978, 21. August 1978 und 26. April 1979 sowie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 21. Juli 1978 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Die Revision ist vom SG nach § 161 Abs 1 und 2 SGG zugelassen worden und damit statthaft. Sie ist aber nicht begründet.
Das SG hat den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Ergebnis zutreffend bejaht. Allerdings handelt es sich hier nicht - wie das SG angenommen hat - um einen Streit über das Konkursvorrecht von Beitragsrückständen, wofür das Bundessozialgericht (BSG) den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in ständiger Rechtsprechung als gegeben angesehen hat (vgl BSGE 32, 263, 264 mit Nachweisen). Die Beklagte nimmt den Kläger als Konkursverwalter durch einen Verwaltungsakt wegen rückständiger Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung in Anspruch, wobei sie die Auffassung vertritt, daß es sich dabei um Masseschulden handele. Masseschulden sind nach § 57 KO idF des Gesetzes über Konkursausfallgeld (Drittes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes) -KauG- vom 17. Juli 1974 (BGBl I 1481) aus der Konkursmasse vorweg zu berichtigen. Die Befriedigung der Massegläubiger vollzieht sich unabhängig vom Gang des Konkursverfahrens; insbesondere findet auch § 14 KO keine Anwendung, der für die Dauer des Konkursverfahrens Zwangsmaßnahmen gegen die Konkursmasse ausschließt. Der Streit um Beitragsrückstände als Masseforderung ist daher, wie jeder andere Streit um Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung iS des § 51 SGG (vgl BFHE 102, 339).
Für die vom Kläger erhobene Klage ist das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen.
Gegenüber der Beitragsforderung der Beklagten, deren Höhe der Kläger nicht bestreitet, begehrt der Kläger die negative Feststellung, daß diese keine Masseforderung im Konkursverfahren ist. Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann mit der Klage das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat. Die Feststellung muß nicht auf das Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn zielen, sondern es kann auch auf die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten geklagt werden, die auf dem Rechtsverhältnis basieren. Somit ist es nicht erheblich, daß die Feststellungsklage hier nicht die sich aus der Mitgliedschaft des Unternehmers in einer Berufsgenossenschaft (§ 658 RVO) ergebende Verpflichtung, Beiträge für die Aufgaben der Berufsgenossenschaft aufzubringen (§ 723 RVO), zum Gegenstand hat, sondern lediglich die Vorwegbefriedigung der Beitragsforderung aus der Konkursmasse betrifft. Für die vom Kläger begehrte negative Feststellung besteht auch ein berechtigtes Interesse. Er braucht nicht abzuwarten, bis die Beklagte etwa aus dem Beitragsbescheid nach § 28 Abs 1 RVO oder nach § 748 RVO in die Konkursmasse vollstreckt. Als Konkursverwalter hat der Kläger vielmehr ein berechtigtes Interesse, schon im gegenwärtigen Zeitpunkt Klarheit darüber zu haben, wer zu den Massegläubigern gehört, ob die Masse danach zur Befriedigung aller Massegläubiger ausreicht (§ 60 KO) und was noch zur Befriedigung der Konkursgläubiger (§ 3 KO), insbesondere der bevorrechtigten Konkursgläubiger (§ 61 KO) zur Verfügung steht.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Nach § 28 Abs 3 RVO idF des KauG, das am 20. Juli 1974 in Kraft getreten ist (Art 3 § 4 KauG) und daher auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, sind Rückstände für die letzten sechs Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners Masseschulden iS des § 59 Abs 1 Nr 3 KO. Unter "Rückständen" sind am Fälligkeitstag nicht geleistete, den Versicherungsträgern für ihre Zwecke nach gesetzlichen Vorschriften oder nach der Satzung geschuldete Zahlungen, vor allem Beiträge zu verstehen (BSG SozR Nr 1 zu § 762a RVO; BSGE 32, 263, 266), und zwar auch Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Entgegen der Ansicht des Klägers spricht gerade die Entstehungsgeschichte des § 28 RVO dafür, daß zu den Rückständen auf allen Gebieten der Reichsversicherung die von Unternehmern, Arbeitgebern, Auftraggebern und Versicherten den Versicherungsträgern zu zahlenden Beiträge gehören. Vor dem Inkrafttreten der RVO war die Beitreibung von Rückständen in den damals geltenden jeweiligen Sozialversicherungsgesetzen geregelt (§ 55 des Gesetzes betr. die Krankenversicherung der Arbeiter idF vom 10. April 1892 - RGBl 379; § 168 des Invalidenversicherungsgesetzes vom 19. Juli 1899 - RGBl 463; § 103 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 - RGBl 585; § 113 des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juni 1900 - RGBl 641; § 39 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 - RGBl 698; § 111 des See-Unfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 - RGBl 716). Erst die RVO vom 19. Juli 1911 (RGBl 509), die am 1. August 1911 in Kraft getreten ist, hat in dem für alle Zweige der Reichsversicherung - Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung der Arbeiter (§§ 1 und 3 RVO; nach Abschn I des Gesetzes über den Aufbau der Sozialversicherung vom 5.Juli 1934 - RGBl I 577 - auch Rentenversicherung der Angestellten und Knappschaftsversicherung) - geltenden § 28 die Beitreibung von Rückständen einheitlich geregelt. In der Begründung zu § 25 des Entwurfs einer RVO, der mit § 28 RVO wörtlich übereinstimmt, ist ausgeführt, daß er sich in seinen Vorschriften über die Beitreibung von Rückständen den etwas ausführlicheren Vorschriften anschließt, die in dieser Hinsicht das Krankenversicherungsgesetz abweichend von den anderen Versicherungsgesetzen trifft (Reichstag 12.Legislaturperiode II. Session 1909/1910 Drucks Nr 340 S 44). So hat dann auch das Reichsgericht zu den "Rückständen" rückständige Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung gerechnet (RGZ 102, 70), ebenfalls das Reichsversicherungsamt (EuM 20, 241), der Bundesgerichtshof (BGHZ 34, 293, 295) und das BSG (BSGE 25, 235, 242). Dieser Auffassung sind auch die Krankenversicherungsträger und Rentenversicherungsträger. Aus der Formulierung in dem vom Kläger während des erstinstanzlichen Verfahrens zitierten Gemeinsamen Rundschreiben (DOK 1975, 181), daß "Rückstände" iS des § 28 Abs 3 RVO "Sozialversicherungsbeiträge" seien, kann nicht geschlossen werden, daß nach Meinung der Spitzenverbände "Unfallversicherungsbeiträge" nicht dazu gehören. Das Gemeinsame Rundschreiben bezieht sich zur Begründung seiner Meinung, was Rückstände sind, auf ein Urteil des 8. Senats des BSG vom 20. März 1973, - 8/2 RU 60/71 -. Dieses Urteil betraf aber gerade rückständige Beiträge und Beitragsvorschüsse sowie Zinsen zur gesetzlichen Unfallversicherung. Der Hinweis des Klägers auf die Begründung der Bundesregierung zur Änderung des § 28 Abs 3 RVO im Entwurf des KauG (BT-Drucks 7/1750 S 17), ist ebenfalls nicht geeignet, die Auffassung zu begründen, daß Rückstände nur diejenigen Sozialversicherungsbeiträge seien, die wie die Arbeitnehmeranteile und die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung mit den rückständigen Lohnforderungen im Zusammenhang stehen. Auch hier zeigt vielmehr die Entstehungsgeschichte des die Stellung der Rückstände im Konkurs regelnden § 28 Abs 3 RVO, daß ausnahmslos alle rückständigen Sozialversicherungsbeiträge, auch die zur gesetzlichen Unfallversicherung, im Konkurs stets gleichbehandelt wurden.
Vor dem Inkrafttreten der RVO hatten die Rückstände in der Krankenversicherung und in der Invalidenversicherung im Konkurs das Vorzugsrecht des § 54 Nr 1 KO vom 10. Februar 1877 (RGBl 351) bzw des § 61 Nr 1 idF der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 (RGBl 612). Dieses Vorzugsrecht war den Rückständen nicht durch die KO, sondern durch § 55 des Gesetzes betr. die Krankenversicherung der Arbeiter (aaO) und § 168 des Invalidenversicherungsgesetzes (aaO) zuerkannt worden. Damit genossen die Beitragsrückstände zu diesen beiden Sozialversicherungszweigen das gleiche Vorzugsrecht wie die Forderungen der Liedlöhner. Diese Gleichstellung beruhte damals auf der Erwägung, daß die vom Arbeitgeber geschuldeten Beiträge einen Teil des vom Arbeitgeber geschuldeten Lohnes darstellen und der Arbeitnehmer sich bei der Lohnzahlung Beitragsteile vom Lohn abziehen lassen müsse (RGZ 102, 70, 73). Für die Beitragsforderungen der Berufsgenossenschaften fehlte es dagegen in den verschiedenen Unfallversicherungsgesetzen noch an einer entsprechenden Vorschrift. Ihnen hatte das Reichsgericht lediglich das Vorzugsrecht der öffentlichen Verbände aus § 54 Nr 3 KO bzw § 61 Nr 3 KO (aaO) zuerkannt (RGZ 22, 139). Mit der Einführung des § 28 Abs 3 RVO stellte diese Vorschrift die Berufsgenossenschaften hinsichtlich des Vorzugsrechts ihrer Beitragsforderungen jedoch den anderen Versicherungsträgern gleich. Seitdem genießen alle rückständigen Sozialversicherungsbeiträge das gleiche Vorzugsrecht wie die Liedlohnforderungen aus § 61 Nr 1 KO (aaO), auch wenn die Beiträge keine Beziehung zum Lohnanspruch des Arbeitnehmers haben (Arbeiterversorgung 1916, 697, 700; RGZ 102, 70, 79; BGHZ 34, 293, 295).
Die vom damaligen Gesetzgeber durch § 28 Abs 3 RVO bewußt gewollte Gleichstellung mit der im Krankenversicherungsgesetz und im Invalidenversicherungsgesetz bestehenden Regelung verbietet es, die Anwendung dieser Vorschrift nunmehr auf solche Beitragsrückstände zu beschränken, die aus Löhnen und Gehältern stammen (Arbeitnehmeranteile) oder auf diese entfallen (Arbeitgeberanteile). Die Bundesregierung hat in der schon erwähnten Begründung zur Änderung des § 28 Abs 3 RVO im Entwurf des KauG (aaO) nicht zum Ausdruck gebracht, daß Beitragsrückstände zur gesetzlichen Unfallversicherung für die letzten sechs Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners im Gegensatz zu den zu sonstigen Beitragsrückständen zur Sozialversicherung nicht Masseschulden sein sollen. Sollte die Bundesregierung beabsichtigt haben, in der Begründung zur Änderung des § 28 Abs 3 RVO, der im Gesetzgebungsverfahren noch weitere Veränderungen erfahren hat, solche Erwägungen zum Ausdruck zu bringen, so haben diese jedenfalls in dem gesetzlichen Tatbestand des § 28 Abs 3 RVO keinen Eingang gefunden und können deshalb für dessen Auslegung nicht entscheidend sein (BSGE 32, 263, 267). In § 28 Abs 3 RVO wird der Begriff "Rückstände" sowohl für die Bezeichnung von Masseschulden (§ 59 Abs 1 Nr 3 KO) als auch für die Bezeichnung bevorrechtigter Konkursforderungen (§ 61 Abs 1 Nr 1 KO) verwendet. Ob Rückstände das eine oder das andere sind, richtet sich im Grundsatz nach ihrer Entstehung bis zu sechs Monaten oder länger als sechs Monate bis zu einem Jahr vor Eröffnung des Konkursverfahrens oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners. Die Verwendung ein und desselben Wortes schließt es hier aus, daß zu den Rückständen iS des § 28 Abs 3 Satz 1 RVO (Masseschulden) nicht die den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung geschuldeten Beiträge gehören, dagegen Rückstände iS des § 28 Abs 3 Satz 2 RVO (bevorrechtigte Konkursforderungen) diese Beiträge mit umfassen.
Gegen die abweichende Ansicht des Klägers spricht zudem die vom Gesetzgeber getroffene Regelung nach Aufhebung des § 28 Abs 3 RVO durch Art II § 1 Buchst a des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)- vom 23. Dezember 1976 (BGBl I 3845), das am 1. Juli 1977 in Kraft getreten ist (Art II § 21 Abs 1 SGB IV). Durch die gleichzeitige Änderung der KO (Art II § 10 SGB IV) ist nunmehr nicht mehr in der RVO, sondern in der KO geregelt, welche Rückstände Masseschulden und welche bevorrechtigte Forderungen sind.
Nach § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO sind Masseschulden Ansprüche der Träger der Sozialversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit wegen Rückständen für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners auf Beiträge einschließlich Säumniszuschläge und auf Umlagen. Ferner sind nach § 61 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO bevorrechtigte Konkursforderungen Forderungen der Träger der Sozialversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit wegen Rückständen für das letzte Jahr vor Eröffnung des Konkursverfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners auf Beiträge einschließlich Säumniszuschläge und auf Umlagen, soweit sie nicht Masseschulden sind. Zu den in diesen Vorschriften genannten Trägern der Sozialversicherung (vgl § 29 SGB IV) rechnen auch die Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 646 RVO). Schon in der Überschrift zu § 9 des Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 (RGBl 69) waren Träger der Versicherung erwähnt; nach § 3 RVO gehörten sie, wie bereits ausgeführt, zu den Trägern der Reichsversicherung (vgl im einzelnen Krause/v.Maydell/Merten/Meydam, Gemeinschaftskommentar zum SGB IV, § 29 Anm 12 bis 22). Für den erkennenden Senat unterliegt es daher keinem Zweifel, daß § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO und § 61 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO jeweils auch die Beitragsrückstände zu den Berufsgenossenschaften als den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung umfassen. Insoweit unterscheidet sich diese Regelung nicht von der des § 28 Abs 3 RVO in der hier maßgebenden Fassung.
Die Tatsache, daß die im Falle des Konkurses des Arbeitgebers gemäß § 141 n Satz 1 AFG vom Arbeitsamt befriedigten und nach § 141 n Satz 3 iVm § 141 m Abs 1 AFG auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüche auf Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung, die auf Arbeitsentgelte für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses entfallen, nach ausdrücklicher Regelung durch § 28 Abs 3 RVO nicht Masseschulden, sondern lediglich bevorrechtigte Konkursforderungen sind, vermag ebenfalls nicht die Auffassung des Klägers zu rechtfertigen, daß auch die Beitragsrückstände zu den Berufsgenossenschaften keine Masseschulden sein können. Im Gegenteil, gerade die Ausnahmeregelung für die auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Beitragsansprüche macht deutlich, daß dort, wo der Gesetzgeber eine Vorwegbefriedigung von Beitragsrückständen als Masseschulden nicht wünscht, dies auch regelt.
Durch die Zurückstufung der auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Beitragsansprüche für die ersten drei Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens von Masseschulden auf bevorrechtigte Konkursforderungen - das gleiche galt nach § 59 Abs 2 KO idF des KauG auch für die auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die den Anspruch auf Konkursausfallgeld für die ersten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens begründeten (§ 141 b iVm § 141 m Abs 1 AFG) - wird nun, wie der Kläger zutreffend darlegt, ein Freiraum geschaffen, dh, es können nunmehr andere Masseforderungen aus der Konkursmasse vorweg berichtigt werden. Die Auffassung des Klägers, daß dieser Freiraum für die Befriedigung weiterer Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt für den vierten bis sechsten Monat vor Eröffnung des Konkursverfahrens zur Verfügung stehen müsse, nicht jedoch der bevorzugten Befriedigung der Berufsgenossenschaften wegen rückständiger Beiträge dienen dürfe, findet allerdings eine gewisse Stütze im Bericht und Antrag des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks 7/ 2260 S 4). Der Ausschuß hatte sich der Auffassung des Rechtsausschusses angeschlossen, durch Anfügung eines neuen Abs 2 in § 59 KO den nach § 141 m Abs 1 AFG auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüchen lediglich das Vorrecht des § 61 Abs 1 Nr 1 KO einzuräumen. Diese Regelung gewährleiste, so führte der Ausschuß aus, daß Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt für den vierten bis sechsten Monat vor den auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüchen befriedigt würden. Darüber hinaus werde vermieden, daß der finanzielle Spielraum des Konkursverwalters dadurch eingeengt werde, daß er die auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüche vorrangig befriedigen müsse (§ 57 KO). Die Vorstellungen des Ausschusses betreffen nur die gemäß § 141 m Abs 1 AFG auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt, da hinsichtlich der Stellung der Beitragsrückstände im Konkurs damals § 28 Abs 3 RVO galt. Aber auch bei der Änderung des § 59 Abs 2 KO durch Art II § 10 Nr 1 Buchst b SGB IV ist nicht erkennbar geworden, daß der Gesetzgeber nicht oder nicht mehr die Vorwegbefriedigung der rückständigen Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners als Masseschulden wünscht (Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO, 9. Aufl § 59 Anm 15 f). Immerhin liegen zwischen der Verabschiedung des KauG und des SGB IV mehr als zwei Jahre.
Ob der Gesetzgeber, wie der Kläger meint, damit bewußt eine Benachteiligung der Arbeitnehmer in Kauf genommen hat, indem er die rückständigen Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung als Masseschulden normiert hat, kann dahinstehen. Ebenso wie er die Masseschulden um die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt für die letzten sechs Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners erweitern konnte, war es ihm gestattet, die Beitragsansprüche aller Sozialversicherungsträger für denselben Zeitraum den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gleichzustellen und sie im Falle der Unzulänglichkeit der Masse miteinander konkurrieren zu lassen (§ 60 Abs 1 Nr 3 KO). In diesem Zusammenhang ist auf das Vorbringen der Beklagten zu verweisen, wonach auch die rückständigen Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung schutzwürdig sind. Sofern nämlich ein Unternehmen infolge des Konkurses erlischt, trägt es nicht mehr mit Beiträgen zu den Aufgaben der zuständigen Berufsgenossenschaft bei (vgl § 723 RVO). Andererseits verbleibt aber die Unfallast dieses Unternehmens der Berufsgenossenschaft, die fortan von den in derselben Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmern, erforderlichenfalls aber auch von anderen Berufsgenossenschaften getragen werden muß (vgl Art 3 § 1 UVNG idF des Art 2 § 4 des Finanzänderungsgesetzes -FinÄndG- 1967 vom 21. Dezember 1967 - BGBl I 1259). Schon dieser Gesichtspunkt würde es rechtfertigen, die rückständigen Beiträge zu der für den Gemeinschuldner zuständigen Berufsgenossenschaft mit den Ansprüchen der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt und den Beitragsforderungen der sonstigen Sozialversicherungsträger gleichzustellen. Hinzu kommt noch, daß nach § 186b AFG auch die Mittel für das Konkursausfallgeld einschließlich der Beiträge (§ 141 n AFG), der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung des Konkursausfallgeldes zusammenhängen, von den Berufsgenossenschaften aufgebracht werden, wobei jede einzelne Berufsgenossenschaft die von ihr aufzubringenden Anteile auf ihre Mitglieder, also die Unternehmer, umlegt (§ 186c AFG). Dadurch, daß die in den Berufsgenossenschaften zusammengeschlossenen Unternehmer für die von einem Konkursverfahren betroffenen Arbeitnehmer das gemäß § 141 a ff AFG zu zahlende Konkursausfallgeld aufbringen, so daß die Arbeitnehmer nicht genötigt sind, ihre Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens als Masseschulden geltend zu machen, ist es ebenfalls gerechtfertigt, wenigstens die rückständigen Beiträge der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners als Masseschulden zu normieren.
Der Hinweis des Klägers auf die von ihm zitierte Rechtsprechung des BAG und des BFH vermag sein Feststellungsbegehren gleichfalls nicht zu stützen. Der Große Senat des BAG hat durch Beschluß vom 13. Dezember 1978 - GS 1/77 - (AP Nr 6 zu § 112 BetrVG 1972) entschieden, daß Ansprüche aus einem Sozialplan auf Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes bevorrechtigte Konkursforderungen iS des § 61 KO mit dem Rang vor § 61 Abs 1 Nr 1 dieser Vorschrift und nicht Masseschulden nach § 59 Abs 1 Nr 1 KO sind. Zu dieser Entscheidung, die ein neues Konkursvorrecht statuiert, ist das BAG gekommen, nachdem es festgestellt hat, daß das BetrVG 1972 durch die Vorschriften über den Sozialplan Ansprüche geschaffen hat, die in das herkömmliche System der KO nicht passen und auch vom KauG die sich daraus ergebenden Probleme nicht geregelt sind. Das BAG hat es als legitime Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen und insbesondere des Großen Senats des BAG angesehen, die durch die neue Rechtsentwicklung im Arbeitsrecht entstandene Regelungslücke zu schließen. Hinsichtlich der im vorliegenden Fall zu entscheidenden Frage, ob Rückstände iS des § 28 Abs 3 RVO auch die Beitragsrückstände der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind und zu den Masseschulden nach § 59 Abs 1 Nr 3 KO gehören, besteht jedoch, wie der Senat dargelegt hat, keine Regelungslücke. Was schließlich das Urteil des BFH vom 2. Februar 1978 - V R 128/76 (Der Betrieb 1978, 1865 = BStBl 1978, III,483) angeht, stützt dies die Auffassung des Klägers gleichfalls nicht. Der BFH hat entschieden, daß dann, wenn ein Bauunternehmer vor Lieferung eines auf fremden Grund errichteten Bauwerks in Konkurs fällt und der Konkursverwalter die Erfüllung des Bauvertrages nach § 17 KO ablehnt, neu bestimmter Gegenstand der Werklieferung nunmehr das unfertige Bauwerk ist und diese Lieferung zur Zeit der Konkurseröffnung bewirkt wird. Die Umsatzsteuer auf diese Lieferung ist daher nur eine Konkursforderung und gehört nicht zu den Massekosten (§ 58 Nr 2 KO). Die Entscheidung des BFH beruht im wesentlichen auf der Ansicht, daß die umsatzsteuerliche Lieferung des bei Konkurseröffnung nur teilweise hergestellten Bauwerks zeitlich mit der Konkurseröffnung zusammenfiel, es sich also, obwohl die Erfüllungsablehnung nach § 17 KO einer Handlung iS des § 59 Abs 1 Nr 1 KO entsprach, um keine Masseschuld handelt. Eine ähnliche Lage besteht im hier anhängigen Rechtsstreit nicht. Der Begriff "Rückstände" in § 28 Abs 3 RVO in der hier maßgebenden Fassung hat seit vielen Jahrzehnten eine niemals umstrittene einheitliche Auffassung dahin erfahren, daß er ua rück ständige Beiträge zu allen Trägern der Sozialversicherung umfaßt Es war und ist auch nicht zweifelhaft, daß zu diesen Trägern die Berufsgenossenschaften gehören. Seit dem Inkrafttreten der RVO im Jahre 1911 sind, wie der Senat dargelegt hat, alle Beitragsrückstände der Sozialversicherungsträger im Konkurs gleichbehandelt worden, zunächst durch § 28 Abs 3 RVO und seit dem 1. Juli 1977 durch §§ 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e und § 61 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO. Für die vom Kläger vertretene Auslegung bleibt danach keim Raum; sein Feststellungsbegehren hat keinen Erfolg.
Die Revision des Klägers mußte deshalb zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1658781 |
BSGE, 276 |
ZIP 1980, 252 |
Breith. 1981, 111 |