Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenersatz für Versicherte. Gesetzeslücke. Analogie. Hilfsmittel. Ersatzansprüche der Krankenkassen hinsichtlich orthopädischer Hilfsmittel
Leitsatz (amtlich)
Hat eine Krankenkasse ihrem Versicherten nach Verlust beider Unterschenkel einen Krankenfahrstuhl (Hilfsmittel) gewährt und diesen wegen eines wehrdienstbedingten Armverlustes mit einem elektrischen Antrieb ausstatten lassen, kann sie diese zusätzliche Aufwendung nicht von der Versorgungsverwaltung in Einzelabrechnung ersetzt verlangen.
Orientierungssatz
BVG § 19 Abs 1 S 1 sieht lediglich einen vollen Ersatz der im einzelnen abzurechnenden Aufwendungen für Krankenhauspflege, Haushaltshilfe und Heilmittel vor. Zu diesen Leistungsarten rechnen die Hilfsmittel der orthopädischen Versorgung nicht. Hinsichtlich der Nichtaufnahme der "Hilfsmittel" in die gesetzliche Vorschrift liegt keine Regelungslücke vor, die durch eine Analogie von den Gerichten zu schließen ist.
Normenkette
BVG § 19 Abs 1 S 1 Fassung: 1975-06-09; RVO § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c Fassung: 1974-08-07, § 182b Fassung: 1974-08-07; BVG § 19 Abs 1 S 2, § 20
Verfahrensgang
SG Ulm (Entscheidung vom 19.03.1980; Aktenzeichen S 9 V 1170/78) |
Tatbestand
Die Klägerin, eine Betriebskrankenkasse, gewährte ihrem Versicherten K, nachdem ihm 1976 beide Unterschenkel hatten amputiert werden müssen, ein elektrisch betriebenes Krankenfahrzeug zum Preis von 4.109,75 DM. Der Verlust der Beine war nicht auf eine Wehrdienstbeschädigung zurückzuführen. Die Klägerin forderte von der beklagten Versorgungsverwaltung die Erstattung von 3.234,70 DM. In diesem Betrag sieht die Klägerin den Unterschied zwischen den Kosten für ein handbetriebenes Krankenfahrzeug mit Greifrädern (875,05 DM) und ihren tatsächlichen Aufwendungen. Mit dem umstrittenen Betrag bewertet sie ihren Aufwand für den elektrischen Antrieb, der wegen der Schädigungsfolgen bei K notwendig gewesen sein soll. Das SG hat die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts ist der Anspruch nicht nach § 19 Abs 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) begründet. Diese Vorschrift regele lediglich den Ersatz von Aufwendungen für "Heilmittel", nicht aber für "Hilfsmittel". Ein Krankenfahrstuhl sei aber kein "Heilmittel", sondern ein orthopädisches "Hilfsmittel". Aufwendungen für Hilfsmittel seien nach § 19 Abs 1 BVG selbst dann nicht zu ersetzen, wenn sie schädigungsbedingt seien.
Die Klägerin hat die vom SG zugelassene Revision eingelegt. Sie hält die Versorgungsverwaltung für verpflichtet, die Kosten für den schädigungsbedingten elektrischen Antrieb des Krankenfahrstuhls als abtrennbaren Teil der einheitlichen Sachleistung zu tragen. Die Klage sei aufgrund eines allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs begründet. Ein solcher sei nicht durch § 19 BVG ausgeschlossen. Für Fälle wie den gegenwärtigen bestehe eine Regelungslücke, die sachgerecht durch die Rechtsprechung zu schließen sei. Der Gesetzgeber habe bei der Erweiterung des § 19 Abs 1 Satz 1 BVG infolge des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) zwar einige der neuerdings von den Krankenkassen zu erbringenden Leistungen in die Einzelerstattung einbezogen. Er sei jedoch dem neuen Leistungskatalog der Krankenversicherung nicht vollständig gerecht geworden, indem er die orthopädischen Hilfsmittel (§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c, § 182 b Reichsversicherungsordnung -RVO-) unberücksichtigt gelassen habe.
Die Klägerin beantragt,
in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts den
Beklagten zu verurteilen, ihr die schädigungsbedingten
Mehrkosten für den dem Versorgungsberechtigten K gewährten
Elektrofahrstuhl in Höhe von 3.234,70 DM zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung als Vertreter der Beigeladenen hält die Voraussetzungen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches für nicht gegeben. § 19 Abs 1 BVG konkretisiere in Gesetzesform das allgemeine Rechtsinstitut der Gesamtschuld im Unterschied zur Regelung des § 20 BVG, der der Gedanke des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches zugrunde liege. Zwar sei für die Praxis der orthopädischen Versorgung bei Ausstattung mit orthopädischem Schuhwerk und Prothesenhandschuhen ein Leistungsausgleich zwischen Krankenkasse und Versorgungsverwaltung aufgrund einer Gesamtschuldnerschaft angeordnet. Dafür bestehe aber eine Zweckgemeinschaft aufgrund des einheitlichen, nichtteilbaren Bedarfs. Ob dies auch hier gelte, sei zweifelhaft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der von ihr geltend gemachte Ersatz- oder Erstattungsanspruch ist weder nach § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG idF der Bekanntmachung vom 22. Juni 1976 (BGBl I 1633) noch in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift noch nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz außerhalb der gesetzlichen Regelungen der §§ 19 und 20 BVG begründet.
Nach § 19 Abs 1 Satz 1 BVG werden den Krankenkassen, die nicht nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes Heilbehandlung zu gewähren haben, die Aufwendungen für Krankenhauspflege, Haushaltshilfe und Heilmittel ersetzt; das gilt nach Satz 2 nur für solche Auslagen, die durch die Behandlung anerkannter Schädigungsfolgen entstanden sind. Die Klägerin hatte wohl nach anderen Bestimmungen als denen des BVG, nämlich nach Krankenversicherungsrecht, ihrem Versicherten den elektrisch betriebenen Krankenfahrstuhl zu gewähren (§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchstabe c iVm § 182b Satz 1 RVO idF des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation -RehaAnglG- vom 7. August 1974 - BGBl I 1881 -; BSG SozR 2200 § 182b Nr 16). Aber sie hatte dies gerade nicht zusätzlich nach dem BVG zu leisten, wie § 19 Abs 1 Satz 1 BVG voraussetzt.
Ob dem Beschädigten dieses Fahrzeug als Hilfsmittel im Rahmen der orthopädischen Versorgung nach § 10 Abs 1 iVm § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 8 und § 13 Abs 1 und 2 BVG zustand, ist fraglich, kann aber dahingestellt bleiben. § 1 Satz 1 Nr 10 und § 4 Abs 4 Satz 1 der dazu ergangenen Verordnung in der ab 1. Januar 1976 geltenden Fassung vom 23. August 1976 (BGBl I 2422) -DV- sieht solche Krankenfahrstühle ausschließlich für Querschnittsgelähmte, Drei- und Vierfachamputierte, Doppelbeinamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Beinamputierte mit besonderen Beschwernissen sowie für andere Berechtigte vor. Vorausgesetzt wird jedoch, daß diese Personen hinsichtlich Art und Schwere der Behinderung oder des Ausmaßes der Gehbehinderung den benannten Berechtigten gleichzuachten sind. Der Beschädigte gehört nicht zu diesem Kreis von Berechtigten, weil sein Beinverlust keine Schädigungsfolge ist (vgl dazu BSGE 37, 60 = SozR Nr 1 zu § 4 DVO zu § 11 Abs 3, §§ 13 und 15 BVG 1967; SozR Nr 2 zu § 3 DVO zu § 13 BVG 1956). Auch ein Zuschuß zu den besonderen Kosten, die durch den elektrischen Antrieb des Fahrzeuges entstanden sind, ist nicht als eine Ersatzleistung iSd § 11 Abs 3 BVG in den einschlägigen Vorschriften der §§ 2 und 5 DV vorgesehen. Jedenfalls ist diese besondere Antriebsart nicht allein wegen der anerkannten Schädigungsfolgen, insbesondere des Armverlustes, erforderlich. Hierbei ist zu beachten, daß die Regelungen der orthopädischen Versorgung in der DV erschöpfend sind (BSG 27. Januar 1967 - 9 RV 476/64 - = SozEntsch BSG IX/3 § 13 Nr 7; BSG SozR 3610 § 5 Nr 2; BSG 17. September 1980 - 9 RV 52/79 -).
Abgesehen davon wäre die Klägerin als gesetzliche Krankenkasse nicht nach § 18c Abs 2 BVG zu dieser Leistung - einem Hilfsmittel - gegenüber dem Versorgungsberechtigten verpflichtet gewesen. Vielmehr hat die orthopädische Versorgung wie Abs 1 des § 18c BVG im Gegensatz zu Abs 2 aaO anordnet, die zuständige Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung zu gewähren. Hingegen haben die gesetzlichen Krankenkassen nur die übrige versorgungsrechtliche Heilbehandlung im weiteren Sinn durchzuführen (vgl dazu BSG 9. Juli 1980 - 9 RV 72/78 -).
Wohl kann die Krankenkasse, wenn eine einheitliche Sachleistung zu einem funktionell und kostenmäßig abgrenzbaren, "technisch aber integrierten Teil" wegen Schädigungsfolgen notwendig ist, unter den Voraussetzungen des § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG den entsprechenden Kostenanteil gesondert beanspruchen (BSG SozR 3100 § 19 Nrn 1 und 4; BSG Breithaupt 1978, 37). Dies gilt indessen nach der bisherigen Rechtsprechung ausschließlich in anderen Fällen als dem gegenwärtigen. In den bisher entschiedenen Sachen war an sich wegen Schädigungsfolgen ein bestimmtes Heilmittel zu gewähren; aus technisch-praktischen Gründen wurde aber an Stelle dessen eine andere Sonderausgestaltung eines Mittels, das wegen sonstiger Gesundheitsschäden in einfacherer Ausstattung benötigt wurde, von der Krankenkasse nach Krankenversicherungsrecht erbracht.
Selbst wenn alle diese Gesichtspunkte, die gegen den Ersatzanspruch sprechen, entkräftet werden könnten, dh wenn der Beschädigte einen elektrisch betriebenen Krankenfahrstuhl auch nach dem BVG zu erhalten hätte, wenn die Krankenkasse außerdem einen Ersatz nach § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG sogar in Fällen ihrer Unzuständigkeit gem § 18c Abs 1 BVG verlangen und wenn sie jedenfalls den auf den Elektroantrieb schädigungsbedingt entfallenden Kostenanteil ersetzt beanspruchen könnte, wäre ein solcher Anspruch nach § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG aus einem anderen Grund ausgeschlossen. Satz 1 sieht lediglich einen vollen Ersatz der im einzelnen abzurechnenden Aufwendungen für Krankenhauspflege, Haushaltshilfe und Heilmittel vor. Zu diesen Leistungsarten rechnen die Hilfsmittel der orthopädischen Versorgung nicht. Diese sind von Heilmitteln zu unterscheiden (vgl § 10 Nrn 3 und 4 RehaAnglG, § 11 Abs 1 Satz 1 Nrn 3 und 8 iVm § 13 Abs 1 und 2 BVG, § 182 Abs 1 Nr 1 Buchstaben b und c, § 557 Abs 1 Nrn 3 und 4, § 1237 Abs 1 Nrn 3 und 4 RVO).
Die Vorschriften des § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG können auf Fälle wie den gegenwärtigen nicht entsprechend angewendet werden (anders für die Beziehung zwischen Kranken- und Unfallversicherung: BSGE 39, 24, 26 = SozR 2200 § 1504 Nr 1; BSGE 45, 221, 222 ff = SozR 2200 § 1504 Nr 5). Das setzte eine Gesetzeslücke voraus, die durch eine Analogie von den Gerichten zu schließen wäre. Die genannten Bestimmungen regeln aber iVm § 20 BVG die Ersatzansprüche der gesetzlichen Krankenkassen gegen die Versorgungsverwaltung wegen schädigungsbedingter Aufwendungen abschließend (BSGE 49, 250, 253 = SozR 3100 § 19 Nr 11; SozR 3100 § 19 Nr 6 S 16; 3100 § 19 Nr 10 S 30; BSG 16. März 1979 - 9 RV 53/78 - = USK 7940; BSG 9. Juli 1980 - 9 RV 48/79 -; BSG 5. März 1981 - 9 RV 35/80 -). Hinzuzufügen ist, daß die Vorschrift des § 20 BVG hier außer Betracht zu bleiben hat, weil sie die von den Krankenkassen ausschließlich nach dem BVG zu erbringenden Leistungen betrifft. Im Streitfalle ist die Kasse aber nach dem Recht der Krankenversicherung selbst unmittelbar zur Leistung verpflichtet. Eine Erweiterung des Rechtsgedankens aus § 19 Abs 1 BVG auf einen Fall wie diesen, verbietet sich. Nachdem den Krankenkassen die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln als eigene Aufgabe durch das RehaAnglG übertragen worden ist, hat der Gesetzgeber § 19 Abs 1 Satz 1 BVG nicht entsprechend erweitert. Falls nach seinem Plan auch die Aufwendungen für solche Mittel voll ersetzt werden sollten, hätte eine Ergänzung des § 19 Abs 1 Satz 1 BVG erwartet werden können. In vergleichbarer Weise sind Gesetzesänderungen vorgenommen worden. Im Zusammenhang mit Veränderungen der Heilmittelpflicht hat der Gesetzgeber die bezeichnete Vorschrift umgestaltet (§ 27 Nr 11 RehaAnglG; Gesetzesbegründung - BR-Drucks 307/72, S 65, zu Nr 11 - § 19 BVG -). Gleiches ist bezüglich der Haushaltshilfe durch Art 1 Nr 9 des 7. Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des BVG - 7. AnpG-KOV - vom 9. Juni 1975 (BGBl I 1321) geschehen (vgl insbesondere Gesetzesbegründung - BT-Drucks 7/3415, S 9, zu Nr 8 - § 19 Abs 1 -). Außerdem hatte das RehaAnglG grundsätzlich die das Krankengeld betreffende Erstattungsvorschrift des § 19 Abs 2 gestrichen, weil angenommen wurde, solche Leistungen kämen nicht mehr in Betracht (Gesetzesbegründung, S 65, zu Nr 11 - § 19 BVG). Dies wurde aber nachträglich durch Nr 9 Buchstabe b des 7. AnpG-KOV korrigiert; denn inzwischen hatte sich in der praktischen Erfahrung das Gegenteil herausgestellt (Vorberg/van Nuis/Werba, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, III. Teil, 3. Aufl 1969, Stand: 1979, S 206, 212). Spätestens bei dieser Gelegenheit hätte der Gesetzgeber den § 19 Abs 1 Satz 1 BVG um die zu erstattenden Hilfsmittelaufwendungen ergänzen können und erweitert, falls er dies beabsichtigt hätte (ähnlich für das Verhältnis von Kranken- und Unfallversicherung nach § 1504 RVO: BSG 42, 121 = SozR 2200 § 1504 Nr 2).
Eine durch Analogie zu schließende Planwidrigkeit läßt sich auch nicht daraus folgern, daß die Verordnung zur Durchführung des § 19 Abs 1 BVG (vom 5. August 1965 - BGBl I 755 - idF vom 8. Juli 1976 -BGBl I 1789-), die die Berechnung der Pauschale für die Abgeltung aller nicht in § 19 Abs 1 Satz 1 BVG aufgeführten Krankenpflege-Aufwendungen nach Satz 3 regelt, nicht erkennbar ua auf den Beträgen aufbaut, die die gesetzlichen Krankenkassen erfahrungsgemäß für orthopädische Versorgungsleistungen aufwenden. Die gesetzliche Vorschrift des § 19 Abs 1 Satz 3 BVG, die die Sätze 1 und 2 ergänzt und damit abgrenzt, schreibt die Abgeltung aller "übrigen Aufwendungen" uneingeschränkt vor. Wie in der ihr untergeordneten Rechtsverordnung die Pauschale berechnet wird, ist nach § 24a Buchstabe d BVG eine Aufgabe der Bundesregierung. Wenn diese bei den Bemessungsunterlagen, an deren Bereitstellung die Träger der gesetzlichen Krankenkassen mitzuwirken haben, die "übrigen Aufwendungen" unzureichend berücksichtigt haben sollte, kann daraus nicht abgeleitet werden, insoweit bestehe eine gesetzliche Regelungslücke in § 19 Abs 1 Satz 1 BVG, die richterlich geschlossen werden dürfe und müsse.
In der bisherigen Rechtsprechung sind die §§ 19 und 20 BVG allerdings als erschöpfende Regelung der Ersatzansprüche lediglich für Fälle beurteilt worden, in denen die Krankenkasse nach § 18c Abs 2 BVG die Versorgung durchzuführen hatten. Hingegen hat der 8. Senat des Bundessozialgerichts, der nicht mehr für Kriegsopfersachen zuständig ist, in einem ähnlichen Fall wie dem gegenwärtigen, in dem die Versorgungsbehörden nach dem Gesetz (§ 14 Abs 1 BVG aF, entsprechend dem jetzigen § 18c Abs 1) allein zuständig waren, einen allgemeinen Erstattungs- oder Abwälzungsanspruch wegen rechtsgrundloser Vermögensverschiebung bejaht; er begründete dies damit, daß § 19 BVG nur für Fälle bestimmt sei, in denen die Krankenkassen die Versorgungsleistungen nach dem Gesetz zu erbringen haben (SozR Nr 5 zu § 14 BVG; vgl für andere Fälle auch BSGE 39, 235, 237; BSG, Breithaupt 1975, 505). Ein solcher Erstattungsanspruch außerhalb der gesetzlichen Regelungen läßt sich nicht damit rechtfertigen, daß die Krankenkassen ihre Aufwendungen, die durch Schädigungsfolgen bedingt sind, uneingeschränkt ersetzt verlangen könnten. Einen solchen Rechtssatz gibt es nicht, wie schon § 19 Abs 1 Satz 3 BVG erkennen läßt (BSG SozR 3100 § 19 Nr 7 S 20f). Außerdem setzt der bezeichnete allgemeine Abwälzungsanspruch eine ungerechtfertigte Bereicherung des einen Trägers zu Lasten des anderen voraus (vgl zB BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 16, 222, 225 = SozR Nr 2 zu § 28 BVG; BSGE 45, 221, 222 = SozR 2200 § 1504 Nr 5; anders BSG SozR 2200 § 539 Nrn 13 und 38; dagegen aber Goedelt, Wege zur Sozialversicherung 1979, 161). Unter dieser Voraussetzung ist auch eine Erstattung in einigen Fällen gesetzlich geregelt, in denen ein Träger an Stelle eines anderen geleistet hat, ohne selbst endgültig die Last tragen zu müssen (zB in § 6 Abs 3 Satz 1 RehaAnglG und in § 81b BVG; vgl dazu BSG SozR 3100 § 81b Nr 9 S 40; demnächst auch voraussichtlich in § 94 iVm § 92 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - BT-Drucks 9/95 - für einen gesetzlichen Auftrag; § 43 Satz 3 Sozialgesetzbuch -Allgemeiner Teil- vom 11. Dezember 1975 - BGBl I 3015 - hingegen verweist für Vorleistungen bei Zuständigkeitsstreitigkeiten auf die für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Ob der Beklagte zusätzlich zur Krankenkasse verpflichtet war, wenigstens einen Teil der Leistung nach dem BVG zu finanzieren, ist, wie dargelegt, fraglich. Jedenfalls ist die Krankenkasse nicht auf Kosten der Versorgungsverwaltung bereichert; denn sie hat nach Krankenversicherungsrecht die volle Leistung originär zu tragen. Schließlich rechtfertigen es die Gründe, die eine analoge Anwendung des § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG ausschließen, ebenfalls, eine Ausgleichspflicht außerhalb der gesetzlichen Regelungen nach einem allgemeinen Erstattungsgrundsatz zu verneinen und die Krankenkasse auf die Abgeltungspauschale nach § 19 Abs 1 Satz 3 BVG zu beschränken.
Eine Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet als Anspruchsgrundlage deshalb aus, weil die Krankenkasse kein Geschäft der Versorgungsverwaltung besorgt hat, sondern ein eigenes. Hier war nicht einmal ein gesetzlicher Auftrag nach § 18c Abs 2 BVG gegeben. Ein solcher begründete aber auch nicht zwingend einen Erstattungsanspruch in jedem Fall (offen gelassen in BSGE 20, 101, 105f = SozR Nr 1 zu § 647 RVO aF).
Der umstrittene Anspruch kann auch nicht aus einer Ausgleichspflicht hergeleitet werden, die entsprechend dem Grundsatz des § 126 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch auf eine Gesamtschuldnerschaft gegründet werden könnte (im Ergebnis ebenso BSG SozR 3100 § 19 Nr 6 S 16). Bei der Verbindung mehrerer Schuldner zu einer Gesamtschuld besteht nicht in jedem Fall ein Gemeinschaftsverhältnis, das zu einem solchen Ausgleich verpflichtet (Selb in : Münchner Kommentar zum BGB, Schuldrecht - Allgemeiner Teil -, 1979, § 426, Rz 2). Selbst wenn der Beklagte den vollständigen Krankenfahrstuhl als orthopädisches Hilfsmittel hätte liefern oder wenigstens die Kosten des elektrischen Antriebs anteilig tragen müssen, ergäbe sich aus dem BVG zwischen ihm und der Krankenkasse kein derartiges ausgleichspflichtiges Gemeinschaftsverhältnis.
Nach alledem muß die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 193 SGG als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen