Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Anwartschaftszeit. Versicherungspflichtverhältnis während des Zivildienstes. Beschäftigungssuche unmittelbar vor Dienstantritt
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an eine Beschäftigungssuche unmittelbar vor Antritt des Zivildienstes bei Zivildienstleistenden, die ihren Dienst vor dem 1.1.2002 angetreten haben.
Normenkette
SGB III § 26 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Fassung: 2001-12-20, § 26 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Fassung: 2001-06-19, § 26 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Fassung: 1999-12-22, § 38 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1997-03-24, § 117 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1997-03-24, § 119 Fassung: 1997-12-16, § 122 Abs. 2 Nr. 3 Fassung: 1997-03-24, § 123 Fassung: 1997-12-16, §§ 309, 434e; AFG § 168 Abs. 2 Nr. 3\BwNeuAusrG
Verfahrensgang
LSG Berlin (Urteil vom 25.01.2005; Aktenzeichen L 12 AL 15/02*14) |
SG Berlin (Urteil vom 07.11.2001; Aktenzeichen S 62 AL 1062/01) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2005 aufgehoben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. Februar 2001. Streitig ist, ob er durch Ableistung seines Zivildienstes die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Der im Jahre 1979 geborene Kläger besuchte bis Juni 1998 die Schule. Erstmals am 5. November 1998 meldete er sich bei der Berufsberatung der Beklagten. Dort meldete er sich erneut am 19. Januar 1999 und “weitere Male im Jahre 1999”, zuletzt am 18. November 1999. Am 25. März 1999 meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi). Vom 16. April 1999 bis 31. Mai 1999 arbeitete der Kläger als Tischlerhelfer. Den Antrag auf Alhi ab 2. Juni 1999 lehnte die Beklagte ebenso wie den zuvor gestellten Antrag auf Alhi vom 25. März 1999 wegen Nichterfüllung der Anwartschaftszeit ab (Bescheide vom 3. Juni 1999). Von Juli bis Dezember 1999 “(möglicherweise aber bereits seit Januar 1999)” arbeitete der Kläger als Bürobote im Umfang von 30 Stunden monatlich für eine Vergütung von 300,00 DM bei seinem Prozessbevollmächtigten (und Vater). Einer Einladung zu einem “Meldetermin” am 2. September 1999 leistete der Kläger nicht Folge. Am 7. September 1999 schlug die Berufsberatung der Beklagten dem Kläger vor, sich bei zwei Betrieben um eine Ausbildungsstelle als Kaufmann im Einzelhandel bzw Maler und Lackierer zu bewerben.
Vom 3. Januar 2000 bis 31. Januar 2001 leistete der Kläger Zivildienst. Er meldete sich am 8. Dezember 2000 mit Wirkung ab 1. Februar 2001 arbeitslos und beantragte, ihm Alg zu gewähren. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 8. Februar 2001 den Antrag ab, weil der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Der Kläger habe nicht innerhalb der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, weil er nicht drei Monate vor Antritt seines Zivildienstes im Arbeitsamt vorgesprochen habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2001).
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin durch Urteil vom 7. November 2001 die Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, dem Kläger ab 1. Februar 2001 Alg zu gewähren. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe unmittelbar vor Antritt des Zivildienstes eine mehr als geringfügige Dauerbeschäftigung gesucht. Nach der Beschäftigung als Tischler vom 16. April bis 31. Mai 1999 habe er sich beim Arbeitsamt beschäftigungssuchend gemeldet. Diese Beschäftigungssuche habe bis zum Beginn des Zivildienstes angedauert. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger nach Ablauf von drei Monaten sein Vermittlungsgesuch nicht erneuert habe. Seine Verfügbarkeit habe nicht nach Ablauf von drei Monaten geendet, denn die Einstellung der Arbeitsvermittlung durch die Beklagte beende ohne besondere Umstände nicht die objektive oder subjektive Verfügbarkeit. Im Übrigen sei der Kläger auch noch beschäftigungssuchend gewesen. Er habe glaubhaft gemacht, dass er noch im Dezember 1999 eine Beschäftigung gesucht habe, denn er habe auf eine Bewerbung eine schriftliche Absage erhalten.
Das Landessozialgericht (LSG) Berlin hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 25. Januar 2005 hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Alg ab 1. Februar 2001, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Nach § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (≪SGB III≫ in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) seien Personen versicherungspflichtig, die auf Grund gesetzlicher Pflicht länger als drei Tage Zivildienst leisteten und während dieser Zeit nicht als Beschäftigte versicherungspflichtig gewesen seien, wenn sie eine Beschäftigung gesucht hätten, die Versicherungspflicht nach dem SGB III begründet habe. Die Kriterien für eine Beschäftigungssuche ergäben sich aus § 119 Abs 1 SGB III, wie die ab 1. Januar 2002 geltende Fassung des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III nunmehr klarstelle. Eine Beschäftigungssuche iS des § 119 SGB III setze die Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt voraus, wodurch das Arbeitsamt tatsächlich in die Lage versetzt werde, mit seinen Vermittlungsbemühungen zu beginnen, um die Arbeitslosigkeit möglichst rasch zu beenden. Den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes könne ein Beschäftigungssuchender aber nur so lange zur Verfügung stehen, wie diese Vermittlungsbemühungen vom Arbeitsamt durchzuführen seien. Nach § 38 Abs 4 Satz 2 SGB III sei die Arbeitsvermittlung nach drei Monaten einzustellen, wenn nicht einer der in § 38 Abs 4 Satz 1 SGB III geregelten Fälle vorliege. Danach sei hier die Arbeitsvermittlung mit Ablauf des 1. September 1999 einzustellen gewesen. Seitdem habe der Kläger den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes nicht mehr zur Verfügung gestanden und sei nicht mehr beschäftigungssuchend im Sinne des Gesetzes gewesen. Es reiche hierfür auch nicht aus, dass der Kläger noch bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes “gemeldet” gewesen sei und dort auch noch am 18. November 1999 vorgesprochen habe. Mit der Meldung bei der Berufsberatung gebe der Ratsuchende vielmehr zu erkennen, dass er eine Ausbildung suche, stelle sich aber nicht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes uneingeschränkt zur Verfügung. Demnach habe der Kläger ab dem 2. September 1999 keine Beschäftigung mehr gesucht. Auch wenn § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III nicht voraussetze, dass der spätere Wehr- oder Zivildienstleistende “unmittelbar vor Dienstantritt” eine Beschäftigung gesucht habe, so müsse die Beschäftigungssuche dennoch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienstantritt stehen. Dies sei bei einem Zeitraum von mehr als drei Monaten (2. September 1999 bis 3. Januar 2000) nicht mehr der Fall. Da für die Beschäftigungssuche Eigenbemühungen alleine nicht ausreichen könnten, komme es auf Art, Umfang und Ernsthaftigkeit der vom Kläger behaupteten Bewerbungen nicht an. Ein Herstellungsanspruch komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Verfügbarkeit des Klägers als tatsächlicher Umstand nicht “herstellungsfähig” sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner – vom Senat zugelassenen – Revision. Er rügt eine Verletzung des § 117 SGB III. Das LSG habe die spätere Fassung des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III in der ab 1. Januar 2002 gültigen Fassung herangezogen und einen Zusammenhang zu § 119 SGB III hergestellt, der in der zum Zeitpunkt der Ableistung seines Zivildienstes maßgebenden Fassung des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III noch nicht gegeben gewesen sei. Das LSG habe auch nicht begründet, auf Grund welcher gesetzlichen Regelung eine einmal begründete Verfügbarkeit iS des § 119 Abs 1 Nr 2 SGB III nach Ablauf von drei Monaten wieder enden solle.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin vom 25. Januar 2005 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Berlin vom 7. November 2001 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das LSG habe unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend entschieden, dass der Kläger gemäß § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III nicht versicherungspflichtig gewesen sei, weil er infolge der Einstellung der Arbeitsvermittlung gemäß § 38 Abs 4 Satz 2 SGB III keine Beschäftigung mehr gesucht habe. Bereits nach § 168 Abs 2 Nr 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) seien Wehr- und Zivildienstleistende nur dann beitragspflichtig gewesen, wenn sie unmittelbar vor Dienstantritt arbeitslos gemeldet gewesen seien. Hierzu habe das Bundessozialgericht (BSG) mehrfach entschieden, dass nur derjenige einen Anspruch auf Alg habe, der unmittelbar vor Dienstantritt arbeitslos gewesen sei. Entscheidend für die Annahme einer Versicherungspflicht sei gewesen, dass der Zivildienstleistende bereit gewesen sei, unmittelbar vor Beginn des Zivildienstes eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen, wenn sich ihm eine entsprechende Gelegenheit hierzu geboten hätte. Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 168 AFG (Hinweis auf BSG SozR 4100 § 168 Nr 22) hätte der Kläger keinen Alg-Anspruch gehabt, denn aus dem Verhalten des Klägers vor der Arbeitslosmeldung vom 8. Dezember 2000 könne nicht auf den Willen zu einer Beschäftigung geschlossen werden. Der Kläger habe, obgleich er sich am 2. Juni 1999 arbeitslos gemeldet gehabt habe, den weiteren Meldetermin am 2. September 1999 nicht wahrgenommen, sodass die Arbeitsvermittlung gemäß § 38 Abs 4 Satz 2 SGB III einzustellen gewesen sei. Die Vorschrift solle klarstellen, dass ein einmal an die Beklagte gerichtetes Vermittlungsgesuch nicht ausreiche, den Wunsch nach Vermittlung auf Dauer zu dokumentieren. Es sei Sache des Arbeitssuchenden, durch eigenes Handeln zu erkennen zu geben, dass er weiterhin an einer Arbeitsvermittlung interessiert sei. Hieran ändere sich auch nichts dadurch, dass das Tatbestandsmerkmal “unmittelbar vor Dienstantritt” nicht mehr im Eingangssatz des § 26 Abs 1 Nr 2 SGB III, sondern nur noch in Buchst a des § 26 Abs 1 SGB III genannt werde. Dieses Tatbestandsmerkmal gelte gleichwohl auch für Buchst b. Der Kläger habe mithin nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 38 Abs 4 Satz 2 SGB III keine Arbeit mehr gesucht.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des LSG beruht auf einer Verletzung des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III.
Der Kläger hat vor Antritt seines Zivildienstes am 3. Januar 2000 gemäß § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III eine Beschäftigung gesucht, die die Versicherungspflicht nach dem SGB III begründet, sodass er durch die Ableistung des Zivildienstes die Anwartschaftszeit für den Bezug von Alg ab 1. Februar 2001 erfüllt hat. Zu Unrecht hat das LSG in vollem Umfang die Voraussetzungen des § 119 SGB III rückwirkend auf die Obliegenheiten eines Beschäftigungssuchenden vor Dienstantritt bereits im Jahre 1999 angewandt, obwohl § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III den durch einen Klammerzusatz erfolgten Verweis auf § 119 SGB III erst durch das Bundeswehrneuausrichtungsgesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 4013) mit Wirkung ab 1. Januar 2002 erhalten hat. Das LSG hat auch die Tragweite des § 38 Abs 4 Satz 2 SGB III im vorliegenden Kontext verkannt, weil der Kläger sich jedenfalls am 2. Juni 1999 arbeitslos gemeldet hatte iS des § 122 SGB III und die Pflicht zu einer Erneuerung dieser Meldung nach Ablauf von 3 Monaten, wie noch darzulegen ist, nicht mehr der Rechtslage im September 1999 entsprach. Allerdings gilt für ihn im Rahmen des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III auch das Erfordernis, dass die Beschäftigungssuche unmittelbar vor Dienstantritt erfolgt sein muss. Diesem “Unmittelbarkeitserfordernis” hat der Kläger hier aber genügt, weil zum einen seine Arbeitslosmeldung vom Juni noch nicht erloschen war und er andererseits – nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG – noch im Dezember eine Beschäftigung gesucht hat.
Gemäß § 117 Abs 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes ≪AFRG≫ vom 24. März 1997, BGBl I 594) haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) arbeitslos gemeldet haben und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger hat sich gemäß § 117 Abs 1 Nr 2 SGB III iVm § 122 SGB III bei der Beklagten zum 1. Februar 2001 arbeitslos gemeldet. Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Alg-Anspruch gemäß § 117 Abs 1 Nr 1 (Arbeitslosigkeit) und Nr 3 SGB III (Erfüllung der Anwartschaftszeit) lagen vor. Gemäß §§ 117 Abs 1 Nr 3 iVm 123 SGB III (§ 123 SGB III idF des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970) hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist 1. mindestens 12 Monate, 2. als Wehrdienstleistender oder Zivildienstleistender (§ 25 Abs 2 Satz 2, § 26 Abs 1 Nr 2 und 3 und Abs 4 SGB III) mindestens 10 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Der Kläger hat in der hier gemäß § 124 Abs 1 SGB III (§ 124 SGB III idF, die die Norm durch das 2. SGB III-Änderungsgesetz vom 21. Juli 1999, BGBl I 1648, gefunden hat) vom 31. Januar 2001 bis 1. Februar 1998 laufenden Rahmenfrist die Anwartschaftszeit erfüllt, weil der Zeitraum seines Zivildienstes vom 3. Januar 2000 bis 31. Januar 2001 als Versicherungszeit gilt. Maßgebend hierfür ist § 26 SGB III idF, die er vom 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2001 durch das GKV – Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) gefunden hat. Hiernach sind versicherungspflichtig Personen, die auf Grund gesetzlicher Pflicht länger als 3 Tage Wehrdienst oder Zivildienst leisten und während dieser Zeit nicht als Beschäftigte versicherungspflichtig sind, wenn sie (a) unmittelbar vor Dienstantritt versicherungspflichtig waren oder eine Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen haben, oder (b) eine Beschäftigung gesucht haben, die Versicherungspflicht nach diesem Buch begründet.
§ 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III idF des Bundeswehrneuausrichtungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGB I 4013) ist hier nicht rückwirkend für die Bewertung des Zivildienstes des Klägers als Versicherungszeit anwendbar. Nach dieser Neufassung sind Dienstleistende nunmehr versicherungspflichtig, wenn sie “eine Beschäftigung gesucht haben (§ 119)”. Zu dieser Neuregelung des § 26 mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch das Bundeswehrneuausrichtungsgesetz bestimmt die Übergangsvorschrift des § 434e SGB III, dass diese Norm in der alten Fassung weiterhin anzuwenden ist, wenn der Wehrdienst oder Zivildienst vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Da der Kläger seinen Zivildienst bereits am 31. Januar 2001 beendet hat, ist nach der Übergangsvorschrift des § 434e SGB III die Rechtslage maßgebend, die zum Zeitpunkt der Ableistung des Dienstes galt. Entgegen der Rechtsansicht des LSG kann aus dem ab 1. Januar 2002 in § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III angefügten Klammerzusatz “(§ 119)” nicht gefolgert werden, dass sämtliche Vorgaben des § 119 SGB III auch bereits vor Inkrafttreten der Norm gelten sollten. Zwar wird die Änderung des § 26 Abs 1 Nr 2b SGB III in den Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bundeswehrneuausrichtungsgesetz, BT-Drucks 14/6881, S 33) als “redaktionelle Klarstellung” bezeichnet. Weiter wird in den Gesetzesmaterialien ausgeführt: “Die Neufassung verdeutlicht, dass eine Beschäftigungssuche iS der gesetzlichen Regelung nur dann vorliegt, wenn sich der Betroffene selbst aktiv um eine neue Beschäftigung bemüht und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht. Dies setzt voraus, dass sich der Betroffene persönlich arbeitslos gemeldet hat” (BT-Drucks 14/6881, S 33). Durch diese “redaktionelle Klarstellung” hat der Gesetzgeber jedoch keine so genannte “authentische Interpretation” der Norm des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III vorgenommen (ebenso mwN Eicher/Schlegel, SGB III § 434e RdNr 27 ff, 46. Ergänzungslieferung Stand Februar 2004). Das BSG hat bereits 1989 (BSG SozR 4100 § 168 Nr 22, S 56) zu der Vorgängervorschrift des § 168 AFG ausgeführt, dass das gesetzgeberische Ziel einer Klarstellung nicht ohne Weiteres im Sinn einer Rückwirkung der Norm verstanden werden kann. Eine Auslegungsregel des Inhalts, dass der Gesetzgeber bei Vornahme einer authentischen Interpretation jeweils zugleich eine Rückwirkung der Norm intendiert hat, gibt es nicht. Generell spricht es gegen die Annahme eine Rückwirkung der Norm, wenn der Gesetzgeber in der Neufassung untrennbar Elemente der Auslegung des ursprünglich Gewollten mit denen einer Rechtsänderung verbunden hat (BSG aaO).
So liegen die Verhältnisse auch hier. Der Gesetzgeber des Bundeswehrneuausrichtungsgesetzes hat insbesondere betont, dass für die Beschäftigungssuche vor Dienstantritt eine Arbeitslosmeldung für erforderlich gehalten werde. Diese in den Gesetzesmaterialien – nicht unbedingt im Normtext des neuen § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III – hervorgehobene Notwendigkeit einer persönlichen Arbeitslosmeldung war im Rahmen des § 168 AFG nach der Rechtsprechung des BSG gerade nicht Voraussetzung einer Beschäftigungssuche (insbesondere BSG, Urteil vom 20. März 1984 – 7 RAr 7/83 –, DBlR Nr 2998 zu § 168 AFG), sodass der Neufassung des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III nicht bloß klarstellender Charakter zukommen dürfte (ebenso iS einer Neuregelung Eicher, aaO). Darüber hinaus spricht die Existenz der bereits zitierten Übergangsvorschrift zum Bundeswehrneuausrichtungsgesetz – § 434e SGB III – ebenfalls gegen eine rückwirkende Anwendbarkeit der Neufassung der Norm ab 1. Januar 2002 für Zeiträume vor deren Inkrafttreten. § 434e SGB III bestimmt ausdrücklich, dass § 26 SGB III insgesamt in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden ist, wenn der Dienst vor dem 1. Januar 2002 begonnen hat. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich eine rückwirkende Anwendung des Klammerzusatzes “(§ 119)” in § 26 Abs 1 Nr 2b SGB III intendiert, so hätte er in § 434e SGB III eine Einschränkung derart vornehmen können, dass lediglich der frühere § 26 Abs 4 SGB III weiterhin Anwendung findet. Unentschieden kann im vorliegenden Rechtsstreit bleiben, ob § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung nunmehr tatsächlich so ausgelegt werden muss, dass die Norm ab sofort zwingend eine Arbeitslosmeldung des späteren Dienstleistenden voraussetzt. Eine solche Auslegung hätte zur Voraussetzung, dass der Klammerzusatz in § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III, mit dem auf § 119 SGB III hingewiesen wird, beinhaltet, dass eine Beschäftigungssuche nach § 119 SGB III jeweils zugleich eine Arbeitslosmeldung iS des § 122 SGB III erfordert (zweifelnd unter Hinweis auf BSG SozR 3-6050 Art 71 Nr 11, S 62: Eicher in Eicher/Schlegel, aaO).
Für die Frage, ob der Kläger vor seinem Dienstantritt eine Beschäftigung iS des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III gesucht hat, ist daher lediglich darauf abzustellen, ob er eine Beschäftigung gesucht hat, “die Versicherungspflicht nach diesem Buch begründet”. Nach dieser Fassung der Norm des § 26 Abs 1 Nr 2b SGB III kann jedenfalls für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2001 nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass eine Beschäftigungssuche iS des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III eine Arbeitslosmeldung bei der Beklagten voraussetzt (diese Auffassung vertritt die Bundesagentur für Arbeit (BA) selbst in ihren Dienstanweisungen; vgl DA 2.1.2. RZ 29 zu § 26 SGB III, 10. Erg. Lfg. 7/00).
Letztlich kann aber auch dies dahinstehen, denn entgegen der Rechtsansicht des LSG war der Kläger bis zum Antritt seines Zivildienstes gerade arbeitslos gemeldet. Insofern vermag auch die Argumentation des LSG nicht zu überzeugen, die Beschäftigungssuche des Klägers iS des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III sei am 2. September 1999 gemäß § 38 Abs 4 Satz 2 SGB III (§ 38 idF des AFRG, aaO) gleichsam “erloschen”. Nach dieser Norm ist die Arbeitsvermittlung nach 3 Monaten einzustellen. Der Arbeitssuchende kann aber nach § 38 Abs 4 Satz 3 SGB III die Arbeitsvermittlung erneut in Anspruch nehmen. Das LSG hat hierbei verkannt, dass der Kläger sich am 2. Juni 1999 iS des § 122 SGB III arbeitslos gemeldet und einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe gemäß §§ 190 ff SGB III gestellt hat. Die Wirkung einer solchen Arbeitslosmeldung erlischt nur nach Maßgabe des § 122 Abs 2 SGB III, dessen Voraussetzungen nicht vorlagen. Die in § 122 Abs 2 Nr 3 SGB III vom Gesetzgeber des SGB III zunächst vorgesehene Verpflichtung, die Arbeitslosmeldung alle 3 Monate zu erneuern, wurde vom Gesetzgeber mit dem 2. SGB III-Änderungsgesetz (aaO) ab 1. Juli 1999 wieder fallen gelassen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Erneuerung seiner am 2. Juni 1999 erfolgten Arbeitslosmeldung traf den Kläger mithin gerade nicht. Das LSG geht weiterhin davon aus, dass der Kläger am 2. September einen “Meldetermin” nicht wahrgenommen hat. Das LSG hat hierbei aber nicht näher aufgeklärt und ausgeführt, um welche Art von “Meldetermin” es sich hierbei gehandelt haben könnte. Handelte es sich um einen Termin gemäß § 309 SGB III, so würde hierdurch gerade unterstrichen, dass die Beklagte selbst den Kläger als arbeitslos gemeldet behandelt hat. Durch die Nichtwahrnehmung eines Meldetermins gemäß § 309 SGB III könnte jedenfalls ein Erlöschen der Arbeitslosmeldung vom 2. Juni 1999 nicht bewirkt werden. Von daher ist vom LSG nicht überzeugend dargelegt, dass selbst, wenn man zu Unrecht von dem Erfordernis einer Arbeitslosmeldung iS des § 122 SGB III im Rahmen des § 26 Abs 1 Nr 2b SGB III bereits im Jahre 1999 ausgehen würde, eine solche Arbeitslosmeldung seitens des Klägers nicht vorlag.
Entscheidend ist mithin, dass der Kläger in dem Zeitraum vor Antritt seines Dienstes (zum Erfordernis der Unmittelbarkeit siehe sogleich) eine Beschäftigung gesucht hat. Dies hat der Kläger sogar über die Arbeitslosmeldung hinaus im Einzelnen belegt und nachgewiesen. So hat der Kläger am 7. September 1999 und noch am 18. November 1999 bei der Berufsberatung der Beklagten Termine wahrgenommen. Nach den Feststellungen des LSG wurde ihm am 7. September 1999 eine Ausbildung als Maler und Lackierer angeboten. Da eine solche Ausbildung nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III versicherungspflichtig gewesen wäre, ist auch hierdurch die Beschäftigungssuche des Klägers iS des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III belegt worden. Zu Recht hat der Kläger hierzu darauf verwiesen, dass aus der “Laiensphäre” ein ständiger Kontakt mit der Berufsberatung des Arbeitsamtes sich im Hinblick auf eine Beschäftigungssuche nicht anders darstellt als eine Arbeitslosmeldung iS des § 122 SGB III. Der Kläger war mithin nicht nur weiterhin arbeitslos gemeldet, sondern hat auch über seine zahlreichen Kontakte mit der Berufsberatung Aktivitäten der Beschäftigungssuche nachgewiesen.
Dies gilt im vorliegenden Fall auch, obwohl das so genannte Unmittelbarkeitserfordernis entgegen der Rechtsansicht des LSG auch für die Beschäftigungssuche gemäß § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III gilt. Zwar ist § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III (idF des AFRG, aaO) insofern sprachlich nicht ganz präzise gefasst, als er das Erfordernis der Unmittelbarkeit der Beschäftigungssuche selbst nicht mehr aufgreift und insofern § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III auch so gelesen werden könnte, dass sich das zeitliche Kriterium “unmittelbar vor Dienstantritt” lediglich auf die versicherungspflichtige Beschäftigung oder den Bezug von Entgeltersatzleistungen iS des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst a SGB III bezieht. In diesem Sinne hat auch das LSG die Vorschrift ausgelegt. Da der Gesetzgeber des § 26 SGB III ausweislich der Materialien des AFRG (vgl BR-Drucks 550/96, S 158) aber davon ausging, dass § 26 SGB III dem bisherigen Rechtszustand in § 168 AFG entsprach, gilt das bisherige Unmittelbarkeitserfordernis des § 168 AFG auch im Rahmen des § 26 Abs 1 Nr 2 Buchst b SGB III fort (ebenso Eicher in Eicher/Schlegel, 46. Erg.-Lfg., Februar 2004, § 434e RdNr 27; Brand in Niesel, SGB III, 3. Aufl 2005, § 26 RdNr 13; Wissing in PK-SGB III, 2. Aufl, § 26 RdNr 18). Als Regelzeitraum für die Unmittelbarkeit der Beschäftigungssuche vor Dienstantritt wird dabei zumindest von einem Zeitraum von 4 Wochen auszugehen sein (vgl im Einzelnen das Urteil des Senats BSG SozR 3-6050 Art 71 Nr 11 S 62; mit Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Februar 1986 – L 9 AR 124/85 –, das auch die BA in ihren Dienstanweisungen zu Grunde legt). Ob dieser Auslegung ein allgemeiner Rechtsgrundsatz zu Grunde liegt, dass das SGB III mit der Formulierung “unmittelbar” im Allgemeinen einen 4-wöchigen Zeitraum meint, kann hier dahinstehen. Der Gesetzgeber des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (vom 23. Dezember 2003, BGBl I 2848), hat bei der Neufassung des § 28a SGB III jedenfalls den Begriff unmittelbar im Sinn von “nicht mehr als einen Monat” interpretiert (vgl BT-Drucks 15/1515, S 78 zu Art 1 Nr 20). Ob im Einzelfall der 4-Wochen-Zeitraum der Beschäftigungssuche auch verlängert werden kann (Andeutungen BSG SozR 3-6050 Art 71 Nr 11, S 62) kann hier dahinstehen. Der Kläger hat zum einen vorgetragen, dass er sich noch im Dezember 1999 für ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis beworben hat. Unabhängig hiervon war er auch bis zum Antritt des Zivildienstes arbeitslos gemeldet iS des § 122 SGB III, weil die Meldung vom Juni 1999 nicht erloschen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen