Leitsatz (amtlich)
1. Hat eine Krankenkasse die Gewährung von Familienhilfe (RVO § 205) für die Zukunft abgelehnt, so erfaßt dieser allgemeine Ablehnungsbescheid auch die durch spätere Versicherungsfälle ausgelösten Einzelansprüche des Versicherten jedenfalls dann, wenn die Krankenkasse in dem auf Aufhebung des Ablehnungsbescheids und Gewährung von Familienhilfe gerichteten Rechtsstreit klar zu erkennen gegeben hat, daß sie an der Ablehnung des Anspruchs des Versicherten auch nach Eintritt der einzelnen Versicherungsfälle festhält.
2. Hat der Bezirksfürsorgeverband einem Versicherten die zu Unrecht von der Krankenkasse abgelehnten Leistungen der Familienkrankenpflege gewährt und seinen Ersatzanspruch gegen die Krankenkasse (RVO § 1531) geltend gemacht, so entfällt ein Anspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse auf die Sachleistungen der Familienkrankenpflege und auch auf eine entsprechende Ersatzleistung in Geld jedenfalls dann, wenn ein Rückgriff des Bezirksfürsorgeverbandes gegen den Versicherten ausgeschlossen ist.
3. Der von dem Bezirksfürsorgeverband unterstützte Versicherte kann den Ersatzanspruch des Bezirksfürsorgeverbandes gegen die Krankenkasse (RVO § 1531) nicht in eigenem Namen geltend machen.
Normenkette
RVO § 205 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1930-12-01, § 1531 Fassung: 1931-06-05; SGG § 54 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 1958 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Die Klägerin ist weiterversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse; sie ist einkommens- und vermögenslos. Ihr Ehemann, ein Arzt, kann seinem Beruf seit längerer Zeit wegen Krankheit nicht nachgehen. Er erhält seit dem 1. Februar 1955 von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern eine laufende Unterstützung von monatlich 300, -- DM sowie sonstige Zuwendungen. Im gemeinsamen Haushalt der Eltern leben drei minderjährige Kinder.
Am 18. Mai 1955 beantragte die Klägerin bei der beklagten Krankenkasse die Gewährung von Familienhilfe für diese Kinder; der ursprünglich auf Gewährung von Familienhilfe auch für den Ehemann gerichtete Antrag ist später fallen gelassen worden. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Kinder seien gegenüber der Klägerin nicht unterhaltsberechtigt (Bescheid vom 26. Mai 1955). Auch der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1955). Die Kosten der Krankenpflege für die Kinder der Klägerin übernahm daraufhin der beigeladene Bezirksfürsorgeverband, der insoweit auch seinen Ersatzanspruch nach § 1531 Reichsversicherungsordnung (RVO) geltend gemacht hat.
Mit der Klage beantragt die Klägerin,
die Bescheide der Beklagten vom 26. Mai und 22. Juli 1955 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Familienhilfe für ihre drei minderjährigen Kinder zu gewähren.
Das Sozialgericht (SG) München wies die Klage ab (Urteil vom 25. Januar 1956).
Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung mit dem Antrag ein,
das angefochtene Urteil und die angefochtenen Bescheide der beklagten Krankenkasse aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für ihre drei minderjährigen Kinder Familienhilfe für die Zeit vom zweiten bis vierten Vierteljahr 1955 zu gewähren,
hilfsweise:
den Ersatzanspruch des beigeladenen Bezirksfürsorgeverbandes zu befriedigen.
Zur Begründung führte sie aus, die Leistung des Bezirksfürsorgeverbandes sei nur als vorläufig anzusehen. Sie berühre nicht den Leistungsanspruch der Klägerin gegen die beklagte Krankenkasse.
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung der Klägerin zurück; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 26. Februar 1958). Das LSG billigte die Auffassung des SG, daß die Krankenpflege als Sachleistung, falls sie bereits anderweitig erbracht sei, nicht noch einmal von der Krankenkasse gefordert werden könne. Habe der Fürsorgeträger die an sich der Krankenkasse obliegende Leistung gegenüber dem Versicherten erbracht, so seien die zur Befriedigung des Anspruchs bestimmten Mittel der Krankenkasse nunmehr für die Ersatzleistung an den Fürsorgeträger gebunden; das schließe aber die Geltendmachung von Ansprüchen durch den Versicherten aus. Es könne daher dahinstehen, ob der Klägerin überhaupt ein Anspruch auf Familienhilfe nach § 205 Abs. 1 RVO zugestanden habe. Leistung an den Bezirksfürsorgeverband zu verlangen oder dessen Rechte wahrzunehmen, sei die Klägerin nicht befugt. Zu Recht habe das SG auch den auf Feststellung für die Zukunft gerichteten Klageantrag abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt und beantragt,
1. das angefochtene Urteil, das Urteil des SG München vom 25. Januar 1956 und den Ablehnungsbescheid der beklagten Krankenkasse vom 26. Mai 1955 aufzuheben, soweit sie die Familienhilfe für ihre drei minderjährigen Kinder betreffen,
2. die beklagte Krankenkasse zu verurteilen, der Klägerin Familienhilfe für diese Kinder für die Zeit vom zweiten bis vierten Vierteljahr 1955 zu gewähren,
hilfsweise:
den entsprechenden Ersatzanspruch des beigeladenen Bezirksfürsorgeverbandes zu befriedigen.
Sie macht geltend:
Das LSG habe übersehen, daß der beigeladene Bezirksfürsorgeverband den Kindern der Klägerin im vierten Vierteljahr 1955 überhaupt keine Krankenfürsorge gewährt habe, - Die Ausführungen des LSG über die Unzulässigkeit einer auf die Zukunft gerichteten Feststellungsklage lägen neben der Sache, da eine solche Klage nicht erhoben sei. - Zu Unrecht habe das LSG angenommen, der Versicherte könne bei Gewährung der Heilbehandlung durch den Bezirksfürsorgeverband seinen Anspruch auf Familienhilfe gegen die Krankenkasse nicht mehr geltend machen. Folge man dieser Ansicht, so würde der Versicherte Gefahr laufen, die Krankheitskosten selbst tragen zu müssen, falls der Bezirksfürsorgeverband die rechtzeitige Geltendmachung des Ersatzanspruchs gegen die Krankenkasse versäume und nach §§ 25 ff der Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 - FürsPflVO - (RGBl I 100) Rückgriff beim Versicherten nehme. Eine solche Beeinträchtigung der Rechte des Versicherten bedeute einen enteignungsgleichen Eingriff. Rechtsstaatliche Gesetzesanwendung erfordere es, der Anspruchsüberleitung nach § 1531 RVO ff nur die gleiche Wirkung wie einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zuzuerkennen, der den Drittschuldner zur Leistung an den Pfändungsgläubiger an Stelle des Pfändungsschuldners verpflichte, diesem aber das Recht lasse, auf Verurteilung zur Leistung an den Pfändungsgläubiger zu klagen.
Der beigeladene Bezirksfürsorgeverband weist darauf hin, daß er wegen der von ihm den Kindern der Klägerin gewährten Fürsorgeleistungen seinen Ersatzanspruch bei der Beklagten nach §§ 1531, 1539 RVO angemeldet habe. Seine Leistungen hätten denjenigen entsprochen, die von der beklagten Krankenkasse gewährt worden wären, falls sie sich für verpflichtet gehalten hätte. Ein Rückgriff an der unterstützten Familie Pf... könne nicht genommen werden, da drei Kinder vorhanden seien und der Ehemann der Klägerin, soviel bekannt sei, auch jetzt noch laufend krank sei.
II
Die Revision ist nicht begründet.
Die Klägerin erstrebt in erster Linie neben der Aufhebung des Ablehnungsbescheides der beklagten Krankenkasse vom 26. Mai 1955 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1955 -, soweit er ihre Kinder betrifft, nunmehr nur noch die Gewährung von Krankenhilfe für ihre drei minderjährigen Kinder für die Zeit vom zweiten bis vierten Vierteljahr 1955.
Wie die Revision zutreffend darlegt, kommt es auf die Ausführungen des LSG über die Unzulässigkeit einer Klage auf Feststellung, daß die beklagte Krankenkasse zur Gewährung von Familienhilfe für die Zukunft verpflichtet sei, nicht an; denn bereits in der ersten Instanz (Schriftsatz der Klägerin vom 22. Januar 1956) hatte die inzwischen in eine andere Stadt gezogene Klägerin ihren ursprünglichen allgemein gehaltenen Klageantrag, der - soweit er sich auf die Zukunft bezog - als Feststellungsantrag anzusehen war, zulässigerweise in einen solchen auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Familienhilfe für die Zeit vom zweiten bis vierten Vierteljahr 1955 geändert. Die Erwägungen des LSG über die Unzulässigkeit einer Feststellungsklage sind jedoch für seine Entscheidung nicht wesentlich. Es hat richtig erkannt, daß Streitgegenstand - vom Hilfsantrag abgesehen - die Gewährung von Krankenhilfe für die Familienangehörigen der Klägerin vom zweiten bis vierten Vierteljahr 1955 ist; hierüber hat es auch entschieden.
Da die Krankenhilfe selbst nach Lage der Sache nicht mehr gewährt werden kann - nach der Feststellung des LSG ist sie vom beigeladenen Bezirksfürsorgeverband gewährt worden -, ist die Klage ihrem Sinne nach (§ 123 SGG) allein noch auf die Verurteilung der beklagten Krankenkasse zur Zahlung des Geldbetrages gerichtet, der der nicht gewährten Krankenpflege entspricht (vgl. BSG 4, 206, 208 f). Eine solche mit einer Aufhebungsklage verbundene Leistungsklage setzt voraus, daß der in Anspruch genommene Versicherungsträger die Leistung durch Verwaltungsakt abgelehnt hat (§ 54 Abs. 4 SGG). Das ist hier der Fall. Auch soweit der angefochtene Bescheid der beklagten Krankenkasse allgemein die zukünftige Gewährung von Krankenpflege abgelehnt hat, ohne insoweit auf eine konkrete Leistung - weil noch ungewiß - Bezug nehmen zu können, liegt ein Verwaltungsakt über die den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Leistung vor. Die beklagte Krankenkasse hat durch ihr Verhalten in diesem Rechtsstreit klar zu erkennen gegeben, daß sie an der Ablehnung des Anspruchs der Klägerin auf Familienhilfe auch nach Eintritt der einzelnen Versicherungsfälle festhält. Jedenfalls bei einer solchen Sachlage wäre es ein bloßer Formalismus, der nur zu einer übermäßigen Beanspruchung der Versicherungsträger, ihrer Widerspruchsstellen und der Gerichte führte, wenn der Versicherte trotz der ihm schon zuteil gewordenen allgemeinen Ablehnung seines Anspruchs außerdem noch die jeweiligen Versicherungsfälle dem Versicherungsträger zur Entscheidung unterbreiten müßte. In einem solchen Falle erfaßt der grundsätzliche Ablehnungsbescheid auch die durch den Eintritt der Versicherungsfälle ausgelösten Einzelansprüche. Die Klage ist demnach zulässig, soweit es sich um den in erster Linie gestellten Klageantrag handelt.
Sie ist jedoch unbegründet. Zwar trifft die Begründung, auf die die beklagte Krankenkasse die Ablehnung des Anspruchs der Klägerin gestützt hat, nicht zu; denn die drei minderjährigen Kinder der Klägerin sind dieser gegenüber unterhaltsberechtigt im Sinne des § 205 RVO (vgl. dazu den im Rechtsstreit der Klägerin gegen eine andere Krankenkasse ergangenen Beschluß des Senats vom 30. Juni 1960 - 3 RK 35/58 -; vgl. auch BSG 12, 38). Indessen erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt aus anderen Gründen als rechtmäßig. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß ein Versicherter, der von dem Fürsorgeträger Krankenpflege erhalten hat, die ihm die Krankenkasse hätte gewähren müssen, diese Leistungen von der Krankenkasse nicht nochmals fordern kann. Die Krankenpflege ist eine Sachleistung (RVA, Grunds. Entsch. Nr. 2100, AN 1915, 686, 687). Solche Sachleistungen können, wie das RVA in ständiger Rechtsprechung (Grunds. Entsch. Nr. 4861, AN 1935, 160 und Arbeiter-Versorgung 1941, 378, 379) zutreffend ausgeführt hat, ihrer Natur nach nur einmal gewährt werden. Der Versicherte kann daher Leistungen, die er bereits von dem Fürsorgeträger erhalten hat, nicht nochmals als Leistung aus seinem Versicherungsverhältnis von dem Versicherungsträger beanspruchen; denn für eine doppelte Hilfeleistung liegt kein Bedürfnis vor (RVA in AN 1935, 160). Hinzu kommt, daß die Krankenkasse den Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers nach § 1531 RVO zu erfüllen hat. Die zur Befriedigung dieses Anspruchs bestimmten Mittel der Kasse sind nunmehr gebunden und stehen zur Ersatzleistung an den Fürsorgeträger bereit (so RVA in AN 1935, 160). Die Anmeldung des Ersatzanspruchs nach §§ 1531, 1539 RVO hat zwar nicht die Wirkung der schriftlichen Anzeige des Fürsorgeträgers nach § 21 a FürsPflVO, wonach der Anspruch des Unterstützten gegen einen Dritten auf den Fürsorgeträger übergeht; denn die allgemeine Regelung des § 21 a FürsPflVO weicht den speziellen Regelungen in Sondergesetzen, insbesondere derjenigen der §§ 1531 ff RVO, die dem Fürsorgeträger einen selbständigen gesetzlichen Anspruch gegen den Versicherungsträger einräumt (RVA in EuM 27, 416 und 44, 93; LSG Schleswig, Urteil vom 29. Juli 1955 in Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe 1957, 84; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand: August 1960 S. 970; vgl. auch BSG 3, 57, 58 f). Hat demnach die Anmeldung des Ersatzanspruchs nach § 1531 RVO auch nicht zur Folge, daß der Anspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse auf den Fürsorgeträger übergeht, so kann das Bestehen eines solchen Ersatzanspruchs doch nicht ohne Rückwirkung auf den Anspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse sein. Anderenfalls liefe die Krankenkasse Gefahr, daß sie aus demselben Sachverhalt, der ihre Leistungspflicht begründet, zweimal in Anspruch genommen würde. Deshalb ist durch den Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers, wie das RVA (AN 1935, 160) es ausgedrückt hat, "die Geltendmachung der Ansprüche des Versicherten gegenüber der Kasse tatsächlich ausgeschlossen".
Ob der ursprünglich auf die Sachleistung der Krankenpflege gerichtete Anspruch des Versicherten sich etwa unter bestimmten Voraussetzungen in einen Anspruch auf Freistellung von der Erstattungspflicht gegenüber dem Fürsorgeträger (vgl. §§ 25 ff FürsPflVO) umwandelt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Ein solcher Freistellungsanspruch könnte nur gegeben sein, wenn der vom Fürsorgeträger unterstützte Versicherte zur Erstattung der Fürsorgeleistungen verpflichtet wäre. In diesem Falle könnte allerdings ein schutzwürdiges Interesse des Versicherten daran bestehen, daß die Krankenkasse, die die ihr eigentlich obliegende Sachleistung der Krankenpflege zu Unrecht verweigert hat, ihrer Verpflichtung nunmehr in der Form nachkommt, daß sie den Versicherten von seiner Erstattungspflicht gegenüber dem Fürsorgeträger freistellt. Entfällt aber - wie im vorliegenden Falle - ein Erstattungsanspruch, sei es, weil die Anmeldung des Erstattungsanspruchs gegen die Krankenkasse (§ 1531 RVO) zur Befriedigung des Fürsorgeträgers führt, sei es, weil der unterstützte Hilfsbedürftige mangels "hinreichenden Vermögens oder Einkommens" (§ 25 Abs. 2 Satz 1 FürsPflVO) nicht zum Ersatz verpflichtet ist, so kommt ein Freistellungsanspruch des Versicherten schon deshalb nicht in Frage.
Demnach ist der in erster Linie gestellte Klageantrag unbegründet, wenn die Leistungen der Krankenpflege, deren Abgeltung in Geld die Klägerin von der beklagten Krankenkasse begehrt, bereits vom beigeladenen Bezirksfürsorgeverband erbracht sind. Das LSG hat dies festgestellt. Zulässige und begründete Revisionsgründe in bezug auf diese Feststellung (vgl. § 163 SGG) hat die Revision nicht vorgebracht. Sie hat zwar geltend gemacht, daß der beigeladene Bezirksfürsorgeverband im vierten Vierteljahr 1955 den Kindern der Klägerin keine Leistungen der Krankenpflege gewährt habe. Dieses Vorbringen - seine Richtigkeit unterstellt - besagt aber noch nicht, daß die Feststellung des LSG, der beigeladene Bezirksfürsorgeverband habe alle im zweiten bis vierten Vierteljahr 1955 notwendig gewordenen Aufwendungen der Krankenpflege für die Kinder der Kläger getragen, unrichtig ist; denn es könnte sein, daß die Kinder im vierten Vierteljahr 1955 keiner Krankenpflege bedurften. Um ihrer Pflicht zur Substantiierung der Rüge ungenügender Sachaufklärung durch das Berufungsgericht zu genügen (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG), hätte die Klägerin darlegen müssen, in welcher Richtung das LSG Ermittlungen im einzelnen hätte anstellen müssen (BSG 1, 91 und Urteil des BSG vom 20. Februar 1957 - 3 RJ 92/54 - in SozR SGG § 103 Bl. Da 5 Nr. 14). Sie hätte "Tatsachen und Beweismittel bezeichnen" (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG) müssen dafür, daß ihre Kinder im vierten Vierteljahr krankenpflegebedürftig waren und daß der beigeladene Bezirksfürsorgeverband die Aufwendungen dieser Krankenpflege nicht getragen hat. Da dies nicht geschehen ist, liegt eine den Erfordernissen des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG genügende Verfahrensrüge nicht vor. Der in erster Linie erhobene Anspruch der Klägerin ist somit unbegründet.
Der hilfsweise gestellte Antrag der Klägerin, die beklagte Krankenkasse zu verpflichten, den Ersatzanspruch des beigeladenen Bezirksfürsorgeverbandes zu befriedigen, ist unzulässig. Zu Unrecht vergleicht die Klägerin ihre Rechtsstellung mit der eines Pfändungsschuldners, dessen Forderung gegen den Drittschuldner vom Pfändungsgläubiger gepfändet und diesem zur Einziehung überwiesen wurde. Der Pfändungsschuldner kann in der Tat gegen den Drittschuldner auf Leistung an den Pfändungsgläubiger klagen. Diese Befugnis erklärt sich daraus, daß dem Pfändungsgläubiger nur ein vom Pfändungsschuldner abgeleitetes Recht zusteht und dieser Inhaber der Forderung bleibt. Hingegen steht der Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers nach § 1531 RVO, wie bereits dargelegt, selbständig neben dem Anspruch des Versicherten. Der Ersatzanspruch nach § 1531 RVO ist für den Versicherten ein fremdes Recht, das er nur dann in eigenem Namen geltend zu machen berechtigt wäre, wenn das Gesetz dies - als Prozeßstandschaft - vorsähe. Eine solche Prozeßstandschaft hat § 1538 RVO, der auch im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anwendbar ist (BSG 11, 295, 296), zwar dem Fürsorgeträger gegenüber dem Versicherten eingeräumt. Hiernach kann dieser nach seiner Wahl, anstatt nach § 1531 RVO Ersatz zu fordern, die Feststellung der dem Versicherten zu gewährenden Kassenleistungen betreiben (vgl. RVA in EuM 8, 327; vgl. auch Grunds. Entsch. Nr. 2912 in AN 1921, 172). Der Fall einer Prozeßstandschaft des Versicherten für den Fürsorgeträger ist dagegen im Gesetz nicht vorgesehen. Hierfür würde es auch an einem inneren Grund fehlen; denn es ist zwar sachgemäß, daß der Fürsorgeträger aus dem Gedanken der Fürsorge heraus die Feststellung der Rechte des Versicherten betreibt, nicht aber umgekehrt. Der Mangel der Prozeßführungsbefugnis macht die Klage unzulässig (BSG 6, 278, 282 f; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., § 45 I. 2 S. 193 ff). Die durch den Hilfsantrag der Klägerin in der Berufungsinstanz erweiterte Klage ist somit abzuweisen, wie es das LSG im Ergebnis zutreffend getan hat.
Demnach erweist sich die Revision im vollen Umfange als unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Fundstellen