Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeld. Ausländer. Anspruchsberechtigung. Aufenthaltstitel. Aufenthaltsbefugnis. Rechtsänderung. Rückwirkung. Vertrauensschutz. Stammrecht. Geltungsbeginn eines Gesetzes
Leitsatz (amtlich)
Die Änderung des BErzGG durch das Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms, nach der eine Aufenthaltsbefugnis den Anspruch eines Ausländers auf Erziehungsgeld nicht mehr begründen kann, gilt nicht für Kinder, die vor dem 27.6.1993 (Inkrafttreten der Änderung) geboren wurden.
Normenkette
BErzGG §§ 1, 39; FKPG Art. 4 Nr. 1; GG Art. 20
Verfahrensgang
Tatbestand
I
Streitig ist die Fortzahlung von Erziehungsgeld (Erzg) nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG).
Die Klägerin ist Ausländerin. Sie bezieht Sozialhilfe und war im Besitz einer bis zum 15. Oktober 1993 befristeten Aufenthaltsbefugnis. Der beklagte Landkreis bewilligte ihr Erzg für ihr am 28. Januar 1993 geborenes Kind bis zum 27. Oktober 1993. Am 13. Dezember 1993 beantragte die Klägerin unter Vorlage einer weiteren Aufenthaltsbefugnis für den Zeitraum vom 1. Dezember 1993 bis zum 15. Oktober 1995 Erzg für die Zeit ab dem 28. Oktober 1993. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil nach der zwischenzeitlich durch Gesetz vom 23. Juni 1993 mit Wirkung vom 27. Juni 1993 erfolgten Neufassung des § 1 BErzGG der Besitz einer Aufenthaltsbefugnis für den Anspruch eines Ausländers auf Erzg nicht mehr ausreiche (Bescheid vom 13. Dezember 1993; Widerspruchsbescheid vom 23. März 1994).
Die Klage auf Erzg für die Zeit ab dem 28. Oktober 1993 blieb vor dem Sozialgericht (SG) erfolglos (Urteil vom 6. September 1994). Sie hatte vor dem Landessozialgericht (LSG) Erfolg (Urteil vom 28. Februar 1995).
Der Beklagte rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision, die Neufassung des § 1 BErzGG sei – entgegen der Auffassung des LSG – auch auf den Erzg-Anspruch für ein vor seinem Inkrafttreten geborenes Kind für Bezugszeiten nach seinem Inkrafttreten anwendbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 6. September 1994 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Beklagten war hinsichtlich der Zeit vom 1. Dezember 1993 bis zum 27. Januar 1995 zurückzuweisen. Für diese Zeit ist die Verurteilung des Beklagten, Erzg „in gesetzlicher Dauer und Höhe” zu gewähren, zu Recht erfolgt. Für die Zeit vom 28. Oktober bis zum 30. November 1993 war das angefochtene Urteil hingegen aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind für die Bezugszeit vom 1. Dezember 1993 bis zum 27. Januar 1995 erfüllt. Die Klägerin war in dieser Zeit im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis. Davon konnte der Senat aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens der Beteiligten ausgehen, obgleich das LSG dies nicht mit der anzustrebenden Klarheit festgestellt hat. Maßgebend ist § 1 Abs. 1 S 2 BErzGG idF des Art. 10 des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts (AuslRNG) vom 9. Juli 1990 (BGBl I S 1354), der mit Wirkung vom 1. Januar 1991 anzuwenden ist (Art. 15 Abs. 2 AuslRNG). Für den Anspruch eines Ausländers ist hiernach Voraussetzung, daß er im Besitz einer „Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis ist”.
Dem Anspruch steht – entgegen der Auffassung der Revision – nicht entgegen, daß durch Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte – Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms – (FKPG) vom 23. Juni 1993 (BGBl I, 944) § 1 BErzGG dahin geändert wurde, daß Ausländer, die – wie die Klägerin – nur eine Aufenthaltsbefugnis besitzen, kein Erzg erhalten. Die Änderung ist nach Art. 43 Abs. 1 FKPG am Tag nach der Verkündung und damit am 27. Juni 1993 in Kraft getreten. Sie gilt damit zwar für die Bezugszeit ab dem 1. Dezember 1993, aber nur für ab ihrem Inkrafttreten geborene Kinder. Für Kinder, die – wie das Kind der Klägerin – vorher geboren wurden, richtet sich der Anspruch auf Erzg auch für Bezugszeiten nach dem Inkrafttreten der Neuregelung noch nach altem Recht.
Nach einhelliger Rechtsauffassung wird neues Recht unmittelbar mit seinem Inkrafttreten wirksam und erfaßt zumindest solche Sachverhalte uneingeschränkt, die erstmals nach dem Geltungsbeginn eintreten (eingehend hierzu Kopp, Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, SGb 1993, 593). Soweit ein Gesetz seine Anwendung auf Tatbestände, die ganz oder teilweise vor seinem Inkrafttreten verwirklicht wurden (unechte Rückwirkung), nicht in Übergangsvorschriften regelt, bedarf es zum intertemporalen Geltungswillen der Auslegung. Die hierbei iS einer Gesamtwürdiguhg zu berücksichtigenden Umstände sprechen im Falle der streitigen Änderung durch das FKPG mit dem Schwergewicht der Gründe dafür, daß diese nur für nach ihrem Inkrafttreten geborene Kinder gelten soll.
In den Gesetzesmaterialien fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber die Neuregelung auch auf vorher geborene Kinder anwenden wollte. Der Ausschluß der Aufenthaltsbefugnis war schon im Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (BT-Drucks 12/4401) und in dem späteren Entwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 12/4748) vorgesehen. Weder aus der Begründung zu Art. 5 Nr. 1 des Entwurfs (BT-Drucks 12/4401, S 74), nach der mit der Sachregelung der Anspruch auf die Ausländer begrenzt werden soll, von denen zu erwarten ist, daß sie auf Dauer in Deutschland bleiben werden, noch aus der zu Art. 5 Nr. 8 (BT-Drucks aaO, S 75), nach der gemäß der Neufassung der Übergangsvorschrift des § 39 BErzGG die Regelung für die Umstellung auf das aktuelle Einkommen für die ab dem 1. Juli 1993 geborenen Kinder und die Neuregelung zum Mutterschaftsgeld für die ab dem 1. Januar 1994 geborenen Kinder gelten sollen, lassen sich Anhaltspunkte dafür gewinnen, daß der Gesetzgeber die Anwendung der für Ausländer getroffenen Regelung auch auf vor deren Inkrafttreten geborene Kinder wollte.
Hätte das FKPG auch für vorher geborene Kinder gelten sollen, so wäre dies zumindest in den Gesetzesmaterialien für zwei Fallgruppen erörtert worden, nämlich (1.) für laufende Leistungsfälle, wenn die Voraussetzungen eines beim Inkrafttreten bestehenden Stammrechts ununterbrochen fortbestehen, und (2.) für den Fall, daß ein Elternteil vor dem Inkrafttreten eine Berufstätigkeit im Vertrauen auf das Erzg aufgegeben hat. Bei einer verfassungskonformen Auslegung kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber die Anwendung der Neuregelung auf diese Tatbestände vorsehen wollte, ohne die insoweit verfassungsrechtlich gebotene Abwägung des Vertrauensschutzes gegen die erstrebten Einsparungen vorzunehmen. Das Erzg beruht zwar nicht auf eigenen Beiträgen und genießt deshalb keinen Eigentumsschutz iS des Art. 14 Grundgesetz (GG). Vertrauensschutz und Abwägungspflicht folgen bei Sozialrechtspositionen, die nicht dem Schutz des Art. 14 GG unterfallen, aber aus dem in Art. 20 GG gewährleisteten Rechtsstaatsprinzip. Dieses schließt zwar auch bei verschlechternden Rechtsänderungen eine unechte Rückwirkung nicht aus, erfordert aber vom Gesetzgeber eine Abwägung des Vertrauens. Eine solche Abwägung darf nicht mit der Begründung unterbleiben, daß in Ansehung der häufigen Änderungen sozialrechtlicher Leistungsvoraussetzungen und sonstiger Leistungsbedingungen ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstehen könne. Denn dann würde der Leistungsberechtigte zum bloßen Objekt staatlicher Willensbildung. Im Sozialrecht hat die Kontinuität, obgleich nur einfachrechtlich gewährleistet, einen hohen Stellenwert, nicht nur soweit sozialrechtliche Positionen Eigentumsschutz genießen, sondern auch dort, wo Leistungen von persönlichen Lebensentscheidungen abhängen und damit eine verhaltenssteuernde Funktion haben (BSGE 71, 202, 209 f = SozR 3-4100 § 45 Nr. 3), Die Verhaltenssteuerung ist beim Erzg nicht nur eine notwendige Folge der gesetzlichen Regelung, sondern vom Gesetz beabsichtigt. Das Erzg fördert die Betreuung und Erziehung eines Kindes in seiner ersten Lebensphase dadurch, daß es der Mutter oder dem Vater den Verzicht auf eine Vollerwerbstätigkeit ermöglicht (BT-Drucks 10/3792, S 13) und als Leistungsvoraussetzung fordert. Leistungsberechtigt sind alle Frauen (oder Männer), auch soweit sie vorher nicht erwerbstätig waren. In Anwendung auf vorher berufstätige Frauen (oder Männer) erfordert das BErzGG die (vorübergehende) Aufgabe der Berufstätigkeit. Bei einer dergestalt vom Gesetz beabsichtigten Verhaltenssteuerung ist das Verhalten gleichsam die „Gegenleistung” für den erstrebten Anspruch (oder sonstigen Vorteil), und es bedarf der besonderen Rechtfertigung, wenn das im Vertrauen auf die Gesetzeslage gezeigte Verhalten nach dem Übergangsrecht den erstrebten Anspruch nicht auslösen soll. Die insoweit erforderliche Abwägung wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht erkennbar vorgenommen. Die für eine gleichwohl gewollte Einbeziehung der vorher geborenen Kinder möglichen Erklärungen, daß der Gesetzgeber die beiden genannten Fallgruppen übersehen habe oder daß er das Abwägungsergebnis und dessen Begründung als selbstverständlich angesehen habe, sind unwahrscheinlich. Näher liegt die Annahme, daß die Abwägung unterblieb, weil die Neuregelung nur für nachher geborene Kinder gelten soll. Überdies kann regelmäßig nur dann angenommen werden, daß der Gesetzgeber eine als erforderlich angesehene Korrektur auch für bereits iS eines Stammrechts entstandene Anwartschaften vornimmt und daß er die für ein Verhalten „versprochene” Leistung nicht erbringt, wenn ein solcher Wille und die vorangegangene Abwägung deutlich hervortritt.
Insoweit mag es bei Dauerleistungen wie Renten oder Kindergeld genügen, daß der Gesetzgeber eine sofortige fühlbare Einsparung will, die bei einer Anwendung nur auf die Zugangsrenten (neue Kindergeldansprüche) nicht erreicht werden könnte, insbesondere wenn eine unechte Rückwirkung der Gesetzgebungspraxis bei vergleichbaren früheren Gesetzesänderungen entspricht. Beim Erzg, einer vergleichsweise kurzfristigen Leistung, kann aus dem Einsparungswillen nicht ohne weiteres auf eine Einbeziehung laufender Leistungsfälle geschlossen werden. Auch die Bedeutung der geänderten Anspruchsvoraussetzung legt eine Rückwirkung nicht nahe. Das für Ausländer geltende Erfordernis bestimmter Aufenthaltstitel wurde in das BErzGG erstmals durch das Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften (BErzGGuaÄndG) vom 30. Juni 1989 (BGBl I S 1297) mit Wirkung vom 1. Juli 1989 (Art. 8 Abs. 1 BErzGGuaÄndG) eingefügt. Das Erfordernis galt zunächst nur für das Erzg und enthält keinen allgemeinen Grundsatz, der auch bei anderen Sozialleistungen zu beachten wäre (vgl. zur Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 3) oder wegen seiner Bedeutung im Zweifel auch auf frühere Zeiträume angewandt werden müßte. Vielmehr galt diese Gesetzesänderung, wie vom Bundessozialgericht (BSG) entschieden (BSG Urteil vom 22. Februar 1995 – 14 REg 1/94 –, für SozR vorgesehen), nur für Kinder, die nach deren Inkrafttreten geboren wurden. Die für diese Entscheidung, an der der Senat festhält, maßgebenden Gründe sind weitgehend auf den zeitlichen Geltungsbereich der Neuregelung dieser Anspruchsvoraussetzung durch das FKPG zu übertragen. Die Neuregelung durch das FKPG ist für den Bürger rechtsverschlechternd und wirkt sich damit iS einer zusätzlichen Anspruchsvoraussetzung aus. Auch hat sich der Gesetzgeber wiederum damit begnügt, nur das Inkrafttreten ausdrücklich zu regeln.
Das BErzGG ging bei seinem Erlaß am 6. Dezember 1985 von dem Grundsatz aus, daß es für alle Kinder, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geboren wurden, bei den bisherigen Regelungen bleibt (BT-Drucks 10/3792 S 25 zu § 38 des Entwurfs). Hierzu bestimmte § 39 Abs. 1 S 2 BErzGG mit der Überschrift „Übergangsvorschrift”, daß für Kinder, die vor dem 1. Januar 1986 geboren wurden, die am 31. Dezember 1985 gelterjen Vorschriften weiter anzuwenden sind (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Stichtugsregelung vgl. BVerfG SozR 7833 § 1 Nr. 3). Mit dem BErzGGuaÄndG vom 30. Juni 1989 wurde § 39 nicht geändert. In der Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes vom 25. Juli 1989 (BGBl I S 1550) wurde § 39 mit dem Klammerzusatz: „(Übergangsvorschrift)” erwähnt und damit als gegenstandslos angesehen. Gegen die Annahme einer Gesetzeslücke spricht allerdings, daß der Gesetzgeber des BErzGG bei den dem BErzGGuaÄndG vom 30. Juni 1989 nachfolgenden Änderungen, wenn diese nur für Kinder gelten sollten, die ab deren Inkrafttreten geboren werden, dies in den Anspruchsvoraussetzungen der geänderten Norm oder durch Änderung des § 39 BErzGG verlautbart hat, wobei nicht auf den Tag des Inkrafttretens, sondern auf den Ersten des betreffenden Kalendermonats abgehoben wurde. So heißt es etwa in § 1 Abs. 6 BErzGG idF durch das Erste Gesetz zur Änderung des BErzGG (1. BErzGG-ÄndG) vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 2823), Anspruch auf Erzg „für nach dem 30. Juni 1990 geborene Kinder hat unter den Voraussetzungen des Abs. 1 auch der Ehegatte eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges eines Natomitgliedstaates, der …”, und entsprechend in § 1 Abs. 3 Nr. 3 BErzGG idF durch das Zweite Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften (2. BErzGG-ÄndG) vom 6. Dezember 1991 (BGBl I 2142), „ein nach dem 31. Dezember 1991 geborenes leibliches Kind des nicht sorgeberechtigten Antragstellers, ….”. Nach § 39 BErzGG idF durch das 2. BErzGG-ÄndG vom 6. Dezember 1991, der durch dieses Gesetz die Überschrift „Übergangsvorschrift aus Anlaß des Gesetzes vom 6. Dezember 1991” erhalten hatte, waren auf Berechtigte, die Anspruch auf Erzg oder Erziehungsurlaub für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind haben, die Vorschriften des Gesetzes in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Nach § 39 BErzGG idF durch das FKPG vom 23. Juni 1993 sind auf Berechtigte, die Anspruch auf Erzg oder Erziehungsurlaub für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind haben, die Vorschriften des Gesetzes in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung, mit Ausnahme des § 6 Abs. 4, weiter anzuwenden (Abs. 1). Für die vor dem 1. Juli 1993 geborenen Kinder sind die Vorschriften des § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 2, § 6 und § 12 Abs. 1 in der bis zum 30. Juni 1993 geltenden Fassung weiter anzuwenden; bei Adoptivkindern ist der Zeitpunkt der Inobhutnahme maßgebend. Für die vor dem 1. Januar 1994 geborenen Kinder sind die Vorschriften des § 7 in der bis 30. Juni 1993 geltenden Passung weiter anzuwenden (Abs. 2).
Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig, als nach ihm die §§ 4, 5, 6 und 12 in der alten Fassung auf vor dem Stichtag geborene Kinder weiter anzuwenden sind. Insoweit stimmen Gesetzeswortlaut und Begründung überein. Der Rückschluß, daß die nicht genannten Änderungen, insbesondere die des § 1 Abs. 1a BErzGG nach dessen Inkrafttreten auch für vorher geborene Kinder gelten soll, findet in den Gesetzesmaterialien dagegen, wie ausgeführt, keine Bestätigung. Auch die nachfolgende Entwicklung des § 39 BErzGG ergibt keinen Anhaltspunkt, der gegen die Annahme einer Gesetzeslücke spricht. Mit dem Ersten Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 2353) wurden in der Überschrift zu § 39 BErzGG („Übergangsvorschrift aus Anlaß des Gesetzes vom 6. Dezember 1991”) die Worte „aus Anlaß des Gesetzes vom 6. Dezember 1991” gestrichen. Dem Abs. 2 wurde folgender S 2 angefügt: „Für die vor dem 1. Januar 1994 geborenen Kinder ist § 5 Abs. 2 Satz 1 nicht anzuwenden.”
Damit ergibt eine Gesamtwürdigung, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der beiden angeführten Fallgruppen eine Abwägung des Vertrauensschutzes nicht als erforderlich ansah, weil das alte Recht auf alle vor dem Inkrafttreten geborenen Kinder anwendbar bleiben sollte. Für ein Abstellen nur auf das Geburtsdatum spricht die Praktikabilität und die dargestellte Praxis der Änderungsgesetze. Der Anwendung des alten Rechts steht deshalb nicht entgegen, daß die Klägerin zu keiner der beiden angeführten Fallgruppen gehört, da sie keine Berufstätigkeit aufgegeben hat und ihr Anspruch auch nicht ununterbrochen bestand.
Für die Bezugszeit vom 28. Oktober 1993 bis zum 30. November 1993 hat das LSG den Beklagten zu Unrecht verurteilt. Die Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG bei ihrem Antrag am 13. Dezember 1993 eine bis zum 15. Oktober 1995 befristete Aufenthaltsbefugnis vorgelegt. Hierzu haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung klargestellt, daß letztgenannte Aufenthaltsbefugnis der Klägerin am 1. Dezember 1993 erteilt wurde und daß die Klägerin in der Zeit vom 15. Oktober 1993 bis zum 30. November 1993 nicht im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis war. Zur Behauptung der Klägerin, aufgrund ihrer Antragstellung sei ihr von der Ausländerbehörde eine Zwischenbescheinigung nach § 69 des Gesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet – Ausländergesetz – (AuslG vom 9. Juli 1990) erteilt worden, sind Feststellungen nicht erforderlich, da eine solche Bescheinigung auch nach dem vor dem FKPG geltenden Recht keinen Anspruch auf Erzg begründet. Nach § 69 (BGBl I 1354, 1356) gilt nach Beantragung einer der Arten der Aufenthaltsgenehmigung iS des § 5 AuslG der Aufenthalt unter bestimmten Voraussetzungen als erlaubt beziehungsweise als geduldet. Die Bescheinigung über die vorläufige Erlaubnis des Aufenthalts nach § 69 AuslG steht wie die entsprechenden Bescheinigungen nach § 21 Abs. 3 AuslG vom 28. April 1965 (BGBl I 353) den in § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG in der vor dem FKPG geltenden Fassung geforderten Aufenthaltstiteln nicht gleich (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12 mwN). Für die Zeit vom 28. Oktober bis zum 30. November 1993 bestand danach auch nach altem Recht kein Anspruch auf Erzg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz. Der Senat hat berücksichtigt, daß die Zuvielforderung relativ gering und durch die fehlerhafte Begründung der Leistungsablehnung veranlaßt war.
Fundstellen