Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Unterhaltsgeld
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann eine Maßnahme der beruflichen Bildung mindestens ein Jahr iS AFG § 44 Abs 5 (Fassung: 1969-06-25) gedauert hat.
Leitsatz (redaktionell)
1. Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Bildung, die im Anschluß daran arbeitslos sind, erhalten ein gekürztes Unterhaltsgeld für 156 Tage nur dann, wenn die Maßnahme mindestens 1 Jahr gedauert hat.
2. Die für die Dauer des Anspruchs auf gekürztes Unterhaltsgeld nach AFG § 44 Abs 5 maßgebende Dauer der Maßnahme bestimmt sich nach dem Zeitraum, während dessen der Arbeitslose Teilnehmer iS des AFG § 44 Abs 1 gewesen ist.
Orientierungssatz
Die für den Umfang des Anspruchs auf Leistungen während der Teilnahme an einer Maßnahme entwickelten Grundsätze für die Bedeutung dieses Begriffs sind auch für den Anspruch auf Unterhaltsgeld nach AFG § 44 Abs 5 maßgebend; denn es erscheint nicht sachgerecht, den Begriff der Teilnahme an einer Maßnahme in diesem Absatz des AFG § 44 anders zu beurteilen als für den Anspruch auf Unterhaltsgeld nach AFG § 44 Abs 1 selbst.
Normenkette
AFG § 44 Abs. 5 S. 1 Fassung: 1969-06-25; BGB § 187 Abs. 1 Fassung: 1896-08-18, § 188 Fassung: 1896-08-18; AFG § 44 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 26.05.1976; Aktenzeichen L 12 Ar 82/75) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 19.02.1975; Aktenzeichen S 15 Ar 28/74) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 1976 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterhaltsgeld (Uhg) für mehr als 78 Tage.
Der Kläger nahm in der Zeit vom 2. Januar bis 21. Dezember 1973 an einer vom Bundesfachinstitut für Organisation und Datenverarbeitung in D durchgeführten Maßnahme der beruflichen Bildung mit dem Ziel des Erwerbs der Qualifikation eines technisch-kaufmännischen Assistenten teil. Die Beklagte förderte die Teilnahme des Klägers an dieser Maßnahme als berufliche Fortbildung und gewährte ihm Uhg nach § 44 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sowie Leistungen nach § 45 AFG. Bereits während der Teilnahme an dem Lehrgang wendete sich der Kläger gegen Entscheidungen der Beklagten wegen der Höhe der ihm erstatteten Fahrkosten, der Nichtgewährung von Prüfungsgebühren und der Kosten für Fotokopierarbeiten. Nach Durchführung der entsprechenden Vorverfahren erhob er jeweils Klagen zum Sozialgericht (SG).
Am 18. Dezember 1973 beantragte der Kläger die Gewährung von Uhg nach § 44 Abs 5 AFG im Anschluß an die Beendigung der Maßnahme. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Verfügung vom 18. Dezember 1973 Uhg nach § 44 Abs 5 AFG für 78 Wochentage, beginnend ab 24. Dezember 1973. Gegen den in Ausführung dieser Verfügung dem Kläger erteilten Bescheid erhob dieser am 6. März 1974 Widerspruch mit dem Begehren, das Uhg nicht nur für 78, sondern für 156 Tage zu bewilligen; die Maßnahme, an der er teilgenommen hat, habe mindestens ein Jahr gedauert. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. März 1974). Der Kläger hat hiergegen rechtzeitig Klage erhoben.
Das SG hat die bis dahin anhängigen Streitsachen mit der zuletzt erhobenen Klage zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Durch Urteil vom 19. Februar 1975 hat das SG die Entscheidungen der Beklagten bezüglich der Dauer des Uhg abgeändert und die Beklagte verurteilt, davon auszugehen, daß die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme des Bundesfachinstituts für Organisation und Datenverarbeitung vom 2. Januar bis 21. Dezember 1973 mindestens ein Jahr im Sinne von § 44 Abs 5 Satz 1 AFG gedauert hat. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten erhöhten Fahrkostenerstattung hat das SG die Beklagte teilweise verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das Urteil des SG hat nur die Beklagte Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) vom 26. Mai 1976 haben sich die Beteiligten wegen des vom Kläger erhobenen Anspruchs auf höhere Fahrkosten verglichen und erklärt, daß sie sich darüber einig sind, daß zwischen ihnen nunmehr nur noch um die Dauer des Uhg gestritten werde.
Durch Urteil vom 26. Mai 1976 hat das LSG für das Land Nordrhein-Westfalen die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sei lediglich noch der vom Kläger erhobene Anspruch auf Uhg für 156 Tage im Anschluß an die Beendigung der beruflichen Bildungsmaßnahme anstelle der ihm bewilligten Leistung für nur 78 Tage. Diese Entscheidung der Beklagten ist nach Auffassung des LSG zutreffend. Die Maßnahme, an der der Kläger teilgenommen hat, habe nämlich nicht mindestens ein Jahr gedauert, wie es § 44 Abs 5 AFG vorschreibe. Unter Dauer der Maßnahme sei der Zeitraum zu verstehen, in dem Unterrichtsveranstaltungen stattgefunden haben. Vorliegend habe der Lehrgang am 2. Januar begonnen und am 21. Dezember 1973 geendet. Für die Berechnung der Frist von einem Jahr enthalte das AFG selbst keine eigenen Bestimmungen. Lediglich in § 106 Abs 1 Ziff 3 AFG, wo es um die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für 156 Tage gehe, sei eine vergleichbare Länge genannt; der Gesetzgeber habe hier die maßgebliche Frist mit 52 Wochen und dem Klammerzusatz "12 Monate" bestimmt. Die in § 44 Abs 5 AFG hinsichtlich der Berechnung der Jahresfrist vorhandene Lücke könne vorliegend nur in der Weise geschlossen werden, daß auf anderweitige Bestimmungen außerhalb des AFG zurückgegriffen werde. Das sei im Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der Fall. Die dortigen Vorschriften der §§ 187 und 188 BGB hätten im übrigen nicht nur für den Bereich des Privatrechts, sondern auch für das öffentliche Recht Bedeutung, soweit keine besonderen Regelungen getroffen worden seien. Das ergebe sich auch dann, wenn man die im sozialgerichtlichen Verfahren maßgeblichen Verfahrensvorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) heranziehe. Nach § 202 SGG gelte nämlich die Zivilprozeßordnung (ZPO) entsprechend, sofern die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dem nicht entgegenstünden. In § 222 ZPO werde jedoch ausdrücklich wieder auf die BGB-Regelung Bezug genommen. Nach den insoweit anwendbaren Bestimmungen der §§ 187 und 188 BGB ergebe sich, daß die hier maßgebliche Jahresfrist so zu berechnen sei, daß vom Beginn des Lehrgangs ausgehend, also dem 2. Januar 1973, diese bis zum 1. Januar 1974 laufe. Es könne dahinstehen, ob hier insofern etwas anderes gelte, als der 1. Januar 1974 ein Feiertag war; denn die in Betracht kommende Maßnahme habe bereits am 21. Dezember 1973 geendet.
Gegenüber dieser Fristberechnung könne der Kläger nicht einwenden, daß diese Betrachtung dem Sinn des Gesetzes nicht gerecht werde. Insbesondere komme es nicht darauf an, daß ein am Jahresanfang beginnender Lehrgang wegen der Feiertage am Ende des Jahres niemals die Frist von einem Jahr erfüllen könne, während dies bei im Laufe des Jahres beginnenden Lehrgängen nicht der Fall sei, so daß Zufälligkeiten zu einer nicht gerechtfertigten ungleichen Rechtsfolge führen würden. Bei den Vorschriften über Fristen und Termine handele es sich um Auslegungsregeln. Mit Rücksicht auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs und eine klare Regelung seien diese Vorschriften jedoch eng auszulegen. Dem Kläger stehe daher der geltend gemachte Anspruch über 78 Tage hinaus nicht zu.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung von § 44 Abs 5 AFG durch das LSG. Er trägt im wesentlichen vor: Für die Entscheidung der Frage, ob der hier streitige Lehrgang die Jahresfrist des § 44 Abs 5 AFG erfülle, müsse von der sozialen Wirklichkeit der Gegenwart ausgegangen werden. Diese bestehe darin, daß die Tage vom Weihnachtsfest, dh vom 24. Dezember bis zum 1. Januar des darauffolgenden Jahres, in nahezu allen Behörden und in der überwiegenden Mehrzahl von Bürobetrieben und Einzelhandelsbetrieben nicht Arbeitstage, dh Feiertage, seien. Für die Weihnachtstage des Jahres 1973 habe der Maßnahmeträger im vorliegenden Falle lediglich das getan, was jede andere Behörde heutzutage auch zu tun pflege, nämlich die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr ausfallen lassen und aus diesem Grunde den Maßnahmelehrgang bereits am 21. Dezember 1973 abgeschlossen. Es stehe unstreitig fest, daß die Lehrgänge der vorliegenden Art jeweils am Vierteljahresbeginn neu anfingen. Bei Lehrgangsbeginn am 1. April, 1. Juli, 1. Oktober würde sich das hier streitige Problem nicht ergeben, weil bei dieser Zeiteinteilung die Jahresfrist regelmäßig eingehalten werden könne. Wenn zufällig das Maßnahmejahr mit dem Kalenderjahr zusammenfalle, wie hier, könne dieser rein zufällige Umstand dem Kläger und Auszubildenden nicht angelastet werden. Das SG habe zu Recht der ungenauen Fristbestimmung des § 44 Abs 5 AFG die Regelung in § 106 Abs 1 Nr 3 AFG gegenübergestellt, wo genau von 52 Wochen (12 Monaten) die Rede sei. Daraus ergebe sich, daß der Gesetzgeber dem Maßnahmeträger bei Anwendung des § 44 Abs 5 AFG eine größere Elastizität eingeräumt habe. Diese Ermächtigung solle der sozialen Wirklichkeit gerecht werden, weil heutzutage in der Bundesrepublik fast überall in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr nicht gearbeitet werde und dies der Gesetzgeber anerkennen wollte. Die Fristbestimmungen des BGB könnten im vorliegenden Fall infolgedessen nicht angewendet werden. Der Kläger weist ferner auf Runderlasse der Beklagten vom 15. Juli 1969 und 27. Januar 1976 hin, aus denen er für sich günstige Regelungen ableiten will.
Richtig sei die vom SG entwickelte Auffassung, daß die Jahresfrist des § 44 Abs 5 AFG eine Anwartschaftsregelung enthalte. Danach müsse davon ausgegangen werden, daß derjenige Teilnehmer, der eine für ein Jahr projektierte Maßnahme vollständig besucht habe, eine Anwartschaft erworben habe, die ihm auch den nach § 44 Abs 5 AFG vorgesehenen Höchstanspruch auf das anschließende Uhg zubillige, weil eine andere Regelung grob unbillig wäre. Wegen der Feiertage zum Jahresende wären hier auch nur als Unterrichtstage noch in Betracht gekommen: Montag, der 24. Dezember 1973, Donnerstag, der 27. Dezember 1973, Freitag, der 28. Dezember 1973 und Montag, der 31. Dezember 1973. Es entspreche der sozialen Wirklichkeit, wenn in diesen Zeiten sowohl im Interesse des Lehrgangsträgers wie im Interesse der einzelnen Teilnehmer kein Unterricht mehr stattfinde und der Lehrgangsträger den Prüfungstermin auf den 21. Dezember 1973 vorgezogen habe. Jedenfalls könne kein Zweifel daran bestehen, daß hier die Anwartschaft zum Vollrecht erstarkt sei, weil der Teilnehmer die Maßnahme bis zum Ende besucht habe und damit die Maßnahme als abgeschlossen gelte. Die Entscheidung des Berufungsgerichts basiere demgegenüber auf rein formalen Gesichtspunkten, obwohl das AFG ausdrücklich die Schaffung verschiedener Klassen von Staatsbürgern vermeiden wolle. Das würde jedoch geschehen, wenn man Maßnahmeteilnehmer an Kursen, die nicht mit dem Kalenderjahr zusammenfallen, gegenüber regelmäßig benachteiligten Teilnehmern von Jahreskursen während eines Kalenderjahres privilegieren würde.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts das Urteil des Sozialgerichts wieder herzustellen, soweit es nicht durch den vor dem Landessozialgericht im Termin vom 26. Mai 1976 abgeschlossenen Teilvergleich erledigt worden ist, sowie zu entscheiden, daß die Beklagte dem Kläger die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten habe.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist ergänzend noch auf folgendes hin: Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 11. März 1976 - 7 RAr 63/74 -) sei das entscheidende Merkmal dafür, ob überhaupt eine Maßnahme im Sinne des AFG vorliege, die Erteilung von Unterricht. Der Berechnung nach § 44 Abs 5 AFG sei danach der Zeitraum zwischen dem ersten und dem letzten Unterrichtstag zugrunde zu legen. Die Frage, ob außerhalb dieses Zeitraums liegende Tage üblicherweise als Arbeitstage oder als arbeitsfreie Tage anzusehen sind, sei ohne jede Bedeutung. Selbst wenn man im vorliegenden Fall die Regelung in § 106 Abs 1 Nr 3 AFG entsprechend anwenden wollte, wäre der Anspruch des Klägers nicht begründet, da die Maßnahme weder 52 Wochen noch 12 Monate im Sinne dieser Vorschrift gedauert habe. Die Ausführungen des Klägers, wonach die Anwartschaft zum Vollrecht erstarke, wenn der Teilnehmer die Maßnahme bis zum Ende besucht habe, verkenne, daß nach dem Wortlaut des § 44 Abs 5 AFG der Anspruch auf Uhg allein von der Dauer der besuchten Maßnahme abhänge. Der Umstand, daß eine Maßnahme abgeschlossen ist, stelle keinen Ersatz für die vom Gesetzgeber geforderte Maßnahmedauer dar. Nichts anderes ergebe sich auch aus den vom Kläger zitierten Runderlassen, wenn es dort heiße, daß eine Maßnahme als abgeschlossen gelte, wenn der Teilnehmer sie bis zum Ende besucht habe.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Streitgegenstand ist lediglich noch der auf die Verfügung der Beklagten vom 23. Januar 1974 ergangene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 1974 (§ 95 SGG), worin die Beklagte das Begehren des Klägers auf Gewährung von Uhg für 156 Tage anstelle der erfolgten Bewilligung für 78 Tage während seiner Arbeitslosigkeit im Anschluß an die von ihm besuchte Maßnahme der beruflichen Bildung ablehnte. Soweit der Kläger im Verfahren vor dem SG weitere Ansprüche verfolgt hatte, sind diese durch Vergleich in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 26. Mai 1976 erledigt worden.
Der auf die Verfügung vom 23. Januar 1974 ergangene Bescheid auf Bewilligung von Uhg für 78 Tage ist nicht bindend geworden, eine Frage, die auch bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen zu prüfen ist (BSGE 8, 3). Die Verwaltungsakten der Beklagten enthalten, wie schon das SG zu Recht beanstandet hat, keine eigenen Unterlagen über Datum und Zustellung des Erstbescheides. Der Kläger gibt in seiner bei der Beklagten (Arbeitsamt Düsseldorf) am 6. März 1974 eingegangenen Widerspruchsschrift das Datum des angefochtenen Bescheides mit 5. Februar 1974, das Datum des Eingangs dieses Bescheides bei ihm mit 8. Februar 1974 an. Die Beklagte nennt in ihrem Widerspruchsbescheid vom 14. März 1974 als Datum des Erstbescheides ebenfalls den 5. Februar 1974 und führt aus, daß der "form- und fristgerecht eingelegte Widerspruch" zulässig sei. Nach allem ist davon auszugehen, daß die Widerspruchsfrist gewahrt worden ist; es kann als nachgewiesen angesehen werden, daß der Kläger den angefochtenen Erstbescheid am 8. Februar 1974 erhalten hat (§ 9 Abs 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Uhg gemäß § 44 Abs 5 AFG für mehr als 78 Tage.
Nach § 44 Abs 5 AFG in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) erhält der Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Bildung, der innerhalb von sechs Monaten nach dem Abschluß der Maßnahme arbeitslos wird, ein gekürztes Uhg mindestens für 78 Tage. Die Leistungsdauer verlängert sich auf 156 Tage, "wenn die Maßnahme mindestens ein Jahr gedauert hat". Diese Regelung geht auf die Erwägung zurück, daß Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Bildung nicht immer unmittelbar nach Abschluß der Maßnahme einen Arbeitsplatz erhalten können. Da sie in der Zeit der Teilnahme an der Maßnahme häufig auch keine Anwartschaft für einen Anspruch auf Alg erwerben konnten, sollte dieser Personenkreis während einer gewissen Zeit durch einen seiner Höhe dem Alg-Satz angenäherten Fortbezug von Uhg den erforderlichen Lohnersatz erhalten (vgl zu BT-Drucks V/4110 S. 9/10 zu § 43 Abs 6 a), offenbar in der Erwartung, daß es dem Teilnehmer in dieser Zeit regelmäßig möglich sein dürfte, einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden.
§ 44 Abs 5 AFG wurde durch das Haushaltsstrukturgesetz-AFG vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) mit Wirkung ab 1. Januar 1976 ersatzlos gestrichen. Zum Ausgleich hierfür wurde jedoch durch Einfügung einer Nr 5 in § 107 AFG bestimmt, daß auch Zeiten der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder Umschulung mit Anspruch auf Uhg zur Begründung der Anwartschaft auf Alg dienen sollten, so daß die Existenzsicherung von im Anschluß an eine Maßnahme arbeitslosen Teilnehmern nunmehr einheitlich durch einen Alg-Anspruch gewährleistet ist.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die nach § 44 Abs 5 AFG mögliche Bezugsdauer von gekürztem Uhg für 156 Tage nur begründet ist, wenn die Teilnahme des Arbeitslosen an der Maßnahme mindestens ein Jahr gedauert hat. Das ergibt sich einmal aus dem Wortlaut des § 44 Abs 5 AFG. Es heißt dort, daß dem Teilnehmer ... Unterhaltsgeld ... für 156 Tage gewährt wird, wenn die Maßnahme mindestens ein Jahr gedauert hat. Dieser Zusammenhang macht deutlich, daß es nicht auf die beabsichtigte Formaldauer einer Maßnahme oder ihre Bezeichnung als "Jahreskursus" ankommt, sondern darauf, wie lange der Arbeitslose an ihr tatsächlich teilgenommen hat. Maßgebend ist hiernach grundsätzlich ihr Beginn und ihr Ende für den jeweiligen Teilnehmer. Der Senat hat zur Frage des Begriffs der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung als Voraussetzung für den Umfang des Anspruchs auf Uhg im Sinne von § 44 Abs 1 AFG bereits mehrfach entschieden, daß es insoweit auf die tatsächliche Beziehung des Teilnehmers zum Unterrichtsgeschehen in der Maßnahme ankommt. Er hat es zwar hinsichtlich des Beginns der Teilnahme für unschädlich gehalten, wenn sich die tatsächliche Erteilung des Unterrichts aus Gründen verzögert, die weder der Teilnehmer selbst noch der Lehrgangsträger zu vertreten hat (BSGE 41, 117 = BSG SozR 4100 § 44 Nr 7). Wenn der Senat dabei hervorgehoben hat, daß das Uhg anstelle des fehlenden Arbeitseinkommens den Lebensunterhalt des Bildungswilligen und seiner Familie für die Zeiten sichern soll, in denen er hierzu wegen der Bildungsmaßnahme aus eigener Kraft bei natürlicher Betrachtung nicht in der Lage ist, so verdeutlicht dies gleichzeitig die Maßgeblichkeit des tatsächlichen Ablaufs einer Bildungsmaßnahme für den einzelnen Teilnehmer als Maßstab für den Umfang seiner Ansprüche nach § 44 AFG.
Im Urteil vom 11. März 1976 (BSGE 41, 224 = BSG SozR 4100 § 44 Nr 8) hat der Senat diese Rechtsprechung dahin fortgeführt, daß die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung und damit der Anspruch auf Förderungsleistungen nach § § 44, 45 AFG mit der Ablegung der für den Bildungsgang vorgesehenen ordnungsgemäßen Abschlußprüfung jedenfalls dann endet, wenn nach diesem Zeitpunkt weitere Unterrichtsveranstaltungen als Bestandteil der beruflichen Umschulung weder als erforderlich vorgesehen sind noch stattfinden. Der Senat hat betont, daß die Erteilung des Unterrichts im Sinne von § 34 AFG das entscheidende Merkmal dafür ist, ob überhaupt eine Maßnahme vorliegt, deren Teilnahme die Beklagte zu fördern hat und daß es infolgedessen für die Feststellung des Endzeitpunkts einer Maßnahme von entscheidender Bedeutung ist, wann die Unterrichtsveranstaltung endgültig ihr Ende gefunden hat. Nach Auffassung des Senats ist hierfür der Tag der Abschlußprüfung maßgebend. Von diesem Zeitpunkt an ist der Berechtigte nicht mehr Teilnehmer an einer Maßnahme im Sinne des AFG. Demgegenüber bewirkt eine abweichende vertragliche Gestaltung des Ausbildungsverhältnisses zwischen dem Teilnehmer und dem Lehrgangsträger nichts anderes; denn nach Auffassung des Senats kann ein für Leistungsansprüche maßgebliches Ausbildungsverhältnis nicht fortbestehen, das durch Bestehen der Abschlußprüfung nicht nur formell, sondern auch tatsächlich seinen Abschluß gefunden hat. Entscheidend ist hiernach also die tatsächliche Gestaltung einer Bildungsmaßnahme, auch deswegen, weil die Beklagte letztlich nur hiernach beurteilen kann, ob und in welchem Umfang ihre Förderungspflicht besteht.
Diese für den Umfang des Anspruchs auf Leistungen während der Teilnahme an einer Maßnahme entwickelten Grundsätze für die Bedeutung dieses Begriffs sind auch für den Anspruch auf Uhg nach § 44 Abs 5 AFG maßgebend; denn es erscheint nicht sachgerecht, den Begriff der Teilnahme an einer Maßnahme in diesem Absatz des § 44 AFG anders zu beurteilen als für den Anspruch auf Uhg nach § 44 Abs 1 AFG selbst.
Diese Rechtsfolge wird an einer anderen Erwägung deutlich. Der Anspruch auf Uhg nach § 44 Abs 5 AFG setzt Arbeitslosigkeit des bisherigen Teilnehmers nach Abschluß der Maßnahme voraus. Die Maßnahme muß demgemäß für diesen Antragsteller beendet sein. Folgerichtig hat der Kläger hier auch den Anspruch auf Uhg für die Zeit nach der tatsächlichen Beendigung der Maßnahme am Freitag, dem 21. Dezember 1973 erhoben und mit Wirkung ab Montag, dem 24. Dezember 1973 zugebilligt erhalten. Wäre die Auffassung des Klägers richtig, müßte die für den Umfang seines Anspruchs auf Uhg maßgebliche Dauer der Maßnahme auch noch in einem zeitlichen Ausmaß berücksichtigt werden, in dem der Kläger längst nicht mehr "Teilnehmer", sondern arbeitslos war. Das würde sogar dem Grundsatz der Anwartschaftsregelung des § 106 AFG für das Alg widersprechen, auf den sich der Kläger beruft. Die Dauer des Anspruchs auf Alg richtet sich nämlich nach der Dauer der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist. Die Rahmenfrist ist aber ein Zeitraum, der abgeschlossen wird durch den ersten Tag der Arbeitslosigkeit, an dem die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind; denn sie geht nach ausdrücklicher Bestimmung des § 104 Abs 2 AFG diesem Tag unmittelbar voraus. Auch für die Dauer des erhobenen Anspruchs auf Alg können demnach Zeiten nach Eintritt dieser ersten Arbeitslosigkeit nicht mehr berücksichtigt werden, selbst dann nicht, wenn das Arbeitsverhältnis darüber hinaus angedauert hat (vgl hierzu auch die Regelungen in § 117 Abs 1 und Abs 4 AFG).
Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war der Kläger Teilnehmer an der Maßnahme in der Zeit vom 2. Januar bis 21. Dezember 1973. Dies entsprach im übrigen der von Anfang an ins Auge gefaßten Lehrgangsdauer; denn der Kläger nennt diese Daten bereits in seinem Antrag vom 14. November 1972 und legt dazu eine entsprechende Bestätigung des Lehrgangsträgers vom 8. November 1972 vor. Dieser Zeitraum umfaßt nicht die von § 44 Abs 5 AFG für den Anspruch auf Uhg für 156 Tage vorgeschriebene Mindestdauer von einem Jahr. Dem LSG ist darin beizupflichten, daß insoweit auf die Vorschriften über Fristen und Termine im BGB zurückgegriffen werden muß, um so mehr, als diese auch nach den Verfahrensbestimmungen des SGG (§ 202 SGG in Verbindung mit § 222 ZPO) grundsätzlich Anwendung finden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum gerade im Bereich des § 44 Abs 5 AFG eine im übrigen Rechtsleben allgemein anwendbare Regel - sofern Besonderheiten nicht ausdrücklich bestimmt sind - nicht gelten sollte. Ohne Rechtsfehler ist das LSG gemäß §§ 187, 188 BGB zu dem Ergebnis gelangt, daß die Dauer der Maßnahme im Sinne des § 44 Abs 5 AFG, an der der Kläger teilgenommen hat, den Zeitraum eines Jahres nicht erreichte. Nach diesen Vorschriften hätte sie unter Beachtung der voranstehenden Grundsätze vom 2. Januar 1973 bis zum 1. Januar 1974 dauern müssen. Ob dabei wegen des auf den 1. Januar fallenden Feiertages etwas anderes zu gelten hätte, hat das LSG zu Recht offengelassen, weil die Maßnahme des Klägers bereits mit Ablauf des 21. Dezember 1973 ordnungsgemäß beendet war. An Vorstehendem ändert auch die vom Kläger angeführte Rechtsauffassung des Präsidenten der Beklagten in dem vom Kläger zitierten Runderlaß nichts; abgesehen davon, daß insoweit eine Bindung für die Gerichte nicht entsteht, hat diese Weisung nicht zum Inhalt, wie der Kläger behauptet, daß allein der vollständige Abschluß einer Maßnahme, die als "Jahreskurs" verstanden wird, in Wirklichkeit aber ein Jahr nicht gedauert hat, den Anspruch auf Uhg für 156 Tage nach § 44 Abs 5 AFG auslöst.
Soweit der Kläger sich ferner auf eine Unbilligkeit dieses Ergebnisses beruft, kann ihm nicht gefolgt werden. Die hier streitige Regelung des § 44 Abs 5 AFG hat den Charakter einer Anwartschaftszeitbestimmung. Sie stellt auf den Einzelfall ab und führt von daher bereits zwangsläufig zu unterschiedlichen Folgen gegenüber tatsächlich anders gelegenen Einzelfällen. Die Fristbestimmung als solche hat eine Abgrenzungsfunktion und nimmt schon von ihrer Natur her unterschiedliche Ergebnisse selbst dann in Kauf, wenn sie auch nur um ein geringes unterschritten bleibt. Sie stimmt im übrigen im Prinzip - wie dargelegt - mit der Anwartschaftsregelung des Alg überein, so daß der Kläger letztlich nicht anders behandelt wird als der Arbeitslose dort. Er verlangt im Gegenteil, besser gestellt zu werden, indem er den Einbezug von Anwartschaftszeiten nach dem 21. Dezember 1973 begehrt, von Zeiten also, die nach dem Tage des Eintritts seiner Arbeitslosigkeit liegen, an dem er auch die sonstigen Voraussetzungen erfüllt hat. Der Kläger begehrt selbst nicht, für diese Zeiten noch Uhg nach § 44 Abs 1 AFG zu erhalten, das ihm auch nicht zustünde, weil er in der Zeit nach dem 21. Dezember 1973 nicht mehr Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme war. Dann kann es aber auch nicht unbillig sein, wie der Kläger meint, daß diese Zeiten für die Begründung seines Anspruchs auf Uhg nach § 44 Abs 5 AFG außer Betracht zu bleiben haben. Bei dieser Rechtslage bedarf es keines Eingehens mehr auf die Behauptung des Klägers, es bestehe eine allgemeine Übung im Wirtschaftsleben der Bundesrepublik, in den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester nicht zu arbeiten.
Die Revision ist nach allem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen