Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhte Pflegezulage. Pflege durch Ehefrau. Schutz der Familie. Gleichbehandlungsgrundsatz und höchste Pflegezulage. Pauschalierung. soziale Sicherung der Ehefrau durch Versorgungsleistungen
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen, welche über die Pauschsätze des § 35 Abs 1 S 1 bis 4 BVG hinaus als Pflegezulage ersetzt werden können, sind nur solche finanzieller Art (hier: ausgesprochen für Pflege durch Ehefrau).
Leitsatz (redaktionell)
Eine angemessene Erhöhung der Pflegezulage über die gesetzlich festgelegten Pauschsätze hinaus setzt nach § 35 Abs 1 S 5 BVG voraus, daß die tatsächlich nachgewiesenen Aufwendungen für Pflege und Wartung den Satz der sonst pauschalierten Pflegezulage übersteigen.
Orientierungssatz
1. Die Begrenzung des § 35 Abs 1 S 5 BVG auf den Ersatz von finanziellen Aufwendungen verstößt weder gegen Art 3 Abs 1 noch gegen Art 6 Abs 1 GG.
2. Der Aufwand bei der Pflege durch einen Familienangehörigen, der kein Arbeitsentgelt dafür erhält, läßt sich nicht in Geldeswert bemessen. Er wird indessen zugunsten des Beschädigten auch insoweit ausgeglichen, als ihn diese Hilfe nichts oder weniger als die Höhe der pauschalierten Pflegezulage kostet. Das liegt gerade im Wesen der nach § 35 Abs 1 S 1 bis 4 BVG bemessenen Beträge, die sich an typischen Verhältnissen orientieren und keinen Nachweis entsprechender Geldaufwendungen erfordern. Die unterschiedlichen Belastungen der einzelnen Pflegegruppen werden innerhalb der verschiedenen Stufen der Pauschbeträge genügend berücksichtigt.
3. Dem Beschädigten entstehen auch keine Kosten für eine soziale Sicherung seines pflegenden Ehegatten über den Betrag der generalisierten Beträge hinaus. Für die Wechselfälle, für die die Sozialversicherung vorsorgt, sieht das BVG ausreichende Versorgungsleistungen vor. Diese Versorgungsleistungen erhält die Ehefrau oder die Witwe, ohne daß die pauschalierte Pflegezulage durch Beitragsabzüge geschmälert würde.
Normenkette
BVG § 35 Abs. 1 S. 5 Fassung: 1966-12-28; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 03.02.1981; Aktenzeichen L 13 V 8/79) |
SG Berlin (Entscheidung vom 05.01.1979; Aktenzeichen S 47 V 51/78) |
Tatbestand
Der Kläger hat durch Kriegsbeschädigung sein Augenlicht, beide Hände und teilweise das Gehör verloren. Er bezieht eine Pflegezulage der höchsten Stufe (V, seit 1979: VI), zZt 536,-- DM. Im Februar 1975 beantragte er ab Januar 1970 eine Pflegezulage von mindestens 1.400,-- DM wegen besonderer Aufwendungen für die Pflege durch seine Ehefrau; sie müsse ihm bei den meisten täglichen Verrichtungen wenigstens 12 Stunden lang beistehen. Die Verwaltung lehnte einen Zugunstenbescheid ab, weil die Pflege durch die Ehefrau im allgemeinen keine höheren Aufwendungen entstehen lasse, als durch die Pauschale abgegolten werden (Bescheid vom 21. März 1975, Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1975). Das Sozialgericht (SG) hob diese Bescheide auf, weil der Beklagte keinen Erstantrag angenommen habe (Urteil vom 27. September 1977). Sodann lehnte die Verwaltung den Antrag erneut ab (Bescheid vom 17. November 1977, Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 1978). Das SG hob auch diese Verwaltungsakte auf. Es beurteilte sie als ermessensfehlerhaft; denn die erhöhten Pflegeleistungen der Ehefrau seien nach § 35 Abs 1 Satz 5 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in derselben Weise auszugleichen wie Vergütungen für eine fremde Person (Urteil vom 5. Januar 1979). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Februar 1981): Die Pflegezulage könne nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG über den höchsten Pauschbetrag hinaus wegen besonderer Aufwendungen dann nicht erhöht werden, wenn der Beschädigte von seiner Ehefrau gepflegt werde. Ausnahmsweise sei diese Erhöhung nur möglich, falls eine solche Pflege die Familie außergewöhnlich finanziell belaste. Die entsprechende Regelung in den Verwaltungsvorschriften (VV) sei gesetzeskonform. Diese Voraussetzung sei beim Kläger nicht gegeben. Seine Ehefrau habe ihre Erwerbstätigkeit im März 1944 mit der Verheiratung aufgegeben, jedoch nicht wegen der Pflege des Klägers; denn dieser sei bis Kriegsende im Lazarett gewesen. Ein Wille der Ehefrau, ohne die schwere Beschädigung des Klägers weiterhin berufstätig zu bleiben, sei nicht zu erkennen. Aber selbst unter der Voraussetzung einer solchen Arbeitsbereitschaft hätte das Ausscheiden aus dem Beruf das Ehepaar nicht "außergewöhnlich" finanziell belastet; denn die frühere Tätigkeit der Ehefrau sei mit der Besoldungsgruppe RAT VII nicht besonders hoch bezahlt worden. Schließlich seien keine sonstigen außergewöhnlichen geldlichen Belastungen der Familie ersichtlich, die über denjenigen Aufwand für die Betreuung hinausgingen, der durch die höchste Pflegezulagenstufe ausgeglichen werde.
Der Kläger rügt mit der - vom LSG zugelassenen - Revision eine Verletzung des § 35 Abs 1 Satz 5 BVG und des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Nach seiner Auffassung hat die Nr 3 der VV zu § 35 BVG den Anwendungsbereich des Gesetzes zweckwidrig eingeengt. Die nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG auszugleichenden Aufwendungen brauchten nicht nur finanzielle zu sein. Die Pflege eines blinden Ohnhänders bedeute für die Ehefrau eine besondere Belastung, was auch das LSG festgestellt habe; dies sei nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG ausgleichsfähig. Falls die Vorschrift allein bei der Pflege durch familienfremde Personen angewendet würde, verstieße dies gegen den Gleichheitsgrundsatz. "Fremd" sei die Pflege auch, wenn sie die Ehefrau dem Beschädigten zuwende.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Beklagten
zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er tritt der Begründung des Berufungsurteils in vollem Umfang bei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
Das LSG hat zu Recht ein Sachurteil erlassen. Die Berufung war nicht nach § 148 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen; denn sie betraf keine Neufeststellung des Anspruches auf Pflegezulage wegen einer nachträglichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse oder der Rechtslage, die für die vorausgegangenen rechtsverbindlichen Entscheidungen über die Pauschale der Stufe V und neuerdings VI nach § 35 Abs 1 Satz 1 und 2 BVG (idF der Anpassungsgesetze -Anp-KOV-, ab 1970 idF des Gesetzes vom 26. Januar 1970 - BGBl I 121 -) maßgebend gewesen waren. Vielmehr begehrt der Kläger eine angemessene Erhöhung der Pflegezulage darüberhinaus nach dem andersartigen rechtlichen Bemessungsmaßstab des § 35 Abs 1 Satz 5 BVG (in der seit dem 1. Neuordnungsgesetz -NOG- vom 27. Juni 1960 - BGBl I 453 - geltenden Fassung). In solchen Fällen ist die Berufung Berufung nicht nach § 148 Nr 3 SGG unzulässig (für Veröffentlichung vorgesehenes Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 1980 - 9 RV 6/80 -).
Die auf diese Leistung gerichtete Klage hat das LSG zutreffend abgewiesen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger diese erhöhte Zulage nur durch einen Zugunstenbescheid gegenüber unrichtigen Feststellungen erlangen könnte und welche Rechtsgrundlage dafür maßgebend wäre (Urteil des erkennenden Senats vom 28. Januar 1981 - 9 RV 29/80 -). Andererseits könnte durch das nicht angefochtene Urteil des SG vom 27. September 1977 zwischen den Beteiligten rechtskräftig entschieden sein, daß allein eine Erstfeststellung umstritten ist (§ 141 Abs 1 SGG). Aber auch in jenem anderen Falle wäre als Voraussetzung für eine Berichtigung zu prüfen, ob die rechtsverbindlichen Beschränkungen der Pflegezulage auf die Pauschale und damit mittelbar die Nichtanwendung des § 35 Abs 1 Satz 5 BVG unrichtig waren (BSGE 42, 283 f = SozR 3100 § 40a Nr 4; BSGE 45, 1, 3 ff = SozR 3900 § 40 Nr 9). Das ist nicht der Fall.
Nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG "kann" der Betrag der Pflegezulage, der nach den Sätzen 1 bis 4 pauschal festgesetzt worden ist, "angemessen erhöht werden", falls ihn "die Aufwendungen für fremde Wartung und Pflege" übersteigen. Diese Leistung ist ins Ermessen der Verwaltung gestellt (BSGE 36, 292 = SozR Nr 21 zu § 35 BVG). Indes haben die Gerichte nicht nur nach Rechtsmaßstäben zu kontrollieren, ob die Verwaltung die Erhöhung "angemessen" festgelegt hat (BSGE 36, 292 f), sondern auch schon als Rechtsvoraussetzung in vollem Umfang zu prüfen, ob bestimmte Umstände als die Pauschale übersteigende "Aufwendungen für fremde Wartung und Pflege" im Sinn dieser Vorschrift zu werten sind. Der Beklagte hat im Fall des Klägers solche Mehraufwendungen zutreffend verneint.
Was die Ehefrau des Klägers bisher für den Schwerstbeschädigten tatsächlich an kräfteverzehrenden Hilfeleistungen erbracht hat, läßt sich dem Tatbestand "übersteigender Aufwendungen ..." nicht unterordnen. Zur Begründung einer nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG erhöhten Pflegezulage kommen regelmäßig allein finanzielle Aufwendungen in Betracht, und zwar Ausgaben, die dem Berechtigten durch bezahlte Hilfsdienste anderer Personen entstehen. Solche Auslagen sind dem Kläger nach den nicht angegriffenen und daher verbindlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) jedoch nicht erwachsen. Der Kläger behauptet auch nicht mit der Revision eine solche geldliche Last.
Nach Nr 4 Satz 1 der VV zu § 35 BVG kann im allgemeinen die Pflegezulage nur dann nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG erhöht werden, wenn eine Pflegekraft zu bezahlen ist. Diese Verwaltungsanweisung, die lediglich eine Gesetzesvorschrift auslegt und erläutert, also nicht einen Ermessensspielraum für die Verwaltungspraxis ausgestaltet (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG), bindet die Gerichte zwar nicht. Sie ist bloß zu beachten, soweit sie mit dem Gesetz übereinstimmt (BSG SozR Nr 18 zu § 35 BVG; 3100 § 35 Nr 8 S 27f; für andere Vorschriften zB: BSGE 35, 173, 174 = SozR Nr 1 zu § 37 BVG). Maßgebend für die gerichtliche Kontrolle des Verwaltungshandelns (§ 54 Abs 1 und 2 SGG) ist allein da Gesetz (Art 20 Abs 3 GG). Eine widerspruchsfreie Auslegung des § 35 Abs 1 BVG bestätigt aber, daß die Verwaltung die nach Satz 5 zu erhöhende Pflegezulage mit Recht von besonderen Geldaufwendungen abhängig macht (vgl dazu Brockmann, Versorgungsbeamter 1968, 95). Allerdings können solche Auslagen auch entstehen, falls ein Familienangehöriger den Beschädigten pflegt.
Schon die Grundvoraussetzung für alle Stufen der Pflegezulage, eine Hilflosigkeit iSd § 35 Abs 1 Satz 1 BVG, dh ein Angewiesensein auf fremde Hilfe, ist nach allgemeinen Maßstäben für alle Beschädigten unabhängig von ihrem Familienstand zu beurteilen (BSGE 20, 205 = SozR Nr 14 zu § 35 BVG; BSGE 33, 151, 153f = SozR nr 49 zu § 30 BVG; SozR 3610 § 2 Nr 1 S 7). Die gebotenen Hilfeleistungen durch den Ehegatten, der zur ehelichen Lebensgemeinschaft und damit zum Beistand bei gesundheitlichen Störungen verpflichtet ist (Wacke in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd 5, 1978, § 1353, Rn 3 und 26), schließt diesen Tatbestand nicht aus. Wenn die gesundheitlichen Ausfälle ein dauerndes Krankenlager oder eine außergewöhnliche Pflege bedingen (BSG SozR Nr 13 zu § 35 BVG), besteht nach § 35 Abs 1 Satz 2 BVG ein Rechtsanspruch auf eine Erhöhung (BSGE 41, 218, 219 ff = SozR 3100 § 35 Nr 3), die den "erforderlichen Aufwendungen" entspricht. Als Maßstab soll nach Satz 2 der Nr 3 der VV zu § 35 BVG bei einer Pflege durch Familienangehörige der Kostenaufwand dienen, der für eine bezahlte Pflegeperson entstände. Das ist indessen bloß ein Anhalt für eine der beiden Leistungsvoraussetzungen. Hingegen wird die in diesem Fall nach Stufen gestaffelte Pflegezulage ebenso wie diejenige der Stufe I nach Satz 1 pauschaliert bemessen. Sie ist von bestimmten tatsächlichen Geldausgaben unabhängig. Zahlungen sind auch in der Regel bei der Hilfeleistung durch Familienangehörige nicht in nennenswerter Höhe zu leisten. Ob und in welcher Höhe durch eine solche Pflege nebenher tatsächlich Kosten anfallen, zB durch eine freiwillige Rentenversicherung für die unentgeltlich tätige Pflegerin (vgl zur Beitragsnachentrichtung: BSG SozR 3405 Art 2 Nr 1 und 2), ist unerheblich. Diese Pauschale gleicht auch gerade die besonderen tatsächlichen Pflegeaufwendungen aus, die der Ehegatte eines Hilfsbedürftigen über das übliche Maß des gegenseitigen Beistandes hinaus leistet. Damit ist ebenfalls ein Ausfall an Einkommen, das die Ehefrau ohne diese Bindung durch eigene Erwerbstätigkeit erzielen könnte, abgegolten. Andererseits brauchen besondere Geldaufwendungen für die Pflege durch die Ehefrau in diesen Fällen nicht im einzelnen nachgewiesen zu werden.
Ob die Höchststufe der Pflegezulage (jetzt Stufe VI) auch für die Pflege von beschädigten mit mehreren schwersten Gesundheitsstörungen, wie sie hier gegeben sind, ausreicht, ist in das sozialpolitische Ermessen des Gesetzgebers gestellt (zB BVerfGE 55, 114, 127, 129).
Anders ist es im Fall des § 35 Abs 1 Satz 5 BVG. Die Erhöhung nach dieser Vorschrift setzt gerade ausdrücklich voraus, daß die "Aufwendungen für fremde Wartung und Pflege", die auch solche für einen Familienangehörigen sein können, den pauschalierten Betrag der Pflegezulage übersteigen, der nach üblichen Pflegekosten fiktiv bemessen ist. Bei "Aufwendungen" dieser Art kann es sich allein um Geldausgaben handeln; denn sonst wäre ein Vergleich mit den Geldbeträgen der pauschalierten Pflegezulage (§ 35 Abs 1 Sätze 1 bis 4 BVG), insbesondere mit der höchsten Stufe, nicht möglich. Bei einem Vergleich, wie er hier gesetzlich vorgeschrieben ist, sind vergleichbare Größen einander gegenüberzustellen. Ob "Aufwendungen für fremde Wartungen und Pflege", die nicht finanzieller Art sind, die Pauschbeträge "übersteigen", so daß sie nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG zu ersetzen wären, ließe sich aber nicht direkt durch einen Zahlenvergleich feststellen. Da das Gesetz als den einen der beiden Vergleichsfaktoren nicht den Wert der Pflegeleistung, sondern den "Betrag der Pflegezulage" festgelegt hat, kann auch auf der anderen Seite nicht berücksichtigt werden, wie übermäßige tatsächliche Pflegeaufwendungen in Geld zu bewerten wären.
Diese Auslegung des § 35 Abs 1 Satz 5 BVG wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Diese Neuregelung eines Ausnahmetatbestandes durch das 1. NOG geht auf eine Anregung des Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik und des Rechtsausschusses des Bundesrates zurück. Der Regierungsentwurf (BT-Drucks III/1293) sollte wie folgt ergänzt werden: "Bei nachgewiesenen Mehrkosten für ein erhöhtes Pflegebedürfnis ist in besonderen Fällen eine Zulage in angemessener Höhe zu gewähren" (BR-Drucks 192/1/59, S 29). Dem schloß sich der Bundesrat in seinem Antrag an (BR-Drucks 192/59 -Beschluß-, S 9). Damit war klargestellt, daß entsprechend auszugleichende "Mehrkosten" tatsächlich entstanden sein müssen. Die etwas anders formulierte Gesetzesfassung, die der Bundestags-Ausschuß für Kriegsopfer und Heimkehrerfragen auf Anregung der SPD-Fraktion (BT-Drucks III/1262) vorschlug (Schriftl. Bericht der Abgeordneten Bals und Maurer - BT-Drucks III/1825 -, S 8, zu § 35, S 26) und die der Bundestag sodann beschloß (114. Bundestags-Sitzung vom 18. Mai 1960 - S 6494 (C) -; BR-Drucks 141/60), weicht nicht inhaltlich von jenem Antrag ab. Gesetz wurde mithin, daß die entsprechend wirkenden Aufwendungen den "Betrag" der gestaffelten Pflegezulage übersteigen, also in Geld entstanden sein müssen.
Die Regelung des § 35 Abs 1 Satz 5 BVG in der Auslegung, wie sie der Senat für zutreffend hält, ist nicht verfassungswidrig.
Insbesondere verletzt sie nicht Art 6 Abs 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Die Revision sieht einen Verstoß gegen diese Schutzvorschrift darin, daß eine ungewöhnliche Pflegeleistung für den kriegsbeschädigten Ehepartner ohne finanziellen Ausgleich bleibe, andererseits aber der gleiche Wartungsaufwand durch eine Pflegekraft, die nicht mit dem Beschädigten verheiratet ist, nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG ersetzt werden könne. Durch diese Regelung - so die Revision - könnte der Beschädigte veranlaßt oder gar genötigt sein, sich scheiden zu lassen. Er hätte sich dann - unter Umständen durch seine geschiedene Frau - gegen eine Arbeitsvergütung pflegen zu lassen. Die Folge des Gesetzes könnte nach Auffassung der Revision wie eine "Bestrafung" der eheliche Treue wirken. Indes greifen diese Bedenken nicht durch. Wohl verpflichtet der Schutzgedanke des Art 6 Abs 1 GG die Staatsgewalt, die Ehe sowohl im immateriell-persönlichen wie im materiell-wirtschaftlichen Bereich als eigenständig zu respektieren (BVerfGE 33, 236, 238) und darüberhinaus zu fördern und damit unter anderem den wirtschaftlichen Zusammenhalt zu stärken (BVerfGE 40, 121, 132; 55, 114, 126f). Jedoch ist aus Mitteln der Allgemeinheit nicht jegliche besondere und typische Belastung der Ehe so weitgehend auszugleichen, daß kein Unterschied mehr zur ähnlichen nichtehelichen Rechtsbeziehung verbleibt (BVerfGE 40, 121, 132; 43, 108, 121; 55, 114, 127). Zu bedenken ist, daß der Staat auch in den Pflegefällen wie dem hier gegebenen eine beträchtliche Pauschale gewährt, die in der höchsten Stufe, um die es hier geht, vom Gesetzgeber als noch ausreichender Ausgleich im Sinn der sozialen Entschädigung (§ 5 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil -) gewertet werden konnte.
Im einzelnen stellt sich der wirtschaftliche Vergleich zwischen den beiden Fallgruppen wie folgt dar:
Der Aufwand bei der Pflege durch einen Familienangehörigen, der kein Arbeitsentgelt dafür erhält, läßt sich gar nicht in Geldeswert bemessen. Er wird indessen zugunsten des Geschädigten auch insoweit ausgeglichen, als ihn diese Hilfe nichts oder weniger als die Höhe der pauschalierten Pflegezulage kostet. Das liegt gerade im Wesen der nach § 35 Abs 1 Sätze 1 bis 4 BVG bemessenen Beträge, die sich an typischen Verhältnissen orientieren und keinen Nachweis entsprechender Geldaufwendungen erfordern. Die unterschiedlichen Belastungen der einzelnen Pflegegruppen werden innerhalb der verschiedenen Stufen der Pauschbeträge genügend berücksichtigt.
Dem Beschädigten entstehen auch keine Kosten für eine soziale Sicherung seines pflegenden Ehegatten über den Betrag der generalisierten Beträge hinaus. Für die Wechselfälle, für die die Sozialversicherung vorsorgt, sieht das BVG ausreichende Versorgungsleistungen ohne die Entrichtung von Beiträgen vor. Bei einer Krankheit wird eine Krankenbehandlung, die nicht entsprechend durch die Sozialversicherung oder anderweitig gesetzlich sichergestellt ist, auf Kosten der Kriegsopferversorgung gewährt (§ 10 Abs 4 Satz 1 Buchstaben a und b, Abs 7 BVG). Dem pflegenden Ehegatten kann eine Badekur gewährt werden, um seine Fähigkeit zur Pflege zu erhalten (§ 12 Abs 3 Satz 1 BVG idF des 10. AnpG-KOV vom 10. August 1978 - BGBl I 1217). Diese Leistung ist gerade wegen der außergewöhnlichen gesundheitlichen Belastung solcher Personen eingeführt worden (BT-Drucks 8/1735, Begründung zu Art I Nr 2). Nach dem Tod des Beschädigten kommt eine Badekur während eines Zeitraumes von fünf Jahren in Betracht (§ 12 Abs 3 Satz 2 und 3 BVG nF). Falls der Schwerbeschädigte an den Folgen der Schädigung verstirbt, erhält seine Ehefrau eine Witwenrente (§ 38 Abs 1 BVG), anderenfalls mit Rücksicht auf den Pflegezulagenanspruch im Zeitpunkt des Todes eine Witwenbeihilfe, die ebenso hoch ist wie die volle Witwenrente (§ 48 Abs 1 und 2, Abs 2 BVG). In beiden Fällen wird der Schadensausgleich, der nicht mehr in der Höhe nach oben begrenzt ist (§ 40a Abs 1 Satz 1 BVG idF des 10. AnpG-KOV), für die Witwe, deren Ehemann zuletzt eine Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhielt, nach dem Vergleichseinkommen in der Besoldungsgruppe A 14 Bundesbesoldungsgesetz bemessen, sofern dies günstiger ist als die Einstufung nach den individuellen beruflichen Verhältnissen des Verstorbenen (§ 40a Abs 3 BVG idF des 8. AnpG-KOV vom 14. Juni 1976 - BGBl I 1481). Ein Anspruch auf Krankenbehandlung fällt auch bei der Witwenversorgung an (§ 10 Abs 4 Satz 1 Buchst c BVG). Alle diese Versorgungsleistungen erhält die Ehefrau oder die Witwe, ohne daß die pauschalierte Pflegezulage durch Beitragsabzüge geschmälert worden wäre.
Völlig anders ist die wirtschaftliche Lage des Beschädigten, falls er sich durch eine bezahlte Kraft pflegen läßt und die ihm dadurch entstandenen Kosten nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG ersetzt bekommt. Ihm steht dann die pauschalierte Pflegezulage nicht mehr als Nettofamilieneinkommen zur Verfügung, wie wenn ihn seine Ehefrau ohne Arbeitsentgelt pflegt. Diese sachlichen, insbesondere wirtschaftlichen Unterschiede rechtfertigen es, die nach dieser Sonderregelung zu ersetzenden Aufwendungen auf solche finanzieller Art zu beschränken.
Die Begrenzung des § 35 Abs 1 Satz 5 BVG auf den Ersatz von finanziellen Aufwendungen verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 GG. Dieser Verfassungsgrundsatz verbietet dem Gesetzgeber, wesentliche gleiche Tatbestände willkürlich ungleich und wesentlich ungleiche gleich zu behandeln (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BSG, zB BVerfGE 55, 114, 128). Wie sich aus dem vorausgehenden Vergleich ergibt, ist eine Pflege durch einen Familienangehörigen ohne Arbeitsvergütung tatsächlich wesentlich unterschieden von der Pflege durch eine Arbeitskraft, wie sie in § 35 Abs 1 Satz 5 BVG geregelt ist.
Der Kläger kann eine nach § 35 Abs 1 Satz 5 BVG erhöhte Pflegezulage auch nicht nach Satz 2 der Nr 4 der VV geltend machen. Nach dieser Vorschrift soll ausnahmsweise eine Wartung und Pflege durch die Ehefrau genügen, falls deren Tätigkeit die Familiengemeinschaft außergewöhnlich finanziell belastet und dies durch die gewährte Pflegezulage nicht ausgeglichen wird. Ob diese Regelung mit dem Gesetz vereinbar ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist der einzig dafür in Betracht kommende Tatbestand nach der verbindlichen Entscheidung des LSG nicht gegeben; die Ehefrau hat nicht etwa wegen der Kriegsbeschädigung des Klägers eine besonders gut bezahlte Erwerbstätigkeit aufgegeben.
Nach alledem muß das Berufungsurteil bestätigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 176 |
Breith. 1982, 414 |