Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtungsklage im Verhältnis zur Verpflichtungs- oder Leistungsklage. Einheitlichkeit des Rentenanspruchs. Bescheid durch Erklärung zu Protokoll. rechtliches Gehör. Anhörung
Orientierungssatz
1. Zur Bedeutung der Anfechtungsklage im Verhältnis zur Verpflichtungs- oder Leistungsklage im sozialgerichtlichen Verfahren über Ansprüche auf soziale Entschädigung (hier: Ansprüche nach dem OEG).
2. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Rentenanspruchs läßt es zu, im Laufe von Gerichtsverfahren über Ansprüche auf soziale Entschädigung nachträglich eingetretene Folgen einer schädigenden Einwirkung geltend zu machen, und verpflichtet die Gerichte, darüber zu entscheiden (ständige Rechtsprechung der Versorgungssenate des BSG (vgl BSG 1958-02-11 10 RV 657/56 = BSGE 6, 297). Gleiches muß gelten, wenn weitere Leistungen wegen gesundheitlicher und wirtschaftlicher Folgen einer anderen als der zuvor im Verwaltungsverfahren zugrunde gelegten Schädigung begehrt werden.
3. Zur Frage, ob ein während der mündlichen Verhandlung durch Erklärung zu Protokoll erlassener Verwaltungsakt wirksam und entsprechend § 96 SGG als Gegenstand des Rechtsstreits anzusehen ist.
4. Zur Frage, ob das LSG das Recht auf Gehör (§ 62 SGG) verletzt hat, weil es über Folgen von Gewalttaten (§ 1 OEG) entschieden hat, die nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bzw ob der während der mündlichen Verhandlung durch Erklärung zu Protokoll erlassene Bescheid wegen unzureichender Anhörung (§ 34 Abs 1 SGB 1) aufzuheben ist.
Normenkette
SGG § 54 Fassung: 1953-09-03, § 62 Fassung: 1953-09-03, § 96 Abs 1 Fassung: 1953-09-03; SGB 1 § 34 Abs 1 Fassung: 1975-12-11; OEG § 1 Fassung: 1976-05-11
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Entscheidung vom 10.12.1980; Aktenzeichen IV VGBf 1/78) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 27.09.1978; Aktenzeichen 28 VG 4/77) |
Tatbestand
Die Klägerin beantragte im Dezember 1976 eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG). Sie gab dazu - auch auf Befragen - keine nähere Begründung. Der Antrag wurde deshalb abgelehnt (Bescheid vom 12. April 1977, Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1977). Vor dem Sozialgericht (SG) führte die Klägerin gesundheitliche Schäden auf Angriffe durch einen Mann gegen Ende 1976 und im April 1978 zurück. Das Gericht wies die Klage ab (Urteil vom 27. September 1978). Im Berufungsverfahren bezeichnete die Klägerin Mißhandlungen durch ihren Sohn am 30. September 1976 und am 21. April 1978 als Gewalttaten und führte darauf ihren Anspruch zurück. Außerdem habe ein anderer Mann sie am 5. August 1978 überfallen, und dadurch habe sie einen Schock sowie einen anhaltenden seelischen Schaden erlitten. Die Beklagte lehnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) am 10. Dezember 1980 mit einem zu Protokoll erklärten "Bescheid" eine Opferentschädigung wegen der Folgen der beiden Mißhandlungsfälle aus dem Jahre 1978 ab. Das Berufungsgericht hörte in der Verhandlung als medizinische Sachverständige den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr H, der die Klägerin untersucht hatte, und den Facharzt für Orthopädie Dr K. Die Berufung, die sich auf die Folgen der drei bezeichneten Angriffe erstreckte, wies das LSG zurück; die Klage gegen den Bescheid vom 10. Dezember 1980, den es als nach § 153 Abs 1 iVm § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden behandelte, wies es ab (Urteil vom 10. Dezember 1980): Die drei Überfälle seien zwar nachgewiesen. Aber sie hätten nach den ärztlichen Begutachtungen, die sich ua auf die Unterlagen über eine stationäre Behandlung nach der ersten Mißhandlung stützten, keine bleibenden gesundheitlichen Folgen hinterlassen.
Die Klägerin hat die - vom LSG zugelassene Revision - eingelegt. Sie beanstandet als Verfahrensmangel eine unrichtige Anwendung des § 96 SGG. Die Beklagte habe mit dem neuen Bescheid, der andere Überfälle betreffe als den vorher im Verwaltungsverfahren geltend gemachten, keinen abändernden oder neu gefaßten Verwaltungsakt erlassen. Das LSG habe mit seiner Entscheidung gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen und damit der Klägerin das rechtliche Gehör versagt. Die Klägerin hätte die Tatsachenfeststellungen des Gerichts nicht selbst nachprüfen und nicht in zwei Instanzen kontrollieren lassen können. Außerdem habe das LSG § 1 OEG verletzt. Zu entschädigen seien nach dieser Vorschrift auch wirtschaftliche Folgen einer Gewalttat. Die Klägerin habe aber einen seelischen Schaden erlitten, sei dadurch arbeitsunfähig geworden und lebe infolgedessen von Sozialhilfe. Auch psychische Störungen könnten erwerbsmindernden Krankheitscharakter haben. Dies hätte näher aufgeklärt werden müssen. Dr H habe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) als Folge des dritten Überfalles angenommen und für die anderen nicht gänzlich ausgeschlossen. Dr K könne sein Gutachten nur nach Aktenlage erstattet haben. Diese Verfahrensweise sei nicht sachgerecht gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur
erneuten Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie tritt der Urteilsbegründung in vollem Umfange bei.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.
Streitig ist zunächst, ob das LSG über einen Entschädigungsanspruch nach § 1 OEG vom 11. Mai 1976 (BGBl I 1181)/10. August 1978 (BGBl I 1217) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der Folgen der beiden 1978 - nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens - erlittenen Gewalttaten entscheiden durfte und mußte. Das ist zu bejahen.
Das Berufungsgericht hatte über die Gesamtheit aller geltend gemachten Klageansprüche (§ 56 SGG) zu befinden (§ 153 Abs 1, § 123 SGG). Die Revisionsrüge, das Gericht habe § 96 Abs 1 SGG gemäß § 153 Abs 1 SGG im zweiten Rechtszug zu Unrecht entsprechend angewendet, steht im Widerspruch zum Berufungsantrag der Klägerin. Sie hatte auch die Aufhebung des in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 1980 erlassenen Bescheides beantragt sowie die Klage ebenfalls auf Versorgungsleistungen wegen der Folgen der beiden 1978 erlittenen Mißhandlungen erstreckt. Der vollständige Antrag, den das Gericht pflichtgemäß angeregt haben wird (§ 153 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 SGG), war entsprechend dem Begehren der Klägerin sachdienlich.
Abgesehen davon bestimmte sich der Umfang des Streitstoffes, über den das LSG zu befinden hatte, in erster Linie durch den von der Klägerin zur Begründung vorgetragenen Sachverhalt, hier insgesamt durch drei Vorfälle, die als Gewalttaten iS des § 1 Abs 1 OEG dauernde Folgen verursacht haben sollen, und durch das darauf gestützte Entschädigungsverlangen.
Wenn die Klägerin eine unrichtige Anwendung des § 96 SGG rügt, verkennt sie, welche Bedeutung in den üblichen sozialgerichtlichen Verfahren über Ansprüche auf soziale Entschädigung (§§ 5, 24, Art II § 1 Nr 11 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB 1 - vom 11. Dezember 1975 - BGBl I 3015 -) die Anfechtungsklage im Verhältnis zur Verpflichtungs- oder Leistungsklage hat. In erster Linie wird der Streitgegenstand durch das Sachbegehren, beruhend auf dem geltend gemachten Sachverhalt, bestimmt (BSG SozR 1500 § 54 Nr 16; § 78 Nr 5). Die Anfechtung der die Klägerin belastenden Verwaltungsakte ist nur nachrangig bedeutsam; sie soll im Hinblick auf den angestrebten Prozeßerfolg verhindern, daß eine der gerichtlichen Sachentscheidung entgegenstehende Entschließung der Verwaltung rechtsverbindlich wird (§ 77 SGG).
Entsprechend dem Sachvortrag und -begehren der Klägerin mußte das LSG auch über die Folgen der beiden Gewalttaten von 1978 entscheiden. Der Grundsatz der "Einheitlichkeit des Rentenanspruchs" läßt es zu, im Lauf von Gerichtsverfahren dieser Art nachträglich eingetretene Folgen einer schädigenden Einwirkung geltend zu machen, und verpflichtet die Gerichte, darüber zu entscheiden (ständige Rechtsprechung der Versorgungssenate des BSG, zB BSGE 6, 297). Gleiches muß gelten, wenn weitere Leistungen wegen gesundheitlicher und wirtschaftlicher Folgen einer anderen als der zuvor im Verwaltungsverfahren zugrunde gelegten Schädigung begehrt werden. Die Rechtslage ist dann bei einem Erfolg der Klage nicht anders als in jenem Fall, und danach richten sich zulässiger und sachdienlicher Antrag sowie Streitgegenstand. Insbesondere ist eine Beschädigtenrente nach einer einheitlichen Gesamt-MdE zu gewähren, die nach dem vollständigen Ausmaß aller Folgen sämtlicher versorgungsrechtlich erheblicher Schädigungen zu bemessen ist (§§ 30, 31 BVG). Das gilt sogar dann, wenn ein Anspruch auf eine Entschädigung iS des § 1 BVG oder nach anderen Gesetzen, die das BVG für anwendbar erklären, mit einem Anspruch nach dem OEG zusammentrifft (§ 3 Abs 1 OEG). Gleiches gilt für die Kombination mit Ansprüchen wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz -SVG- (§ 84 Abs 3 SVG idF vom 9. Oktober 1980 - BGBl I 1957). Auch bei der Heilbehandlung (§ 10 Abs 1 BVG) wird nicht nach unterschiedlichen Schädigungen im Sinn der sozialen Entschädigung unterschieden.
Da die Klägerin Leistungen wegen der Folgen dreier Gewalttaten beanspruchte, war es nicht verfahrensfehlerhaft, daß das LSG annahm, der erst in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten erlassene "Bescheid" über Folgen der beiden 1978 erlittenen Mißhandlungen sei entsprechend § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden und mit der Klage angefochten (BSGE 18, 231 = SozR Nr 17 zu § 96 SGG). Obgleich nach § 22 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung -KOVVwVfG- (in der damals geltenden Fassung vom 6. Mai 1976 - BGBl I 1169; vgl Art II §§ 16 und 40 SGB 10 vom 18. August 1980 - BGBl I 1469, 1980 -) für Bescheide als "abschließende Mitteilungen" im Sinn einer Verwaltungsentscheidung die Schriftform vorgeschrieben war, handelte es sich bei der protokollierten Verlautbarung des Beklagten nicht bloß um eine mündliche Äußerung, die dieser Anforderung nach der damaligen Rechtslage nicht genügt hätte. Vielmehr wurde durch die Protokollierung, die als Akt und Beweismittel des Gerichtsverfahrens auch für einseitige Erklärungen an die Beteiligten offen ist (§ 153 Abs 1, § 122 SGG iVm §§ 159 ff, insbesondere § 160 Abs 3 Nrn 1, 2, 3, 8, 9 und Abs 4 Zivilprozeßordnung), die Schriftform in vertretbarer Form ersetzt, wenn sogar Anerkenntnisse und Vergleichsangebote gleichen Inhalts zulässig und wirksam sind. Der "Bescheid" ließ auch die erlassende Behörde und die für sie handelnde Person erkennen, wie damals vorgeschrieben war (§ 22 Abs 1 S 2 KOVVwVfG aF). Außerdem wurde er durch die mündliche Erklärung und durch die Protokollierung in vertretbarer Weise der Klägerin bekanntgegeben (§ 27 Abs 1 KOVVwVfG aF). Die erforderliche Begründung (§ 22 Abs 2 S 1 KOVVwVfG aF) war ausnahmsweise entbehrlich; sie ergab sich durch die Verhandlung zur Kenntnis der Klägerin (BSG SozR 3100 § 89 Nr 1; 2200 § 773 Nr 1). Die zwingend vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung (§ 23 KOVVwVfG aF erübrigte sich wegen der Rechtswirkung, die nach § 96 Abs 1 SGG entsteht. Diese muß der Klägerin bekanntgegeben worden sein; sonst hätte sie ihren Anfechtungsantrag nicht auf diesen Bescheid erstreckt. Selbst wenn die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes wegen solcher Abweichungen von der vorgeschriebenen Form zweifelhaft wäre, hätte die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Anfechtung gehabt, um den belastenden Anschein eines wirksamen Bescheides zu beseitigen.
Inhaltlich war diese als "Bescheid" verstandene Äußerung der Beklagten deshalb entsprechend § 96 SGG als Gegenstand des Rechtsstreits anzusehen, weil sie die bereits mit der Klage von vornherein angefochtenen Verwaltungsakte im Ergebnis bestätigte und damit im Sinn dieser Vorschrift "ersetzte" (BSG, KOV 1968, 76). Diese Voraussetzung der Einbeziehung in das rechtshängige Gerichtsverfahren ist aus prozeßwirtschaftlichen Gründen weit zu verstehen (BSG SozR Nrn 14 und 19 zu § 96 SGG; BSGE 34, 255, 256 f = SozR Nr 3 zu § 624 RVO; SozR 1500 § 96 Nr 4, BSGE 45, 49, 51 f = SozR 1500 § 96 Nr 6; BSGE 47, 168, 170 f = SozR 1500 § 96 Nr 13; BSGE 47, 201, 202 f = SozR 1500 § 96 Nr 14; BSGE 49, 229, 231 = SozR 1200 § 34 Nr 10). Der Inhalt der im Verwaltungsverfahren ergangenen Entscheidung, daß die Klägerin keine Opferentschädigung nach § 1 OEG zu beanspruchen hat, wurde wiederholt, nur in der Begründung ergänzend auf die Folgen zweier weiterer Gewalttaten iS des § 1 Abs 1 OEG erstreckt.
Das LSG kann das Recht der Klägerin auf Gehör (§ 62 SGG) dadurch, daß es über Folgen der beiden Gewalttaten von 1978 entschieden hat, schon deshalb nicht verletzt haben, weil die Klägerin ihren Klageanspruch auf diesen Prozeßstoff durch ihren Antrag ausgedehnt hat; die Sache ist damit insoweit erörtert worden (vgl dazu BSGE 5, 158, 164). Auch der Verlust einer zweiten Tatsacheninstanz ist bei dieser Rechtslage zumutbar.
Abgesehen von dieser Rechtslage in Fällen des § 96 SGG kann sich die Klägerin wegen ihres eigenen früheren Verhaltens nicht auf eine Verkürzung des Rechtsschutzes berufen. Sie selbst hat erst im Berufungsverfahren den Streitstoff durch genauere Angaben über insgesamt drei Überfälle erweitert; vorher hatte sie pflichtwidrig unterlassen, in der gebotenen Weise an der Sachaufklärung mitzuwirken (§ 12 Abs 1 Satz 2 KOVVwVfG aF, § 103 Satz 1 Halbs 2 SGG; BVerwGE 11, 75, 76 f).
Schließlich hat die Klägerin nicht mit der Revision in der gebotenen Weise dargelegt, worin der Verfahrensfehler einer unzureichenden Anhörung bestehen soll (§ 164 Abs 3 Satz 3 SGG). Sie hätte im einzelnen dartun müssen, was sie an Entscheidungserheblichem zu ihren Gunsten über den im Urteil abgehandelten Prozeßstoff hinaus vorgetragen hätte, falls sie ihrer Erwartung entsprechend weitergehend zu Gehör gekommen wäre (BVerfGE 28, 17, 20; BVerwG Buchholz 310 § 138 Nr 3 VwGO Nr 30 und 31; zur Nichtzulassungsbeschwerde: BSG SozR 1500 § 160a Nr 36).
Da die Klägerin erfolglos geltend macht, ihr Recht auf Gehör sei in der mündlichen Verhandlung verletzt worden, ist der "Bescheid", der erst im Lauf der Sitzung aufgrund der Erweiterung des Prozeßstoffes erlassen wurde, nicht allein wegen eines Verstoßes gegen § 34 Abs 1 SGB 1 aufzuheben. Nach dieser Vorschrift ist einem Beteiligten vor Erlaß eines Verwaltungsaktes, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Dies war der Klägerin während der Verhandlung möglich.
Das LSG hat auch in der Sache zutreffend entschieden.
Dafür ist nicht bedeutsam, ob der am 10. Dezember 1980 erlassene Bescheid in vollem Umfang dem erörterten Verfahrensrecht entsprach; denn jedenfalls hat das Berufungsgericht mit Recht auch das Leistungsbegehren, das sich auf die in diesem Verwaltungsakt behandelten Gewaltakte von 1978 stützt, für unbegründet erklärt.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die drei tatsächlichen Angriffe, denen die Klägerin zum Opfer gefallen ist, keine bleibenden gesundheitlichen Folgen hinterlassen. Damit ist ein Versorgungsanspruch nach § 1 Abs 1 OEG ausgeschlossen.
Die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen sind für das Revisionsgericht bindend; denn die mit dem Rechtsmittel gegen sie gerichteten Angriffe greifen nicht durch (§ 163 SGG).
Die Rüge, das Gutachten des Orthopäden Dr K sei nicht verwertbar, weil es allein auf dem Akteninhalt beruhe, läßt nicht erkennen, warum ein derartiges Beweismittel, das allgemein als legitim anerkannt ist, im Fall der Klägerin nicht sachdienlich gewesen sein soll. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargetan, welche weiteren Erkenntnisse über Schäden orthopädischer oder chirurgischer Art durch eine körperliche Untersuchung hätten gewonnen werden können. In solcher Weise wäre darzulegen gewesen, warum sich dem LSG eine derartige Begutachtung aufgrund körperlicher Untersuchung durch den Sachverständigen hätte aufdrängen müssen (BSG SozR Nr 14 zu § 103 SGG; Nr 28 zu § 164 SGG).
Wenn die Klägerin eine weitere Begutachtung über seelische Schäden für notwendig hält, so verfehlt sie mit dieser Rüge den Urteilsinhalt. Das Berufungsgericht ist gerade davon ausgegangen, daß Versorgung auch wegen seelischer Folgen einer Gewalttat beansprucht werden kann (dazu BSGE 49, 98, 99 f = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG 25. Juni 1981 - 9 RV 10/81). Deshalb hat das Gericht die Klägerin von dem psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen Dr H begutachten lassen. Die Behauptung, dieser Arzt habe eine MdE als Folge des dritten Überfalls angenommen, trifft nicht zu. Dr H hat ausdrücklich eine bleibende MdE als Folge der drei Gewalttaten verneint, lediglich eine nicht richtunggebende Verschlimmerung mit einer vorübergehenden MdE um 20 vH, also ohne rentenberechtigenden Grad (§ 31 Abs 1 BVG) in Betracht gezogen. Ist dieser Folgezustand abgeklungen, dann kann die MdE auch nicht wenigstens 25 vH infolge einer besonderen beruflichen Schädigung nach § 30 Abs 2 BVG für die Dauer erreicht haben.
In materiell-rechtlicher Hinsicht verkennt die Klägerin mit ihrer Auslegungsrüge, daß wirtschaftliche, insbesondere berufliche Folgen einer Gewalttat gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 OEG iVm dem BVG nur dann entschädigt werden, wenn sie auf eine gesundheitliche Schädigung durch eine Gewalttat ursächlich zurückzuführen sind (§ 1 Abs 1 und 3 Satz 1, § 30 Abs 1 und 2, § 31 Abs 1 und 2 BVG). Eine bleibende Gesundheitsstörung als Folge der drei Angriffe hat das LSG aber nicht festgestellt. Dann bleibt kein Raum für eine Aufklärung darüber, in welchem Umfang die Klägerin außerstande ist, Erwerbsarbeit zu leisten.
Nach alledem muß das Berufungsurteil bestätigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen