Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff des "nachweisbar angestrebten" Berufs iS des BVG § 30 Abs 2 Buchst b.
Leitsatz (redaktionell)
Besondere berufliche Betroffenheit bei Nichtübernahme in den höheren Staatsdienst und im derzeitigen Beruf als Beamter des gehobenen Dienstes.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 2 Buchst. b Fassung: 1960-06-27; BVG § 30 Abs. 2 Buchst. b Fassung: 1964-02-21
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 1965 insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. September 1957 zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfange wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
Der Kläger erlitt 1933 eine Netzhautablösung des linken Auges, die operativ mit Erfolg behandelt wurde. Am 22. Juli 1942 wurde er bei einem Luftangriff durch Bombenexplosion verletzt. 1955 trat er als Hilfsinspektor in den Justizdienst ein; 1960 wurde er zum Justizinspektor und 1964 zum Justizoberinspektor befördert. Der 1951 gestellte Antrag auf Versorgung wegen Erblindung des linken Auges wurde mit Bescheid des Versorgungsamtes vom 26. Mai 1953 abgelehnt. Das Sozialgericht (SG) wies die Klage mit Urteil vom 16. September 1957 ab. Im Berufungsverfahren erstattete Prof. Dr. L (L.) am 4. Februar 1963 ein Gutachten, in dem er die erneute Netzhautablösung mit Wahrscheinlichkeit auf die Folge des Luftangriffs vom 22. Juli 1942 zurückführte; der Heilverlauf sei durch den Luftangriff vom 4. Dezember 1943 indirekt ungünstig beeinflußt worden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er zunächst auf 30 % und später wegen des geringen Sehvermögens rechts auf 55 %. Es sei zu berücksichtigen, daß der Kläger durch sein Augenleiden stärker betroffen sei, als ein Handarbeiter, weshalb die MdE seitens der Augen auf 60 % zu schätzen sei. Der Kläger, der 1944 die erste juristische Staatsprüfung ausreichend und 1953 die große juristische Staatsprüfung nach zweimaliger Wiederholung ebenfalls ausreichend bestanden hatte, machte geltend, die Ablehnung seiner Übernahme in den höheren Justizdienst beruhe auf seiner Sehbehinderung; er begehrte Rente nach einer MdE um 80 v. H.. Mit Urteil vom 28. Januar 1965 verpflichtete das Landessozialgericht (LSG) den Beklagten, Erblindung des linken Auges nach traumatischer Netzhautablösung als Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger ab 1. Juni 1951 Rente nach einer MdE um 60 v. H. zu gewähren. Im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Die Revision wurde zugelassen. Mit Prof. Dr. L. sei die erneute Netzhautablösung als Folge der Prellungsverletzung aufzufassen. Hinsichtlich der MdE sei das LSG dessen Bewertung mit 55 v. H. gefolgt, da die Sehkraft rechts im Zeitpunkt der Schädigung um mehr als die Hälfte herabgesetzt gewesen sei. Somit sei die MdE insgesamt mit 55 = 60 v. H. zu bewerten. Eine weitere Erhöhung der MdE wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins sei nicht gerechtfertigt. Wenn der Kläger trotz mehrfacher Gesuche nicht in den höheren Justizdienst übernommen worden sei, so sei dafür nach der Auskunft des Oberlandesgerichtspräsidenten vom 9. Dezember 1964 die Sehbehinderung nicht die wesentliche Ursache gewesen.
Der Kläger rügt als Verfahrensmängel Verletzung der §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und materiell-rechtlich Verletzung des § 30 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Das LSG mache für die Nichterreichung des Berufs im höheren Justizdienst die unzureichenden Examensergebnisse bei der Assessorprüfung verantwortlich. Das LSG hätte sich nicht mit der Feststellung der besonderen Schwierigkeiten während des Vorbereitungsdienstes begnügen dürfen, sondern hätte prüfen müssen, ob die Vorbereitung auf die zweite juristische Staatsprüfung infolge des Augenleidens nicht weitgehend unmöglich war und hierin die Ursache des wiederholten Versagens zu erblicken ist. Der Kläger habe immer wieder vorgetragen, daß seine Lese- und Aufnahmefähigkeit seit Beginn des Vorbereitungsdienstes in außergewöhnlich hohem Grade beeinträchtigt gewesen sei. Aus den Gutachten ergebe sich, daß er nur einzelne Buchstaben aus einer Buchstabenreihe erkennen könne, weshalb er den Lesestoff mehrfach lesen müsse; er müsse sich dabei bis auf etwa 10 - 15 cm in tief gebeugter Haltung herabneigen, wodurch das Lesen ungemein anstrengend sei. Das LSG hätte daher die in der Auskunft des Oberlandesgerichtspräsidenten offen gelassene Frage, ob die schwachen Prüfungsergebnisse auf das Augenleiden zurückzuführen sind, bejahen müssen, zumal beim Kläger nicht - wie bei einem Blinden - die Verfeinerung der anderen Sinne und Zunahme des Gedächtnisses als ausgleichende Momente vorhanden seien Das LSG hätte insoweit ein arbeitsmedizinisches Gutachten und ein solches des Leiters des juristischen Landesprüfungsamtes einholen müssen. Das LSG hätte ferner nicht nur auf die Frage der Verwendung im höheren Justizdienst eingehen dürfen, sondern berücksichtigen müssen, daß dem Kläger wegen seines Augenleidens auch die berufliche Betätigung als Anwalt und in der freien Wirtschaft - insoweit wären die schwachen Prüfungsergebnisse nicht hinderlich gewesen - verschlossen sei. Hierzu hätten Sachverständige gehört werden müssen. Die Annahme des LSG, daß dem Augenleiden keine so überragende Bedeutung zugemessen werden könne, daß es als wesentliche Bedingung für die Ablehnung der Übernahme in den höheren Justizdienst anzusehen sei, sei nicht frei von Rechtsirrtum. Denn es genüge bereits, wenn das Augenleiden von annähernd gleichwertiger Bedeutung gewesen sei (BSG 1, 150, 157). Zu einer Verneinung des beruflichen Betroffenseins hätte das LSG nur dann kommen dürfen, wenn der mangelnden Qualifikation des Klägers die überragende Bedeutung zukommen würde. Aus der Auskunft des Oberlandesgerichtspräsidenten habe nur auf eine Gleichwertigkeit beider Umstände geschlossen werden können. Das LSG habe ferner für die Zeit ab 1. Juni 1960 nicht geprüft, ob der Kläger in seinem derzeitigen Beruf als Beamter des gehobenen Justizdienstes besonders betroffen ist. Zwar sei in § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG der derzeitige Beruf nicht ausdrücklich erwähnt, doch liege hier eine offenbare Gesetzeslücke vor, die darauf zurückzuführen sei, daß die Verwaltungsvorschrift (VV) Nr. 1 Abs. 2 zu §§ 29 und 30 wörtlich in § 30 Abs. 2 Satz 2 BVG ohne Beachtung des Umstandes übernommen worden sei, daß die Tatbestände des § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG in der Fassung des 6. Änderungsgesetzes durch das 1. und 2. Neuordnungsgesetz vom 27. Juni 1960 (BGBl I, S. 453) bzw. vom 21. Februar 1964 (BGBl I S. 85) - 1. und 2. NOG - um den des derzeitigen Berufs erweitert worden seien. Diese Lücke bedürfe der Schließung im Wege der richterlichen Rechtsfindung, da die zweite Alternative des § 30 Abs. 2 Satz 2 BVG den geradezu klassischen Fall der besonderen Betroffenheit im derzeitigen Beruf darstelle. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in BSG 13,20, 23 sei der Kläger in seinem derzeitigen Beruf dadurch besonders betroffen, daß er infolge des schlechten Sehvermögens seinen jetzigen Dienst nur unter Aufbietung außergewöhnlicher Energie und ohne Rücksicht auf die ihm verbliebene Gesundheit ausüben könne. Er müsse stets in verkrampfter Haltung und mit Hilfe einer Lupe arbeiten. Nur dadurch, daß ihm große Pausen gestattet würden, sei er zur Erledigung seiner Arbeiten überhaupt in der Lage. Er sei durch sein Leiden an jeder flüssigen Arbeitsweise gehindert und daher nur entsprechend seiner verminderten Arbeitsfähigkeit belastbar. Die Übernahme des Klägers in die Beamtenlaufbahn sei sonach nur der äußerst wohlwollenden Haltung des Dienstherrn und dessen weitestgehender Rücksichtnahme zuzuschreiben, mit der die besondere berufliche Betroffenheit des Klägers aber nicht ausgeglichen sei.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen wurde und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger wegen der festgestellten Schädigungsfolge vom 1. Juni 1951 Rente nach einer MdE um 80 v. H. zu gewähren, hilfsweise, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen wurde und den Rechtsstreit in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Das Urteil des LSG sei zutreffend.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sie ist auch sachlich im Sinne der Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet.
Da nur der Kläger Revision eingelegt hat, steht fest, daß die Erblindung des linken Auges des Klägers nach traumatischer Netzhautablösung eine Schädigungsfolge ist, für die die MdE auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei voller Berücksichtigung der Schwachsichtigkeit des rechten Auges 55 = 60 v. H. beträgt. Der Senat hatte daher die Frage, wegen der das LSG die Revision zugelassen hat, ob nämlich die schädigungsunabhängige Schwachsichtigkeit des rechten Auges bei der Gesamt-MdE in vollem Umfang berücksichtigt werden durfte, nicht zu prüfen.
Zutreffend rügt der Kläger zunächst, daß das LSG nicht geprüft habe, ob er in seinem derzeitigen Beruf als Beamter des gehobenen Justizdienstes besonders betroffen ist. Das LSG hat eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des zur Zeit der Erteilung des angefochtenen Bescheides geltenden § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BVG verneint. Da es sich hier nicht um eine reine Aufhebungsklage, sondern um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage handelt und deshalb für die Entscheidung des LSG im Jahre 1965 die Rechtslage (bis) zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend gewesen ist (BSG 8, 108, 111; 6, 136, 141; 15, 243, 244), hätte das LSG auch prüfen müssen, ob der Kläger gemäß § 30 Abs. 2 BVG in der Fassung des 1. und 2. NOG - nF - in seinem derzeitigen Beruf als Beamter des gehobenen Justizdienstes besonders betroffen ist. Bemerkt sei hierzu, daß ein besonderes Betroffensein im derzeitigen Beruf, wenn er wenigstens angestrebt war, auch schon vor dem Inkrafttreten des 1. NOG in Betracht kam (vgl. § 30 Abs. 1 BVG in der Fassung vom 20. Dezember 1950 und Verwaltungsvorschriften (VV) Nr. 1 Abs. 2 zu §§ 29, 30 BVG in der Fassung vom 31. August 1953). Diese Prüfung hat das LSG nicht vorgenommen, sondern nur geprüft, ob der Kläger wegen der Schädigungsfolgen nicht in den höheren Justizdienst übernommen worden ist. Eine solche Prüfung erübrigte sich auch nicht deshalb, weil in § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b BVG nF der derzeitige Beruf nicht ausdrücklich erwähnt ist. Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger Rechtswissenschaft studiert hat und daß er trotz mehrfacher Gesuche nicht in den höheren Justizdienst übernommen worden ist. Es ist daher davon auszugehen, daß er den Beruf im höheren Justizdienst angestrebt hat.
Die Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins im derzeitigen Beruf als Beamter des gehobenen Justizdienstes würde auch nicht daran scheitern, daß § 30 Abs. 2 Buchst. b BVG von einem nachweisbar angestrebten Beruf ausgeht. Wer eine angestrebte Tätigkeit im höheren Justizdienst nicht erreicht und sich deshalb notgedrungen mit einer Tätigkeit im gehobenen Dienst begnügen muß, entfernt sich nicht soweit von dem angestrebten Beruf, daß dieser nicht mehr als angestrebt gelten könnte. Jedenfalls handelt es sich hier nicht um eine willkürliche, von dem ursprünglichen Berufsziel völlig abweichende Berufstätigkeit, die im Rahmen des § 30 Abs. 2 Buchst. b BVG u. U. unberücksichtigt bleiben müßte. "Nachweisbar angestrebt" i. S. des § 30 Abs. 2 b BVG ist der ausgeübte Beruf, wenn er noch in der Richtung des ursprünglich angestrebten Berufsziels liegt.
Sonach mußte im vorliegenden Fall auch geprüft werden, ob der Kläger bei seiner Tätigkeit im gehobenen Justizdienst besonders betroffen ist, zumal er im Schriftsatz vom 13. Januar 1965 eine solche berufliche Betroffenheit geltend gemacht und hierzu Näheres vorgetragen hat. Es ist nicht ersichtlich, daß das LSG diese Behinderung bei der von ihm angenommenen MdE mit hat erfassen wollen. Es hat weder ausgeführt, daß eine Behinderung im "derzeitigen" Beruf zu einer MdE-Erhöhung führen könne, noch hat es überhaupt ein berufliches Betroffensein festgestellt. Es hat im Gegenteil ein solches verneint. Es muß davon ausgegangen werden, daß es aus dem Gutachten des Prof. Dr. L. nur die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehende MdE von 55 v. H. übernommen hat. Dafür spricht der Wortlaut des Urteils, in dem es heißt, daß das LSG der MdE-Schützung des Prof. Dr. L. mit 55 v. H. gefolgt sei. Seine weitere Feststellung, die MdE für den Augenschaden sei insgesamt "mit 55 = 60 v. H." zu bewerten, bringt nur zum Ausdruck, daß eine MdE von 60 v. H. eine um 5 v. H. geringere MdE mitumfaßt (vgl. § 31 Abs. 2 BVG).
Da das LSG sonach zu der für den vorliegenden Rechtsstreit wesentlichen Frage, ob der Kläger im derzeitigen Beruf als gehobener Justizbeamter besonders betroffen ist, keine Feststellungen getroffen hat und der Senat die fehlenden Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht nicht nachholen kann, mußte das angefochtene Urteil schon aus diesem Grunde aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). Bei Prüfung der besonderen Betroffenheit im derzeitigen Beruf wird das LSG auch zu erörtern haben, ob der Kläger etwa nur mit außergewöhnlicher Tatkraft und unter außergewöhnlichen Anstrengungen den derzeitigen Beruf ausüben kann (vgl. BSG 13, 20, 23). Sollten in dieser Hinsicht noch Zweifel bestehen, wird eine weitere Beweiserhebung nicht zu umgehen sein.
Darüber hinaus läßt das angefochtene Urteil aber auch nicht erkennen, ob das LSG bei der Verneinung eines beruflichen Betroffenseins wegen der Nichtübernahme des Klägers in den höheren Justizdienst die in der Kriegsopferversorgung (KOV) geltende Kausalitätsnorm rechtsirrtumsfrei angewandt hat. Die hierzu erhobene Rüge erscheint insoweit nicht unbegründet, als das LSG, das auch für die Frage eines beruflichen Betroffenseins zutreffend von der im Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsnorm ausgegangen ist, ausführte, bei Abwägung aller für die Übernahme in den höheren Dienst in Betracht kommenden Voraussetzungen könne den Schädigungsfolgen keine so überragende Bedeutung zugemessen werden, daß sie als die wesentliche Ursache für die Ablehnung der wiederholten Bewerbungen des Klägers anzusehen sind. Nach der in der KOV geltenden Kausalitätsnorm ist ein Umstand, dem eine überragende Bedeutung zukommt, bereits allein Ursache im Rechtssinne. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhangs im Sinne einer Mitursache genügt es jedoch, wenn ein Umstand, d. h. der schädigende Vorgang neben anderen Umständen in seiner Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs annähernd gleichwertig ist (BSG 1, 151, 157). Es ist zwar möglich, daß das LSG mit dem Ausdruck überragende Bedeutung nur hat sagen wollen, daß die Schädigungsfolgen Keine so erhebliche Bedeutung hätten, daß sie als Mitursache anzusehen seien. Es ist andererseits aber auch nicht auszuschließen, daß das LSG die Kausalitätsnorm verkannt hat und davon ausgegangen ist, eine annähernd gleichwertige Bedeutung der Schädigungsfolgen genüge nicht, diese müßten vielmehr eine überragende Bedeutung haben. Dafür spräche auch, daß das LSG in diesem Satz nicht von einer wesentlichen Mitursache oder wesentlichen Ursache spricht, sondern den Ausdruck die wesentliche Ursache gebraucht. Das LSG wird daher erneut zu prüfen haben, ob die von ihm festgestellten Schwierigkeiten, mit denen der Kläger durch die Schwachsichtigkeit des rechten und die fortschreitende Erblindung des linken Auges während der Zeit seines Studiums und des Vorbereitungsdienstes zu kämpfen gehabt hat, nicht wenigstens eine wesentliche Bedingung für den schlechten Ausfall der zweiten juristischen Staatsprüfung wie evtl. auch für die zweimalige Wiederholung dieser Prüfung gewesen sind. Daß dieser Umstand für die Ablehnung der Übernahme des Klägers in den höheren Justizdienst mit maßgebend gewesen ist, ergibt sich aus der Auskunft des Oberlandesgerichtspräsidenten; ebenso, daß das Augenleiden, dessen Auswirkungen nun nach dem BVG berentet werden, der zweite Umstand war, der zur Ablehnung führte. Das LSG wird bei seiner erneuten Prüfung auch zu erwägen haben, daß bei den Ablehnungen von 1953 und 1962, wie auch bei der Auskunft des Oberlandesgerichtspräsidenten noch nicht feststand, daß die Erblindung des Auges eine Schädigungsfolge bzw. der Kläger Schwerbeschädigter ist und daß bei Kenntnis dieses Sachverhalts die Entscheidungen des Oberlandesgerichtspräsidenten möglicherweise anders ausgefallen wären. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Bestimmungen des Schwerbeschädigtengesetzes idF vom 14. August 1961 (BGBl I S. 1233/4) hingewiesen. Das LSG wird u. U. hierzu etwa ergangene Landesverordnungen über die Laufbahnen der Beamten und Richter oder sonstige, notfalls von der Landesjustizverwaltung anzufordernde Richtlinien zu berücksichtigen haben. Wenn das Vorbringen des Klägers, daß das linke Auge bei Aufnahme des Vorbereitungsdienstes im Februar 1946 bereits völlig erblindet war, zutrifft, so wird das LSG bei seiner erneuten Prüfung in Betracht ziehen müssen, daß der Kläger nach der ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. L. vom 1. Oktober 1963 infolge seiner Schiel-Schwachsichtigkeit rechts nur jeweils die erste Zahl einer Zeile erkennen, daß er nur mit Hilfenahme einer Lupe Buchdruck lesen kann und daß die Leseprobe Birkhauser 0,5 damit in 13 cm sehr langsam und stockend gelesen wurde. Das LSG wird ferner zu beachten haben, daß der Kläger nach der ärztlichen Bescheinigung der Augenklinik Düsseldorf vom 18. Juni 1951 mit den vor der Währungsreform zu beschaffenden Gläsern auch mit dem rechten Auge weder lesen noch schreiben konnte; erst längere Zeit nach der Währungsreform seien für dieses Auge geeignete Gläser zu erhalten gewesen, die nach allmählicher Gewöhnung dem Kläger das Lesen und Schreiben ermöglicht hätten. Das LSG wird sonach zu prüfen haben, ob diese Umstände die Ausbildung des Klägers für den höheren Dienst wesentlich behindert haben.
Nach alledem war, wie geschehen, zu erkennen.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen