Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Kassenärztliche Vereinigung Koblenz, Koblenz, Emil-Schüller-Straße 14 - 16, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der Kläger, ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Hautarzt, begehrt eine höhere Vergütung der von ihm in den Quartalen III und IV/93 erbrachten Leistungen.
Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berechnete das Honorar des Klägers für das Quartal III/93 in Anwendung ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) idF vom 23. Juni 1993. Dieser sah für die Verteilung der Gesamtvergütung die Zuordnung der abgerechneten Leistungen zu verschiedenen Honorartöpfen, nämlich zum einen zu fachgruppenübergreifenden Honorartöpfen (zB für ambulantes Operieren, Prävention) und zum anderen zu einem "Resttopf" vor, dem die überwiegende Zahl der erbrachten ärztlichen Leistungen zugeordnet war. Der Resttopf war nach Fachgruppen untergliedert, zu denen auch die Hautärzte zählten. Das einer Fachgruppe im Abrechnungsquartal zustehende Honorarkontingent wurde auf der Grundlage des prozentualen Anteils der Fachgruppe am Honorarvolumen des Vergleichsquartals des Jahres 1991 ermittelt. Der Punktwert im Quartal ergab sich aus der Division des jeweiligen Honorarvolumens durch die jeweils in der Fachgruppe insgesamt angeforderten Punktzahlen. Für den Teilbereich "Resttopf" wurde ein Mindestpunktwert von 8,5 Pf, für die einzelnen Fachgruppen ein solcher von mindestens 7 Pf garantiert. Im Quartal III/93 belief sich der so ermittelte Punktwert für die Fachgruppe der Hautärzte bei den bereichseigenen Primärkassen auf 8,73 Pf. Der Punktwert für die Fachgruppe, der die Allgemeinärzte, praktischen Ärzte, Internisten ua zugeordnet waren, betrug demgegenüber 9,40 Pf.
Der HVM idF vom 23. Juni 1993 wurde den Krankenkassenverbänden zur Herstellung des Benehmens zugeleitet und den Mitgliedern der Beklagten mit Rundschreiben vom 30. Juni 1993 bekanntgemacht. Die Kassenverbände der Primärkassen teilten der Beklagten zwischen dem 1. und 26. Juli 1993 die Herstellung des Benehmens bezüglich der Festsetzung des HVM mit.
Der Kläger legte gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/93 Widerspruch ein. Der Punktwert, mit dem die von ihm als einem allergologisch weitergebildeten Dermatologen erbrachten Leistungen vergütet würden, sei niedriger als der Punktwert, mit dem dieselben Leistungen bei weniger qualifizierter Ausführung durch Nichtallergologen (Allgemeinmediziner, praktische Ärzte) honoriert worden seien. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 7. April 1994).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen den Bescheid für das Quartal III/93 und den im Wege der Klageerweiterung in das Verfahren einbezogenen Honorarbescheid für das Quartal IV/93 abgewiesen (Urteil vom 2. November 1994). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der HVM der Beklagten sei ordnungsgemäß zustande gekommen. Insbesondere sei das Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen hergestellt worden. Auch die Bekanntgabe des mit Wirkung vom 1. Juli 1993 beschlossenen HVM durch Rundschreiben vom 30. Juni 1993 erweise sich als ordnungsgemäß. In der Sache verstießen die Regelungen über die Bildung von Honorartöpfen nicht gegen das aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) folgende Gebot der Verteilungsgerechtigkeit. Zwar hätten die Hautärzte aufgrund der Änderung des HVM ab dem 3. Quartal 1993 Honorareinbußen hinnehmen müssen. Diese seien unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit aber noch zu rechtfertigen, zumal ein Punktwertverfall nicht stattgefunden habe. Der Primärkassenpunktwert für die Hautärzte habe im Schnitt der Quartale III/92 bis II/93 9,25 Pf betragen. Er sei aufgrund der Änderung des HVM zum Quartal III/93 bei den bereichseigenen und bereichsfremden Primärkassen auf 8,48 Pf zurückgegangen, was gegenüber dem Vergleichswert der Quartale III/92 bis II/93 lediglich eine Absenkung von 9,08 % ausmache. Zwar habe der Punktwert für die Fachgruppe der Allgemeinärzte/Internisten bei den bereichseigenen Primärkassen 9,40 Pf betragen. Der Unterschied zwischen der Vergütung der ärztlichen Leistungen in den verschiedenen Fachgruppen sei aber so gering, daß eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht gegeben sei. Darüber hinaus habe der Beklagten eine Erprobungsphase für die Bildung der Teilbudgets für die verschiedenen Arztgruppen zugestanden.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Auffassung des SG habe die Beklagte nicht das nach § 85 Abs 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) notwendige Benehmen mit den Krankenkassenverbänden herbeigeführt. Es liege auch keine ordnungsgemäße Bekanntgabe des HVM vor. Die Veröffentlichung im Rundschreiben vom 30. Juni 1993 sei den Ärzten erst nach dem Inkrafttreten der Neuregelung zugegangen. Er, der Kläger, habe damit zum 1. Juli 1993 keine Kenntnis vom Inhalt der Änderung des HVM gehabt. Da der von der Vertreterversammlung am 23. Juni 1993 beschlossene HVM von dem mit Schreiben der Beklagten vom 10. Mai 1993 angekündigten HVM abgewichen sei, habe er sich auf die tatsächlich beschlossenen Änderungen nicht einstellen können. Der HVM verstoße insgesamt auch gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Vergütung gleicher Leistungen, zB von Allergietests, bei den verschiedenen Arztgruppen liege nicht vor. Ein Allgemeinarzt ohne Zusatzqualifikation erhalte für den Allergietest zwischen 7,5 und 13,5 % mehr Honorar als ein speziell weitergebildeter Allergologe. Eine Rechtfertigung hierfür sei nicht zu erkennen. Der HVM sei weiter rechtswidrig, weil er die Neuzulassung von Ärzten unberücksichtigt gelassen habe. So sei die Zahl der niedergelassenen Hautärzte zwischen dem Quartal I/91 und dem Quartal IV/93 um 25 % (von 28 auf 35 Ärzte) gestiegen. Die Nichtberücksichtigung einer vorhandenen Unterversorgung und der Niederlassungswelle im Bereich der Dermatologen führe zwangsläufig zu Punktwertminderungen. Dem hätte die Beklagte Rechnung tragen müssen.
Der Kläger beantragt,
|
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 2. Juni 1994, den Honorarbescheid für das Quartal III/93 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 1994 sowie den Honorarbescheid für das Quartal IV/93 insoweit aufzuheben, als danach Leistungen aus dem Leistungsbereich "Resthonorar" vergütet worden sind, und die Beklagte zu verpflichten, diese Leistungen mit einem Punktwert zu vergüten, der nicht hinter dem Punktwert zurückbleibt, der sich ergibt, wenn für alle Leistungen aus dem Leistungsbereich "Resthonorar" ein einheitlicher Punktwert gebildet wird. |
|
Die Beklagte beantragt,
|
die Revision zurückzuweisen. |
|
Sie hält weder die formellen noch die materiellen Bedenken des Klägers gegen die Wirksamkeit ihres HVM für berechtigt.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht seine Klage abgewiesen. Die angegriffenen Honorarbescheide für die Quartale III und IV/93 sind rechtmäßig.
Die vom Kläger erhobenen formellen Rügen gegen die Rechtmäßigkeit des den Honorarbescheiden zugrunde liegenden HVM der Beklagten idF vom 23. Juni 1993 greifen nicht durch. Entgegen seiner Auffassung ist zunächst das Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen bei der Festsetzung des HVM ordnungsgemäß hergestellt worden.
Nach der Vorschrift des § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V wendet die KÄV bei der Verteilung der Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Die Herstellung des Benehmens iS der genannten Regelung erfordert, daß die KÄV die betroffenen Krankenkassenverbände über die anstehenden Änderungen des HVM informiert, diesen die Möglichkeit der Stellungnahme gibt und die KÄV die von den Krankenkassenverbänden erhobenen Einwände oder Bedenken vor der Beschlußfassung über den HVM zur Kenntnis nimmt und ggf berücksichtigt (Urteil des Senats vom 24. August 1994 = BSGE 75, 37, 40 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 7, S 40 f). Die Herstellung des Benehmens gebietet damit zwar grundsätzlich eine der Beschlußfassung über den HVM vorausgehende Information mit der Möglichkeit zur Stellungnahme. Dem Benehmenserfordernis kann aber nach der Rechtsprechung des Senats auch durch das nachträgliche Herstellen des Benehmens Rechnung getragen werden. Der Senat hat es demgemäß für eine ordnungsgemäße Benehmensherstellung ausreichen lassen, wenn bei kurzfristigen Änderungen gegenüber einem zunächst vorgesehenen HVM-Vorschlag durch eine nach der Beschlußfassung über den HVM erfolgende Information der Krankenkassenverbände deren Mitwirkungsbefugnis entsprochen und ihnen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegeben worden ist, so daß etwaige Bedenken noch hätten berücksichtigt werden können (Urteil vom 24. August 1994 - aaO -). Davon ist auszugehen, wenn diese nachträglich das Benehmen mit der HVM-Änderung erklärt haben. Der Senat hat bei dieser Rechtsprechung berücksichtigt, daß ansonsten kurzfristige Änderungen des HVM, bedingt zB durch Abweichung von der zunächst vorgesehenen Fassung aufgrund einer Beschlußfassung in der Vertreterversammlung, nicht mit Wirkung gegenüber den KÄV-Mitgliedern erfolgen könnten. Bei einer entgegenstehenden Auslegung der Benehmensregelung wäre damit die gesetzlich vorgesehene Befugnis der Vertreterversammlung der KÄV zur autonomen Rechtssetzung bei der Honorarverteilung de facto erheblich beeinträchtigt. Welche Wirkung nachträglich erhobenen Einwendungen der Krankenkassenverbände bei der Nachholung des Benehmens zukommt und wie ihnen Rechnung zu tragen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.
Nach den den Senat bindenden Feststellungen des SG (§ 161 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) liegen die Voraussetzungen für eine nachträgliche Herstellung des Benehmens vor. Der HVM idF vom 23. Juni 1993 wurde den im Wege der Benehmenserherstellung zu beteiligenden Verbänden der Primärkassen zugeleitet. Diese haben ihr Einverständnis mit der Änderung erklärt.
Der mit Wirkung vom 1. Juli 1993 in Kraft getretene HVM idF vom 23. Juni 1993 ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil er den Mitgliedern der Beklagten erst mit Rundschreiben vom 30. Juni 1993 zum 1. Juli 1993 bekannt gemacht worden ist. Das SG hat in Anwendung nicht revisiblen Rechts und damit für den Senat bindend (§ 162 SGG) entschieden, daß die Form der Bekanntmachung, nämlich durch Rundschreiben, der einschlägigen Vorschrift des § 16 der Satzung der Beklagten entspricht. Aus dem Zusammentreffen von Bekanntmachung und Inkrafttreten der HVM-Änderung kann ebenfalls eine Rechtswidrigkeit der Satzungsänderung nicht abgeleitet werden. Zwar müssen Satzungen als materielle Rechtsnormen in der Regel vor ihrem Inkrafttreten bekannt gemacht werden. Die Bekanntmachung am Tage des Inkrafttretens war hier aber aus mehreren Gründen unschädlich. So war den Mitgliedern der Beklagten bereits durch ein Sonderrundschreiben vom 10. Mai 1993 mitgeteilt worden, daß eine Änderung des HVM mit dem Inhalt, wie er im wesentlichen auch beschlossen worden ist, vorgenommen werden sollte. Hinzu kommt, daß die HVM-Änderung vom 23. Juni 1993 sich nicht auf das Behandlungsverhalten des einzelnen Arztes, das durch den Krankheitszustand seiner Patienten und nicht durch die Zuordnung von Leistungen zu einzelnen Honorartöpfen bestimmt wird, auswirken konnte. Demgemäß ist auch nicht vorgetragen, daß bei einer früheren Veröffentlichung der HVM-Änderung der Kläger eine Umstellung seiner Praxisführung hätte vornehmen können (zu diesem Gesichtspunkt s schon BSG SozR 2200 § 368f Nr 15; BSG - Urteil vom 28. Oktober 1987 - 6 RKa 66/86 = USK 87189).
Der HVM idF vom 23. Juni 1993 mit der Bildung eines Resthonorartopfes und dessen Untergliederung nach Fachgruppen verstößt auch inhaltlich nicht gegen höherrangiges Recht.
Honorarverteilungsregelungen einer KÄV sind in erster Linie an den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs 4 SGB V zu messen. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Bestimmung in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V zu, nach der bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen sind. Dieser Vorschrift kann, wie der Senat zu der gleichlautenden früheren Regelung des § 386f Abs 1 Satz 4 RVO bereits entschieden hat, nicht die Forderung entnommen werden, die Leistungen müßten nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig, dh mit einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert, honoriert werden. Das Gesetz schließt danach eine Aufteilung der Gesamtvergütung in Teilbudgets mit der Folge, daß die kassen- und vertragsärztlichen Leistungen nicht mehr entsprechend dem EBM im selben Verhältnis, sondern, abhängig von der Mengenentwicklung im jeweiligen Leistungsbereich, unterschiedlich hoch vergütet werden, nicht grundsätzlich aus (Urteil vom 29. September 1993 - 6 RKa 65/91 - [BSGE 73, 131, 134 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 22]; vgl auch § 85 Abs 4 Satz 5 SGB V, wonach eine nach Arztgruppen und Versorgungsgebieten unterschiedliche Verteilung vorgesehen werden kann). Im Hinblick auf die berufsregelnde Tendenz von Honorarverteilungsvorschriften darf die KÄV die Verteilung allerdings nicht frei nach ihrem Ermessen gestalten; sie ist vielmehr an den Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung gebunden. Dieser besagt, daß die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind (BSGE 73, 131, 136 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 24; vgl auch BSGE 75, 187, 191 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 9 sowie Axer, NZS 1995, 536 ff). Der normsetzenden Körperschaft bleibt jedoch ein Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von dem genannten Grundsatz, der es ihr ermöglicht, ihrem Sicherstellungsauftrag und ihren sonstigen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gerecht zu werden.
Gemessen an den aufgezeigten Grundsätzen sind die im vorliegenden Verfahren umstrittenen Regelungen des HVM rechtmäßig. Sie setzen zunächst ebenfalls bei einzelnen Leistungsbereichen an, indem sie diese - wie hier den Leistungsbereich "Resthonorar" - einer Kontingentierung des Honorarvolumens unterwerfen. Die maßgebliche Differenzierung, die im Ergebnis unterschiedliche Verteilungspunktwerte bei den einzelnen Arztgruppen nach sich zieht, erfolgt innerhalb des Teilbudgets "Resthonorar" jedoch nicht nach Leistungsbereichen, sondern nach Arztgruppen (Ziff III 1.5 der Anlage 1 zu § 6 Abs 1 des HVM). Diese im Verhältnis zur Differenzierung nach Leistungsbereichen unterschiedliche Ansatz bewirkt in der rechtlichen Bewertung aber kein anderes Ergebnis.
Nach der Regelung des HVM werden für die Berechnung des Honorars im Leistungsbereich "Resthonorar" fachgruppenbezogene Kontingente gebildet. Im wesentlichen von der berufsrechtlichen Untergliederung nach Arztgruppen ausgehend unterscheidet die Regelung zwischen 15 verschiedenen Arztgruppen und der Gruppe "Nichtvertragsärzte". Welches Honorarvolumen auf die einzelne Fachgruppe quartalsweise entfällt, wird wie folgt bestimmt: Das zur Verfügung stehende Honorarvolumen ergibt sich aus dem prozentualen Anteil der Fachgruppe am Punktzahlenvolumen des Resthonorars in dem Ausgangsquartal des Vergleichsjahres 1991 bezogen auf das Resthonorar im Abrechnungsquartal. Der fachgruppenbezogene Punktwert wird durch die Division des zur Verfügung stehenden Honorarvolumens durch die jeweils angeforderten und anerkannten Punktzahlvolumina der Fachgruppe ermittelt.
Die Differenzierung nach fachgruppenbezogenen Kontingenten bei der Verteilung der Gesamtvergütung hält sich innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens. Ziel der Beklagten war es (vgl Begründung in der Anlage A zum Sonderrundschreiben vom 30. Juni 1993), die durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) vorgenommene Begrenzung der Gesamtvergütung gleichmäßig für alle Arztgruppen umzusetzen. § 85 Abs 3a S 1 SGB V idF des GSG (Art 1 Nr 43 f) legt fest, daß die nach Abs 3 aa0 zu vereinbarenden Veränderungen der Gesamtvergütungen als Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen in den Jahren 1993, 1994 und 1995 sich höchstens um den Vom-Hundert-Satz verändern dürfen, um den sich die zu ermittelnden beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen mit Sitz im Bundesgebiet außerhalb des Beitrittsgebietes je Mitglied verändern. Nach Satz 2 aa0 sind die Veränderungen der Gesamtvergütungen im Jahre 1993 auf das entsprechend der Zuwachsrate der beitragspflichtigen Einnahmen nach Satz 1 aa0 im Jahre 1992 erhöhte Vergütungsvolumen im Jahre 1991 zu beziehen. Die Regelungen binden damit das Wachstum der Gesamtvergütung an die Entwicklung der Grundlohnsumme, dh der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen. Ausgangsbasis für die Veränderung der Gesamtvergütung im Jahre 1993 ist das Vergütungsvolumen des Jahres 1991. Die als Budgetierung der Gesamtvergütung bezeichnete Maßnahme kann unter bestimmten Voraussetzungen - wie zB der allgemeinen Zunahme der abgerechneten Leistungen - eine Minderung des Punktwertes und als dessen Folge eine Verringerung des für die einzelne Leistung zur Verfügung stehenden Honorars nach sich ziehen. Das wiederum fördert Bestrebungen, durch eine Ausweitung der Leistungen und damit eine Erhöhung der Punktzahlanforderungen die mit dem Absinken des Punktwertes einhergehenden Honorarminderungen aufzufangen. Die Beklagte wollte mit der von ihr vorgenommenen Bildung fachgruppenbezogener Teilbudgets bei dem Leistungsbereich "Resthonorar" der Gefahr begegnen, daß sich während der Budgetierungsphase durch eine unterschiedliche Mengendynamik in den verschiedenen Fachgruppen das bisherige Honorargefüge ungerechtfertigt zugunsten einzelner und zum Nachteil anderer Arztgruppen veränderte. Sie hat damit letztlich nur die vom Gesetzgeber für die Gesamtvergütung vorgeschriebene Budgetierung bei der Honorarverteilung fortgeführt, indem sie auch die auf die einzelnen Fachgruppen entfallenden Honorarkontingente auf der Basis des Jahres 1991 festgeschrieben hat. Dieses Vorgehen ist sachgerecht; denn durch die fachgruppenbezogene Kontingentierung des Honorarvolumens verbleibt für die Dauer der gesetzlichen Budgetierung das Risiko der Leistungsmengenausweitung bei den Ärzten der jeweiligen Fachgruppe, und eine Verlagerung des Risikos der Honorarminderung durch Mengenausweitung bei einzelnen Arztgruppen auf die Gesamtheit der Mitglieder der Beklagten ist ausgeschlossen.
Allerdings ist die Beschränkung der Auswirkungen der Mengenausweitung nur einer der Gesichtspunkte, die unter Berücksichtigung einer gebotenen Differenzierung bei der Bildung von fachgruppenbezogenen Teilbudgets zu beachten sind. Der Satzungsgeber - hier die Beklagte - ist zur Prüfung verpflichtet, ob andere Umstände als von den Vertragsärzten selbst verursachte Leistungsausweitungen zu einer Veränderung innerhalb der verschiedenen Honorarkontingente führen müssen. Als derartige Umstände könnten zB gesetzliche oder satzungsmäßige Leistungsausweitungen in Betracht kommen (vgl zu dieser Frage auch das Urteil des Senats vom 7. Februar 1996 - 6 RKa 83/95). Sofern sich einer dieser Faktoren nur bei einzelnen Arztgruppen auswirkt, kann es geboten sein, dem durch eine Veränderung bei der Zuweisung des Honorarvolumens zu entsprechen.
Die Beklagte hat unter den aufgezeigten Voraussetzungen mit ihrer HVM-Änderung den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Daß die von ihr getroffenen Maßnahmen der Honorarkontingentierung auch erforderlich waren, wird schon durch die weitere Entwicklung bestätigt, bei der es gerade in der Fachgruppe der Hautärzte, der der Kläger angehört, zu erhöhten Punktzahlanforderungen - also zu einer Leistungsmengenausweitung - gekommen ist. So ist nach den vom SG in Bezug genommenen Angaben der Beklagten die Punktzahlanforderung im Bereich der Fachgruppe der Hautärzte von 13.440.325 Punkten im Quartal III/92 auf 15.641.461 Punkte, also um mehr als 2 Millionen Punkte, im Quartal III/93 gestiegen. Eine ähnliche Entwicklung hat sich in den Folgequartalen ergeben (Quartal IV/92: 15.136.389 Punkte, Quartal IV/93: 17.177.523 Punkte; Quartal I/93: 17.154.623 Punkte, Quartal I/94: 18.597.177 Punkte; Quartal II/93: 16.169.957 Punkte, Quartal II/94: 18.798.506 Punkte). Der durchschnittliche Anstieg des Leistungsbedarfs (Punktzahlanforderung) der Gruppe der Hautärzte betrug nach Inkrafttreten des HVM in den Quartalen III/93 bis II/94 im Verhältnis zum Vergleichszeitraum III/92 bis II/93 13,4 %. Demgegenüber belief er sich zB bei der Gruppe der Allgemeinärzte/Praktiker nur auf 2,8 %.
Die fragliche HVM-Regelung wird auch den weiteren Anforderungen gerecht, die sich aus dem aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ergeben (vgl dazu BSGE 73, 131, 138 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 26; BSGE 75, 187, 191 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 9). Eine Verletzung dieses Grundsatzes liegt vor, wenn vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen wird, obwohl zwischen den betroffenen Ärzten bzw Arztgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt ist. Eine von Fachgruppe zu Fachgruppe unterschiedliche Vergütung gleicher Leistungen ist verfassungsrechtlich nur zu begründen, wenn sie einen legitimen Zweck verfolgt, zur Erreichung dieses Zweckes geeignet und notwendig ist sowie dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt. An Hand dieses Prüfungsmaßstabes läßt sich eine Verletzung der Grundrechte des Klägers nicht feststellen. Zwar zieht die dargestellte HVM-Regelung eine unterschiedliche Vergütung von ärztlichen Leistungen nach sich, je nach dem, in welcher Arztgruppe sie erbracht worden sind und wie sich die Punktzahlanforderung in dieser Arztgruppe entwickelt hat. So sank bei der Fachgruppe der Hautärzte der Verteilungspunktwert von 9,30 Pf im Quartal II/93 im Primärkassenbereich auf 8,73 Pf (bereichseigene Primärkassen) im Quartal III/93. Demgegenüber betrug der Punktwert der Allgemeinärzte/Praktiker im Quartal III/93 9,40 Pf. Die fachgruppenbezogene Kontingentierung des Honorarvolumens, deren Folge die unterschiedliche Entwicklung des Honorarverteilungspunktwertes in den genannten Arztgruppen ist, dient jedoch dem legitimen Zweck, Anreize für eine medizinisch nicht indizierte Mengenausweitung zu begrenzen (vgl zu diesem Gesichtspunkt Spoerr, NJW 1995, 2377, 2380). Sie soll zugleich verhindern, daß sich die gesetzlich vorgenommene Budgetierung der Gesamtvergütung zu Lasten einzelner Arztgruppen auswirkt, die nicht die Möglichkeit haben, durch Mengenausweitung einer Punktwertminderung zu begegnen. Die Maßnahme ist zur Erreichung des Zweckes geeignet und, wie die oben aufgezeigte Entwicklung belegt, erforderlich gewesen. Ihre Auswirkungen in Gestalt eines Absinkens des Punktwertes bei den dermatologischen Leistungen von knapp 10 % erweisen sich gemessen an der beschriebenen Zielsetzung auch nicht als unverhältnismäßig.
Eine Verletzung des Grundsatzes der Verteilungsgerechtigkeit kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß dem Kläger nicht schon allein aufgrund einer - von ihm geltend gemachten - höheren Qualifikation als weitergebildeter Dermatologe ein Anspruch auf eine höhere oder zumindest gleich hohe Vergütung im Verhältnis zu den Ärzten zusteht, die eine vergleichbare Zusatzqualifikation nicht aufweisen. Die Vergütungsregelungen des BMÄ und des ihm zugrunde liegenden EBM einerseits sowie der HVM der Beklagten andererseits knüpfen für die Bewertung ärztlicher Leistung an den für ihre Durchführung erforderlichen Aufwand an. Sie setzen eine ordnungsgemäße Leistungserbringung voraus, differenzieren aber bezüglich der Bewertung von Leistungen zu Recht nicht danach, welche Qualifikation der die Leistung zulässigerweise erbringende Arzt im einzelnen hat.
Die Beklagte hat schließlich nicht dadurch gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit verstoßen, daß sie den der Gruppe der Hautärzte zustehenden Honoraranteil, der sich in Anknüpfung an das Honorarvolumen des Ausgangsquartals des Jahres 1991 (III/91) ergab, nicht erhöht hat. Soweit der Kläger darauf verweist, die Leistungsmengenausweitung und der mit ihr einhergehende Punktwertverfall sei maßgeblich durch die Zunahme der Zahl der Hautärzte im Bereich der Beklagten bedingt gewesen, während aufgrund der bestehenden Zulassungsbeschränkungen in anderen Arztgruppen derartige Entwicklungen nicht eingetreten seien, kann dem nicht gefolgt werden. Ungeachtet dessen, daß sich der Zugang weiterer Hautärzte in der vom Kläger behaupteten Höhe auf einen längeren als den hier zu vergleichenden Zeitraum bezieht, verändert sich durch die Zulassung weiterer Ärzte nicht die Morbidität der Versicherten, vermögen mithin weitere Zulassungen für sich allein die Leistungsmengenausweitung nicht zu erklären. Hinzu kommt, daß alle Arztgruppen ab dem Jahre 1991 eine erhebliche Zunahme der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte zu verzeichnen hatten, nachdem aufgrund des Art 33 § 3 Abs 1 GSG eine Zulassung bis zum 1. Oktober 1993 selbst in Gebieten möglich war, in denen Zulassungsbeschränkungen angeordnet waren. So erhöhte sich allein 1993 die Zahl der zugelassenen Ärzte um 10,2 % [von 94.883 im Jahr 1992 auf 104.556 im Jahr 1993] (vgl Kassenärztliche Bundesvereinigung, Grunddaten zur Kassenärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland 1995, A 8).
Nach allem war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen
BSGE, 288 |
SozSi 1997, 118 |