Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 28.05.1990) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Mai 1990 aufgehoben, soweit die Beklagte zur unbefristeten Zahlung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit verurteilt worden ist.
Der Rechtsstreit wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem im Jahre 1934 geborenen Kläger, der täglich nicht mehr als drei Stunden arbeiten kann, Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) auf Dauer oder lediglich gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) auf Zeit zusteht.
Der Kläger arbeitete von 1954 bis 1976 versicherungspflichtig. Nachdem er ab 16. März 1987 arbeitsunfähig erkrankt war, beantragte er im April 1987 die Gewährung von Knappschaftsrente wegen EU. Mit Bescheid vom 21. August 1987 lehnte die Beklagte die Gewährung von Knappschaftsrente wegen EU oder Berufsunfähigkeit (BU) sowie die Gewährung von Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22. März 1988).
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die Klage mit Urteil vom 13. Januar 1989 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat durch Urteil vom 28. Mai 1990 die erstinstanzliche Entscheidung und den Bescheid der Beklagten vom 21. August 1987 idF des Widerspruchsbescheides vom 22. März 1988 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Mai 1988 Knappschaftsrente wegen EU zu gewähren. Der Kläger sei seit dem 1. Mai 1988 nur noch unterhalbschichtig arbeitsfähig und damit seitdem ohne weiteres erwerbsunfähig. Die Rente stehe ihm auf Dauer zu, da die Vorschrift des § 72 Abs 1 Satz 2 RKG nicht anwendbar sei. Nach allgemeiner Auffassung gelte diese Bestimmung entgegen ihrem Wortlaut nicht für Versicherte, die nur noch unterhalbschichtig arbeitsfähig seien. § 72 Abs 1 Satz 2 RKG erfasse lediglich die halbschichtig bis untervollschichtig leistungsfähigen Versicherten.
Mit der – vom Senat zugelassenen – Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 72 Abs 1 Satz 2 RKG. Diese Vorschrift sei auch bei unterhalbschichtigem Leistungsvermögen anwendbar. Die mit Wirkung vom 1. Juli 1977 erfolgte Neufassung des § 72 RKG betreffe den gesamten Teilzeitarbeitsmarkt in allen dem Großen Senat (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Beschluß vom 10. Dezember 1976 zur Entscheidung gestellten Fallvarianten. Der Gesetzesbegründung sei keine Begrenzung auf Teile des Teilzeitarbeitsmarktes zu entnehmen. Die Anwendung des § 72 Abs 1 Satz 2 RKG bei unterhalbschichtigem Leistungsvermögen stehe auch mit dem Sinn und Zweck der Zeitrentengewährung in Einklang, nämlich dem Versicherten klarzumachen, daß er noch nicht zum Kreis der eigentlichen Rentner gehöre, und ihn baldmöglichst in das Erwerbsleben wieder einzugliedern.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Mai 1990 insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Zahlung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer verpflichtet worden ist, und in diesem Umfang die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. Januar 1989 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt dem Sinne nach,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten mit dem Ziel, ihre zeitliche unbegrenzte Verurteilung zur Gewährung der Knappschaftsrente wegen EU durch eine gemäß § 72 Abs 1 RKG zeitlich begrenzte Verurteilung zu ersetzen, ist im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet. Dem Kläger ist nicht schon deshalb, weil er nur noch drei Stunden täglich arbeiten kann, eine Rente wegen EU auf unbestimmte Zeit zu gewähren. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG erlauben jedoch noch keine abschließende Entscheidung darüber, ob, ab wann und für welchen Zeitraum dem Kläger eine Rente wegen EU lediglich auf Zeit sowie ggf eine Rente wegen BU zusteht.
Zutreffend geht auch die Beklagte davon aus, daß bei dem Kläger jedenfalls BU auf Dauer gemäß § 46 RKG vorliegt, weil der Kläger infolge seiner gesundheitlich bedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf einen Drei-Stunden-Arbeitstag nicht mehr imstande ist, die sogenannte gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen. Maßgebend für die Frage, ob dem Kläger darüber hinaus Rente wegen EU auf unbestimmte Zeit ab 1. Mai 1988 oder lediglich für einen zeitlich begrenzten Zeitraum zu gewähren ist, ist § 72 Abs 1 Satz 2 RKG idF des Gesetzes zur Wiederbelebung zur Wirtschaft und zur Entlastung des Bundeshaushaltes (HBegleitG 1983) vom 20. Dezember 1982 (BGBl I, 1857). Nach dieser Vorschrift ist keine unbefristete, sondern eine Rente auf Zeit zu gewähren, wenn die EU nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Berechtigten beruht, es sei denn, er vollendet innerhalb von zwei Jahren nach Rentenbeginn das 60. Lebensjahr, was hier nicht der Fall ist (vgl auch § 1276 Abs 1 Satz 2 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫, § 53 Abs 1 Satz 2 Angestelltenversicherungsgesetz ≪AVG≫).
Die Auslegung dieser Vorschrift ergibt, daß die EU dann nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand iS des § 72 Abs 1 Satz 2 RKG beruht, wenn die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Arbeitsmarktlage die EU mitverursacht hat.
§ 72 Abs 1 Satz 2 RKG ist auch für den Versicherungsfall der EU anwendbar, wenn der Versicherte nur unterhalbschichtig tätig sein kann. Im Schrifttum ist die Auffassung allerdings geteilt (wie hier: Schimanski/Emmerich/Warode/Lueg, Knappschaftsversicherung, Stand: April 1991, § 47 RKG, Anm 8 aE; LSG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 9. April 1990 – L 5 Kn 13/89 – und – L 5 Kn 17/89 –; aA: Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, Stand: März 1991, § 1276 RVO Anm 3; Kass-Komm – Niesel, Stand: Januar 1991, § 1276 RVO RdNr 9; Verb Komm Bd 2, Stand: 1. Januar 1990, § 1276 RVO RdNr 8; Gesamtkomm – Lilge/Udsching, Stand: März 1991, § 1276 RVO Anm 6; Koch/Hartmann-Wagner, Das Angestelltenversicherungsgesetz, Bd IVa, § 53 AVG Anm BIII; Ilgenfritz, Reichsknappschaftsgesetz, Stand: 1. Juli 1991, § 72 RdNrn 3, 10; Grotenhuis, AmtlMitt LVA Rheinpr 1985, S 295 ≪296≫; Winchenbach, Mitt LVA Oberfr 1986, S 119 ≪123≫).
Für die Auffassung des Senats spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. Das Gesetz verwendet ua die Begriffe Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit gleichwertig und einschränkungslos nebeneinander. Eine Beschränkung auf einzelne Umstände des Arbeitsmarktes oder auf Modalitäten des Leistungsvermögens des Versicherten enthält der Wortlaut der Vorschrift nicht. Auch § 102 Abs 2 Ziff 2 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – (SGB VI) idF des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) bestimmt nunmehr lediglich, daß Rente auf Zeit zu gewähren ist, wenn der Anspruch auch von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig ist, ohne Einschränkungen bezüglich des Arbeitsmarktes oder des Leistungsvermögens zu nennen. In der Begründung des Gesetzentwurfes des RRG ist hierzu ausgeführt, daß eine Zeitrente entsprechend dem geltenden Recht zu gewähren ist, wenn die Rentenleistung auch von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig ist (vgl BT-Drucks 11/4124 S 176). Bestimmte Umstände und Faktoren des Arbeitsmarktes oder ein bestimmtes eingeschränktes Leistungsvermögen spielen danach keine Rolle.
Auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, § 72 Abs 1 Satz 2 RKG sei einschränkend dahingehend auszulegen, daß bei unterhalbschichtigem Leistungsvermögen des Versicherten eine unbefristete Rente zu gewähren ist. § 72 Abs 1 RKG in der ab 1. Januar 1957 geltenden Fassung des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (KnVNG) vom 21. Mai 1957 (BGBl I 533) sah vor, daß eine Zeitrente ab Beginn der 27. Woche längstens für zwei Jahre von der Bewilligung an zu gewähren ist, wenn begründete Aussicht besteht, daß die verminderte bergmännische Berufsfähigkeit, die BU oder EU in absehbarer Zeit behoben wird. Gemäß § 72 Abs 3 RKG war die Gewährung der Zeitrente auf die Dauer von vier Jahren seit dem ersten Rentenbeginn beschränkt. Durch das Gesetz zur 20. Rentenanpassung und Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1040) wurde § 72 Abs 1 Satz 1 RKG mit Wirkung vom 1. Juli 1977 dahingehend abgeändert, daß eine Rente auf Zeit längstens für drei Jahre zu gewähren ist, wenn begründete Aussicht besteht, daß die verminderte bergmännische Berufsfähigkeit, die BU oder EU in absehbarer Zeit behoben sein kann (vorher: behoben sein wird). Gemäß § 72 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 RKG sollte dies insbesondere gelten, wenn die verminderte bergmännische Berufsfähigkeit, die BU oder EU nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand des Berechtigten beruhte. Eine Höchstdauer der Zeitrentengewährung sah die Vorschrift für diese Fälle nicht mehr vor (vgl § 72 Abs 3 Halbsatz 2 RKG). Die Änderung wurde aufgrund der Beschlußempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Bundestages vom 26. April 1977 zum 20. RAG verabschiedet. In der Beschlußempfehlung ist ausgeführt, daß die Möglichkeit von zeitlich begrenzten Renten wegen BU oder EU erweitert werden solle (vgl BT-Drucks 8/337 S 3). Zeitlich begrenzte Renten sollten vor allem dann – ggf mehrmals – gewährt werden, wenn andere Gründe als der Gesundheitszustand des Versicherten für die Bewilligung der BU-oder EU-Rente ausschlaggebend sind, insbesondere die Situation auf dem Arbeitsmarkt (vgl BT-Drucks 8/337, S 5, 6, 91).
Dies konnte in der Vorstellung des Ausschusses aufgrund der Rechtsprechung des BSG in starkem Maße der Fall sein. In solchen Fällen solle die Gewährung der Zeitrente beliebig oft wiederholt werden (BT-Drucks 8/337 S 91). Ergänzend wurde empfohlen, die Bundesregierung zu ersuchen, die Auswirkungen der Rechtsprechung des BSG zur BU und EU sorgfältig zu beobachten und ggf Vorschläge zu Rechtsänderungen zu machen, durch die unangemessene Auswirkungen vermieden würden (BT-Drucks 8/337 S 10, 91). Anlaß für diese Beschlußempfehlungen war die Rechtsprechung des BSG, insbesondere der Beschluß des GS vom 10. Dezember 1976 (BSGE 43, 75 f = SozR 2200 § 1246 Nr 13), deren finanzielle Auswirkungen nicht abschätzbar schienen und denen durch die Beschlußempfehlung Rechnung getragen werden sollte. Die Möglichkeit der Gewährung einer Zeitrente sollte gerade auf die Fälle ausgedehnt werden, in welchen nach der Rechtsprechung des BSG die Arbeitsmarktlage eine besondere Rolle spielte, zB bei einem Versicherten, der noch sechs Stunden täglich, also fast vollschichtig, arbeiten kann, aber als erwerbsunfähig anzusehen ist, weil ihm kein Arbeitsplatz nachgewiesen wird. Es wurde vom Ausschuß für wichtig erachtet, daß Versicherte, die zwar nicht im Augenblick,
wohl aber in absehbarer Zeit vermittelt werden könnten, sich nicht endgültig auf die Rente einstellten. In solchen Fällen sollte auch über den Zeitraum von sechs Jahren hinaus eine Zeitrente gewährt werden (vgl Protokoll der 11. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Bundestages vom 26. April 1977). Nachdem das BSG § 1276 Abs 1 RVO und § 53 Abs 1 AVG dahingehend ausgelegt hatte, daß beim Fehlen einer rechtserheblichen begründeten Aussicht auf Behebung der nicht ausschließlich auf den Gesundheitszustand beruhenden EU Dauerrente zu gewähren sei (vgl SozR 2200 § 1276 RVO Nrn 4, 7), erhielt § 72 Abs 1 RKG durch das HBegleitG 1983 die bis zum 31. Dezember 1991 geltende, auf den vorliegenden Fall anwendbare Fassung. In der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung ist ausgeführt, daß nach dem 20. RAG Zeitrenten zu leisten seien, wenn die BU oder EU nicht ausschließlich auf den Gesundheitszustand des Versicherten, sondern auch auf der Situation auf dem (Teilzeit-)Arbeitsmarkt beruhe. Eine Prognose, inwieweit eine begründete Aussicht bestehe, daß der Teilzeitarbeitsmarkt eine Arbeitsvermittlung in absehbarer Zeit zulasse, sei für die Versicherungsträger kaum zu stellen. Durch die Änderung solle die vom Gesetzgeber mit dem 20. RAG verfolgte Zielsetzung verdeutlicht und die Anwendung in der Praxis erleichtert werden (BR-Drucks 143/82 S 6). Es werde klargestellt, daß Renten wegen BU oder EU immer nur als Zeitrenten zu leisten seien, wenn der Rentenanspruch auch auf der jeweiligen Teilzeitarbeitsmarktlage beruhe (BT-Drucks 9/2074 S 103). Eine Beschränkung der Anwendung auf Versicherte mit mindestens halbschichtigem Leistungsvermögen lag sonach dem Gesetzgeber fern. Sie hat überdies – wie ausgeführt – im Wortlaut des Gesetzes keinerlei Ausdruck gefunden.
Da § 72 Abs 1 Satz 2 RKG die Fälle der EU regelt, die auch auf der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes beruhen, verlangt die Vorschrift keine Einschränkung ihrer Anwendung auf Versicherte mit mindestens halbschichtigem Leistungsvermögen, zumal gerade bei unterhalbschichtig leistungsfähigen Versicherten der Teilzeitarbeitsmarkt mitentscheidend sein kann (vgl Beschluß des GS vom 11. Dezember 1969, Az GS 2/68 in SozR § 1246 RVO Nr 79 = BSGE 30, 192 ≪206 f≫ und Beschluß des GS vom 10. Dezember 1976 aa0 S 85).
Eine Beschränkung des Begriffes „Teilzeitarbeitsmarkt” auf halb-bis untervollschichtige Tätigkeiten ergibt sich ferner nicht aus der Tatsache, daß die Arbeitsverwaltung lediglich mehr als kurzzeitige Beschäftigungen iS des § 102 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), und damit keine unterhalbschichtigen Beschäftigungen, erfaßt. Denn auch für den Umfang dieser Tätigkeiten wird der Begriff „Teilzeitarbeitsmarkt” verwendet (vgl Beschlüsse des GS vom 11. Dezember 1969 und 10. Dezember 1976 aaO). Im übrigen werden auch die halbschichtigen bis untervollschichtigen Tätigkeiten von der Arbeitsverwaltung nicht vollständig registriert (vgl Beschluß des GS vom 10. Dezember 1976 aaO S 80).
Gegen die Anwendung des § 72 Abs 1 Satz 2 RKG bei unterhalbschichtigem Leistungsvermögen spricht weiterhin nicht, daß die Leistungsträger bei unterhalbschichtigtem Leistungsvermögen in aller Regel von einem verschlossenen Arbeitsmarkt ausgingen und eine Rente wegen EU gewährten.
Schließlich kann aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht der Schluß gezogen werden, daß lediglich die arbeitsmarktbedingten Umstände erfaßt werden sollten, bei denen mit einer Änderung gerechnet werden kann, und daß aus diesem Grund der Teilzeitarbeitsmarkt bei unterhalbschichtigen Tätigkeiten nicht dazu gehört. Zum einen ging der Gesetzgeber davon aus, daß die Möglichkeit der Änderung der Lage auf dem Arbeitsmarkt in naher Zukunft für die Gewährung einer Zeitrente nicht entscheidend sein sollte, da er die für die Zeitrente allgemein geltende Begrenzung von sechs Jahren gerade nicht für die Gewährung einer Zeitrente aufgrund der Arbeitsmarktsituation anordnete. Auch ergeben die Materialien zum HBegleitG 1983 (vgl BR-Drucks 143/82 S 6, BT-Drucks 9/2074 S 103), daß es auf eine „begründete Aussicht” auf Besserung der Arbeitsmarktlage nicht ankommen sollte. Insoweit wird auf die ausführlichen Darlegungen in den Urteilen des Senats vom heutigen Tage – Az 8 RKn 1/91 – zur Veröffentlichung bestimmt – und 8 RKn 6/91 – hingewiesen.
Es ist nicht zu verkennen, daß auf dem Teilzeitarbeitsmarkt für unterhalbschichtige Tätigkeiten nur eine beschränkte Zahl von Arbeitsplätzen vorhanden sein dürfte. Gleichwohl hat der Gesetzgeber den Versicherungsträgern aufgebürdet, bei der Bescheidung von Rentenanträgen auch insoweit Feststellungen zum Arbeitsmarkt zu treffen. Solche Erhebungen haben sie ggf nach Ablauf des ersten Zeitrentenabschnitts zu wiederholen. Insoweit dürfte die vorliegende Revision zu einer Klarstellung der der Beklagten obliegenden eigenen Ermittlungsverpflichtungen führen.
Das LSG hat – aus seiner Sicht heraus folgerichtig – keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Erwerbsunfähigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG auch auf dem Arbeitsmarkt beruhte, oder etwa ausschließlich der Gesundheitszustand hierfür verantwortlich ist, weil für die noch dem Versicherten möglichen Tätigkeiten kein Arbeitsmarkt besteht (vgl die Urteile des Senats vom heutigen Tage – 8 RKn 1/91 und 8 RKn 6/91). Dies wird das LSG nachzuholen haben. Es hat dabei weiterhin zu berücksichtigen, daß bei dem Kläger auf jeden Fall von Anfang an der Versicherungsfall der BU vorgelegen hat und demgemäß bei Gewährung einer Zeitrente wegen EU für die ersten 26 Wochen ab der Antragstellung diese Rente wegen BU zu zahlen wäre (s BSGE 21, 88).
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die entsprechende Rente (§ 46 Abs 2a, § 47 Abs 2a RKG iVm Art 2 § 4 Abs 2 KnVNG sowie ggfs §§ 133, 134 RKG) sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 1174651 |
BSGE, 236 |