Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Schadens im beruflichen Fortkommen
Leitsatz (amtlich)
Eine der geschiedenen Ehefrau gewährte Rente wegen Schadens im beruflichen Fortkommen nach dem Bundesentschädigungsgesetz gehört zu den Erträgnissen aus einer Erwerbstätigkeit iS RVO § 1265 S 2 Nr 1.
Orientierungssatz
Die Rente wegen Schadens im beruflichen Fortkommen stellt ihrer Funktion nach einen Einkommensersatz dar. Ihrem Rechtsgrunde nach knüpft sie nicht an die frühere berufliche Stellung des Verfolgten als solche, sondern daran an, daß er diese Stellung nicht wieder erreichen und sich eine ausreichende Lebensgrundlage auch durch Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit nicht schaffen kann.
Normenkette
AVG § 42 S 2 Nr 1 Fassung: 1972-10-16; RVO § 1265 S 2 Nr 1 Fassung: 1972-10-16; BEG § 25 Fassung: 1953-09-18, § 26 Fassung: 1953-09-18, § 30 Fassung: 1953-09-18, § 33 Fassung: 1953-09-18, § 65 Fassung: 1956-06-29, § 66 Fassung: 1956-06-29, § 74 Fassung: 1956-06-29, § 81 Fassung: 1956-06-29, § 75 Fassung: 1965-09-14, § 82 Fassung: 1965-09-14
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 25.02.1981; Aktenzeichen L 3 An 338/80) |
SG Stuttgart (Entscheidung vom 15.11.1979; Aktenzeichen S 8 An 2130/79) |
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Geschiedenen-Witwenrente.
Die Klägerin war mit Hans G. (im folgenden: Versicherter) verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. April 1954 aus dem alleinigen Verschulden des Versicherten geschieden. In einem Unterhaltsvergleich vom selben Tage verpflichtete er sich zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 30,-- DM an die Klägerin. Nach etwa einem Jahr stellte er seine Unterhaltszahlungen im Hinblick auf die Gewährung einer seine Einkünfte übersteigenden Rente nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) an die Klägerin ein. Der Versicherte verstarb am 5. Juni 1968.
Den Antrag der Klägerin vom 27. Juni 1968 auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 12. November 1968). Die deswegen erhobene Klage wies das Sozialgericht (SG) Stuttgart ab (Urteil vom 29. Mai 1969). Ihre dagegen eingelegte Berufung nahm die Klägerin am 13. Oktober 1970 zurück.
Ihren erneuten Antrag auf Hinterbliebenenrente vom 9. Januar 1978 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 1979 ebenfalls ab. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 1979, Urteile des SG Stuttgart vom 15. November 1979 und des Landessozialgerichts -LSG- Baden-Württemberg vom 25. Februar 1981). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt:
Die Voraussetzungen des § 42 Sätze 1 und 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) vom 9. Juni 1965 (BGBl I S 476) seien - wie durch das rechtskräftige Urteil vom 29. Mai 1969 festgestellt worden sei - nicht erfüllt. Dasselbe gelte für die danach durch das Rentenreformgesetz (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965) neu eingefügten Voraussetzungen des § 42 Satz 2 AVG. Eine Unterhaltsverpflichtung des Versicherten habe nicht aus den in § 42 Satz 2 Nr 1 AVG genannten Gründen nicht bestanden. Allerdings habe der Klägerin nach den Vorschriften des Ehegesetzes (EheG) gegen den Versicherten ein Anspruch auf angemessenen Unterhalt zugestanden. Dieser sei durch den gerichtlichen Vergleich vom 1. April 1954 konkretisiert und der Höhe nach festgelegt worden. Auf ihren gesetzlichen Unterhaltsanspruch habe die Klägerin trotz dessen Nichtgeltendmachung nach Bewilligung einer eigenen Rente aufgrund des BEG nicht endgültig oder uneingeschränkt verzichtet. Ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente stehe ihr aber nur dann zu, wenn die Rente nach dem BEG den Erträgnissen aus einer Erwerbstätigkeit zuzurechnen und deswegen gemäß § 42 Satz 2 Nr 1 AVG bei der Feststellung ihres Unterhaltsanspruchs außer Betracht zu lassen wäre. Das sei nicht der Fall. Zwar gehörten zu den Erträgnissen aus einer Erwerbstätigkeit neben Lohn- und Gehaltsansprüchen auch alle Sozialversicherungsrenten aus eigener Versicherung. Sie hätten ihre Grundlage in der Erwerbstätigkeit und den aufgrund des Arbeitseinkommens abgeführten eigenen Beiträgen des Sozialversicherten. Bei einer Rente nach dem BEG seien diese Voraussetzungen nicht gegeben. Sie beruhe nicht auf dem Versicherungsprinzip und knüpfe auch nicht an die aus früherem Arbeitseinkommen abgeführten Sozialversicherungsbeiträge an. Vielmehr knüpfe sie als Ausfluß der Gesetzgebung zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung an die frühere berufliche Stellung an und sei gegebenenfalls neben einer Sozialversicherungsrente aus eigener Versicherung zu gewähren. Dieser andersartige Charakter der Entschädigungsrente rechtfertige ihre Gleichstellung mit Sozialversicherungsrenten nicht. Ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 42 Satz 2 AVG bestehe deswegen nicht.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 42 Satz 2 AVG. Die Rente nach dem BEG stelle einen Ersatz für das wegen ihrer Verfolgung verloren gegangene berufliche Einkommen aus ihrer vormaligen Landwirtschaftstätigkeit dar und stehe deswegen in engem Zusammenhang mit ihrer früheren Erwerbstätigkeit.
Die Klägerin beantragt, die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. November 1979 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 1981 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. April 1979 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 1979 zur Gewährung von Hinterbliebenenrente zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist mit dem LSG der Ansicht, die Leistungen nach dem BEG seien keine Erträgnisse aus einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 42 Satz 2 AVG.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) erteilt.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision der Klägerin ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach ihrem geschiedenen Ehemann für die Zeit ab 1. Februar 1978.
Rechtsgrundlage des nach bindender Ablehnung des ersten Rentenantrages der Klägerin durch Bescheid vom 12. November 1968 erneut geltend gemachten Anspruchs ist § 42 AVG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift in der ab 1. Juli 1977 geltenden Fassung des Art 4 Nr 2 Buchst a des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) vom 14. Juni 1976 (BGBl I S 1421) wird einer früheren Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit dem Versicherten vor dem 1. Juli 1977 geschieden, für nichtig erklärt oder aufgehoben ist, nach dem Tode des Versicherten Rente gewährt, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat. Nach § 42 Satz 2 AVG in der Fassung des RRG findet, wenn eine Witwenrente nicht zu gewähren ist, Satz 1 auch dann Anwendung, wenn neben weiteren kumulativen Voraussetzungen (§ 42 Satz 2 Nrn 2 und 3 AVG) eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder wegen der Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat (§ 42 Satz 2 Nr 1 AVG). Nach der zuvor geltenden Fassung des § 42 Satz 2 AVG in der Fassung des RVÄndG hat, wenn eine Witwenrente nicht zu gewähren ist, Satz 1 auch dann Anwendung gefunden, wenn eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten nicht bestanden hat.
Das LSG hat zutreffend einerseits im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil des SG Stuttgart vom 29. Mai 1969 nicht erneut geprüft, ob die Voraussetzungen des § 42 Sätze 1 und 2 in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung des RVÄndG erfüllt sind, und andererseits das Vorliegen der neu eingefügten und geänderten Voraussetzungen des § 42 Satz 2 AVG in der Fassung des RRG als voll nachprüfbar angesehen (vgl BSGE 36, 251, 252 f = SozR Nr 69 zu § 1265 RVO). Das gilt insbesondere im Rahmen des § 42 Satz 2 Nr 1 AVG für die Frage, ob eine Unterhaltsverpflichtung des Versicherten wegen der Erträgnisse der Klägerin aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat. Insofern ist das LSG davon ausgegangen, daß der Klägerin zu Lebzeiten des Versicherten ein durch den Vergleich vom 1. April 1954 lediglich der Höhe nach konkretisierter gesetzlicher Unterhaltsanspruch nach § 58 EheG zugestanden und sie auf diesen Anspruch nicht endgültig oder uneingeschränkt verzichtet habe. Diese rechtlichen Schlußfolgerungen bieten zu Bedenken keinen Anlaß und sind von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen sind jedoch die allein noch streitigen Voraussetzungen der zweiten Regelung des § 42 Satz 2 Nr 1 AVG in der Fassung des RRG erfüllt. Ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Versicherten hat wegen ihrer Erträgnisse aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden. Nach den Feststellungen des LSG hat der Klägerin ein Unterhaltsanspruch nicht mehr zugestanden, nachdem ihr eine eigene Rente aufgrund des BEG zuerkannt worden ist und damit ihre eigenen Einkünfte nicht mehr geringer gewesen sind als diejenigen des Versicherten. Die Renteneinkünfte der Klägerin stammen im Sinne des § 42 Satz 2 Nr 1 AVG aus einer Erwerbstätigkeit. Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff der "Erträgnisse aus einer Erwerbstätigkeit" ist nicht eng auszulegen. Zu den Erträgnissen zählen nicht nur Einkünfte aus einer aktiven selbständigen Tätigkeit oder abhängigen Beschäftigung der geschiedenen Ehefrau. Vielmehr gehören dazu wegen ihrer engen Verknüpfung mit einer Erwerbstätigkeit und der ihnen innewohnenden Lohnersatzfunktion etwa auch das Krankengeld (BSG SozR Nr 57 zu § 1265 RVO) oder Sozialversicherungsrenten aus eigener Versicherung (BSG SozR 2200 § 1265 Nr 9 S 27). Für die der Klägerin aufgrund des BEG gewährte Rente muß dasselbe gelten.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist der Klägerin seit dem 1. November 1953 eine Rente nach dem BEG deswegen gewährt worden, weil sie als Verfolgte ihre frühere Tätigkeit (Bewirtschaftung eines von ihren Eltern übernommenen landwirtschaftlichen Gutes) nicht wieder hat aufnehmen und ihr die Wiederaufnahme auch nicht hat zugemutet werden können. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich damit bei der der Klägerin gewährten Rente um eine solche wegen Schadens im beruflichen Fortkommen. Nach § 25 Abs 1 BEG in seiner ursprünglichen Fassung (= aF) vom 18. September 1953 (BGBl I S 1387) hat der Verfolgte Anspruch auf Entschädigung für Schaden im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen, wenn er im Zuge einer im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 oder im Falle des § 8 Abs 1 Nr 4 BEG im Vertreibungsgebiet begonnenen Verfolgung in seinem beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen nicht nur geringfügig benachteiligt wurde (zum Begriff des Schadens im beruflichen Fortkommen § 65 BEG in der Fassung vom 29. Juni 1956; BGBl I S 562). Der ehemals in einem selbständigen Beruf tätige Verfolgte hat Anspruch auf Entschädigung, wenn er aus selbständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich land- und forstwirtschaftlicher oder gewerblicher Tätigkeit, verdrängt oder in ihrer Ausübung beschränkt worden ist (§ 26 BEG aF; nunmehr § 66 Abs 1 BEG in der Fassung vom 29. Juni 1956). Dem in seiner selbständigen Erwerbstätigkeit geschädigten Verfolgten wird für die Zeit der Verdrängung aus oder der Beschränkung in seiner beruflichen Tätigkeit eine Entschädigung gewährt. Diese besteht in einer Kapitalentschädigung oder in einer Rente (§ 30 Abs 1 BEG aF; § 74 BEG in der Fassung vom 29. Juni 1956). Die Entschädigung wird nicht über den Zeitpunkt hinaus gewährt, in dem der Verfolgte seine frühere Tätigkeit in vollem Umfange aufgenommen oder in dem er sich einem anderen Beruf zugewandt hat, der ihm eine ausreichende Lebensgrundlage bietet (§ 30 Abs 2 Satz 1 BEG aF; ähnlich nunmehr § 75 Abs 1 BEG in der Fassung des BEG-Schlußgesetzes vom 14. September 1965; BGBl I S 1315 - BEG nF -). Der Verfolgte kann anstelle einer Kapitalentschädigung eine seiner früheren Lebensstellung entsprechende angemessene Rente wählen. Voraussetzung für dieses Wahlrecht ist, daß er im Zeitpunkt seiner Entschließung seine frühere Tätigkeit nicht wieder in vollem Umfange aufnehmen konnte oder daß ihm eine solche Aufnahme nicht zuzumuten war (§ 33 Abs 1 Satz 1 BEG aF; zum Rentenwahlrecht und seinen Voraussetzungen nunmehr § 81 BEG in der Fassung vom 29. Juni 1956 und § 82 BEG nF). Die Gewährung der Rente setzt einen Anspruch auf Kapitalentschädigung voraus; das dem Verfolgten eingeräumte Wahlrecht stellt lediglich eine Ersetzungsbefugnis dar (vgl Blessin-Giessler, Bundesentschädigungs-Schlußgesetz, 1967, § 81, Anm II 2; Brunn-Hebenstreit, Bundesentschädigungsgesetz, 1965, § 81, Anm 1, jeweils mit Rechtsprechungshinweisen).
Nach dieser rechtlichen Ausgestaltung muß die Rente wegen Schadens im beruflichen Fortkommen als Ertrag aus einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 42 Satz 2 Nr 1 AVG in der Fassung des RRG angesehen werden. Das ergibt sich einmal aus ihrer engen Anbindung an den Anspruch auf Kapitalentschädigung und zum anderen aus den Voraussetzungen für die Ausübung des Rentenwahlrechts selbst. Nach dem zur Zeit der Bewilligung der Rente an die Klägerin maßgebenden (§§ 26, 30 Abs 1 und 2 BEG aF) wie auch nach heute geltendem Recht (§ 66 Abs 1, § 74 BEG in der Fassung vom 29. Juni 1956, § 75 Abs 1 BEG nF) wird die Kapitalentschädigung sowohl aus Anlaß der Verdrängung aus der selbständigen Tätigkeit bzw der wesentlichen Beschränkung in ihrer Ausübung als auch lediglich für die Zeit der Verdrängung bzw wesentlichen Beschränkung bis zur Wiederaufnahme der früheren Tätigkeit bzw eines anderen Berufes mit ausreichender Lebensgrundlage gewährt. Sie hat erkennbar die Funktion eines Ausgleichs des Verlustes an Einkünften infolge Nichtausübung bzw eingeschränkter Ausübung der früher ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit des Verfolgten. Für die laufende Rente wegen Schadens im beruflichen Fortkommen kann nichts anderes gelten. Sie setzt einmal das Bestehen eines Anspruchs auf Kapitalentschädigung voraus. Zum anderen deuten die gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Ausübung des Rentenwahlrechts zwingend auf den Charakter der Rente als Ersatz für den Verlust des Einkommens aus der früheren selbständigen Erwerbstätigkeit hin. Das Rentenwahlrecht konnte bzw kann nämlich nur ausgeübt werden, wenn der Verfolgte im Zeitpunkt seiner Entschließung seine frühere Tätigkeit nicht wieder in früherem Umfange aufnehmen konnte oder ihm eine solche Aufnahme nicht zuzumuten war (§ 33 Abs 1 Satz 1 BEG aF) bzw keine Erwerbstätigkeit ausübt, die ihm eine ausreichende Lebensgrundlage bietet, und ihm die Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit auch nicht zuzumuten ist (§ 82 Abs 1 Satz 1 BEG nF). Die Rente stellt somit ihrer Funktion nach einen Einkommensersatz dar. Dem läßt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit dem Hinweis begegnen, daß die Rente als Ausfluß der Gesetzgebung zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung an die frühere berufliche Stellung und nicht an etwaige aus dem früheren Arbeitseinkommen abgeführte Sozialversicherungsbeiträge anknüpfe. Das trifft so nicht zu. Ihrem Rechtsgrunde nach knüpft die Rente nicht an die frühere berufliche Stellung des Verfolgten als solche, sondern daran an, daß er diese Stellung nicht wieder erreichen und sich eine ausreichende Lebensgrundlage auch durch Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit nicht schaffen kann. Ihrer Höhe nach wird die Rente auf der Grundlage von zwei Dritteln der Versorgungsbezüge eines vergleichbaren Bundesbeamten errechnet (§ 33 Abs 2 Satz 1 BEG aF; § 83 Abs 1 Satz 1 BEG in der Fassung vom 29. Juni 1956). Diese Berechnung geht zwar nicht von dem - im Einzelfall kaum oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten feststellbaren - dem Verfolgten konkret und individuell entstandenen Einkommensverlust aus. Die Zugrundelegung der beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge als Berechnungsgrundlage ist jedoch ein weiteres Indiz dafür, daß ebenso wie diese Versorgungsbezüge auch die Rente wegen Schadens im beruflichen Fortkommen das zuvor aus einer Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen ersetzen soll. Die Rente stellt nach alledem einen Ertrag aus Erwerbstätigkeit im Sinne des § 42 Satz 2 Nr 1 AVG dar.
Die Voraussetzungen des § 42 Satz 2 AVG in der Fassung des RRG für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente an die Klägerin sind damit erfüllt. Ihr steht diese Rente vom Beginn des auf die Antragstellung (9. Januar 1978) folgenden Monats zu (§ 67 Abs 4 AVG). Dies muß unter Aufhebung der angefochtenen Vorentscheidungen zur entsprechenden Verurteilung der Beklagten führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen