Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. sachliche Voraussetzung. ingenieurtechnische Beschäftigung. Ingenieurökonom
Leitsatz (amtlich)
Ein Ingenieurökonom erfüllte die sachliche Voraussetzung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz, wenn er im Rahmen seines Berufsbilds beschäftigt und nicht berufsfremd eingesetzt war; eine ingenieurtechnische Beschäftigung war nicht erforderlich (Fortführung BSG vom 12.6.2001 – B 4 RA 117/00 R = SozR 3-8570 § 5 Nr 6).
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1 Sätze 1-2, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1-3; ZAVtIV § 1; ZAVtIVDBest 2 § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. November 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Mai 2005 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25. August 2003 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt die Wiederherstellung des Urteils des Sozialgerichts (SG), in dem die Beklagte verpflichtet worden war, Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (AVItech) vom 1. Januar 1973 bis 30. Juni 1990 festzustellen. Der Kläger war seit 1961 berechtigt, den Titel “Ingenieurökonom” zu führen. Im streitigen Zeitraum war der Kläger beim VEB Kombinat F… in S…, dem späteren VEB Kombinat F… N… bzw ab 1980 dem VEB E… N…, zunächst bis zum 31. März 1980 als Stellvertreter des Direktors für Materialwirtschaft, später bis zum 31. März 1989 als Beauftragter für materielle Sicherung Ersatzteilwirtschaft, danach bis zum 30. Juni 1990 als Koordinator für materielle Sicherung Ersatzteile beschäftigt. Eine Versorgungszusage erhielt er in der DDR nicht.
Die Beklagte lehnte es ab, die Beschäftigungszeiten vom 15. August 1961 bis 30. Juni 1990 als Tatbestände von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festzustellen, weil der Kläger am 30. Juni 1990 nicht ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen sei (Bescheid vom 1. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2002).
Das SG hat den Klagen stattgegeben und antragsgemäß die vorgenannten Bescheide aufgehoben sowie die Beklagte verpflichtet, “den Zeitraum vom 1. Januar 1973 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz anzuerkennen” (Urteil vom 25. August 2003). Es hat ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf die begehrte Feststellung, denn er werde vom persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erfasst. Ihm sei zwar in der DDR keine Versorgungszusage erteilt worden. Er hätte jedoch einen bundesrechtlichen fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Als Ingenieurökonom sei er Ingenieuren gleichgestellt gewesen. Sein Beschäftigungsbetrieb (am 30. Juni 1990) sei ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie gewesen. Er habe zu diesem Zeitpunkt auch eine seiner Ausbildung zum Ingenieurökonomen entsprechende Tätigkeit ausgeübt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten abgewiesen (Urteil vom 19. November 2004 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Mai 2005). Es hat ausgeführt: Der Kläger werde vom persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 AAÜG nicht erfasst. Er habe weder eine Versorgungszusage erhalten, noch habe er einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Er erfülle zwar die persönliche Voraussetzung und auch die betriebliche Voraussetzung, denn er sei als Ingenieurökonom den Diplom-Ingenieuren gleichgestellt gewesen und am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie beschäftigt gewesen. Er verwirkliche jedoch nicht die sachliche Voraussetzung, denn er habe keine ingenieurtechnische, sondern eine ökonomische Tätigkeit innegehabt. Nach den sich aus den Funktionsplänen ergebenden Aufgabenbereichen sei er ua in seiner ab dem 1. April 1989 ausgeübten Tätigkeit als Koordinator für materielle Sicherung Ersatzteile überwiegend betriebswirtschaftlich, nicht ingenieurtechnisch tätig gewesen. Für eine Einbeziehung reiche es nicht aus, dass ein Ingenieurökonom, der auf Grund seiner Ausbildung neben ökonomischen auch naturwissenschaftlich-technische Kenntnisse besitze und daher im Grenzbereich beider Aufgabengebiete tätig werde, konkret im Rahmen seines Berufsbilds beschäftigt und nicht etwa berufsfremd eingesetzt worden sei. Wortlaut und Sinn der Versorgungsordnung sprächen für eine Einschränkung auf ingenieurtechnische Tätigkeiten.
Der Kläger hat die vom Senat mit Beschluss vom 18. Oktober 2005 zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG und der §§ 5 bis 8 AAÜG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in ein Versorgungssystem einbezogen worden seien, zu prüfen, ob sie einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Dies sei hier der Fall. Denn er erfülle sowohl die persönliche, sachliche und betriebliche Voraussetzung für die Einbeziehung in die AVItech. Streitig sei allein, ob die sachliche Voraussetzung gegeben sei. Das BSG habe in seinem Urteil vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 117/00 R (SozR 3-8570 § 5 Nr 6) dazu festgestellt, dass diese dann erfüllt sei, wenn Aufgaben wahrgenommen würden, welche die Kenntnisse und Tätigkeiten eines Diplom-Ingenieurökonomen erforderten. Dieser müsse im Rahmen seines Berufsbilds beschäftigt, also nicht etwa berufsfremd eingesetzt gewesen sein. Das Urteil des LSG stehe im Widerspruch zu dieser Entscheidung des BSG. Nach den Feststellungen des LSG sei er entsprechend seiner Qualifikation tätig gewesen. Es sei dabei zu berücksichtigen, dass er als Ingenieurökonom auch über betriebswirtschaftliche Kenntnisse verfüge. Entgegen der Auffassung des LSG ergebe sich eine Unterscheidung zwischen ingenieur- und verwaltungstechnischen Tätigkeiten nicht aus § 1 Abs 1 Satz 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVItech (2. DB).
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. November 2004 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Mai 2005 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25. August 2003 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. November 2004 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Mai 2005 zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (VO-AVItech) sei nicht für die gesamte technische Intelligenz eingeführt worden, sondern nur für die ingenieurtechnisch Tätigen. Selbst wenn der Kläger über die Qualifikation eines Ingenieurökonomen verfügt habe, sei er im Bereich der Materialwirtschaft tätig gewesen und damit im Fachbereich Beschaffung und Absatz. Die Grundfunktion der Materialwirtschaft habe in der Sicherung einer planmäßigen Versorgung der Konsumenten bestanden. Sie habe die mit der Materialplanung und Materiallagerung verbundenen Aufgaben erfüllt. Der Kläger sei damit nicht in den unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Das LSG hat Bundesrecht verletzt (§§ 162, 170 Abs 2 Satz 1 SGG).
Mit der Revision verfolgt der Kläger sinngemäß sein Begehren aus dem Berufungsverfahren weiter. Er begehrt, das Urteil des LSG vom 19. November 2004 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Mai 2005 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das seinen Klagen stattgebende Urteil des SG vom 25. August 2003 zurückzuweisen, also das Urteil des SG wiederherzustellen. Dieses Begehren hat Erfolg, denn das SG hat den zulässigen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 SGG), die ablehnende Entscheidung der Beklagten aufzuheben und diese zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1973 bis 30. Juni 1990 als Tatbestände von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festzustellen, im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Kläger wird vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst. Es liegen in den hier streitigen Zeiten auch Tatbestände von Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 Abs 1 AAÜG vor. Der Kläger hat deshalb einen Anspruch gegen die Beklagte, diese nach § 8 Abs 3 iVm Abs 1 und 2 AAÜG festzustellen.
1. Vom persönlichen Anwendungsbereich werden nach der Maßstabsnorm des § 1 Abs 1 AAÜG Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG). War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn beim Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten. Geht man vom Wortlaut der Vorschrift aus, so erfüllt der Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) beide Tatbestände nicht, denn der Kläger war weder Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft, noch hatte er vor dem 30. Juni 1990 eine Versorgungsanwartschaft erlangt, die er hätte verlieren können.
2. Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend auf Grund originären Bundesrechts (Art 17 Einigungsvertrag) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund einer vom Senat vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 12, Nr 3 S 20, Nr 4 S 26, Nr 5 S 32, Nr 6 S 39, Nr 7 S 59 f, Nr 8 S 73; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsprechung einschließlich des Stichtags 30. Juni 1990: Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 ua, SozR 4-8560 § 22 Nr 1 = NVwZ 2006, 449 = NZS 2006, 314).
Der Kläger war am 1. August 1991 Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft.
Eine solche fiktive Berechtigung hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 VO-AVItech iVm § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 der 2. DB zur VO-AVItech von folgenden Voraussetzungen ab (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40 f, Nr 7 S 60, Nr 8 S 74; SozR 4-8570 § 1 Nr 1 RdNr 11 ff, Nr 2 RdNr 23 ff, Nr 3 RdNr 11 ff, Nr 4 RdNr 11 ff, Nr 6 RdNr 13 ff, BSG, Urteile vom 13. Dezember 2005 – B 4 RA 3/05 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 8 RdNr 20 und vom 16. März 2006 – B 4 RA 29/05 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 9 RdNr 23), nämlich
(1) von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
(2) der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar
(3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs 2 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass der Kläger die persönliche Voraussetzung im Bereich der AVItech erfüllt. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr 8 S 75 f darauf hingewiesen, dass von der VO-AVItech nicht die “technische Intelligenz” insgesamt, also nicht alle Berufe der technischen Intelligenz, erfasst war, sondern innerhalb dieser sozialen Gruppen nur ganz bestimmte Professionen, und zwar diejenigen, die in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB ausdrücklich aufgeführt sind. Zu diesen gehört der Beruf des “Ingenieurs”.
Dass der Kläger zu der ausdrücklich in § 1 Abs 1 Satz 1 der 2. DB aufgeführten Personengruppe der “Ingenieure” gehörte und damit die persönliche Voraussetzung erfüllt, wird vom LSG und der Beklagten nicht in Frage gestellt. Das LSG hat vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger am 30. Juni 1990 das Recht hatte, die Berufsbezeichnung “Ingenieurökonom” zu führen. Damit galten für ihn nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR, wie er in der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung “Ingenieur” (nachfolgend: Ing VO-DDR) vom 12. April 1962 (GBl II 278) seinen Ausdruck gefunden hatte, die Bestimmungen über die Führung der Berufsbezeichnung “Ingenieur” entsprechend. § 1 Abs 2 Ing VO-DDR bestimmte ausdrücklich, dass auch “Ingenieurökonomen” – wie der Kläger – bezüglich der Berechtigung zur Führung des Titels “Ingenieur” den Ingenieuren gleichgestellt waren (hierzu schon: BSG SozR 3-8570 § 5 Nr 6 S 41; zur Bedeutung des § 1 Ing VO-DDR für den Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990: BSG, Urteil vom 16. März 2006 – B 4 RA 29/05 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 9 RdNr 25 ff).
b) Der Kläger erfüllt auch die betriebliche Voraussetzung. Nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie beschäftigt.
c) Unzutreffend ist das LSG, der Beklagten folgend, jedoch davon ausgegangen, dass der Kläger die sachliche Voraussetzung nicht erfüllt. Das LSG verletzt Bundesrecht, wenn es meint, bei Personen, die am 30. Juni 1990 berechtigt waren, den Titel “Ingenieurökonom” zu führen, sei die sachliche Voraussetzung im Bereich der AVItech nur gegeben, wenn sie an diesem Tag “ingenieurtechnisch” beschäftigt gewesen seien. Diese einschränkende Auslegung findet in den zu Bundesrecht gewordenen am 1. August 1991 geltenden leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme (hier: AVItech) und den sonstigen zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen Regelungen, die von den zuständigen Rechtsetzungsorganen der DDR in der vorgesehenen Form getroffen worden sind, keine Stütze. Aus der Gleichstellung der “Ingenieurökonomen” mit den “Ingenieuren” in § 1 Abs 2 der Ing VO-DDR, die lediglich faktisches Indiz für den Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 war und kein sekundäres Bundesrecht geworden ist, folgt nicht, dass ein “Ingenieurökonom” wie ein “Ingenieur” ingenieurtechnisch beschäftigt sein musste, um die sachliche Voraussetzung zu erfüllen. Der Senat hat es in seinem Urteil vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 117/00 R, SozR 3-8570 § 5 Nr 6 S 41 für ausreichend erachtet, dass der “Ingenieurökonom” Aufgaben erfüllen müsse, die seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprächen; er müsse also im Rahmen seines Berufsbilds beschäftigt gewesen sein und dürfe nicht berufsfremd eingesetzt gewesen sein. Es gilt deshalb auch für diese Berufsgruppe der vom Senat entwickelte Grundsatz, dass ein zur Titelführung berechtigter “Ingenieurökonom” am 30. Juni 1990 eine seiner Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit (Beschäftigung) ausgeübt haben muss. Soweit das LSG seine hiervon abweichende Auffassung auf den Wortlaut und den Sinn der AVItech stützt, so kann hieraus nur eine Einschränkung auf bestimmte Personengruppen in Bezug auf die persönliche Voraussetzung und auf bestimmte Betriebe in Bezug auf die betriebliche Voraussetzung entnommen werden. Eine Einschränkung auf bestimmte Beschäftigungen, die von den erfassten Personen in den erfassten Betrieben ausgeübt werden, kann hieraus nicht hergeleitet werden, es sei denn, die erfassten Personen wurden berufsfremd, also nicht ihrer Berufsbezeichnung entsprechend eingesetzt. Hierfür gibt es nach den Feststellungen des LSG im Falle des Klägers keine Anhaltspunkte. Das LSG hat vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass ein Ingenieurökonom – wie der Kläger – auf Grund seiner Ausbildung neben ökonomischen auch naturwissenschaftlich-technische Kenntnisse besitzt und daher im Grenzbereich beider Aufgabengebiete tätig wird, wobei der Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG am 30. Juni 1990 als Koordinator für materielle Sicherung Ersatzteile überwiegend betriebswirtschaftlich tätig war. Dies schließt entgegen der Auffassung des LSG das Vorliegen der sachlichen Voraussetzung bei Ingenieurökonomen – wie dem Kläger – nicht aus, soweit diese – wie das LSG für den Senat bindend festgestellt hat – noch im Rahmen ihres Berufsbilds, also nicht berufsfremd, beschäftigt waren.
3. In den hier streitigen Zeiten liegen auch Tatbestände von Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 Abs 1 AAÜG und damit Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten iS des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch vor, denn der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des LSG vom 1. Januar 1973 bis 30. Juni 1990 als Stellvertreter des Direktors für Materialwirtschaft (bis 31. März 1980), als Beauftragter für materielle Sicherung Ersatzteilwirtschaft (bis 31. März 1989) und als Koordinator für materielle Sicherung Ersatzteile (bis 30. Juni 1990) entgeltliche Beschäftigungen ausgeübt, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung (hier: AVItech) vorgesehen war (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 3 S 21 f mwN).
4. Das Urteil des LSG idF des Berichtigungsbeschlusses war mithin aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des SG zurückzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183,193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1600379 |
FA 2007, 32 |
NJ 2007, 46 |
NZS 2007, 321 |