Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Rentenhöchstbetrags einer Witwenrente aus der Angestelltenversicherung unter Berücksichtigung des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG)
Orientierungssatz
Bei Rentenumstellung nach dem Angestelltenversicherungsneuregelungsgesetz (AnVNG) schreibt Art 3 § 5 Abs 2 AnVNG für die Berechnung der Rente als Jahr des Rentenbeginns das Jahr 1956 schematisch zwingend vor, was sowohl für die Ermittlung des Umstellungsfaktors als auch für die Ermittlung des Rentenhöchstbetrags gilt.
Eine Verlegung des Rentenbeginns kommt auch bei Berücksichtigung des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) nicht in Betracht.
Normenkette
AnVNG Art. 2 § 33 Fassung: 1957-02-23, Art. 3 § 5 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; FANG Art. 6 § 17 Fassung: 1960-02-25; ArVNG Art. 2 § 34 Fassung: 1957-02-23, Art. 3 § 6 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 22.05.1962) |
SG Berlin (Entscheidung vom 27.07.1960) |
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 22. Mai 1962 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 1960 werden aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, wie der Höchstbetrag einer Rente (Art. 2 § 33 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG - vom 23. Februar 1957) zu ermitteln ist, wenn die Rente ohne Berücksichtigung des erst später verkündeten Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25. Februar 1960 festgestellt ist und mit auf Beiträgen beruht, die zur einheitlichen Rentenversicherung in Berlin entrichtet worden sind (Art. 3 § 5 Abs. 2 AnVNG; Rentenversicherungsüberleitungsgesetz vom 10. Juli 1952; Art. 6 § 17 FANG).
Die Klägerin bezieht von der Beklagten eine Witwenrente. Ihr Ehemann, der Versicherte, war 1915 in die Rentenversicherung eingetreten, hat u. a. auch der einheitlichen Rentenversicherung in Berlin angehört und ist 1959 gestorben. Sein 15. Lebensjahr vollendete er 1915. Die Beklagte berechnete die Rente unter Anwendung des Art. 3 § 5 Abs. 2 und Art. 2 § 33 AnVNG. Sie legte bei der Ermittlung der Höchstgrenze der Rente eine Versicherungsdauer von 41 Jahren zugrunde, nämlich die Zeit zwischen dem Jahr der Vollendung des 15. Lebensjahres des Versicherten und dem - nach Art. 3 § 5 Abs. 2 AnVNG unterstellten - Jahr des Rentenbeginns 1956 (Art. 2 § 33 Abs. 2 AnVNG). Die Klägerin will dagegen als Jahr des Rentenbeginns das Todesjahr des Versicherten, 1959, und dementsprechend die Versicherungsdauer mit 43 Jahren angesetzt wissen. Mit der Klage erstrebt sie die Gewährung des auf diese Weise ermittelten höheren Rentenbetrags. Beide Vorinstanzen verpflichteten die Beklagte, bei der Rentenfestsetzung, soweit sie noch ohne Anwendung des FANG erfolgte, von einer Versicherungsdauer von 43 Jahren auszugehen. Das Landessozialgericht (LSG) ließ die Revision zu.
Die Beklagte legte gegen das Berufungsurteil Revision ein und rügte eine unrichtige Anwendung des Art. 2 § 33 AnVNG. Sie beantragte, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragte, die Revision zurückzuweisen. Sie regte an, die in diesem Rechtsstreit umstrittene Frage dem Großen Senat zur Entscheidung vorzulegen.
Die Revision ist zulässig und begründet. Das Bestreben der Klägerin, bei der Anwendung des Art. 2 § 33 AnVNG als Jahr des Rentenbeginns ein späteres als das im Art. 3 § 5 Abs. 2 AnVNG genannte Jahr 1956 zugrunde zu legen, um dadurch zu einer längeren Versicherungsdauer und höheren Rente zu kommen, ist nicht berechtigt und steht im Widerspruch zu den erwähnten Vorschriften. Die Rente der Klägerin bedarf zwar nach der Verkündung des FANG einer Neuberechnung, doch bleibt die ursprüngliche - in diesem Verfahren umstrittene - Rentenberechnung für die Klägerin bedeutungsvoll, weil die Besitzstandsgarantie des FANG möglicherweise die Höhe auch der neu berechneten Rente beeinflußt (Art. 6 § 17 FANG). Die Rentenberechnung im Bewilligungsbescheid muß daher auf ihre Richtigkeit hin nachgeprüft werden.
Der "Rentenbeginn im Jahre 1956", der für die Umstellung von Renten mit früheren Berliner Beiträgen in Art. 3 § 5 Abs. 2 AnVNG fingiert ist, gilt nicht nur für die Ermittlung des Umstellungsfaktors nach den Tabellen der Anlagen 3 und 4 zum AnVNG, sondern auch für die Begrenzung durch den Rentenhöchstbetrag nach Art. 2 § 33 AnVNG. Sowohl die Umstellungsfaktoren als auch die Rentenhöchstbeträge gehen auf eine angenommene Versicherungsdauer zurück, die zwischen der Vollendung des 15. Lebensjahres und dem Rentenbeginn liegt. Diese Versicherungsdauer ist in beiden Fällen nach gleichen Maßstäben schematisch festgelegt. Wenn daher in Art. 3 § 5 Abs. 2 AnVNG für die Berechnung der Rente als Jahr des Rentenbeginns das Jahr 1956 vorgeschrieben ist, so muß dies sowohl für die Ermittlung des Umstellungsfaktors als auch für die Ermittlung des Rentenhöchstbetrags gelten. Dies hat der Senat bereits früher so entschieden und in seinem Urteil vom 20. Juni 1962 näher begründet (BSG SozR Art. 3 § 6 ArVNG Aa 1 Nr. 1). An dieser Auffassung wird nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage festgehalten. Die Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorzulegen (§ 43 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), besteht keine Veranlassung; es handelt sich lediglich um die Auslegung von Übergangsvorschriften, die zudem inzwischen überholt sind. Daß die Einführung von Höchstbeträgen für Renten anläßlich der Neuordnung der Rentenversicherungen keine höherrangigen Normen des Grundgesetzes verletzt, insbesondere keine entschädigungslose Enteignung darstellt, hat der Senat schon mehrfach ausgesprochen (BSG 13, 61, 64; 13, 247, 250); auch diese Meinung wird aufrechterhalten.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten war daher richtig und muß wiederhergestellt werden (§§ 170 Abs. 2, 193 SGG). Über die Rente, die der Klägerin aufgrund des nunmehr geltenden FANG zusteht, ist in diesem Rechtsstreit nicht zu befinden.
Fundstellen