Leitsatz (amtlich)
Wird die Gesamtvergütung, die die KK an die KZÄV zu entrichten hat, nach Einzelleistungen berechnet (RVO § 368f Abs 3), so können die Vertragspartner nach RVO § 368n Abs 5 vereinbaren daß Vertreter der KK auch bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise stimmberechtigt mitwirken (Ergänzung zu BSG 1964-08-13 6 RKa 9/64 = BSGE 21, 237).
Zur Prüfung der Verordnungsweise gehört auch die Frage, ob ein bestimmtes Medikament als Sprechstundenbedarf verordnet werden darf.
Leitsatz (redaktionell)
Prüfung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung: 1. Wird im Sozialgerichtsverfahren die Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung überprüft, so richtet sich die Besetzung der SG danach, wie der Beschwerdeausschuß von Rechts wegen zu besetzen gewesen wäre.
2. Im Falle der Pauschalhonorierung wirken die KK an der Prüfung der Verordnungsweise nicht mit; diese, für die KK unbefriedigende Regelung muß jedoch hingenommen werden, wenn für die Überprüfung der Behandlungsweise und für die Überprüfung der Verordnungsweise jeweils besondere Prüfinstanzen vermieden werden sollen.
Normenkette
RVO § 368f Abs. 3 Fassung: 1955-08-17, § 368n Abs. 5 Fassung: 1955-08-17; SGG § 12 Abs. 3
Tenor
Auf die Revision der Beigeladenen wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 1963 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der Kläger, der in Dortmund als Kassenzahnarzt tätig ist, verordnete zu Lasten der beigeladenen Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) für seinen Sprechstundenbedarf im 3. Vierteljahr 1959 zwei Packungen Irgapyrin mit je 20 Tabletten. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV), die dies mit der Beigeladenen für unzulässig hielt, verpflichtete ihn mit Bescheid vom 28. März 1960, den von der Beigeladenen für das Rezept gezahlten Betrag von 7,83 DM zu ersetzen. Der Einspruch des Klägers, den er nach der ihm erteilten Rechtsbehelfsbelehrung beim Prüfungsausschuß der Beklagten einlegte, wurde mit Bescheid vom 21. Juni 1960 zurückgewiesen. Auch die Beschwerde des Klägers blieb erfolglos. Der Beschwerdeausschuß (BA) führte in seinem Beschluß vom 1. Februar 1961 u. a. aus, die "anonyme und damit unkontrollierte" Verordnung von Irgapyrin als Sprechstundenbedarf sei im Interesse der Sicherheit der Patienten nicht zu verantworten und deshalb auch in einem von der Beklagten herausgegebenen Merkbuch für unzulässig erklärt worden. - Bei der Entscheidung des BA wirkten gemäß einer nach § 368 n Abs. 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) geschlossenen und am 1. April 1959 in Kraft getretenen Prüfvereinbarung je drei Vertreter der beklagten KZV und der Krankenkassen mit.
Das Sozialgericht (SG) Münster gab - in der Besetzung mit zwei Zahnärzten als Beisitzern - der Klage statt und hob die angefochtenen Entscheidungen auf: Die Prüfungsinstanzen der Beklagten seien hier nicht zuständig gewesen, die Beklagte selbst hätte mangels Verschuldens des Klägers keinen Regreß gegen ihn verhängen dürfen (Urteil vom 26. September 1962).
Das - ebenfalls mit zwei Zahnärzten als ehrenamtlichen Richtern besetzte - Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen wies die (vom SG zugelassenen) Berufungen der beklagten KZV und der beigeladenen AOK mit Urteil vom 17. Dezember 1963 als unbegründet zurück: Die Frage, ob Irgapyrin als Sprechstundenbedarf verordnet werden dürfe, gehöre zur Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise; deren Überprüfung sei aber nach § 368 n Abs. 4 RVO stets eine Angelegenheit der kassenzahnärztlichen Selbstverwaltung. Deshalb hätten auch im Gerichtsverfahren zwei zahnärztliche Beisitzer mitwirken müssen. Aus demselben Grunde sei die Entscheidung des - paritätisch besetzt gewesenen - BA rechtswidrig. Die angefochtenen Bescheide hätten auch sachlich nicht ergehen dürfen, weil die Verordnung von Irgapyrin nach den hier noch anwendbaren Richtlinien des Bundesverbandes der Deutschen Zahnärzte (BDZ) für die Verordnung von Sprechstundenbedarf vom 16. September 1953 nicht unzulässig gewesen sei.
Die beigeladene AOK rügt mit der vom LSG nicht zugelassenen Revision, das Berufungsgericht sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, bei seiner Entscheidung hätte auch ein Vertreter der Krankenkassen mitwirken müssen. Das folge schon daraus, daß nach der genannten Prüfvereinbarung für den Erlaß des streitigen Widerspruchsbescheides ein mit Vertretern der Zahnärzte und Krankenkassen besetzter Ausschuß zuständig gewesen sei. Entgegen der Ansicht des LSG habe die Prüfvereinbarung auch dem Gesetz entsprochen. Nach § 368 n Abs. 5 RVO könne nämlich im Falle der Einzelleistungshonorierung auch die Prüfung der Verordnungsweise - wegen ihres Sachzusammenhanges mit der Prüfung der Behandlungsweise, deren "Anhängsel" sie sei - paritätisch besetzten Ausschüssen übertragen werden. Nur so sei das wenig sinnvolle Nebeneinander verschieden besetzter Prüfungseinrichtungen für die Behandlungs- und die Verordnungsweise zu vermeiden. In der Sache habe das LSG übersehen, daß der - erschöpfende - Katalog der Medikamente, die nach den Richtlinien des BDZ als Sprechstundenbedarf verordnet werden dürften, Irgapyrin nicht enthalte; dieses Mittel sei daher als Sprechstundenbedarf nicht verordnungsfähig. Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 1963 und das Urteil des SG Münster vom 26. September 1962 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat u. a. vorgetragen, nach § 368 n Abs. 3 RVO sei das Prüfungswesen ausschließlich Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, § 368 n Abs. 5 RVO habe den Krankenkassen nur ein Mitwirkungsrecht bei der Festlegung der Zahl der Mitglieder der Prüfungsausschüsse eingeräumt; wenn sie eigene Vertreter in die Ausschüsse entsenden dürften, müßten die Ausschüsse auch parteifähig sein, an einer entsprechenden Bestimmung fehle es aber bisher. Aus der mangelnden Parteifähigkeit der Ausschüsse könnten sich vor allem in denjenigen Bundesländern Schwierigkeiten ergeben, die den Behörden bisher keine Parteifähigkeit zuerkannt hätten. Für eine Mitwirkung der Krankenkassen bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung bestehe auch im Falle der Einzelleistungshonorierung kein Bedürfnis, wie die Regelung bei den Ersatzkassen zeige. Die Vertreter der Krankenkassen hätten insoweit auch nicht die nötige Sachkunde.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu verwerfen.
Die beklagte KZV beantragt ebenfalls,
die Revision zu verwerfen.
Sie stimmt dem angefochtenen Urteil in vollem Umfange zu und hat, wie sie vorträgt, ihre Verwaltungspraxis inzwischen entsprechend umgestellt.
II
Die Rüge der beigeladenen AOK, die sich gegen die Besetzung des LSG und damit gegen dessen Verfahren im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) richtet, ist begründet.
Ob die Gerichte im vorliegenden Fall mit zwei Zahnärzten als ehrenamtlichen Beisitzern oder mit einem Zahnarzt und einem Vertreter der Krankenkassen zu besetzen sind, hängt davon ab, ob es sich um eine Angelegenheit allein der Kassenzahnärzte (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG) oder um eine Angelegenheit des Kassenzahnarztrechts, d. h. um eine gemeinsame Angelegenheit der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG). Für die Zuordnung einer Streitsache zu der einen oder anderen Gruppe hat der Senat in ständiger Rechtsprechung als entscheidend angesehen, wie die im Verwaltungsverfahren zuständigen Instanzen, insbesondere die Beschwerdeinstanz, besetzt sind, ob ausschließlich mit Kassenzahnärzten oder auch mit stimmberechtigten Vertretern der Krankenkassen (vgl. zuletzt BSG 21, 237, 238 mit weiteren Nachweisen). Dabei kommt es, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, nicht darauf an, in welcher Besetzung die Verwaltungsstellen tatsächlich entschieden haben. Maßgebend ist vielmehr, wie sie von Rechts wegen zu besetzen gewesen wären. Diese Prüfung beschränkt sich, wenn die Beteiligten die Besetzung der Verwaltungsstellen - wie hier - durch eine Vereinbarung geregelt haben, entgegen der Ansicht der beigeladenen AOK und Revisionsklägerin nicht darauf, ob die Verwaltungsstellen bei Erlaß ihrer Entscheidung entsprechend dieser Vereinbarung besetzt waren. Zu prüfen ist vielmehr auch die Rechtmäßigkeit der Vereinbarung selbst, im vorliegenden Falle also, ob eine paritätische Besetzung des BA, wie sie die Beteiligten seinerzeit in der - auch die Prüfung der Verordnungsweise betreffenden - Prüfvereinbarung vorgesehen hatten (vgl. deren §§ 6 und 9), den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Das ist entgegen der Ansicht des LSG zu bejahen.
Nach § 368 n Abs. 3 RVO obliegt zwar "die Überwachung der kassenärztlichen Tätigkeit" (allein) der Kassenärztlichen Vereinigung. Soweit es sich jedoch um "die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung im einzelnen" handelt, enthalten die Absätze 4 und 5 des § 368 n RVO eine Sonderregelung (BSG 21, 237, 240). Danach errichten die Kassenärztlichen Vereinigungen nach näherer Bestimmung ihrer Satzungen Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse, zu denen die Krankenkassen einen von ihnen beauftragten Arzt entsenden können, der beratend mitwirkt. Bei der Überprüfung der ärztlichen Verordnungsweise haben sie außerdem das Recht, gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses den BA anzurufen (Abs. 4 Sätze 1, 2, 5 aaO). Wird die Gesamtvergütung gemäß § 368 f Abs. 3 RVO nach Einzelleistungen berechnet, so bleiben die Zusammensetzung der Ausschüsse und das Verfahren hinsichtlich des Nachweises und der Prüfung der einzelnen Leistungen der Ärzte einer Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern vorbehalten (§ 368 n Abs. 5 RVO).
Daß die Vertragspartner auf Grund der letztgenannten Vorschrift, also im Falle der Einzelleistungshonorierung, die beschließende Mitwirkung von Kassenvertretern in den Prüfungsinstanzen, namentlich die paritätische Besetzung des BA vereinbaren können, hat der Senat für die Prüfung der zahnärztlichen Behandlungsweise schon früher entschieden (BSG 21, 237). Dasselbe gilt auch für die Prüfung der zahnärztlichen Verordnungsweise .
Zwar nennt § 368 n Abs. 5 RVO als Gegenstand einer zulässigen Vereinbarung der Vertragspartner lediglich "die Zusammensetzung der Ausschüsse und das Verfahren hinsichtlich des Nachweises und der Prüfung der einzelnen Leistungen der Ärzte". Daraus jedoch zu schließen, daß eine Prüfungsvereinbarung nach § 368 n Abs. 5 RVO sich allein auf die ärztliche Behandlungsweise, nicht aber auf die Verordnungsweise beziehen darf, wie der Kläger meint, würde dem - im übrigen keineswegs eindeutigen - Wortlaut der Vorschrift zu viel Gewicht geben und den offensichtlich engen Sinnzusammenhang mit § 368 n Abs. 4 RVO unberücksichtigt lassen.
Aufgabe der nach § 368 n Abs. 4 RVO von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu errichtenden Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse ist die "Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung". Zur kassenärztlichen Versorgung gehört nun nicht nur die ärztliche Behandlung der Versicherten, sondern auch ihre Betreuung bei Mutterschaft, die Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen, die Verordnung von Arznei, Heilmitteln und Krankenhauspflege sowie die Ausstellung der Bescheinigungen, die die Krankenkassen zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen (§ 368 Abs. 2 RVO). Auch diese Teilbereiche der "kassenärztlichen Versorgung" gehören mithin zur Zuständigkeit der nach § 368 n Abs. 4 RVO zu errichtenden Ausschüsse. Dem Gesetz ist dabei nicht zu entnehmen, daß insoweit, namentlich für die Prüfung der Verordnungsweise, jeweils besondere Ausschüsse zu bilden sind.
Eine solche Regelung wäre auch nicht sinnvoll. Selbst wenn es gelänge, genügend sachkundige Mitglieder für die dann erforderliche größere Zahl von Ausschüssen zu gewinnen, so wäre der Verwaltungsaufwand doch ungleich höher als bei Errichtung einheitlicher Ausschüsse. Außerdem könnten sich leicht Kompetenzüberschneidungen zwischen den verschiedenen Ausschüssen ergeben. Vor allem wäre aber nicht mehr gewährleistet, daß die - nur als Einheit zu begreifende - Tätigkeit des Kassenarztes auch im Ganzen, d. h. unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller ihrer Teilgebiete (Behandlung, Rezeptur usw.) geprüft wird. Gerade die Wirtschaftlichkeitsprüfung darf sich nicht darauf beschränken, einzelne Tätigkeitsgebiete für sich zu betrachten, sondern muß bei der Gesamtabwägung die etwa in anderen Bereichen erzielten Ersparnisse mit in Rechnung stellen, sofern ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem überdurchschnittlichen Leistungsumfang auf der einen und den Ersparnissen auf der anderen Seite besteht (vgl. BSG 17, 79, 86). Auch der Bundesmantelvertrag der Zahnärzte (BMV-Z) vom 2. Mai 1962 sieht in § 20 Abs. 2 vor, daß bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit die "gesamte Tätigkeit des Kassenzahnarztes zu berücksichtigen ist". Dieses Ziel läßt sich, wie die beigeladene Krankenkasse mit Recht ausführt, nur dann voll erreichen, wenn für den Gesamtbereich der kassenärztlichen Versorgung einheitliche Prüfungsinstanzen gebildet werden, wenn insbesondere die - in erster Linie für die Prüfung der ärztlichen Behandlungsweise zuständigen - Ausschüsse auch die Prüfung der Verordnungsweise mitübernehmen.
Daß der Gesetzgeber in der Tat davon ausgeht, daß die Behandlungs- und die Verordnungsweise der Kassenärzte von denselben Ausschüssen geprüft wird, zeigt vor allem die Regelung der Verordnungsprüfung im Falle der Pauschalhonorierung. Danach können die Krankenkassen in die Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse Ärzte mit beratender Stimme entsenden und, soweit es sich um die ärztliche Verordnungsweise handelt, gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses den Beschwerdeausschuß anrufen (§ 368 n Abs. 4 Satze 2 und 5 RVO). An sich hätte das erhebliche wirtschaftliche Interesse der Krankenkassen an dem Ergebnis der Verordnungsprüfung - die Verordnungskosten werden von ihnen unmittelbar und voll getragen - ihre beschließende Mitwirkung in den Prüfungsinstanzen gerechtfertigt. Da indessen die Prüfung der Behandlungsweise bei pauschaler Vergütung der ärztlichen Leistungen allein in der Hand der Ärzte liegt, hätten die Krankenkassen an der Verordnungsprüfung nur beteiligt werden können, wenn dafür besondere Prüfungsausschüsse gebildet worden wären. Das hat der Gesetzgeber jedoch, wie die genannten Vorschriften zeigen, vermeiden wollen, auch um den Preis einer vom Standpunkt der Krankenkassen unbefriedigenden Regelung des Prüfungsverfahrens.
Umgekehrt liegen die Verhältnisse, wenn die Krankenkassen, wie dies im Falle der Einzelleistungshonorierung häufig vorgesehen ist, an der Prüfung der ärztlichen Behandlungsweise durch von ihnen entsandte stimmberechtigte Vertreter teilnehmen. Hier bestehen nicht nur keine Bedenken, sie in gleicher Weise an der Verordnungsprüfung zu beteiligen; der Grundsatz der einheitlichen Besetzung der Prüfungsinstanzen bei der Behandlungs- und der Verordnungsprüfung spricht sogar für eine solche Regelung. Daß dem der Wortlaut des § 368 n Abs. 5 RVO nicht entgegensteht, hat die Beigeladene zutreffend ausgeführt. Wenn diese Vorschrift ausdrücklich nur die Prüfung "der einzelnen Leistungen der Ärzte" erwähnt und damit wohl - wenn auch nicht ganz eindeutig - ihre Behandlungsleistungen meint, so erklärt sich das daraus, daß die Prüfung der Behandlungsweise im Vordergrund der Wirtschaftlichkeitsprüfung steht. Deswegen sind jedoch die sonstigen kassenärztlichen Tätigkeiten, soweit sie zur "kassenärztlichen Versorgung" gehören und daher nach § 368 n Abs. 4 RVO ebenfalls auf ihre Wirtschaftlichkeit zu prüfen sind, nicht als Gegenstand einer Vereinbarung nach § 368 n Abs. 5 RVO ausgeschlossen. Obwohl diese "Hilfstätigkeiten", insbesondere die Verordnung von Arzneimitteln, nicht mehr unter den Begriff der ärztlichen Behandlung im engeren Sinne fallen, sind sie doch der Sache nach und - als Bestandteile der kassenärztlichen Versorgung - auch rechtlich nicht von ihr zu trennen. Die Prüfung dieser Tätigkeiten folgt daher, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, grundsätzlich der Prüfung der Behandlungsweise.
Das gilt auch für § 368 n Abs. 5 RVO. Eine auf Grund dieser Vorschrift getroffene Prüfvereinbarung kann sich somit auch auf die Prüfung der Verordnungsweise erstrecken. Sie kann insbesondere eine beschließende Mitwirkung der Krankenkassen bei der Verordnungsprüfung vorsehen. Die Ansicht des Klägers, die Krankenkassen könnten nach § 368 n Abs. 5 RVO nur auf die Zahl der - allein von der KZV zu bestellenden - Mitglieder der Prüfungsinstanzen Einfluß nehmen, ist weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn des Gesetzes zu vereinbaren und deshalb abzulehnen.
Aus alledem folgt, daß die im vorliegenden Fall anzuwendende, auf Grund des § 368 n Abs. 5 RVO getroffene Prüfvereinbarung auch insoweit rechtmäßig ist, als sie den durch sie geschaffenen Prüfungsinstanzen die Prüfung der Verordnungsweise mitübertragen und sie demgemäß zur Feststellung des Erstattungsbetrages ermächtigt hat, der sich aus nicht ordnungsmäßig ausgestellten Verordnungen oder aus unwirtschaftlichen Maßnahmen ergibt (§ 6 Abs. 1). Nicht zu beanstanden ist ferner, wenn die Prüfvereinbarung eine Besetzung des Beschwerdeausschusses mit je drei vom Landesverband der Ortskrankenkassen und der KZV benannten Vertretern vorgesehen hat (§ 9 Abs. 1). Da dieser - paritätisch besetzte - Beschwerdeausschuß hier die letzte Verwaltungsentscheidung (Widerspruchsbescheid) erlassen hat, würde der Rechtsstreit somit zu den gemeinsamen Angelegenheiten der Kassenzahnärzte und Krankenkassen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG) gehören, wenn der Beschwerdeausschuß zum Erlaß des Widerspruchsbescheides auch zuständig war. Das SG hat dies verneint, weil die unter den Beteiligten streitige Frage, ob Irgapyrin als Sprechstundenbedarf verordnet werden darf, die Zulässigkeit der Verordnung, aber nicht ihre Wirtschaftlichkeit betreffe. Das LSG hat dagegen die Frage nach der Zulässigkeit der Verordnung wegen der engen Verknüpfung mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung dieser zugerechnet. Dem ist beizutreten.
Wie der Senat schon wiederholt ausgesprochen hat, umfaßt der Begriff der Wirtschaftlichkeit auch die in anderen Bestimmungen zur Kennzeichnung des Ausmaßes der kassenärztlichen Versorgung verwendeten Begriffe "ausreichend", "zweckmäßig", "das Maß des Notwendigen nicht überschreitend" und "für die Erzielung des Heilerfolgs nicht notwendig" (BSG 17, 79, 84; 19, 123, 128). Der Begriff der Wirtschaftlichkeit ist mithin nicht in seinem engsten, schlichten Wortsinn zu verstehen, sondern hat Inhalt und Kontur weitgehend durch die geschichtliche Entwicklung des Kassenarztrechts, insbesondere des Prüfungswesens und der den Prüfungsinstanzen von den Beteiligten zugewiesenen Aufgaben empfangen. Eingegangen sind in ihn vor allem eine Reihe von Richtlinien, die im Laufe der Zeit für die Gewährung von Arznei und Heilmitteln in der Kassenpraxis erlassen worden sind (vgl. u. a. für die Ärzte die Bestimmungen über die wirtschaftliche Arzneiverordnung in der Krankenversicherung vom 24. August 1935, RABl. IV, 331; Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der kassenärztlichen Versorgung vom 12. Dezember 1960, Bundesanzeiger Nr. 251; für die Zahnärzte vgl. die Richtlinien des BDZ für die Verordnungstätigkeit der Zahnärzte in der Sozialpraxis vom 16. September 1953 und die Richtlinien für die Verordnung von Sprechstundenbedarf vom gleichen Tage, Zahnärztliche Mitteilungen 1954, 643, 644; Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche kassenzahnärztliche Versorgung in der Fassung vom 24. Juli 1964, Sixtus-Haep, Zahnärztliches Gebühren- und Vertragsrecht, 2. Auflage, Teil 5 S. 52). Alle diese Richtlinien enthalten eine mehr oder weniger umfangreiche Liste von Mitteln, die nicht verordnet werden dürfen (z. B. Mundpflegemittel, Kosmetika, Reinigungsmittel, Weine, Mineralwässer). Werden solche Mittel gleichwohl verordnet, so erwächst den Krankenkassen daraus u. U. ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Zahnarzt. Die Feststellung des Schadens ist dabei ebenfalls den Prüfungsinstanzen übertragen worden (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 BMV-Z und § 5 Abs. 1 und 2 der gemäß § 22 Abs. 6 BMV-Z erlassenen Verfahrensverordnung für die Prüfungsinstanzen, Sixtus-Haep aaO S. 27; § 23 Abs. 2 des seit dem 1. Oktober 1959 gültigen Bundesmantelvertrages der Ärzte, dazu Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht, 4. Aufl., IV, 58). Ähnlich liegt es, wenn, wie hier, Arzneimittel als Sprechstundenbedarf verordnet worden sind, die nach den darüber bestehenden Bestimmungen in dieser Form möglicherweise nicht verordnet werden dürfen. Auch in solchen Fällen kann die Feststellung des Regreßanspruchs den - zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung gebildeten - Prüfungsinstanzen übertragen werden, was hier offenbar geschehen ist (vgl. § 6 Abs. 1 der Prüfvereinbarung, der von "nicht ordnungsmäßig ausgestellten Verordnungen" spricht).
Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß die fragliche Prüfvereinbarung rechtmäßig ist, soweit sie die Prüfung der Verordnungsweise - einschließlich der Prüfung, ob bestimmte Medikamente "ordnungsmäßig" verordnet worden sind - im Widerspruchsverfahren einem paritätisch besetzten Beschwerdeausschuß übertragen hat. Da dieser hier den angefochtenen Widerspruchsbescheid erlassen hat, ist über den Rechtsstreit, wie im Revisionsverfahren geschehen, ebenfalls unter Mitwirkung von je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Zahnärzte zu entscheiden. Daß dabei die Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern, auch soweit sie Geschäftsführer von Krankenkassen oder Kassenverbänden sind oder der Vertreterversammlung der KZV angehören, entgegen der Ansicht des Klägers keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt, hat der Senat schon früher entschieden (BSG 21, 237, 243 und 23, 105).
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Vorinstanzen, wie die beigeladene Krankenkasse zutreffend gerügt hat, mit zwei Zahnärzten nicht richtig besetzt waren. Die Revision ist somit statthaft und begründet. Da der Senat mangels ordnungsmäßiger Feststellungen nicht abschließend entscheiden kann, hat er den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses wird vor seiner neuen Sachentscheidung darauf hinzuwirken haben, daß die Klage gegen den Beschwerdeausschuß gerichtet wird (vgl. BSG 21, 242). Welche Stelle zu verklagen ist, wenn dem Beschwerdeausschuß nicht wie im vorliegenden Fall, nach § 70 Nr. 3 SGG (Behörden) vom Landesrecht die Fähigkeit verliehen ist, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein, kann dahinstehen. Auch in einem solchen Fall bestehen - entgegen der Ansicht des Klägers - allein wegen der möglicherweise mangelnden Beteiligungsfähigkeit des Beschwerdeausschusses keine unüberwindlichen Hindernisse für eine Mitwirkung von Krankenkassenvertretern im Beschwerdeausschuß.
Fundstellen