Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um den Umfang der Versicherungsleistungen bei der Versorgung mit Zahnersatz.
Die Klägerin ist bei der beklagten Ersatzkasse krankenversichert. Auf den Rat ihrer Ärzte, eines praktischen Arztes und eines Hautarztes, die eine Amalgam-Intoxikation und eine Amalgam-Sensibilisierung festgestellt hatten, ließ sie sich auf Grund des Heil- und Kostenplans vom 26. Juni 1991 die vorhandenen Amalgamfüllungen entfernen und Zahnersatz mit Goldlegierungen eingliedern. Zu den Labor- und Behandlungskosten laut Kostenplan von insgesamt 7.156, 37 DM gewährte die Beklagte einen Zuschuß in Höhe von 3.837, 06 DM. Dabei bezuschußte sie die Materialkosten pauschal mit 135 DM und erstattete im übrigen 60 v.H. der Labor-und Behandlungskosten, die gegenüber dem Kostenplan um 236, 32 DM gemindert wurden. Die von der Klägerin beantragte weitergehende Beteiligung an den Aufwendungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. November 1991 und Widerspruchsbescheid vom 11. März 1992 ab. Sie vertrat die Auffassung, daß ihre Leistungspflicht auf 60 v.H. des Regelaufwands beschränkt sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 17. März 1993 abgewiesen; das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 27. Januar 1994 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils wird u.a. ausgeführt: Selbst wenn bei der Klägerin von einer Amalgamunverträglichkeit ausgegangen werde, die wegen der Unzulänglichkeit der angewandten Untersuchungsmethoden allerdings nicht nachgewiesen sei, habe sie keinen Anspruch auf einen weitergehenden Zuschuß. Für die Beschränkung der Kassenleistung auf 60 v.H. der notwendigen Kosten komme es nicht darauf an, ob der Zahnersatz aus rein zahnmedizinischen Gründen oder aus anderen medizinischen Gründen notwendig werde. Auch beim Einsatz bisher bewährter Methoden, wozu die Verwendung von Amalgam gehöre, bleibe für den Versicherten ein gewisses Restrisiko, das durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht abgedeckt werden müsse. Das Amalgam habe bei der Klägerin lediglich die Vorverlegung einer später sowieso erforderlichen Versorgung mit Zahnersatz verursacht, wie dem von der Beklagten veranlaßten Gutachten zu entnehmen sei. Dieser Nachteil halte sich in einem zumutbaren Rahmen und begründe weder eine Regelungslücke noch verfassungsrechtliche Bedenken. Die Versorgung mit Palladium-Basis-Legierungen entspreche dem in der Krankenversicherung als zweckmäßig und wirtschaftlich anerkannten Standard, von dem lediglich abgewichen werden könne, wenn die Unverträglichkeit nachgewiesen werde. Dieses sei bei der Klägerin nicht der Fall. Schließlich könne der ausnahmsweise gegebene Anspruch auf eine Behandlung mit sogenannten Außenseitermethoden - selbst wenn seine Voraussetzungen hier erfüllt wären -keinesfalls dazu führen, daß die gesetzlich festgelegte Beteiligung von 60 v.H. überschritten werde.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 30 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Die Kostenerstattungspraxis der Krankenkassen bei der Ersetzung von Amalgam durch Zahnersatz aus Goldlegierungen sei willkürlich; Unterschiede bestünden nicht nur zwischen den einzelnen Kassen, sondern auch in der Behandlung gleicher Fälle durch dieselbe Kasse. Eine volle Kostenübernahme für Zahnersatz sei nur ausgeschlossen, wenn die Behandlung zahnmedizinisch veranlaßt sei. Erfolge der Zahnersatz aus allgemein-medizinischen Gründen, müsse die Krankenkasse den gesamten Aufwand tragen. Das gelte insbesondere dann, wenn die Notwendigkeit des Zahnersatzes auf unverträgliches Füllmaterial zurückzuführen sei, dessen Verwendung die Krankenkasse ausdrücklich gebilligt habe. Entgegen § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hätten die Vorinstanzen die Verträglichkeit von Amalgam und Palladium-Basis-Legierungen nicht ausreichend aufgeklärt. Da man die Beschwerden mit den üblichen Methoden nicht erfolgreich habe behandeln können, sei der Anspruch auch unter dem Gesichtspunkt der "Außenseitermethode" begründet. Sollte das Gesetz den Anspruch der Klägerin nicht stützen, seien die Vorschriften des SGB V im Wege der verfassungsgemäßen Lückenfüllung zu ergänzen oder der Rechtsstreit sei auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 30 SGB V vorzulegen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 1994, das Urteil des SG Mainz vom 17. März 1993 sowie den Bescheid vom 4. November 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 1992 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zahnsanierungskosten nach dem Heil- und Kostenplan vom 26. Juni 1991 in vollem Umfang zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ergänzend geltend: § 30 SGB V beschränke unabhängig vom Anlaß der Eingliederung von Zahnersatz die Leistung auf 60 v.H. des notwendigen Aufwands. Die Aufklärungspflicht sei nicht verletzt, denn dem LSG hätten die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Unverträglichkeit von Amalgam und von Palladium-Legierungen vorgelegen. Eine Amalgamunverträglichkeit bei der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Aus der Erstattungspraxis in anderen Fällen könne die Klägerin keine Rechte herleiten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung begründet. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob der Klägerin ein weiterer Zuschuß zusteht.
Nach § 27 Satz 1 SGB V in der Fassung, die bis zum 31. Dezember 1992 gegolten hat (jetzt gleichlautend: § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V), haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, die nach Satz 2 Nr. 2 die zahnärztliche Behandlung und die Versorgung mit Zahnersatz einschließt. Wird im Rahmen der kassenzahnärztlichen (jetzt: vertragszahnärztlichen) Versorgung eine medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz durchgeführt, so erstattet die Krankenkasse nach § 30 Abs. 1 Satz 1 SGB V 50 v.H. der Kosten für zahntechnische Leistungen und zahnärztliche Behandlung; dieser Prozentsatz erhöht sich nach § 30 Abs. 5 Satz 1 SGB V (jetzt: Abs. 2 Satz 1) bei eigenen Bemühungen des Versicherten zur Gesunderhaltung seiner Zähne um 10 Prozentpunkte, was bei der Klägerin zutrifft. Eine weitere Erhöhung nach § 30 Abs. 5 Satz 3 SGB V (jetzt: Abs. 2 Satz 3) oder nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist durch den vom LSG festgestellten Sachverhalt nicht gerechtfertigt und von der Klägerin nicht geltend gemacht.
Nach § 30 Abs. 1 und 5 SGB V hat die Klägerin demnach Anspruch auf einen Zuschuß von höchstens 60 v.H. des berücksichtigungsfähigen Aufwands für die im Jahre 1991 durchgeführte Zahnbehandlung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie Amalgam verträgt oder nicht. Ein höherer Zuschuß ist vom Gesetz auch für den Fall nicht vorgesehen, daß die Versorgung mit Zahnersatz aus anderen als zahnmedizinischen Gründen erfolgt. Denn § 30 Abs. 1 Satz 1 SGB V knüpft die Beschränkung der Kassenleistung an den Gegenstand (Zahnersatz) und nicht an die Ursache des Behandlungsbedarfs. Im Gesetz wird deshalb von medizinisch (und nicht zahnmedizinisch) notwendiger Versorgung gesprochen. Hierzu hat der Senat im Urteil vom 29. Juni 1994 (BSG SozR 3-2500 § 30 Nr. 3 = NZS 1994, 556) dargelegt, daß auch die Unverträglichkeit des früher eingefügten prothetischen Materials (dort Gold bzw. Goldlegierungen) keine Ausnahme von der eingeschränkten Leistungspflicht der Krankenkasse begründet. Denn in bezug auf die Versorgung mit Zahnersatz schränkt § 30 SGB V den umfassenden Sachleistungs- oder Naturalverschaffungsanspruch ein, der sich für alle übrigen zahnärztlichen Behandlungen aus § 27, § 28 Abs. 2 SGB V ergibt. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 11/2237 S. 172) ergeben sich Anhaltspunkte dafür, daß die Höhe des Zuschusses von der Art der Erkrankung abhängig sein soll. Die Gesetzessystematik geht vielmehr von der ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung einerseits und der Versorgung mit Zahnersatz einschließlich der zugehörigen Behandlungsmaßnahmen andererseits als jeweils selbständige Leistungen aus, die nicht schon dadurch eine einheitliche Leistung mit umfassender Leistungspflicht der Krankenkasse bilden, daß sie medizinisch voneinander abhängig sind. Wegen der Häufigkeit des Zusammenhangs mit anderen ärztlich oder zahnärztlich zu behandelnden Erkrankungen hätte die Beschränkung auf den Kostenzuschuß praktisch keine Bedeutung mehr. Die hier unterstellte Amalgamunverträglichkeit führt nicht dazu, daß der Zahnersatz mit der Behandlung der übrigen Amalgamfolgen in medizinisch-technischer Hinsicht untrennbar verbunden wäre (vgl. nochmals BSG a.a.O.; zum früheren Recht: BSG SozR 2200 § 182 Nr. 11 und BSGE 45, 212, 221 = SozR a.a.O. Nr. 29 S. 57f.).
Der demgegenüber von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Gesichtspunkt, daß der neue Zahnersatz vor allem deswegen notwendig geworden sei, weil die Beklagte sie früher mit dem für sie unverträglichen Amalgam versorgt habe, ist nicht geeignet, die Rechtsprechung des Senats in Frage zu stellen. Da in § 30 SGB V nicht nach Ursachen unterschieden wird, kommt es nicht darauf an, ob eine frühere Behandlung oder ein anderer Umstand die Bedingung für die neuerlich notwendige Maßnahme gesetzt hat. Das Versicherungsrisiko von Zahnersatzbehandlungen wird nach § 30 SGB V zu einem Teil der Krankenkasse und zum anderen Teil dem versicherten Mitglied zugewiesen. Dieses zeigt sich an der Abwicklung der Kosten bei zahnärztlichen Behandlungsfehlern: Die wegen des Fehlers notwendige Nachbehandlung oder Neuversorgung löst keine höhere Zuschußpflicht der Krankenkasse aus als jede andere Versorgung. Allerdings braucht der Versicherte den dafür anfallenden Kostenanteil nicht endgültig zu tragen, sondern er kann ihn im Wege des zivilrechtlichen (vgl. § 76 Abs. 4, § 66 SGB V) Schadensersatzes auf den Arzt abwälzen, der ihn durch den Behandlungsfehler schuldhaft verursacht hat (vgl. z.B. BSG SozR 3-5555 § 12 Nr. 2 und 3; OLG München VersR 1994, 862). Eine Abwälzung auf die Krankenkasse scheitert an der vorgegebenen Risikoverteilung für den Versicherungsfall "Zahnersatz". Dem Gesetz sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß andere Grundsätze gelten, wenn der Versicherte seinen Kostenanteil nicht abwälzen kann, weil dem Arzt bei der Erstbehandlung ein Kunstfehler nicht vorzuwerfen ist. Ebensowenig wie die Krankenkasse ihren Zuschuß herabsetzen darf, wenn der Versicherte den Behandlungsbedarf beispielsweise durch mangelhafte Zahnpflege oder unvernünftige Eßgewohnheiten praktisch allein verursacht hat, muß sie ihn erhöhen, wenn eine früher von ihr durchgeführte Behandlung sich als Mißerfolg erweist. Sowohl die Lebensweise des Versicherten als auch die Folgen einer früheren Behandlung gehören zu dem von der Krankenkasse und ihrem Mitglied jeweils anteilig zu tragenden Versicherungsrisiko. Die vom Gesetz zugelassenen Risikoverschiebungen sind in § 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und in § 30 Abs. 5 SGB V (seit 1. Januar 1993: § 30 Abs. 2 SGB V) abschließend geregelt. Im übrigen sind Zahnersatzleistungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V der "Eigenverantwortung des Versicherten" zuzurechnen. Demgegenüber kann sich die Klägerin weder auf § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V noch auf § 13 Abs. 2 SGB V (seit 1. Januar 1993: § 13 Abs. 3 SGB V) berufen. Denn die daraus herzuleitenden Ansprüche auf besondere Behandlungsmethoden und auf Kostenerstattung für eine abgelehnte oder nicht rechtzeitig erbrachte Sachleistung betreffen lediglich die Form der Leistungserbringung, nachdem sich das versicherte Risiko im Versicherungsfall verwirklicht hat. Die genannten Vorschriften haben mit der vorgelagerten Frage der Abgrenzung des Versicherungsrisikos nichts zu tun; der von der Krankenkasse zu erbringende Leistungsumfang wird dadurch nicht erweitert (so zu § 13 Abs. 2 SGB V: BSGE 73, 271, 276 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 S. 15 m.w.N.). Infolgedessen braucht im Fall der Klägerin nicht aufgeklärt zu werden, wann und durch wen die frühere Versorgung mit Amalgamfüllungen veranlaßt worden war. Auch die unterschiedliche Erstattungspraxis der Krankenkassen ist für die Entscheidung unerheblich, denn eine Gleichbehandlung im Unrecht kann niemand mit Erfolg verlangen (BSGE 69, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr. 1 S. 10 m.w.N.).
Gegen die dargestellte Aufteilung des Versicherungsrisikos durch § 30 SGB V hat der Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Einbeziehung eines Risikos in die gesetzliche Krankenversicherung hat zur Folge, daß die Versicherten dafür Beiträge entrichten müssen, die sich nicht nach dem versicherten Risiko, sondern im Regelfall nach dem Einkommen richten (soweit nicht gesetzlich festgelegte Größen, etwa die Bemessungsgrenze oder Mindesteinnahmen maßgebend sind). Ein Großteil der Mitglieder ist versicherungspflichtig und kann sich der Beitragspflicht nicht entziehen. Unter diesen Umständen hat der Gesetzgeber bei der Abgrenzung, für welche Risiken die Krankenkasse und für welche der Versicherte (oder eine private Zusatzversicherung) aufzukommen hat, einen weiten Gestaltungsspielraum, denn dabei sind die Interessen des Beitragszahlers gegen die des behandlungsbedürftigen Versicherten abzuwägen. Ein Gebot zu Sozialversicherungsleistungen in einem bestimmten sachlichen Umfang läßt sich dem Grundgesetz (GG) weder in den Grundrechten noch im Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs. 1 GG entnehmen (BVerfGE 51, 115, 125 = SozR 4100 § 112 Nr. 10 S. 33; zu Sozialleistungen allgemein: BVerfGE 87, 1, 12 = SozR 3-5761 Allg Nr. 1 S. 6; BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1 S. 5 jeweils m.w.N.). Eine Verletzung des Sozialstaatsgrundsatzes ist hier insbesondere deshalb zu verneinen, weil das Gesetz in § 61 Abs. 1 Nr. 2 SGB V Versicherten mit geringem Einkommen einen Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten zubilligt.
Auch für einen Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 oder Art 20 Abs. 3 GG (Willkürverbot) fehlen Anhaltspunkte. Sowohl für die Sonderregeln beim Zahnersatz im Verhältnis zu anderen Leistungen als auch für die pauschalierende Abrechnung aller Zahnersatzkosten gibt es sachliche Gründe. Wie § 30 Abs. 5 SGB V zeigt, ging der Gesetzgeber davon aus, daß der Versicherte die Notwendigkeit von Zahnersatz im Regelfall durch sein Verhalten besser und eindeutiger beeinflussen kann als anderen medizinischen oder zahnmedizinischen Behandlungsbedarf. In der gesetzlichen Krankenversicherung wird der volle Leistungsanspruch bereits am ersten Tag der Mitgliedschaft begründet. Im Hinblick auf die meist langfristige Entstehung der Notwendigkeit und die meist dauerhafte Eingliederung von Zahnersatz ist es daher nicht willkürlich, diese Leistung im Gegensatz zu anderen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung mit einem bestimmten Anteil dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzuordnen. Die Gleichbehandlung aller Versicherten, die aus welchen Gründen auch immer Zahnersatz benötigen, bedeutet ebenfalls keinen Verfassungsverstoß. Die Unterscheidung von behandlungsbedingtem und anderem Zahnersatz ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Die gesetzliche Krankenversicherung könnte ihren Zweck nicht erfüllen, wenn der Versicherungsschutz davon abhinge, welche Umstände für eine Erkrankung ursächlich waren; vom Schutzzweck her würde es sich dann nicht mehr um Krankenversicherung handeln. Dieses wesentliche Merkmal der Krankenversicherung könnte auch bei sonstigen Leistungen in Frage gestellt werden, wenn von ihm beim Zahnersatz eine Ausnahme gemacht würde. Außerdem könnte die Entscheidung über die Leistungspflicht durch schwierige Abgrenzungen zwischen mehreren Ursachen erschwert werden. Zu einer solchen Gestaltung ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich selbst dann nicht verpflichtet, wenn die nur teilweise Kostenerstattung für jegliche Versorgung mit Zahnersatz im Einzelfall dem verständlichen Bedürfnis widerspricht, Risiken nach Verantwortungsbereichen zuzuweisen.
Zum berücksichtigungsfähigen Aufwand hat das LSG keine ausreichenden Feststellungen getroffen, so daß der Senat nicht beurteilen kann, ob die Klägerin den ihr zustehenden Zuschuß bereits erhalten hat oder ob von der Beklagten weitere Kosten zu übernehmen sind.
Die Aufwendungen, die nach § 30 SGB V bezuschußt werden müssen, setzen sich zusammen aus Material-, Labor- und Behandlungskosten. Die tatsächlich entstanden Materialkosten sind in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt; das LSG hat lediglich zu erkennen gegeben, daß es von Mehrkosten für Goldlegierungen in Höhe von 2.282, 08 DM ausgehe. Nach den in bezug genommenen Verwaltungsakten betrifft dieser Betrag Metallkeramikverblendungen, die nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Das für Zahnersatz verwendete Gold hat ohne Mehrwertsteuer 749, 95 DM gekostet. Davon kann die Klägerin nach § 30 SGB V höchstens 60 v.H. abzüglich der bereits erhaltenen 135 DM erstattet bekommen. Ob der sich daraus ergebende Betrag der Klägerin zusteht, kann der Senat ohne weitere Sachaufklärung nicht entscheiden.
Die Klägerin kann einen Zuschuß zu den Materialkosten für die eingegliederten Goldlegierungen nur dann beanspruchen, wenn bei ihr ein weniger aufwendiges Material nicht verwendet werden konnte. Die Beklagte und das LSG haben die Klägerin insoweit auf "Palladium-Basis-Legierungen" verwiesen. Das LSG hat festgestellt, daß bei der Klägerin ein zuverlässiger Nachweis der Unverträglichkeit gegenüber mindestens einem Bestandteil der Palladium-Basis-Legierungen fehle, die nach wie vor als unbedenklich angesehen würden; der von der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung lediglich aus Sicherheitsgründen empfohlene Verzicht auf Palladiumlegierungen mit Kupferbestandteilen beruhe auf in letzter Zeit vermehrt gemeldeten Unverträglichkeiten. Insofern rügt die Klägerin zu Recht, das LSG habe den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt, denn diese Feststellungen sind widersprüchlich. Das LSG darf die Klägerin nicht pauschal auf Palladium-Basis-Legierungen verweisen, solange nicht feststeht, daß der Zahnersatz der Klägerin entsprechend der zitierten Empfehlung ohne Kupferbestandteile hätte hergestellt werden können oder daß die Empfehlung möglicherweise aus anderen Gründen für die Entscheidung keine Bedeutung hat. Hierzu muß geklärt werden, welche Materialien außer Gold für die Klägerin zahntechnisch in Frage gekommen wären und welche dieser Materialien die Klägerin voraussichtlich vertragen hätte. Die Vereinbarungen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung mit den Bundesverbänden der Krankenkassen (Zahnersatz-Richtlinien in der ab 1. April 1986 geltenden Fassung, BAnz Nr. 49 vom 12. März 1986 S. 299 ≪RL≫ hier: Ziffer 12a) nennen als Palladium-Basis-Legierungen Palladium-Silber und Palladium-Kupfer; außerdem könnten Nickel-Chrom-Molybdän-Legierungen verwendet werden. Schließlich seien in "medizinisch indizierten Fällen" auch andere Legierungen zulässig. Das LSG hat nicht zu erkennen gegeben, daß es die für die Beurteilung dieser verschiedenen Stoffe erforderliche Sachkunde besitzt, so daß Sachverständige hinzuzuziehen sein dürften. Sollte sich herausstellen, daß Kupferbestandteile aus technischen Gründen nicht zu umgehen gewesen wären, darf das LSG seiner Entscheidung die geringeren Kosten für Palladium-Basis-Legierungen nur dann zugrundelegen, wenn es begründet, warum der zitierten Empfehlung nicht zu folgen ist. Hält es die Frage des verwendbaren Materials und seiner Verträglichkeit für unaufklärbar, ist darzulegen, warum eine weitere Aufklärung nicht möglich ist; auch das erscheint ohne Unterstützung durch Sachverständige kaum möglich. Erst wenn das einzusetzende Material bekannt ist, können die berücksichtigungsfähigen Materialkosten ermittelt werden. Erst dann ist auch eine Entscheidung darüber möglich, ob der Klägerin nach § 30 SGB V ein über den anerkannten Erstattungsbetrag von 135 DM hinausgehender Anspruch zusteht und welche rechtliche Bedeutung hierbei den RL und der Festlegung pauschaler Materialkosten im Gemeinsamen Rundschreiben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Krankenkassenverbände vom Juni 1986 zukommt. Unabhängig von den Materialkosten wird das LSG noch zu überprüfen haben, ob die Beklagte wirklich alle im Kostenplan aufgeführten Beträge berücksichtigt hat. Die Summe der berücksichtigten Posten einschließlich der Kosten für Goldlegierungen ergibt 6.920, 05 DM, während der Kostenplan insgesamt 7.156, 37 DM ausweist.
Die Kostenentscheidung bleibt dem den Rechtsstreit abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen