Entscheidungsstichwort (Thema)
Offensichtliches Mißverhältnis bei Fallwertüberschreitung um 50 %. Besetzung der Prüfgremien mit Ärzten des gleichen Fachgebietes. Berücksichtigung von Überweisungen bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Prüfung der unwirtschaftlichen Behandlungsweise. Praxisbesonderheit. Treu und Glauben
Leitsatz (redaktionell)
1. Richten sich die Prüfungsgremien nach arithmetischen Durchschnittszahlen, so kann im allgemeinen nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn sie die Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis bei einer Fallwertüberschreitung um 50 % ziehen.
2. Wenn der Arzt in der ganzen Leistungsbreite in gleicher Weise unwirtschaftlich behandelt, wird mit der Kürzung beim Gesamthonorar anzusetzen sein. Ist ein unwirtschaftlicher Aufwand nur in bestimmten Leistungssparten oder bei bestimmten Leistungsarten festzustellen, dann beschränkt sich die Beanstandung auf diesen engeren Leistungsbereich.
3. Der Kassenarzt hat einen Anspruch darauf, daß seine Fallwertüberschreitungen mit Vergleichswerten desselben Quartals verglichen werden. Wenn ausnahmsweise ein Vergleich mit zeitgleichen Werten nicht möglich oder zweckdienlich ist, muß der Arzt hierüber im Kürzungsbescheid aufgeklärt werden.
4. Die Prüfgremien müssen nicht mit einem Arzt derjenigen Arztgruppe besetzt sein, welcher der geprüfte Arzt angehört. Wie sie der ihnen obliegenden Aufklärungspflicht nachkommen, steht ihnen grundsätzlich frei.
5. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung muß darauf Rücksicht nehmen, daß physikalisch-medizinische Leistungen teils vom Kassenarzt selber, teils von nichtärztlichen Einrichtungen erbracht werden. Praxen, die zu Sachleistungen überweisen, verändern den Fachgruppendurchschnitt. Entweder sind solche Praxen bei der Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes herauszunehmen oder den anderen Praxen ist in der Sparte der Sachleistungen ein Mehraufwand zuzubilligen.
Orientierungssatz
1. Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Kassenarztes nicht anhand einzelner Behandlungsfälle zu prüfen, wenn die durchschnittlichen Fallkosten des Arztes so erheblich über dem entsprechenden durchschnittlichen Fallwert der vergleichbaren Arztgruppe (zB der Fachgruppe des Arztes) liegt, daß zwischen beiden Fallwerten ein offensichtliches Mißverhältnis besteht. Ein solches Mißverhältnis begründet die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit. Das statistische Vergleichsverfahren ist nicht nur praktikabel und damit für die Kassen- und Vertragsärzte in ihrer Gesamtheit kostensparend, es ist auch sachgerecht, denn es kann davon ausgegangen werden, daß die Ärzte im allgemeinen nach den Regeln der ärztlichen Kunst verfahren und das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten, so daß die Durchschnittswerte einer hinreichend großen Zahl vergleichbarer Ärzte Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des geprüften Arztes zulassen. Bei dieser pauschalen Prüfung ist aber auf Besonderheiten einer Arztgruppe oder der einzelnen Arztpraxis Rücksicht zu nehmen.
2. Bei der Prüfung, ob die Behandlungsweise eines Kassenarztes dem gesetzlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit entspricht (§ 368e, § 182 Abs 2 RVO), steht den Prüfungsgremien ein Beurteilungsspielraum zu; es obliegt ihnen aber auch eine besondere Begründungspflicht.
3. Es ist zulässig, die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit und die Honorarkürzung auf die Leistungssparte der Sachleistungen bzw auf die sogenannten Grundleistungen zu beschränken und in diesen Leistungsbereichen eine unwirtschaftliche Behandlungsweise bei den festgestellten Fallwertüberschreitungen anzunehmen.
4. Wenn ein Kassenarzt im Verfahren vor den Prüfungsgremien ausreichend Gelegenheit hatte, seine Praxisbesonderheiten darzulegen, dies aber aus Gründen unterlassen hat, die seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind, so verstößt es gegen Treu und Glauben, die Nichtberücksichtigung dieser den Prüfungsgremien nicht bekannt gewesenen Praxisbesonderheiten als Mangel des Verwaltungsverfahrens gerichtlich geltend zu machen.
Normenkette
RVO § 368n Abs. 5, § 368e Sätze 1-2, § 368k Abs. 1
Verfahrensgang
LSG Bremen (Entscheidung vom 09.09.1982; Aktenzeichen L 6 Ka 5/81) |
LSG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1982; Aktenzeichen L 6 Ka 9/81) |
LSG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1982; Aktenzeichen L 6 Ka 3/81) |
LSG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1982; Aktenzeichen L 6 Ka 4/81) |
LSG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1982; Aktenzeichen L 6 Ka 6/81) |
LSG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1982; Aktenzeichen L 6 Ka 7/81) |
SG Bremen (Entscheidung vom 22.04.1981; Aktenzeichen S 1 Ka 5/78) |
SG Bremen (Entscheidung vom 22.04.1981; Aktenzeichen S 1 Ka 3/74) |
SG Bremen (Entscheidung vom 22.04.1981; Aktenzeichen S 1 Ka 4/74) |
SG Bremen (Entscheidung vom 22.04.1981; Aktenzeichen S 1 Ka 3/75) |
SG Bremen (Entscheidung vom 22.04.1981; Aktenzeichen S 1 Ka 1/75) |
SG Bremen (Entscheidung vom 22.04.1981; Aktenzeichen S 1 Ka 10/76) |
Tatbestand
Die Kläger sind als Ärzte für Orthopädie zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen. Seit 1971 führen sie (Vater und Sohn) eine Gemeinschaftspraxis. Ihre Honoraranforderungen für die kassenärztliche Tätigkeit wurden von den Prüfungsgremien der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) wiederholt wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise gekürzt. Zur Begründung wurden Überschreitungen des durchschnittlichen Fallwerts der Fachgruppe angegeben, die den Schluß auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise zuließen. Die Klagen gegen die Quartalsabrechnungen I, III und IV/1973, I und II/1974, IV/1975 sowie I, II und III/1976 hat das Sozialgericht (SG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschlüsse vom 12. Januar 1976 und 26. März 1981). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Klage gegen die Abrechnung IV/1973 wieder abgetrennt (Beschluß vom 8. September 1982).
Vor dem SG sind die Kläger teilweise erfolgreich gewesen. Das LSG hat dann weitere Honorarkürzungen aufgehoben, aber die Kürzungen bestätigt hinsichtlich I/1973 bei den physikalisch-medizinischen Leistungen (Sachleistungen) um 15 %, III/1973 bei den sogenannten Grundleistungen (Gesamtleistungen ohne Röntgenleistungen und Wegegelder) um 15 %, I/1974 bei den Sachleistungen um 10 %, II/1974 bei den Sachleistungen um 10 % und IV/1975 bei den Sachleistungen um 16,62 %.
Zu dem die Berufung der Kläger zurückweisenden Teil seiner Entscheidung führt das LSG aus: Der Mangel einer unzureichenden Begründung der Prüfungsbescheide sei durch die Bescheide des Beschwerdeausschusses geheilt. Die Kläger hätten den Vorwurf, beim Vergleich ihrer Fallwerte mit den Durchschnittsfallwerten der Fachgruppe sei die Beklagte von falschen Zahlen ausgegangen, nicht näher begründet. Die Überschreitungen des Fachgruppen- Durchschnitts (FG-Durchschnitt) in I/1973 bei den Sachleistungen um 83 %, in III/1973 bei den Grundleistungen um 63 % und in I und II/1974 sowie IV/1975 bei den Sachleistungen um 62,3 % bzw 61,1 % bzw 78 % ergäben ein offensichtliches Mißverhältnis. Die damit begründete Vermutung der Unwirtschaftlichkeit werde nicht durch Praxisbesonderheiten entkräftet. Wenn auch der Sachleistungsanteil bei den Rentnern höher als bei den übrigen Personen liege, könne der höhere Rentneranteil bei den Klägern keinen nennenswerten Einfluß auf die erheblichen Durchschnittsüberschreitungen bei den Sachleistungen gehabt haben. Der geringere Anteil der Familienangehörigen, bei denen in der Regel geringere Sachleistungskosten anfielen, könne die erheblichen Überschreitungen höchstens um einige Prozentpunkte ermäßigen. Zudem hätten die Kläger sowohl bei den Rentnern als auch bei den Familienangehörigen die Durchschnittswerte der Fachgruppe erheblich überschritten. Soweit die Kläger die vermehrten Sachleistungen auf einen höheren Arbeiteranteil zurückführten (verstärktes Auftreten von degenerativen Verschleißerscheinungen an den Gelenken bei körperlich tätigen Personen), hätten sie keine Umstände vorgetragen, die eine Quantifizierung dieses Phänomens zuließen. Gegen einen solchen ursächlichen Zusammenhang spreche außerdem, daß die Kläger bei den Mitgliedern die Durchschnittswerte der Fachgruppe nur unwesentlich überschritten hätten. Die Behauptung der Kläger, sie hätten im Gegensatz zu anderen Orthopäden Sachleistungen selbst erbracht, entspreche nicht den Tatsachen, denn auch die anderen orthopädischen Praxen seien mit neuzeitlichen Geräten und Einrichtungen versehen und führten die zweckentsprechende Behandlung aus. Eine außergewöhnliche Praxisausstattung (zB im Bereich der Physiotherapie) und die Therapiefreiheit könnten die Kostenüberschreitungen nicht rechtfertigen. Es sei nicht erkennbar, daß die in anderen orthopädischen Praxen erbrachten Leistungen nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprächen und nicht ausreichend und zweckmäßig seien. Das Solidarprinzip erlaube es nicht, zu Lasten der Versichertengemeinschaft Kosten zu liquidieren, die sich an wenigen aufwendigen Großpraxen orientieren. Der behauptete Minderaufwand, der sich aus einer geringeren Verordnung von Leistungen nach außerhalb ergebe, sei nicht im einzelnen anhand von Zahlen dargelegt worden; die Kläger seien ihrer diesbezüglichen Substantiierungspflicht nicht nachgekommen. Die geltend gemachte Unterschreitung bei der durchschnittlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit (AU) vermindere sich durch die Überschreitung bei den AU-Fällen. Vor allem sei aber insoweit nicht nachgewiesen, daß gerade durch die Behandlungsweise der Kläger die Dauer der AU verkürzt worden sei. Bei den Krankenhauseinweisungen lägen die Fallwerte der Kläger zum Teil unter, zum Teil über dem FG-Durchschnitt. Bei den Arzneikosten werde der FG-Durchschnitt nur in IV/1975 unterschritten. Auch insoweit sei nicht ersichtlich, daß der höhere Sachleistungsaufwand diese Reduzierung bewirkt habe; in den streitbefangenen Vorquartalen hätten die von den Klägern verursachten Arzneikosten über dem FG-Durchschnitt gelegen, obwohl auch in diesen Quartalen Sachleistungen in etwa gleichem Umfang erbracht worden seien. Bei ihren Einwendungen gegen die Beanstandung der Prüfungsgremien zu Nr 778 BMÄ (Reizstrombehandlung) werde von den Klägern verkannt, daß diese Leistungsnummer nur als Beispiel und der besseren Anschauung wegen näher behandelt worden sei; die Verfügungssätze der Bescheide bezögen sich auf die Sachleistungen insgesamt. Die Honorarkürzungen seien, soweit im gerichtlichen Verfahren bestätigt, nicht zu beanstanden. Nach den Kürzungen verblieben den Klägern bei den gekürzten Honoraranforderungen (bei den Sachleistungen bzw Grundleistungen) Überschreitungen des FG-Durchschnitts, die noch oberhalb der Zone der normalen Streuung lägen (I/1973: 56 %, III/1973: 39 %, I/1974: 46 %, II/1974: 45 % und IV/1975: 48 %). Bei den streitbefangenen Quartalen habe es sich nicht um Anfängerquartale gehandelt, denn der eine Kläger sei 1971 in die bereits bestehende Praxis des anderen Klägers eingetreten.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger (die insoweit zugelassene) Revision eingelegt. Sie rügen: Ein ganz erheblicher Rechtsverstoß liege in der mangelnden Begründung der angefochtenen Bescheide, insbesondere der Bescheide des Prüfungsausschusses. Eine sachkundige Beurteilung sei nicht gewährleistet gewesen, denn während der hier in Rede stehenden Prüfungsjahre sei niemals ein Orthopäde oder Sachverständiger für physikalische Therapie hinzugezogen worden. Die Beklagte habe ihre Pflicht verletzt, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Die Prüfungsgremien und die Vorinstanzen hätten den unbestimmten Rechtsbegriff der Wirtschaftlichkeit (§ 182 Abs 2, § 368e der Reichsversicherungsordnung -RVO-) unzutreffend ausgefüllt und unzulässige Prüfungsmethoden angewandt. Die Besonderheiten der Praxis seien nicht berücksichtigt worden. Schließlich ließen die vorgenommenen Kürzungen einen einheitlichen Maßstab vermissen.
Im einzelnen beanstanden die Kläger vor allem: Ein offensichtliches Mißverhältnis zwischen dem Fallwert des einzelnen Kassenarztes und dem FG-Durchschnitt könne nur hinsichtlich des Gesamthonorars bereits bei einer Überschreitung um 40 % angenommen werden; in einzelnen Leistungsbereichen (Leistungssparten etc) begründeten erst höhere Überschreitungen - um 80 % - den Anschein der Unwirtschaftlichkeit (vgl die Grenzwerte bei den Ersatzkassen). Zudem sei es unzulässig, diese jetzt geltenden schärferen Maßstäbe (niedrigeren Grenzwerte gegenüber früher) auf ihre Honoraranforderungen für die hier streitbefangene Zeit anzuwenden. Der zum Teil vorgenommene Vergleich ihrer Quartalswerte mit dem Jahresdurchschnitt der Fachgruppe sei ebenfalls unzulässig. Leistungssparten dürften nicht isoliert geprüft werden. Nach der Prüfungsordnung beziehe sich die Prüfungsberechtigung keinesfalls auf einzelne Leistungspositionen (Therapiefreiheit!). Die Vergleichsgruppe der sogenannten Grundleistungen sei eine Eigenschöpfung der Beklagten. Durch die Bildung beliebiger Leistungskomplexe könnten Fallwertüberschreitungen konstruiert werden (zB prozentsteigernder Effekt durch die Herausnahme der Röntgen-Leistungen). Die therapeutische Ausrichtung ihrer Praxis (auf die physikalische Therapie) mache es erforderlich, die gesamten Sachleistungen und zwei Drittel der Sonderleistungen als therapeutische Leistungen gebündelt zu betrachten. Die Überschreitungen bei den Sachleistungen seien auf die nachgewiesene ungünstige Zusammensetzung des Patientengutes (mehr Mitglieder und Rentner, weniger Familienangehörige, insbesondere wenig Kinder; höherer Arbeiteranteil) zurückzuführen. Die strukturbereinigte Berechnungsmethode des Beigeladenen werde dieser Praxisbesonderheit nicht gerecht. Sie (die Kläger) erbrächten die Sachleistungen mehr in eigener Praxis und verordneten im Gegensatz zu anderen orthopädischen Praxen kaum Leistungen nach außerhalb. Ihre Praxis sei auch nach Größe und Ausstattung nicht mit allen anderen orthopädischen Praxen in Bremen vergleichbar. Ihre nominell höhere Gesamthonoraranforderung werde durch den kontinuierlich abnehmenden Arzneimittelverbrauch, die deutliche Unterschreitung der (bescheinigten) AU-Dauer, die unterdurchschnittlichen Krankenhauseinweisungen, die kürzere Dauer der Krankenhausaufenthalte und die geringeren Pflegesatzkosten (niedrigerer Pflegesatz in der H.-Klinik) kompensiert. Weiter müsse berücksichtigt werden: In I/1973 habe praktisch eine Neuzulassung der Kassenpraxis vorgelegen. Ihre Gemeinschaftspraxis gewährleiste eine kontinuierliche Versorgung der Patienten während des ganzen Jahres, dagegen wirkten sich urlaubs- und krankheitsbedingte Ausfälle in den Einzelpraxen mindernd auf den FG-Durchschnitt aus. Bei der größeren Leistungsbreite zweier Ärzte sinke der Fallwert nicht so rasch mit der steigenden Fallzahl ab. Sie (die Kläger) strebten keine konsiliarische und Gutachter-Tätigkeit an und stünden deshalb den Patienten voll zur Verfügung. Und schließlich sei es eine Tendenz ihrer Praxis, Notdienste gehäuft im ersten und Winter-Quartal durchzuführen. Da alle diese Umstände nicht berücksichtigt worden seien, erweise sich die Kürzungspraxis der Beklagten als rechtswidrig. Eine gesamtwirtschaftliche Vergleichsberechnung ergebe vielmehr Einsparungen (zB DM 17.902,52 in I/1973, DM 157.481,36 in III/1973).
Die Kläger beantragen, das Urteil des Landessozialgerichts Bremen vom 8. September 1982 abzuändern und auch die bisher noch aufrechterhaltenen Kürzungen ihrer Honorarforderungen für I/1973, III/1973, I und II/1974 sowie IV/1975 aufzuheben, hilfsweise, die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte erwidert, sie habe in allen Fällen die vom Bundessozialgericht (BSG) zur Wirtschaftlichkeitsprüfung entwickelten Grundsätze beachtet und ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist zum Teil begründet.
Die Urteile der Vorinstanzen sind abzuändern, soweit sie die Bescheide der Beklagten über die Kürzungen der Honoraranforderungen der Kläger für die Quartale I und II/1974 und IV/1975 bestätigen. Diese Bescheide sind aufzuheben, sie sind rechtsfehlerhaft. Ihren Begründungen ist nicht zu entnehmen, ob geltend gemachte Praxisbesonderheiten der Vermutung einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise entgegenstehen. Die Kläger können wegen dieses Rechtsmangels die Aufhebung der Bescheide verlangen, denn eine andere Entscheidung in der Sache ist nicht ausgeschlossen (§§ 35, 41, 42 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren -SGB X-). Da den Prüfungsgremien ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zusteht, kann der Senat nicht selbst in der Sache abschließend entscheiden. Die die Quartale I und III/1973 betreffenden Kürzungsbescheide, die ebenfalls Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind, werden von den angegebenen Gründen getragen. Insoweit haben die Vorinstanzen zu Recht die Klage abgewiesen.
Bei der Prüfung, ob die Behandlungsweise eines Kassenarztes dem gesetzlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit entspricht (§ 368e, § 182 Abs 2 RVO), steht den Prüfungsgremien ein Beurteilungsspielraum zu. Der unbestimmte Begriff der wirtschaftlichen Behandlungsweise ist zwar durch das Gesetz weitgehend inhaltlich ausgefüllt. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit respektiert die Freiheit des Arztes in der Wahl seiner Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Es verwehrt aber dem Arzt, zu Lasten der Versichertengemeinschaft Überflüssiges zu veranlassen oder Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anzuwenden, die aufwendiger sind als andere, die denselben Zweck erfüllen. Ob die Leistungen eines Arztes dem Wirtschaftlichkeitsgebot in diesem Sinne entsprechen, wird schon in einem einzelnen Behandlungsfall schwer feststellbar sein. Eine solche individuelle Prüfung scheitert in der Regel bereits an der Vielzahl der Behandlungsfälle. Die den Prüfungsgremien übertragene Aufgabe, die kassen- und vertragsärztliche Versorgung zu überwachen, bezieht sich auf die gesamte Tätigkeit des Arztes und auf alle an der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte. Die Prüfungsgremien können diese Aufgabe, die sie allen Kassenärzten gegenüber in gleicher Weise wahrzunehmen haben, im allgemeinen nur durch eine pauschale Prüfung im Rahmen eines Kostenvergleichs erfüllen. Nach der ständigen Rechtsprechung ist deshalb die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Kassenarztes nicht anhand einzelner Behandlungsfälle zu prüfen, wenn die durchschnittlichen Fallkosten des Arztes so erheblich über dem entsprechenden durchschnittlichen Fallwert der vergleichbaren Arztgruppe (zB der Fachgruppe des Arztes) liegt, daß zwischen beiden Fallwerten ein offensichtliches Mißverhältnis besteht. Ein solches Mißverhältnis begründet die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit. Das statistische Vergleichsverfahren ist nicht nur praktikabel und damit für die Kassen- und Vertragsärzte in ihrer Gesamtheit kostensparend, es ist auch sachgerecht, denn es kann davon ausgegangen werden, daß die Ärzte im allgemeinen nach den Regeln der ärztlichen Kunst verfahren und das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten, so daß die Durchschnittswerte einer hinreichend großen Zahl vergleichbarer Ärzte Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des geprüften Arztes zulassen. Bei dieser pauschalen Prüfung ist aber auf Besonderheiten einer Arztgruppe oder der einzelnen Arztpraxis Rücksicht zu nehmen. Ob, inwieweit und auf welche Weise diese Besonderheiten zu berücksichtigen sind, werden die mit Kassenärzten besetzten Prüfungsgremien (jetzt nach § 368n Abs 5 RVO idF des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes vom 27. Juni 1977, BGBl I 1069, eine paritätische Besetzung) in der Regel am besten beurteilen können. Der Senat hat deshalb diesen Gremien einen Beurteilungsspielraum zuerkannt, soweit eine genaue Feststellung praktisch nicht möglich oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist. Der Beurteilungsspielraum gestattet es den Prüfungsgremien jedoch nicht, eine sachgerechte Aufbereitung des Streit- und Verfahrensstoffes und konkrete Tatsachenermittlungen durch allgemeine Erwägungen zu ersetzen. Erst wenn eine unwirtschaftliche Behandlungsweise feststeht, sind die Honoraranforderungen des Arztes nach pflichtgemäßem Ermessen zu kürzen (BSGE 55, 110 = SozR 2200 § 368n RVO Nr 27; Urteil vom 22. Mai 1984 - 6 RKa 21/82 -, veröffentlicht in KVRS A-6100/11, demnächst auch in SozR 2200 zu § 368n RVO).
Soweit der Verwaltung ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zusteht, obliegt ihr eine besondere Begründungspflicht. Im Falle eines Beurteilungsspielraums beschränkt sich die Kontrolle des Gerichts darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, daß im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSGE 38, 138, 143 ff = SozR 4100 § 43 Nr 9 mwN; Urteil des Senats vom 9. Juni 1982 - 6 RKa 1/81 - KVRS A-6100/9). Eine Ermessensentscheidung der Verwaltung ist nur darauf zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 54 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Diese eingeschränkte gerichtliche Überprüfung setzt voraus, daß die Verwaltung die tatsächlichen und rechtlichen Gründe sowie die Gesichtspunkte angibt, die für ihre Entscheidung maßgebend gewesen sind. Der vom Verwaltungsakt Betroffene hat ein Recht darauf, daß alle beachtlichen Umstände und Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Eine dem Rechnung tragende Begründung schreibt jetzt § 35 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB X allgemein vor. In bezug auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise eines Kassen- bzw Vertragsarztes hat der Senat schon immer auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Begründung der Verwaltungsentscheidung hingewiesen (BSGE 11, 102, 116; 55, 110).
Die kassenärztlichen Prüfungsgremien können jedoch besondere Verhältnisse des Einzelfalls nur berücksichtigen, soweit diese für sie erkennbar oder vom Kassenarzt geltend gemacht worden sind. Nach dem im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz haben zwar die Prüfungsgremien den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Es ist aber auch der Kassenarzt gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Hinsichtlich der Abrechnung von kassenärztlichen Leistungen ergibt sich eine besondere Mitwirkungspflicht des Arztes aus der Sache selbst. Der Arzt macht einen Vergütungsanspruch geltend, der ihm nur zusteht, wenn er die in Rechnung gestellte Leistung auch tatsächlich erbracht hat und im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung erbringen durfte. Es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen. Dies gilt vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können. Kommt er dieser Mitwirkungspflicht nicht nach, so kann er eine darauf beruhende Unvollständigkeit der Sachaufklärung nicht den Prüfungsgremien anlasten.
Die Beklagte hat ausreichend begründet, welches Prüfungsverfahren sie angewandt hat (statistisches Vergleichsverfahren in der herkömmlichen Weise nach arithmetischen Durchschnittszahlen) und auf welche Fallkostendifferenzen sie die Annahme der Unwirtschaftlichkeit stützt. Diesbezügliche Mängel der Bescheide des Prüfungsausschusses sind durch die Bescheide des Beschwerdeausschusses geheilt worden (§ 368n Abs 5 Satz 8 RVO iVm § 95 SGG). Insoweit wird dem Berufungsurteil uneingeschränkt zugestimmt. Im Bescheid des Beschwerdeausschusses für I/1973 werden die Fallwerte und die Fallwertüberschreitungen hinsichtlich der einzelnen Leistungssparten, der sogenannten Grundleistungen und der Gesamtkosten sowie die Kürzungen genau angegeben. Es werden als Grundleistungen die Leistungssparten 1 bis 6 zusammengefaßt. Es wird außerdem darauf verwiesen, daß bereits in IV/1972 die Grundleistungen gekürzt worden sind. Die Kläger sollen damals in der Verhandlung die Beschwerde zurückgenommen haben. Es ist nicht zu beanstanden, daß die Bescheide des Beschwerdeausschusses für die folgenden Quartale nicht ebenso ausführlich begründet worden sind. Wenn sich die Verhältnisse einer Kassenpraxis nicht ändern, können die Prüfungsgremien an ihren bisherigen Feststellungen anschließen. Die Beklagte hat aber auch bei den Bescheiden für III/1973, I und II/1974 und IV/1975 die beanstandeten Fallwertüberschreitungen sowie die vorgenommenen Kürzungen jeweils nach Höhe und Leistungssparte angegeben.
Gegen die angewandte Prüfungsmethode bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Es war zulässig, die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit und die Honorarkürzung auf die Leistungssparte der Sachleistungen bzw auf die sogenannten Grundleistungen zu beschränken und in diesen Leistungsbereichen eine unwirtschaftliche Behandlungsweise bei den festgestellten Fallwertüberschreitungen um 61 bis 83 % anzunehmen. Soweit die Beklagte auf bestimmte Leistungsarten (Leistungsnummern) eingegangen ist, weist sie nur beispielsweise auf besonders auffällige Anwendungshäufigkeiten hin. Die Kürzung auf bestimmte Leistungsarten zu beschränken, wäre nicht generell ausgeschlossen. Eine solche Kürzung ist jedoch nicht vorgenommen worden, so daß man sich hier mit ihrer Zulässigkeit nicht näher befassen muß. Der Einwand der Kläger, sie hätten vor allem die genannten Nummern abgerechnet, könnte zudem den Mehraufwand in der gesamten Leistungssparte der Sachleistungen nicht rechtfertigen. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist es von Rechts wegen nicht geboten, den Prüfungsgremien ein bestimmtes statistisches Vergleichsverfahren vorzuschreiben (zB den herkömmlichen Vergleich nach arithmetischen Durchschnittszahlen oder die Gauß'sche Normalverteilung). Es ist auch hier nicht nötig, einen bestimmten Grenzbetrag zum offensichtlichen Mißverhältnis allgemeingültig festzulegen. Die unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Fachgruppen, insbesondere in bezug auf Leistungssparten und Leistungsarten, können unterschiedliche Grenzwerte als angemessen erscheinen lassen. Auch insoweit ist ein gewisser Beurteilungsspielraum anzuerkennen, der es den Prüfungsgremien ermöglicht, ihr Erfahrungswissen zu berücksichtigen. Richten sich die Prüfungsgremien, wie im vorliegenden Fall, nach arithmetischen Durchschnittszahlen, so kann im allgemeinen nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn sie die Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis bei einer Fallwertüberschreitung um 50 % ziehen (Urteil des Senats vom 22. Mai 1984 aaO). Daraus, daß im Ersatzkassenbereich generelle Grenzwerte als Aufgreifkriterien für die Prüfung festgelegt worden sind (40 % für das Gesamthonorar, 80 % für die einzelnen Leistungsgruppen; siehe Richtlinien zur Auswahl für die Einleitung des Prüfungsverfahrens), ergeben sich keine Konsequenzen für den Bereich der Krankenkassen iS des § 225 RVO. Im vorliegenden Fall sind keine Gründe ersichtlich, die dagegen sprächen, bei den festgestellten Fallwertüberschreitungen um 61 % und mehr ein offensichtliches Mißverhältnis zum Fachgruppendurchschnitt anzunehmen. Bei den der Kürzung unterzogenen Leistungsbereichen (Sach- und Grundleistungen) handelt es sich um den wesentlichen Teil der therapeutischen Leistungen einer orthopädischen Praxis. Betroffen sind also nicht spezifische Leistungen einer besonderen Praxisausrichtung, für die unter Umständen ein höherer Grenzwert angenommen werden müßte.
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Beklagte einmal bei den Grundleistungen und im übrigen bei den Sachleistungen Kürzungen vorgenommen hat. Allerdings wäre es unzulässig, was die Kläger befürchten, durch einen Wechsel im Leistungsvergleich Fallwertüberschreitungen zu konstruieren. Die Prüfungsgremien dürfen keine variablen Prüfungsverfahren praktizieren, die derartige Manipulationen ermöglichen. Zulässig ist es aber, die Prüfung dem Praxisverhalten des Arztes anzupassen. Wenn der Arzt in der ganzen Leistungsbreite in gleicher Weise unwirtschaftlich behandelt, wird mit der Kürzung beim Gesamthonorar anzusetzen sein; ist ein unwirtschaftlicher Aufwand nur in bestimmten Leistungssparten oder bei bestimmten Leistungsarten festzustellen, dann beschränkt sich die Beanstandung auf diesen engeren Leistungsbereich. Die Kläger haben in allen streitbefangenen Quartalen bei den Sachleistungen den Fachgruppendurchschnitt um mehr als 60 % überschritten, in III/1973 aber auch in dem weiteren Leistungsbereich der Grundleistungen. Die Honorarkürzung in diesen Leistungsbereichen verstößt nicht gegen das Gebot, bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit die gesamte Tätigkeit des Kassenarztes zu berücksichtigen (§ 33 Abs 3 des BMÄ). Die Gesamtbetrachtung kann, wie im vorliegenden Fall, dazu führen, daß die Behandlungsweise des Kassenarztes nur in Teilbereichen zu beanstanden ist und nur insoweit eine Kürzung notwendig wird. Der Mehraufwand in einem Teilbereich kann allerdings mit einem Minderaufwand in einem anderen Bereich in einem ursächlichen Zusammenhang stehen oder durch eine Praxisbesonderheit bedingt sein (zB Spezialisierung eines Internisten auf ein bestimmtes Teilgebiet oder diagnostische Praxisausrichtung).
Die Begründungen der Beschwerdebescheide sind aber teilweise unzureichend, soweit sie sich mit den Besonderheiten der Praxis der Kläger befassen. Gegenüber der Fachgruppe, der Gruppe der Ärzte desselben Fachgebietes, können Besonderheiten gegeben sein, die einen höheren Fallwert rechtfertigen und deshalb der Vermutung einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise entgegenstehen. Solche Besonderheiten können innerhalb einer Fachgruppe bei mehreren Ärzten, eventuell bei einer Gruppe von Ärzten, oder nur bei wenigen Ärzten oder einem Arzt vorliegen. Die Kläger haben im Verwaltungsverfahren als Besonderheiten ihrer Praxis die besondere Zusammensetzung ihres Patientenguts (mehr Rentner mit einem höheren Sachleistungsaufwand, weniger Familienangehörige mit einem geringeren Sachleistungsaufwand) und außerdem eine weitgehende Erbringung von Sachleistungen in der eigenen Praxis und dementsprechend kaum Verordnungen von Sachleistungen nach außerhalb geltend gemacht. Diese Besonderheiten wurden in den Bescheiden des Beschwerdeausschusses der Beklagten nur kurz angesprochen. Das ist hinzunehmen, wenn die Begründung im übrigen die getroffene Entscheidung hinreichend rechtfertigt. Entgegen der Auffassung des LSG ist das nicht in allen streitbefangenen Quartalen der Fall.
Dem LSG ist hinsichtlich der Quartale I und III/1973 zuzustimmen. Es geht mit den Klägern und den übrigen Beteiligten davon aus, daß Rentner einen höheren und Familienangehörige einen niedrigeren Sachleistungsaufwand bedingen. Es stellt dann aber fest, daß der höhere Rentneranteil und der niedrigere Anteil der Familienangehörigen am Patientengut der Kläger nur einige Prozentpunkte der Mehranforderungen der Kläger rechtfertigen und deshalb für die hohen Fallwertüberschreitungen nicht ursächlich sein können. Eine von ihm beispielsweise durchgeführte Berechnung ergibt, daß der höhere Rentneranteil in I/1973 bei den Sachleistungen nur 4,6 Prozentpunkte ausmacht. Es sieht sich bestätigt durch die von dem Beigeladenen vorgelegten fiktiven Berechnungen (Schriftsatz vom 4. März 1981), die eine Ermäßigung der Fallwertüberschreitungen bei den Sachleistungen in I/1973 von 83,45 % auf 77,38 % und in III/1973 von 97,32 % auf 87,54 % ergeben. Auch diese etwas niedrigeren Überschreitungswerte liegen noch weit oberhalb der Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis, die die Beklagte hier in nicht zu beanstandender Weise zum Maßstab ihrer Prüfung gemacht hat. Daran ändert sich auch nichts, wenn man den ebenfalls schon im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwand der Kläger berücksichtigt, sie verordneten kaum Sachleistungen nach außerhalb. Legt man ihre Angaben über den verordneten Sachleistungsaufwand ihrer Praxis und der Fachgruppe zugrunde (DM 1,75 zu DM 4,78 - s Blatt 83 der Revisionsbegründung vom 11. November 1983), so ergibt die Differenz (DM 3,03) knapp 14 % des FG-Durchschnitts bei den Sachleistungen. Auch nach Abzug dieser Prozentpunkte lägen die Kläger bei den Sachleistungen noch im Bereich des offensichtlichen Mißverhältnisses. Das gilt auch für III/1973. Hinsichtlich dieses Quartals hat die Beklagte die unwirtschaftliche Behandlungsweise zwar mit der Fallwertüberschreitung bei den Grundleistungen begründet, und es erscheint fraglich, ob in diesem breiteren Leistungsbereich die Grenze zum offensichtlichen Mißverhältnis noch überschritten wird. Die Kläger liegen aber gerade in diesem Quartal bei den Sachleistungen am höchsten (97,32 % über dem FG-Durchschnitt). Die Sachleistungen stellen bei den Klägern den überwiegenden Teil der Grundleistungen dar (die Fallkosten der Kläger bei Sachleistungen DM 39,76, bei den Grundleistungen insgesamt DM 65,35). Nach der Kürzung um DM 9,80 bleibt den Klägern bei den Sachleistungen ein Honorarbetrag, der um 48 % über dem FG-Durchschnitt liegt (DM 39,76 - DM 9,80 = DM 29,96, der FG-Durchschnitt beträgt DM 20,15).
Anders verhält es sich mit den Quartalen I und II/1974. Hier liegen die Honoraranforderungen der Kläger für die erbrachten Sachleistungen um 62,3 % bzw 61,1 % über dem FG-Durchschnitt. Ist ein Teil dieses Mehraufwandes auf die von den Klägern im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Praxisbesonderheiten zurückzuführen, so kann es sein, daß die nach Abzug des gerechtfertigten Mehraufwands verbleibenden Fallwertüberschreitungen erheblich unter 60 %, eventuell sogar unter 50 % liegen. Nach den im Berufungsurteil verwerteten fiktiven Berechnungen des Beigeladenen ergibt allein die Berücksichtigung des höheren Rentneranteils und des niedrigeren Anteils der Familienangehörigen am Patientengut der Kläger eine Herabsetzung der Fallwertüberschreitungen bei den Sachleistungen auf 50,76 % bzw 49,78 %. Dabei ist noch nicht ein eventuell unterschiedliches Verhalten der Fachgruppe bei der Verordnung von Sachleistungen nach außerhalb berücksichtigt. Ob die schließlich verbleibenden Fallwertüberschreitungen noch die Annahme eines offensichtlichen Mißverhältnisses zu dem FG-Durchschnitt in der Leistungssparte der Sachleistungen erlaubt, erscheint zumindest fraglich. Bei dieser Sachlage hätte sich die Beklagte in der Begründung ihrer Bescheide eingehend mit den von den Klägern geltend gemachten Besonderheiten befassen müssen.
Auch die das Quartal IV/1975 betreffenden Bescheide der Beklagten können nicht bestätigt werden. Der Einwand der Kläger, ihre Quartalswerte seien unzulässigerweise mit dem Jahresdurchschnitt der Fachgruppe verglichen worden, richtet sich gegen diese Bescheide. Die Beklagte hat sich dazu in den Begründungen ihrer Bescheide nicht geäußert. Es ist zwar in der Regel davon auszugehen, daß jeweils die Quartalswerte einander gegenübergestellt sind. Dem steht im vorliegenden Fall jedoch entgegen, daß der Beigeladene in seiner Aufstellung vom 4. März 1981 für die von der Kürzung betroffene Leistungssparte der Sachleistungen statt dem im Beschwerdebescheid angegebenen FG-Durchschnitt von DM 20,21 einen solchen von DM 23,24 aufführt und demzufolge statt einer Überschreitung des FG-Durchschnitts um 78 % eine solche von 54,56 % errechnet. Die von der Beklagten dem SG vorgelegten Unterlagen enthalten beide Beträge, die RVO-Zusammenstellung der Leistungen der Kläger einen FG-Durchschnitt von DM 20,21 und die RVO-Zusammenstellung der Leistungen aller Orthopäden einen FG-Durchschnitt von DM 23,25. Nachdem die Angaben in den Unterlagen differieren, hätte die Beklagte im Bescheid darlegen müssen, welcher Betrag der richtige FG-Durchschnitt des Quartals ist. Auch im gerichtlichen Verfahren wurde diese Frage nicht geklärt. Das LSG beschränkt sich ohne Begründung auf die Feststellung, die Aufstellung des Beigeladenen ginge von einer falschen Zahl aus. Der Beigeladene schließt in der Revisionserwiderung die Richtigkeit der Beanstandung der Kläger in bezug auf IV/1975 nicht aus. Die Kläger haben einen Anspruch darauf, daß ihre Werte mit den zeitgleichen Werten der Fachgruppe verglichen werden. Zumindest muß ein geprüfter Arzt in der Begründung des Honorarkürzungsbescheides darüber aufgeklärt werden, wenn ausnahmsweise ein Vergleich mit zeitgleichen Werten nicht möglich oder zweckdienlich ist und deshalb auf andere zeitnahe Vergleichswerte zurückgegriffen wird. Im vorliegenden Fall ist es erheblich, welcher der beiden Beträge der richtige Vergleichswert ist. Nach der die Zusammensetzung des Patientengutes berücksichtigenden Berechnung des Beigeladenen ergäbe sich bei einem FG-Durchschnitt von DM 23,24 eine Überschreitung um nur 42,99 %.
Physikalisch-medizinische Leistungen (Sachleistungen) werden, wie allgemein bekannt, zum Teil in orthopädischen Praxen selbst, zum Teil auf ärztliche Anordnung in nichtärztlichen physiotherapeutischen Instituten (Massagepraxen) und in Kureinrichtungen erbracht. Es ist daher durchaus möglich, daß auch im Bezirk der Beklagten die orthopädischen Praxen unterschiedlich verfahren und die einen mehr, die anderen weniger die erforderlichen Leistungen selbst erbringen und dementsprechend weniger oder mehr nach außen verordnen. Wenn das so ist, dann muß auch bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung darauf Rücksicht genommen werden. Die Kläger haben schon bei der Prüfung ihrer Quartalsabrechnung I/1973 ein solch unterschiedliches Praxisverhalten geltend gemacht. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, dieses Vorbringen zu prüfen. Wenn es ihr damals nicht möglich gewesen sein sollte, den Umfang der Verordnungen aller orthopädischen Praxen in ihrem Bezirk festzustellen, wäre eventuell eine Überprüfung der ihr vorliegenden Abrechnungsunterlagen daraufhin in Betracht gekommen, ob alle orthopädischen Praxen die in der Regel erforderlichen physikalisch-medizinischen Leistungen in vollem Umfang abgerechnet, also selbst erbracht haben. Praxen, die nicht alle erforderlichen Sachleistungen selbst erbringen, verändern den FG-Durchschnitt. Entweder sind solche Praxen bei der Ermittlung des FG-Durchschnitts herauszunehmen oder den anderen Praxen ist in der Sparte der Sachleistungen ein Mehraufwand zuzubilligen. Sollte es der Beklagten nicht möglich gewesen sein, anhand ihrer Unterlagen und der Unterlagen der Krankenkassen den Sachverhalt aufzuklären, und war ihr das Praxisverhalten der in ihrem Bezirk tätigen Orthopäden auch sonst nicht bekannt, hätte sie die Kläger davon in Kenntnis setzen und ihnen Gelegenheit geben müssen, ihr Vorbringen zu ergänzen und zu belegen. Die Ausführungen im Berufungsurteil können das Prüfungsverfahren insoweit nicht rechtfertigen. Wenn auch die anderen orthopädischen Praxen mit neuzeitlichen Geräten und Einrichtungen versehen sind und die zweckentsprechende Behandlung ausführen, so schließt das nicht aus, daß einige Praxen einen Teil der physikalisch-medizinischen Leistungen anderen nichtärztlichen Praxen überlassen. Soweit das LSG in diesem Zusammenhang das Vorbringen der Kläger wegen unzureichender Substantiierung unberücksichtigt läßt, vernachlässigt es die Aufklärungspflicht der Beklagten. Ob und in welchem Umfange die anderen orthopädischen Praxen die erforderlichen Sachleistungen selbst erbringen, wird am ehesten die Beklagte den ihr vorliegenden Abrechnungsunterlagen entnehmen können. Allerdings ist dem LSG beizupflichten, daß die von den Klägern geltend gemachte außergewöhnliche Praxisausstattung die Kostenüberschreitung nicht zu rechtfertigen vermag und daß die Fallwerte aufwendiger Großpraxen nicht Prüfungsmaßstab sein können.
Die weiteren Beanstandungen der Kläger, die das Verwaltungsverfahren betreffen, sind nicht gerechtfertigt. Die Prüfungsgremien der Beklagten haben ihre Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht dadurch verletzt, daß sie es unterlassen haben, einen Arzt für Orthopädie oder einen Sachverständigen für physiotherapeutische Therapie zuzuziehen. Den Prüfungsgremien steht es grundsätzlich frei, auf welche Weise sie der ihnen obliegenden Aufklärungspflicht nachkommen (Urteil des Senats vom 22. Mai 1984 aaO). Da sie mit Kassenärzten besetzt sind, werden sie in der Regel in der Lage sein, die für die Wirtschaftlichkeitsprüfung bedeutsamen ärztlichen Fragen zutreffend zu würdigen. Die Kläger haben im Verwaltungsverfahren keine Gesichtspunkte vorgetragen, die die Anhörung eines Arztes für Orthopädie unumgänglich notwendig gemacht hätten. Es wird auch nicht durch revisibles Recht (Gesetz oder Bundesmantelvertrag-Ärzte) vorgeschrieben, daß die Prüfungsgremien jeweils mit einem Arzt derjenigen Fachgruppe besetzt sein müssen, welcher der geprüfte Arzt angehört. Die Kläger berufen sich insoweit auch nicht auf nichtrevisible Rechtsvorschriften.
Auch im übrigen ist die Rüge der Kläger, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, unbegründet. Abgesehen von den bereits festgestellten Mängeln des Verwaltungsverfahrens ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Prüfungsgremien der Beklagten ersichtlichen oder geltend gemachten Praxisbesonderheiten nicht genügend nachgegangen sind. Die Kläger selbst haben während des gesamten die hier streitbefangenen Quartale betreffenden Prüfungsverfahrens nur einmal eine kurze schriftliche Begründung vorgelegt (Schreiben vom 29. August 1974 betreffend Einspruch gegen Abrechnung I/1974), die sich lediglich mit der ungünstigen Zusammensetzung des Patientenguts und der geringen Verordnung von Sachleistungen nach außerhalb befaßt. Weitere Praxisbesonderheiten sind von den Klägern auch nicht auf sonstige Weise aktenkundig gemacht worden. Es besteht kein Anlaß zu der Annahme, sie seien im Verwaltungsverfahren an der Geltendmachung von Praxisbesonderheiten gehindert worden. Die Beklagte hat die Kläger immer wieder darauf hingewiesen, daß sie gemäß der Prüfungsordnung die Prüfungsunterlagen einsehen können. Sowohl im Abhilfeverfahren vor dem Prüfungsausschuß als auch im Widerspruchsverfahren vor dem Beschwerdeausschuß sind mündliche Verhandlungen anberaumt worden, in denen die Kläger weitere Praxisbesonderheiten hätten darlegen und zu Protokoll geben können.
Die Sachverhaltsdarstellungen und Berechnung, die die Kläger im gerichtlichen Verfahren, vor allem im Revisionsverfahren vorgelegt haben, sind nicht geeignet, eine Mangelhaftigkeit des Prüfungsverfahrens zu begründen. Soweit nur dem Kassenarzt Besonderheiten seiner Praxis bekannt sind, hat er diese bereits im Verwaltungsverfahren vorzutragen und erforderlichenfalls zu belegen. Nach § 368n Abs 5 RVO obliegt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit den Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen. Der Kassenarzt kann nicht durch ein verspätetes Vorbringen das Prüfungsverfahren unterlaufen und die den Prüfungsgremien vorbehaltene Prüfung in das gerichtliche Verfahren verlagern. Wenn ein Kassenarzt, wie im vorliegenden Fall die Kläger, im Verfahren vor den Prüfungsgremien ausreichend Gelegenheit hatte, seine Praxisbesonderheiten darzulegen, dies aber aus Gründen unterlassen hat, die seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind, so verstößt es gegen Treu und Glauben, die Nichtberücksichtigung dieser den Prüfungsgremien nicht bekannt gewesenen Praxisbesonderheiten als Mangel des Verwaltungsverfahrens gerichtlich geltend zu machen. Zudem dürfen die Gerichte, wie oben dargelegt, die Bescheide der Prüfungsgremien wegen des diesen eingeräumten Beurteilungs- und Ermessensspielraums nur in beschränktem Umfange überprüfen. Im Revisionsverfahren ist die Überprüfungsmöglichkeit noch weiter eingeschränkt. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 162 SGG). Das Revisionsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 163 SGG). Ein neues Tatsachenvorbringen in der Revisionsinstanz ist nicht zu berücksichtigen.
Dem Revisionsvorbringen sind keine weiteren Rechtsverletzungen zu entnehmen. Die vorgelegten Berechnungen beruhen zum Teil auf tatsächlichen Annahmen, die nicht bewiesen sind, und zum Teil auf tatsächlichen Gegebenheiten, die keinen Bezug zum festgestellten Mehraufwand haben. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Mehraufwand eines Arztes in einem Leistungsbereich und seinem Minderaufwand in einem anderen Leistungsbereich ist grundsätzlich nachzuweisen. Das gilt auch für die von den Klägern geltend gemachten Zusammenhänge. Natürlich hat eine notwendige und zweckmäßige therapeutische Maßnahme in der Regel Einfluß auf den Gesundheitszustand des Patienten und damit auch auf die Arbeitsfähigkeit und die weitere Behandlungsbedürftigkeit des Patienten. Daraus folgt aber nicht, daß der Minderaufwand eines Arztes in dem einen Leistungsbereich auf den Mehraufwand in dem anderen Leistungsbereich zurückzuführen ist. Da davon auszugehen ist, daß die Ärzte im allgemeinen die notwendigen und zweckmäßigen Behandlungen durchführen, kann für eine kürzere oder längere durchschnittliche Dauer der AU der Patienten in der Regel nicht die Behandlungsweise der Ärzte verantwortlich gemacht werden. Ebenso wie beim Mehraufwand können auch beim Minderaufwand Umstände eine Rolle spielen, die vom Arzt nicht beeinflußbar sind. Gleiches gilt für einen eventuellen Minderaufwand im Krankenhausbereich. Eine Kompensation zwischen diesem und einem Mehraufwand im ambulanten Bereich ist nur möglich, wenn festgestellt ist, daß der Minderaufwand im stationären Bereich auf den Mehraufwand im ambulanten Bereich zurückzuführen ist (zB bei vorstationärer Diagnostik, wenn dadurch Krankenhauskosten eingespart werden und die Vergleichspraxen nicht in gleicher Weise verfahren, die Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich also nicht bereits im FG-Durchschnitt ihren Niederschlag gefunden hat). Soweit die Kläger Einsparungen bei den Krankenhauskosten dadurch erzielen, daß sie stationäre Behandlungen in Krankenhäusern mit einem niedrigeren Pflegesatz veranlassen bzw (als Belegärzte) selbst durchführen, besteht kein ursächlicher Bezug zu den ambulanten Mehrkosten. Eine Kompensation mit Einsparungen im Arzneimittelsektor scheidet schon deshalb aus, weil die Kläger in der streitbefangenen Zeit meistens auch in diesem Leistungsbereich den FG-Durchschnitt überschritten haben.
Schließlich sind die hier bestätigten Honorarkürzungen nicht wegen eines Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig. Die bei einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise vorzunehmenden Honorarkürzungen müssen sich nicht auf den Bereich des offensichtlichen Mißverhältnisses beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen