Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Fremdrentenrecht. LPG-Beitragszeiten in Rumänien. Nachweis der ununterbrochenen Beitragsentrichtung. keine Kürzung auf 5/6 der Beitrags- oder Beschäftigungszeit
Leitsatz (amtlich)
Handelt es sich bei den von einer LPG in Rumänien pauschal für die Gesamtheit ihrer Mitglieder abgeführten Rentenbeiträgen um solche der gesetzlichen Rentenversicherung und ist für eine Versicherte eine volle Beitragsleistung der LPG erfolgt, so sind bei Nachweis der ununterbrochenen Beitragsentrichtung die Beitragszeiten nicht auf 5/6 gemäß § 19 Abs 2 FRG aF zu kürzen.
Normenkette
FRG § 15 Abs. 1-2, § 19 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1989-12-18
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. September 2004 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. März 2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2001 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 4. August 1995 in der Fassung des Bescheids vom 7. August 1995 der Klägerin Altersrente ab 1. Januar 1996 unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 als nachgewiesene Beitragszeit zu gewähren.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die in Rumänien in der Zeit von 1966 bis 1977 zurückgelegten Versicherungszeiten als nachgewiesene oder nur glaubhaft gemachte Beitragszeiten bzw Beschäftigungszeiten anzuerkennen sind.
Die im Jahre 1924 in Rumänien geborene Klägerin ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A Sie siedelte am 10. November 1990 in die Bundesrepublik Deutschland über. In Rumänien war sie von 1957 bis 1980 in der CAP (rumänische Abkürzung für landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft ≪LPG≫) Sandra tätig. Von Dezember 1981 an bezog sie bis zu ihrer Ausreise eine Rente aus der rumänischen Sozialversicherung.
Am 23. November 1990 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung von Altersruhegeld (ARG) wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. In der hierzu vorgelegten Adeverinta Nr 470 vom 1. August 1990 wurden der Klägerin für die Jahre 1966 bis 1980 Arbeitsleistungen bescheinigt, die zum großen Teil die jährlich geplanten Normen um ein Mehrfaches überschritten. Mit Bescheid vom 4. November 1992 bewilligte die Beklagte ARG ab 10. November 1990. Auf den Widerspruch der Klägerin erkannte die Beklagte ua die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 als glaubhaft gemachte und die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1980 als nachgewiesene Beitragszeit gemäß § 15 des Fremdrentengesetzes (FRG) an (Bescheid vom 27. September 1993).
Die Rente wurde zuletzt neu berechnet mit Bescheid vom 4. August 1995 idF des Bescheids vom 7. August 1995.
Am 29. Dezember 2000 stellte die Klägerin unter Berufung auf eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Juli 1999 (L 20 RJ 620/93) den Antrag auf Neuberechnung der Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 als nachgewiesene Beitragszeit. Mit Bescheid vom 5. Februar 2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 4. August 1995 und die Neuberechnung des ARG unter Berücksichtigung der geltend gemachten Zeiten zu 6/6 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2001 zurück. Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Klage mit Urteil vom 8. März 2002 abgewiesen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 8. September 2004 zurückgewiesen sowie die Klage gegen den im Berufungsverfahren ergangenen weiteren Bescheid vom 23. September 2002 abgewiesen.
Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids vom 4. August 1995 idF des Bescheids vom 7. August 1995 seien nicht erfüllt, denn dieser Bescheid sei hinsichtlich der Berücksichtigung der streitigen Versicherungszeiten rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf ungekürzte Anrechnung zu 6/6 der geltend gemachten Beitrags- bzw Beschäftigungszeiten, weil diese Zeiten nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht seien. Der Berufungssenat habe keine Zweifel daran, dass die Klägerin als Mitglied der LPG Sandra, bei der sie im streitigen Zeitraum als Tierpflegerin beschäftigt gewesen sei, in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen gewesen sei. In Rumänien sei eine Beitragspflicht zum dortigen Rentenversicherungssystem für Mitglieder einer LPG ab 1. Januar 1966 eingeführt worden, so dass Beitragszeiten von diesem Personenkreis frühestens ab diesem Zeitpunkt hätten zurückgelegt werden können. Zwar seien die Sozialversicherungsbeiträge von den LPG nicht für einzelne, namentlich benannte Mitglieder bemessen und abgeführt worden und die Beitragsleistungen hätten auch keinen Einfluss auf die Rentenansprüche der Mitglieder der LPG gehabt, gleichwohl stehe diese Ausgestaltung einer Anerkennung als Beitragszeit nach dem FRG nicht entgegen. Auch könne davon ausgegangen werden, dass ein jeweils ganzjähriges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig sei.
Die streitigen Beitragszeiten seien jedoch nur glaubhaft gemacht. Die in den Adeverinta bescheinigten Normen bildeten keine hinreichend sichere Grundlage für eine Überzeugungsbildung dahingehend, dass eine nicht durch Krankheitszeiten oder vergleichbare Ausfallzeiten unterbrochene Beschäftigung vorgelegen habe. Dies folge aus dem Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 20. Januar 1999, wonach die Anzahl der erfüllten Normen keinen Rückschluss auf die tatsächliche Zahl der Arbeitstage zulasse. Soweit das Institut für Ostrecht meine, bei Erfüllung oder (erst recht) bei Übererfüllung der geplanten Normen könne von einer durchgehenden Arbeitsleistung für das ganze Kalenderjahr ausgegangen werden, werde damit lediglich eine subjektive Wertung bzw eine Vermutung ausgedrückt. Der Nachweis einer ununterbrochenen, ganzjährigen Beitragszeit könne demnach aus der Übererfüllung der Norm nicht hergeleitet werden. Auch sei eine Mindestzahl von Tagen, an denen die Mitglieder einer LPG hätten arbeiten müssen, nicht vorgesehen gewesen. Erst mit dem rumänischen Gesetz Nr 4/1977 sei eingeführt worden, dass ein Beschäftigungsjahr nur bei einer Arbeitsleistung von mindestens 200 Kalendertagen anzuerkennen sei, wie sich aus dem Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht vom 20. Januar 1999 ergebe. Aus dieser Gesetzesänderung könne sich aber für den hier streitigen Zeitraum keine andere Beurteilung ergeben. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin ein monatliches Entgelt bezogen haben könnte; hierzu habe in Rumänien für die LPG erst ab 1983 eine gesetzliche Verpflichtung bestanden. Für die Zeit zuvor sei eine monatliche Zahlung zwar möglich, aber von der jeweiligen LPG hierüber zu entscheiden gewesen. Eine monatliche Entgeltzahlung und damit ein ganzjähriges Beschäftigungsverhältnis könne vor diesem Hintergrund nicht als nachgewiesen angesehen werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts (§§ 15, 22 Abs 4 FRG) und macht eine Verletzung von § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltend. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Das LSG habe widersprüchliche Feststellungen zur Frage der Zurücklegung eines ganzjährigen Beschäftigungsverhältnisses getroffen. Zum einen habe es ausgeführt, es sei “(zunächst nur) ein ganzjähriges Beschäftigungsverhältnis belegt. Das (sei) zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, wie die Anerkennung mit jährlich zehn Monaten zeigt”. Dem widersprechend stelle das LSG dann jedoch fest, “eine monatliche Entgeltzahlung und damit ein ganzjähriges Beschäftigungsverhältnis kann vor diesem Hintergrund nicht als nachgewiesen angesehen werden”. Wegen dieser widersprüchlichen Feststellung sei eine Bindungswirkung gemäß § 163 SGG nicht eingetreten.
Von einer Unentgeltlichkeit und damit dem Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses könne nicht ausgegangen werden. Nach den Feststellungen des Instituts für Ostrecht im Gutachten vom 9. Oktober 1985 seien wegen bestehender gesetzlicher Vergütungspflicht und zur Abgeltung der Disponibilität bei bestehender grundsätzlicher Arbeitspflicht Vergütungen an die Mitglieder einer LPG unabhängig von einem individuellen Tätigkeitsvolumen monatlich oder vierteljährlich erfolgt. Unterscheidungen danach, ob ein Mitglied neben bestehender Mitgliedschaft durchgehend eine Arbeitsleistung erbracht habe, seien nicht getroffen worden.
Die Überlegungen des LSG hätten sich darin erschöpft, sich mit Vermutungen in dem Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 20. Januar 1999 zu der Frage zu befassen, ob aus der Normerfüllung auf eine tatsächliche Arbeitszeit geschlossen werden könne. Da jedoch einzelne Tage ohne Tätigkeiten (zB wegen Schlechtwetters oder Erkrankung) bei der nachgewiesenen Erfüllung der geplanten Normen weder zu einer Kürzung der Vergütung noch der zwölf vollen Pflichtbeitragsmonate geführt hätten, hätte die Beitragszeit aufgrund der vorgelegten Urkunden und zutreffenden Feststellungen zur ausländischen Rechtslage ohne Kürzung gemäß § 22 Abs 4 FRG anerkannt werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. September 2004 sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. März 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2001 aufzuheben sowie den Bescheid vom 23. September 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 4. August 1995 idF des Bescheids vom 7. August 1995 Altersrente für die Zeit ab 1. Januar 1996 unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 als nachgewiesene Beitragszeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist begründet.
Die vorinstanzlichen Urteile und die angefochtenen Bescheide sind aufzuheben bzw abzuändern; denn die Beklagte ist verpflichtet, den bestandskräftigen Bescheid vom 4. August 1995 idF des Bescheids vom 7. August 1995 teilweise zurückzunehmen, weil dieser Bescheid insoweit rechtswidrig ist, als die Beitragszeiten vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 nur zu 5/6 der Berechnung der Rente zugrunde gelegt worden sind. Die Klägerin hat Anspruch auf Berücksichtigung der in diesem Zeitraum zurückgelegten Beitragszeiten zu 6/6 bei der Berechnung ihrer Altersrente.
Verfahrensrechtlich ist der Anspruch der Klägerin nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme des Bescheids vom 4. August 1995 idF des Bescheids vom 7. August 1995 sind erfüllt, weil die streitigen Beitragszeiten aus der rumänischen Sozialversicherung nach den vom LSG getroffenen Feststellungen nicht nur als glaubhaft gemacht, sondern als nachgewiesen anzusehen sind.
Zur Beurteilung der Rechtslage hat das LSG zutreffend auf die Vorschriften des FRG idF ab 1. Juli 1990 abgestellt, wie sie zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls galten. Dies war der Tag des Rentenbeginns am 10. November 1990. Zwar hatte die Klägerin das 65. Lebensjahr schon am 20. November 1989 vollendet; da sie aber erst am 10. November 1990 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt war, konnte ein Anspruch auf ARG frühestens zu diesem Zeitpunkt entstehen. Erst ab diesem Zeitpunkt zählte die Klägerin zu dem vom FRG begünstigten Personenkreis (§ 1 FRG) und konnte auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung erwerben (vgl BSG SozR 5050 § 15 Nr 24, 34).
Für die Frage, in welchem Umfang die in Rumänien zurückgelegten Beitrags- bzw Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen sind, ist daher auf die Bestimmungen des FRG in der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung abzustellen, zumal sich aus den Übergangsvorschriften zu den später ergangenen Änderungen des FRG nichts anderes ergibt. Insbesondere zu der hier streitigen Frage der so genannten 5/6-Kürzung wegen nur glaubhaft gemachter Beitrags- bzw Beschäftigungszeiten ist damit auf § 19 Abs 2 FRG in der am 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1991 geltenden Fassung abzustellen.
Soweit die Klägerin sich mit der Revision auf eine Verletzung von § 22 Abs 4 FRG beruft, meint sie offenkundig § 22 Abs 4 FRG in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Art 15 Abschnitt A Nr 8 des Rentenreformgesetzes 1992, der an die Stelle des zu demselben Zeitpunkt aufgehobenen § 19 Abs 2 FRG (idF ab 1. Juli 1990) treten sollte. Mit dem Rentenüberleitungsgesetz erhielt § 22 FRG mit Wirkung vom 1. Januar 1992 eine neue Fassung und die in § 22 Abs 4 FRG enthaltene Kürzungsregelung befindet sich nunmehr in § 22 Abs 3 FRG (zur Gesetzesentwicklung vgl Verbandskommentar, § 22 FRG Anm 1 ≪Stand: 1. Januar 1998≫). Auf die Neuregelungen in § 22 Abs 4 bzw Abs 3 FRG und die damit verbundene Änderung der Bewertung der Rentenzeiten durch Kürzung der Entgeltpunkte an Stelle der so genannten Zeitkürzung des bisherigen § 19 Abs 2 FRG ist daher nicht weiter einzugehen.
§ 19 Abs 2 FRG idF vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1991 hatte folgenden Wortlaut: Für das einzelne Jahr nicht nachgewiesener Zeiten werden 5/6 als Beitrags- oder Beschäftigungszeit angerechnet. Für Zeiten bis zum 28. Juni 1942, die der Rentenversicherung der Arbeiter zuzuordnen sind, sind die gekürzten Zeiten auf volle Wochen aufzurunden; im Übrigen wird auf volle Monate aufgerundet.
Die Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG in dem streitigen Zeitraum Beitragszeiten iS von § 15 Abs 1 Satz 1 FRG zurückgelegt. Nach dieser Vorschrift stehen Beitragszeiten, die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich (§ 15 Abs 1 Satz 1 und 2 FRG). Nach Abs 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist als gesetzliche Rentenversicherung iS des Abs 1 jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern.
Hierzu hat das LSG ausgeführt, dass in Rumänien für die Mitglieder der LPG – nach dem Muster der staatlichen Sozialversicherung – durch Dekret Nr 535/1966 eine gesetzliche Sozialversicherung als Pflichtversicherung eingeführt worden sei (Dekret Nr 535 vom 24. Juni 1966 über das Recht auf Rente und anderer Sozialrechte der Mitglieder der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften). Bei diesem mit Wirkung vom 1. Januar 1967 eingeführten Sicherungssystem handele es sich um ein System der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beitragspflicht zum Rentenversicherungssystem für Mitglieder einer LPG sei bereits ab 1. Januar 1966 eingeführt worden. Die Klägerin, die ausweislich der Adeverinta Nr 470 in dem hier streitigen Zeitraum in der Tierpflege beschäftigt gewesen sei, sei Mitglied der LPG Sandra gewesen. Aufgrund dieser Gegebenheiten habe der Berufungssenat keine Zweifel daran, dass die Klägerin als Mitglied der LPG Sandra in dieser Eigenschaft in ein System in der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen gewesen sei. Auch könnten die für die LPG-Mitglieder abgeführten Beiträge als Beiträge im Sinne des FRG gesehen werden. Zwar seien die Sozialversicherungsbeiträge von den LPG nicht für einzelne, namentlich genannte Mitglieder bemessen und abgeführt worden, sondern für die Gesamtheit der Mitglieder im abstrakten Sinne des Wortes geleistet worden. Bemessungsgrundlage sei die von der LPG erzielte Jahresproduktion gewesen, wobei jedenfalls zu Beginn der Einführung des Systems die LPG 3,5 % des Wertes der jährlichen Gesamtproduktion als Beitrag an die Rentenkasse abgeführt habe, wie das Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München eV vom 20. Januar 1999 ergeben habe. Die Beitragleistungen und deren Höhe hätten hierbei keinen Einfluss auf die Rentenansprüche der Mitglieder gehabt. Die Höhe der Ansprüche sei vielmehr abhängig von den jeweils zurückgelegten Beschäftigungszeiten und der Erfüllung der festgelegten Tagewerke bzw Arbeitsnormen gewesen. Diese Ausgestaltung stehe gleichwohl einer Anerkennung als Beitragszeit nicht entgegen.
An diese Feststellungen, gegen die von der Revision keine Rügen bzw keine Gegenrügen der Revisionsbeklagten erhoben werden, ist der Senat gemäß § 163 SGG gebunden, insbesondere auch soweit sich das LSG für seine Feststellungen auf die Anwendung und Auslegung rumänischen Rechts stützt, weil es sich hierbei um die Anwendung nicht revisibler Rechtsvorschriften handelt (vgl hierzu schon BSG SozR 5050 § 19 Nr 12).
Im Übrigen hat auch die Beklagte die ununterbrochene Entrichtung von Beiträgen zur rumänischen Sozialversicherung in diesem Zeitraum anerkannt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie von diesem Anerkenntnis wieder abrücken möchte. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang Ausführungen zum Vorliegen eines ganzjährigen Beschäftigungsverhältnisses macht, gehen diese Darlegungen ins Leere, weil das LSG bereits davon ausgeht, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin jeweils zwölf Monate im Jahr dauerte und auch zwölf Beitragsmonate in dem System der gesetzlichen Rentenversicherung in Rumänien zurückgelegt wurden.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass für die Klägerin Beiträge iS von § 15 Abs 1 FRG für den gesamten streitigen Zeitraum entrichtet worden sind und die Entrichtung dieser Beiträge nicht nur glaubhaft gemacht, sondern als nachgewiesen anzusehen ist, weil von keiner Seite die tatsächliche Beitragszahlung in Zweifel gezogen wird. Ist jedoch von einer ununterbrochenen Beitragsentrichtung für den gesamten Zeitraum auszugehen, so bleibt für die vom LSG im Anschluss an diese Feststellung vorgenommene Beurteilung, es handele sich gleichwohl nur um glaubhaft gemachte Beitragszeiten, kein Raum.
Zu Unrecht stützt sich das LSG auf § 19 Abs 2 FRG und die dazu vorhandene Rechtsprechung. Diese Vorschrift macht den Unterschied zwischen glaubhaft gemachter und nachgewiesener Beitragszeiten deshalb, weil sie von der Erfahrung ausgeht, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind. Nachgewiesen iS des § 19 Abs 2 Satz 1 FRG können solche Zeiten daher nur dann sein, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Dies ist nach der Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn die Arbeitsbescheinigungen konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und der dazwischenliegenden Ausfallzeiten enthalten (stRspr, vgl Senatsurteil vom 24. April 1997 – 13/4 RA 123/94; BSGE 38, 80 = SozR 5050 § 19 Nr 1). Insbesondere im Hinblick auf die in den Arbeitsbüchern der Herkunftsländer üblicherweise lediglich bescheinigten Anfangs- und Endtermine einer Beschäftigungszeit hat die Rechtsprechung mehrfach entschieden, dass hiermit der Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung – und damit auch ununterbrochenen Beitragsentrichtung – nicht erbracht wird (vgl BSG SozR 5745 § 3 Nr 5). Dem liegt die statistisch abgesicherte Erfahrung zugrunde, dass es für eine bestimmte Beschäftigung regelmäßig keine lückenlose Beitragsleistung gibt, und vor allem Krankheit oder Arbeitslosigkeit zu Beitragslücken zu führen pflegen (BSGE 51, 234, 235 = SozR 5745 § 3 Nr 3; BSG SozR 5745 § 3 Nr 5; BSG SozR 5050 § 19 Nr 11; Senatsurteil vom 24. April 1997 – 13/4 RA 123/94). Insbesondere auch im rumänischen innerstaatlichen Recht entsprach die Berücksichtigung solcher Zeiten der Anrechnung von Ausfallzeiten oder kam ihr doch zumindest nahe (BSG SozR 5050 § 15 Nr 23), weil zu Zeiten der Arbeitsunterbrechung durch Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichten musste (BSG SozR 5050 § 15 Nr 23). Für den Nachweis einer Versicherungszeit kommt es aber gerade auf die Beitragsleistung zu einem ausländischen System der Rentenversicherung an; es genügt nicht, dass dieses ausländische System die beitragslosen Zeiten zur Begründung eines Rentenanspruchs wie auch zur Rentenberechnung heranzieht (BSG, Urteil vom 21. April 1982 – 4 RJ 33/81 ≪veröffentlicht in DAngVers 1982, 355 bis 357≫ – zur Beweiskraft eines russischen Arbeitsbuches).
Zu Unrecht hat das LSG diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall übertragen und die Beitragszeiten nur als glaubhaft gemacht beurteilt. Die eigenen Feststellungen des LSG lassen eine solche Bewertung nicht zu. Das LSG hat selbst festgestellt, dass eine ununterbrochene Beitragszahlung aufgrund eines ganzjährigen Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin vorgelegen hat. Damit kommt es auf die Frage etwaiger Arbeitsunfähigkeitszeiten oder etwaiger – witterungsbedingter – ausgefallener Arbeitstage nicht an, weil die Beitragszahlung durch die LPG hierdurch nicht unterbrochen wurde. Auf den Nachweis, ob an einzelnen Tagen gearbeitet wurde, kommt es damit ebenfalls nicht an.
Dieses Ergebnis gründet letztlich auf der in Rumänien früher unterschiedlichen Ausgestaltung der Beitragspflicht zur Rentenversicherung von Mitgliedern einer LPG zu derjenigen anderer Arbeitnehmer (vgl hierzu auch Sauer in MittLVA Oberfr 1989, 365, 383). Diese Unterscheidung ist daher auch im Rahmen des § 15 Abs 1, Abs 2 iVm § 19 Abs 2 FRG hinzunehmen, auch wenn nicht zu verkennen ist, dass damit eine generelle Besserstellung der ehemaligen Mitglieder einer LPG durch das bisherige Fremdrentenrecht verbunden ist.
Da die Klägerin bereits im Berufungsverfahren ihren Zahlungsanspruch auf die Zeit ab 1. Januar 1996 beschränkt hat, weil nach § 44 Abs 4 SGB X Sozialleistungen für die Vergangenheit längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme bzw vor dem entsprechenden Antrag erbracht werden, ist der Klageanspruch in vollem Umfang begründet und die Beklagte entsprechend zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1456004 |
SGb 2005, 583 |