Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Auftragsschreibens der Verwaltung
Leitsatz (amtlich)
Der behandelnde Arzt ist für seine gutachtliche Stellungnahme zu entschädigen, wenn er nach der Fassung des Auftrags der Meinung sein konnte, er solle sich nicht nur über beobachtete und gemessene Funktionseinschränkungen, sondern auch über deren rechtserhebliche Auswirkungen im sozialen Bereich äußern.
Orientierungssatz
1. Eine behördliche Verlautbarung wie das Auftragsschreiben der Verwaltung ist grundsätzlich immer so zu verstehen, wie dies verständige Empfänger unter Würdigung aller ihnen bekannten Umstände aufzufassen pflegen - hier die Ärzte, die in Schwerbehindertensachen über ihre Patienten sich äußern sollen. Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung.
2. Verlangen die Versorgungsämter von Ärzten formularmäßige "Befundberichte" mit der Frage nach dem Ausmaß von Funktionseinschränkungen, können die beauftragten Ärzte nicht davon ausgehen, daß es sich hierbei um einen bloßen Auftrag zur Beschreibung der beobachteten und gemessenen Funktionsbeeinträchtigungen handelt.
Normenkette
ZuSEG § 5 Anl 1 Nr 3; ZuSEG § 5 Anl 1 Nr 4; SGB 10 § 21 Abs 3 S 4 Halbs 1
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 07.10.1986; Aktenzeichen L 6 V 15/86) |
SG Aachen (Entscheidung vom 04.12.1985; Aktenzeichen S 16 V 39/85) |
Tatbestand
Im Juli 1984 erstattete der Kläger, ein Arzt für Allgemeinmedizin, dem Versorgungsamt auf formularmäßigen Auftrag im Schwerbehinderten-Verwaltungsverfahren G. V. einen "Befundbericht" auf einem Vordruck; er fügte Arztberichte bei. Das Versorgungsamt setzte die Entschädigung nach Nr 3 der Anlage zu § 5 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) auf 20,- DM statt der vom Kläger geforderten 30,- DM, zuzüglich 4,- DM für Schreibgebühren, fest (Bescheide vom 30. Juli 1984 und 14. November 1984, Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 1985). Die Klage, mit der der Kläger weiterhin eine Entschädigung von 34,- DM forderte, blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 4. Dezember 1985). Das Landessozialgericht (LSG) hat der vom SG zugelassenen Berufung des Klägers stattgegeben (Urteil vom 7. Oktober 1986). Es hat die Verrichtungen des Klägers als Befundbericht mit kurzer gutachtlicher Stellungnahme iS der Nr 4 der Anlage zu § 5 ZSEG bewertet. Der Kläger habe in seiner Beurteilung eine "schmerzfreie Gehstrecke" von 400 bis 500 m angenommen und insoweit aus den mitgeteilten Befunden auf eine entsprechende Gehfähigkeit geschlossen, außerdem eine Verschlechterung des Beschwerdebildes seit etwa zwei Jahren. Mit dieser Bewertung habe er den Gutachtenauftrag nicht überschritten; er hätte dementsprechend die Aufforderung, "weitere Hinweise" auf Hilfsbedürftigkeit, ständiges Krankenlager und die Unmöglichkeit, die Wohnung zu verlassen, uä zu geben, verstehen können. Innerhalb des Entschädigungsrahmens von 20,- bis 50,- DM sei der Betrag von 30,- DM angemessen.
Der Beklagte rügt mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision eine Verletzung des § 5 ZSEG iVm Nr 3 Satz 1 und Nr 4 Satz 1 der Anlage sowie des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Entschädigung richte sich nach der durch schriftliches Auskunftsersuchen übertragenen Aufgabe. Beauftragt worden sei der Kläger aber nur zur Abgabe eines Befundberichtes iS der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG. Vor einer Auslegung des Auftragsschreibens hätte ermittelt werden müssen, ob die Beteiligten tatsächlich übereinstimmend die Erklärung verstanden. Dazu seien keine Tatsachen festgestellt worden. Der Kläger habe aber im Schreiben vom 17. August 1984 erklärt, er habe die Forderung von 30,- DM nach der Kommentierung zu Nr 3 der Anlage bemessen. Auch bei einer Auslegung gemäß § 133 BGB nach dem objektiven Erklärungswert hätten alle Umstände gewürdigt werden müssen. Nach dem maßgebenden Vordruck sei aber nur ein Befundbericht angefordert und dementsprechend eine Entschädigung zwischen 10,- und 30,- DM angekündigt worden. Im übrigen sei nur eine Beschreibung der funktionellen Ausfälle und Einschränkungen gefordert, was keine gutachtliche Äußerung bedinge. Den Ärzten sei allgemein bekannt, daß in Schwerbehindertensachen die übermittelten Befunde von einem durch die Verwaltung beauftragten Arzt gutachtlich ausgewertet werden. Schließlich falle unter Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG nur nicht eine "nähere" gutachtliche Äußerung, während diejenige gemäß Nr 4 hätte begründet sein müssen. Mit der Angabe der noch von der Antragstellerin zu bewältigenden Wegstrecke sei bloß der Befund funktionell beschrieben worden.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er entgegnet, daß der Beklagte in beiden Instanzen nie behauptet habe, die Beteiligten hätten das Auftragsschreiben einheitlich verstanden. Der Beklagte habe die Möglichkeit, seine Formulare im Sinn des Verständnisses durch den Kläger auszulegen, dadurch bestätigt, daß er inzwischen ein anderes Formular eingeführt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
Das LSG hat der Klage, für die der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (BSG SozR 1300 § 21 Nr 2), mit Recht stattgegeben.
Der Kläger ist für seinen Bericht mit gutachtlicher Stellungnahme gemäß § 21 Abs 3 Satz 4 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469, 1980) entsprechend § 5 ZSEG (in der hier maßgebenden Fassung vom 1. Oktober 1969 - BGBl I 1756 -/26. November 1979 - BGBl I 1953, ber. 1980 I 137) und der Nr 4 der Anlage dazu zu entschädigen. Über die vom LSG festgestellte Höhe herrscht unter dieser rechtlichen Voraussetzung, die allein umstritten ist, kein Streit. Der Kläger hat entsprechend dem Auftrag des Versorgungsamtes in erster Linie als sachverständiger Zeuge eine schriftliche Auskunft über die von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen, die als Behinderungen iS des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) bewertet werden können, erteilt und vorhandene Untersuchungsunterlagen vorgelegt (§ 21 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB 10 iVm § 12 Abs 2 Satz 3 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung -KOVVfG- vom 6. Mai 1976 - BGBl I 1169 - idF des Art II § 16 Nr 1 SGB 10). Außerdem hat er sich ergänzend iS der Nr 4 der Anlage zu § 5 ZSEG über Funktionseinschränkungen gutachtlich, dh in der Rolle eines Sachverständigen, auftragsgemäß (§ 21 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB 10) betätigt.
Die Verfahrensrüge, das LSG hätte durch Anhörung der Beteiligten aufklären müssen, ob sie das Auftragsschreiben tatsächlich übereinstimmend iS der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG verstanden hätten, ist nicht zulässig. Der Beklagte hat damit keine Beweisfrage bezeichnet, die nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre. Das LSG hat für die Bemessung als entscheidend angesehen, welche Leistung der Kläger tatsächlich erbracht hat, dh ob seine Verrichtung unter Nr 3 oder unter Nr 4 der Anlage zu § 5 ZSEG einzuordnen ist. Außerdem hat es berücksichtigt, daß der Kläger den erteilten Auftrag nicht überschritten habe, weil er den Vordruck, insbesondere den unter D auf der Rückseite enthaltenen Hinweis, entsprechend seiner Tätigkeit habe verstehen dürfen. Danach kam es für das LSG nicht darauf an, ob der Kläger und die Verwaltung übereinstimmend das Schreiben im Sinn eines Auftrages zu einem Bericht nach Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG verstanden haben. Abgesehen davon entspricht die Rüge nicht der gebotenen Form des § 164 Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Beklagte hat nichts aufgezeigt, was dem LSG eine vom Revisionskläger für notwendig erachtete Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Wie der Kläger darlegt, hat der Beklagte in den beiden Vorinstanzen nicht einmal eine solche Übereinstimmung in der Auslegung behauptet. Demnach hat er nicht zu verstehen gegeben, der Kläger habe von vornherein nur einen Auftrag nach Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG angenommen, weil sein Rechtsanwalt im ersten Widerspruchsschreiben vom 17. August 1984, das die Entschädigung in 13 Fällen betraf, sich auf diese Vorschrift bezogen habe. Die darauf in der Revisionsbegründung bezogene Darlegung ist auch nicht schlüssig. Aus der bezeichneten Rechtsauffassung des Rechtsanwaltes kann nicht zurückgeschlossen werden, der Kläger habe von vornherein den Auftrag ebenso verstanden.
Nach der zutreffenden Rechtsansicht des LSG ist die Entschädigung gemäß § 5 ZSEG in erster Linie nach der tatsächlichen Verrichtung des Arztes zu bemessen (Jessnitzer, Der gerichtliche Sachverständige, 8. Aufl 1980, S 295, 26 ff, bes 27). Abweichend von den unterschiedlichen Entschädigungsregelungen der §§ 2 und 3 ZSEG ist gemäß den Nrn 3 und 4 der Anlage zu § 5 ZSEG einheitlich die Leistung sowohl des sachverständigen Zeugen als auch des Sachverständigen pauschal zu vergüten (BSG SozR 1300 § 21 Nr 2). Zutreffend hat das LSG die schriftliche Äußerung des Klägers nicht bloß als einen Befundbericht eines sachverständigen Zeugen (§ 414 Zivilprozeßordnung -ZPO-), der eigene Wahrnehmungen von vergangenen Tatsachen und Zuständen bekundet (BVerwGE 71, 38, 42), gewertet, sondern als einen Bericht, der durch eine gutachtliche Stellungnahme eines Sachverständigen iS der Nr 4 der Anlage zu § 5 ZSEG ergänzt wurde. Die gutachtliche Äußerung in diesem Sinn war in der auf Hüftgelenks- und Beinbeschwerden bezogenen Beurteilung enthalten, daß die "schmerzfreie Gehstrecke" 400 bis 500 m betrage. Damit wurde nicht bloß wie zuvor unter "Beschwerden" eine Angabe der Antragstellerin wiederholt, sondern anschließend an die festgestellten Gesundheitsstörungen und mit Bezug auf sie diese Funktionseinbuße aufgrund ärztlicher Beurteilung bestätigt. Diese Äußerung ist unter der Rubrik "weitere Hinweise" (D) enthalten, die verschiedene Beispiele ähnlicher Bewertungen enthält, zB über die Notwendigkeit von Hilfsmitteln oder fremder Hilfe oder ständigen Krankenlagers oder über die Unmöglichkeit, die Wohnung zu verlassen.
Mit dieser fachlichen Beurteilung beschrieb der Kläger nicht bloß das von ihm festgestellte Ausmaß der Funktionsstörungen aus medizinisch-ärztlicher Sicht, was zum Befundbericht des sachverständigen Zeugen über Behinderungen iS der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG gehören kann. Vielmehr zog er aus den beobachteten Gesundheitsstörungen aufgrund fachlicher Erfahrung den Schluß, daß eine bestimmte, für das Schwerbehindertenrecht rechtserhebliche Funktionseinbuße anzunehmen sei. Diese Stellungnahme war für das Schwerbehindertenverfahren rechtserheblich. Die beurteilte Funktionseinschränkung kann sowohl für den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - neuerdings der Behinderung (§§ 1 und 3 Abs 1 und 3 SchwbG idF der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1979 - BGBl I 1649 -, §§ 1, 3, 4 Abs 1 und 3 SchwbG idF der Bekanntmachung vom 26. August 1986 - BGBl I 1421 -) als auch für die Voraussetzung eines Rechts zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personenverkehr bedeutsam sein (§ 3 Abs 4, §§ 57 und 58 SchwbG 1979, § 4 Abs 4, §§ 59 und 60 SchwbG 1986; dazu BSGE 59, 242 = SozR 3870 § 3 Nr 20). Dies war eine "kurze gutachtliche Äußerung", die sich durch ihre Knappheit vom Gutachten eines Sachverständigen iS des § 3 ZSEG unterscheidet. Sie war auch ausreichend für die Verrichtung iS der Nr 4 der Anlage; denn ihre Begründung ergab sich aus dem zuvor beschriebenen Zustand. Der Kläger hat sich in der Rolle eines Sachverständigen wenigstens "kurze" Gedanken für die mitgeteilte Bewertung machen müssen. Im Rahmen der durch geringe Pauschalbeträge abgegoltenen Verrichtung dieser Art kann keine ausführlichere Begründung verlangt werden. Oft schreiben auch die Ärzte, die die Versorgungsverwaltung beauftragt, in Schwerbehindertenverfahren die Befundberichte zu begutachten, keine oder nur eine stichwortartige Begründung für ihre Schlußfolgerungen. Dies ist dem Senat aus einer sehr großen Anzahl von Sachen bekannt. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann der Befundbericht iS der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG nicht mit einer gutachtlichen Stellungnahme verbunden sein, die einen geringeren Umfang als einen "näheren" hätte. Das Kennzeichnen "nähere" der ausgeschlossenen gutachtlichen Äußerungen ist überflüssig in dieser Vorschrift. Jede "kurze" gutachtliche Stellungnahme zwingt dazu, die Verrichtung der Nr 4 zuzuordnen. Der Kläger hat schließlich nicht erkennbar allein auf eine Frage, wie er in anderem Zusammenhang die Funktionseinbuße beurteilt habe, geantwortet und somit nicht darüber als sachverständiger Zeuge berichtet. Abgesehen von diesem Fall kann ein Sachverständiger allgemein dieselbe gutachtliche Stellungnahme in verschiedenen Verfahren jeweils in der Funktion eines Sachverständigen wiederholen.
Die Entschädigung könnte gleichwohl nicht zu beanspruchen sein, wenn die Verwaltung den Kläger nicht zu einer Verrichtung iS der Nr 4 der Anlage zu § 5 ZSEG im Rahmen der Sachaufklärung (§ 20 Abs 1 SGB 10) beauftragt hätte. Indes konnte er bei verständlicher Auslegung des Formularschreibens annehmen, daß er in diesem Sinn beauftragt war.
Was die Verwaltung in dem Auftragsschreiben erklärte, hat in tatsächlicher Hinsicht das LSG verbindlich festgestellt (§ 163 SGG). Darüber hinaus wäre grundsätzlich auch das mit der Erklärung Gewollte von der Tatsacheninstanz festzustellen; im allgemeinen ist nur die rechtliche Würdigung der Willenserklärung vom Revisionsgericht zu kontrollieren (BSG SozR 5070 § 10a Nr 3; BSGE 48, 56, 58 f = SozR 2200 § 368 a Nr 5). Jedoch ist eine behördliche Verlautbarung wie das Auftragsschreiben dieses Falles grundsätzlich immer so zu verstehen, wie dies verständige Empfänger unter Würdigung aller ihnen bekannten Umstände aufzufassen pflegen - hier die Ärzte, die in Schwerbehindertensachen über ihre Patienten sich äußern sollen (entsprechend dem Rechtsgrundsatz des § 133 BGB: BSGE 48, 59; ergänzend: Laubinger, Verwaltungsarchiv 1987, 207, 218 f; Soergel/Hefermehl, BGB, Bd 1, 11. Aufl 1978, § 133 Rz 7). Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (BSGE 11, 57, 59; vgl auch § 5 des Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. Dezember 1976 - BGBl I 3317). Das LSG hat den im Urteil mitgeteilten Inhalt des Auftragsformulars rechtlich zutreffend gewürdigt. Zwar hat die Verwaltung nicht ausdrücklich zusätzlich zu einem Befundbericht eine gutachtliche Stellungnahme angefordert. Aber sie hat nicht hinreichend klargestellt, daß keine andere Verrichtung als eine solche iS der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG verlangt werde. Die Frage nach dem Ausmaß von Funktionsbeeinträchtigungen (C) ist für Ärzte nicht zwingend als Auftrag zur bloßen Beschreibung der beobachteten und gemessenen Funktionsbeeinträchtigungen zu verstehen, sondern kann auch als Auftrag zur Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im sozialen Bereich verstanden werden. Diese Unklarheit geht aber zu Lasten des Beklagten. Jedenfalls kann bei verständiger Auslegung der Aufforderung zu beispielhaft bezeichneten "weiteren Hinweisen" (D) ein Arzt annehmen, er solle eine gutachtliche Schlußfolgerung über rechtserhebliche Ausfälle vornehmen, zumal nach dem Umfang notwendiger fremder Hilfe und nach der Unmöglichkeit, die Wohnung zu verlassen, gefragt wird. Ein solches Verständnis des Auftrages lag um so näher, als den Ärzten, wie der Beklagte selbst feststellt, allgemein die Besonderheit der Schwerbehindertenverfahren bekannt ist. In diesen Verwaltungsverfahren holt die Verwaltung, abweichend von den Verfahren über soziale Entschädigung, grundsätzlich nicht ein Gutachten aufgrund persönlicher Untersuchung durch den Sachverständigen ein; vielmehr läßt sie die Begutachtung nach Aktenlage vornehmen. Dann kann es dem behandelnden Arzt sinnvoll erscheinen, rechtserhebliche Funktionsstörungen aufgrund seiner eigenen Beobachtungen auch sachverständig zu beurteilen.
Wenn sich schon Volljuristen über die allgemeine Abgrenzung der Nrn 3 und 4 der Anlage zu § 5 ZSEG streiten, kann auch einem Arzt keine Klarheit im Einzelfall unterstellt werden. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, er habe aus dem unklaren Auftragsschreiben die Schlußfolgerung gezogen, er solle ausschließlich einen Befundbericht ohne geringste gutachtliche Beurteilung abgeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen