Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwere Hauterkrankung. Aufgabe der beruflichen Beschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Hat eine berufsbedingte schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung objektiv zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gezwungen, sind die Voraussetzungen einer Berufskrankheit nach Nr 46 der Anl 1 zur 7. BKVO auch erfüllt, wenn für die Willensentschließung des Versicherten, die berufliche Beschäftigung aufzugeben, die Hauterkrankung nicht maßgebend war (Abweichung von BSG 1980-06-26 8a RU 54/79 = SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 11 und BSG 1981-06-04 8/8a RU 14/80 = BSGE 52, 35 = SozR 5677 Anl 1 Nr 41 Nr 5).
Orientierungssatz
1. Eine beruflich bedingte Hauterkrankung ist auch dann als "schwer" anzusehen, wenn sie zwar in einer medizinisch nicht schweren Erscheinungsform verläuft, jedoch längere Zeit bestanden hat (vgl BSG 1974-06-27 8/7 RU 9/72 = BSGE 38, 17) oder bei Fortdauer der schädigenden Tätigkeit zu erheblichen Körperschäden führen würde (vgl BSG 1981-03-20 8/8a RU 104/79 = BSGE 51, 251).
2. Alle mit der Auslegung des Merkmales der Aufgabe der beruflichen Beschäftigung in den Berufskrankheiten-Verordnungen befaßten Senate des BSG haben in ständiger Rechtsprechung übereinstimmend entschieden, daß der Zwang zum Berufswechsel bzw zur Aufgabe der Beschäftigung objektiv gegeben sein muß und nicht von den subjektiven Vorstellungen des Versicherten, die berufliche Beschäftigung wegen der Hauterkrankung aufgeben zu müssen, abhängig ist (vgl zuletzt BSG 1980-08-29 8a RU 72/79 = BSGE 50, 187).
Normenkette
BKVO 7 Anl 1 Nr 46 Fassung: 1968-06-20
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger war - mit einer sechsjährigen Unterbrechung - von 1952 bis 1975 als Maurer tätig. Er verlor seine letzte Arbeitsstelle im Mai 1975 aus betrieblichen Gründen. Wegen Beschwerden in der Wirbelsäule beantragte der Kläger bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Berlin Berufsförderungsmaßnahmen (Umschulung). Bei einer arbeitsmedizinischen Untersuchung wurden ua Restekzeme an drei Fingern der rechten Hand des Klägers festgestellt, die der Kläger auf seine Arbeit mit Zement als Maurer zurückführte (Gutachten der Ärztin für Arbeitsmedizin Dr. von S vom 11. August 1976). Von der Beklagten veranlaßte Begutachtungen führten zu dem Ergebnis, daß die Hautveränderungen an den Fingern des Klägers sich auf der Grundlage einer Chromatsensibilisierung im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Maurer entwickelt hätten. Die Hautveränderungen könnten jedoch nicht als wiederholt rückfällige oder schwere Erkrankung im Sinne der Nr 46 der Anlage 1 zur 7. Berufskrankheitenverordnung (BKVO) oder Nr 5101 der BKVO angesehen werden. Ein Zwang zur Aufgabe des Maurerberufs habe im Jahre 1975 nicht bestanden. Den Maurerberuf habe der Kläger wegen der Wirbelsäulenbeschwerden aufgegeben und deswegen eine Umschulung beantragt (Gutachten des Arztes für Berufskrankheiten Dr. B vom 9. August 1976 und 8. Juni 1977). Durch Bescheid vom 27. Oktober 1978 lehnte die Beklagte Entschädigungsansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil eine Berufskrankheit nicht vorliege. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. November 1978 zurück.
Klage und Berufung des Klägers mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen einer Berufskrankheit (Hauterkrankung nach Nr 46 der 7. BKVO) eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vH zu gewähren, sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts -SG- Berlin vom 3. Dezember 1980 und des Landessozialgerichts -LSG- Berlin vom 15. April 1982). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Die Hauterkrankung des Klägers erfülle die Voraussetzungen für die Entschädigung als Berufskrankheit nur teilweise. Zwar sei die Hauterkrankung nach dem vom SG eingeholten Gutachten des Facharztes für Hautleiden Prof. Dr. K vom 17. Januar 1980 schwer im Sinne der Nr 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO, jedoch habe sie den Kläger nicht zur Aufgabe seiner beruflichen Beschäftigung gezwungen. Beim Kläger hätten unabhängig voneinander zwei Krankheitskomplexe bestanden, von denen jeder für sich allein den Kläger objektiv untauglich gemacht habe, weiterhin als Maurer berufstätig zu sein, nämlich einerseits die Wirbelsäulen- und Ischiaserkrankung und andererseits die durch die Tätigkeit als Maurer verursachte Hauterkrankung. Wenn auch die Hauterkrankung den Kläger zur Ausübung seines Maurerberufs objektiv unfähig gemacht habe und er diesen Beruf nach Verlust der letzten Arbeitsstelle im Jahre 1975 auch aufgegeben habe, so bedeute dies nicht auch schon, daß die Hauterkrankung zur Aufgabe des Berufs "gezwungen hat". Diese Voraussetzung wäre nur erfüllt, wenn die Hauterkrankung sich auf die Entschließung des Klägers, den Maurerberuf aufzugeben, wesentlich ausgewirkt hätte. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Die Umschulung habe der Kläger allein wegen seiner schweren Wirbelsäulen- und Ischiaserkrankung beantragt; die Hauterkrankung habe er lediglich als "Wehwehchen" angesehen. Er habe bei der Arbeit als Maurer Handschuhe benutzt und gehofft, daß die als geringfügig empfundenen Hautveränderungen eines Tages wieder abheilen würden. Die Hauterkrankung sei für die Entscheidung des Klägers, den Maurerberuf aufzugeben, ohne jede Bedeutung gewesen. Daß die subjektive Einstellung des Versicherten bei der Anwendung der Nr 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO von Bedeutung ist, habe das Bundessozialgericht (BSG) - allerdings im Zusammenhang mit einer anderen Problematik - mehrfach entschieden; es habe zum Ausdruck gebracht, daß der Versicherte aus der objektiven Notwendigkeit zum Berufswechsel die "Folgerungen" gezogen und den Beruf aufgegeben haben müsse (BSGE 10, 286, 290; 40, 66, 71; BG 1967, 358).
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Das Merkmal "Zwang zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung" sei ein Kennzeichen für die Schwere der Hauterkrankung; es habe die Funktion eines typischen Kausalitätsanzeichens, aufgrund dessen die nicht für entschädigungswürdig gehaltenen leichteren Fälle dieser Krankheit, die häufig nicht ihre Ursache in der versicherten Tätigkeit fänden, abgegrenzt werden sollen. Es genüge, daß die berufliche Tätigkeit tatsächlich aufgegeben werde. Die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit könne auch aus vom Willen des Versicherten unabhängigen Gründen erfolgen. Entscheidend sei, daß wegen der Schwere der Hauterkrankung ein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bestehe und die Tätigkeit überhaupt aufgegeben werde. Es sei nicht erforderlich, daß der Versicherte den Entschluß fasse, seine berufliche Tätigkeit wegen der Hauterkrankung aufzugeben. Es sei auch kein vernünftiger Grund vorhanden, die Entscheidung nach dem Grund der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit zu differenzieren. Die vom LSG vorgenommene Differenzierung verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG).
Der Kläger beantragt, die Urteile des LSG Berlin vom 15. April 1982 und des SG Berlin vom 3. Dezember 1980 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der bei ihm bestehenden Hauterkrankung nach Nr 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß nach den Feststellungen des LSG, an die das Revisionsgericht gebunden sei, beim Kläger zwar eine "schwere" Hauterkrankung im Sinne der Nr 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO vorliege, diese Hauterkrankung den Kläger jedoch nicht zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbstätigkeit gezwungen habe. Der Kläger habe seine letzte Arbeitsstelle als Maurer aus betrieblichen Gründen verloren. Bereits zuvor hatte er bei der LVA Berlin berufliche Rehabilitationsmaßnahmen mit dem Ziel einer Umschulung beantragt und zur Begründung seines Antrags lediglich eine schwere Wirbelsäulen- und Ischiaserkrankung angegeben. Die Hauterkrankung sei für die Entscheidung des Klägers, die Maurertätigkeit aufzugeben und eine Umschulung anzustreben, in keiner Weise maßgebend gewesen. Die Auffassung des Klägers, daß das Tatbestandsmerkmal "Zwang zur Aufgabe des Berufs" auch dann als erfüllt anzusehen sei, wenn der hautschädigende Beruf tatsächlich nicht mehr ausgeübt werde bzw die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit aus anderen, nämlich vom Willen des Verletzten unabhängigen Gründen, erfolgen könne, werde nicht geteilt. Sie finde weder im Gesetzeswortlaut noch im Sinn und Zweck des Gesetzes und in der Rechtsprechung des BSG eine Stütze.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Bei dem Kläger liegt eine Berufskrankheit vor.
Nach § 551 Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gilt als Arbeitsunfall eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO). Zu den Berufskrankheiten gehören nach Nr 46 der Anl 1 der hier noch anzuwendenden 7. BKVO vom 20. Juni 1968 (BGBl I 721) "schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben".
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die das Revisionsgericht mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen und Anschlußrügen gebunden ist (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-), besteht bei dem Kläger eine Hauterkrankung, die durch die versicherte Tätigkeit des Klägers als Maurer (§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO) verursacht worden ist. Diese beruflich bedingte Hauterkrankung ist auch "schwer" iS der Nr 46 der Anl 1 zur 7. BKVO, wie das LSG aufgrund der Gutachten von Professor Dr. K vom 17. Januar und 16. Juli 1980 festgestellt hat. Zwar kommt es für die Beurteilung der Frage, ob eine schwere Hauterkrankung vorliegt, nicht auf eine medizinische Augenblicksbeurteilung an, denn maßgeblich kann nur eine Beurteilung sein, die sich bei rückblickender Betrachtung als objektiv zutreffend erweist (BSG SozR Nr 4 zur 5. BKVO Anl Nr 19). Jedoch hat Professor Dr. K insoweit darauf hingewiesen, daß beim Kläger in der Zeit von 1972 bis 1975 während seiner Arbeit als Maurer immer wieder ein rezidivierendes Ekzem aufgetreten ist. Eine beruflich bedingte Hauterkrankung ist aber auch dann als "schwer" anzusehen, wenn sie zwar in einer medizinisch nicht schweren Erscheinungsform verläuft, jedoch längere Zeit bestanden hat (BSGE 10, 286, 289; 38, 17, 18; SozR aaO) oder bei Fortdauer der schädigenden Tätigkeit zu erheblichen Körperschäden führen würde (BSGE 51, 251, 253). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die schwere Hauterkrankung auch zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung als Maurer gezwungen. Das LSG hat jedoch eine Berufskrankheit iS der Nr 46 der Anl 1 zur 7. BKVO verneint, weil für den Kläger dessen Rückenleiden und nicht die Hauterkrankung der Anlaß für die tatsächliche Aufgabe seiner Beschäftigung als Maurer gewesen ist.
Der Senat teilt diese Ansicht des LSG nicht.
Der Senat verkennt dabei nicht, daß der Wortlaut des Zusatzes zur Nr 46 der Anl 1 zur 7. BKVO der Rechtsauffassung des LSG nicht entgegensteht. Jedoch deckt der Wortlaut auch die Auslegung, daß insoweit entscheidend ist, ob objektiv ein Zwang zur Aufgabe der Beschäftigung besteht und die Beschäftigung auch tatsächlich aufgegeben wurde ("gezwungen hat"; s dazu BSGE 10, 286, 290), ohne daß für die Willensentscheidung des Erkrankten, die berufliche Beschäftigung aufzugeben, die Hauterkrankung maßgebend war. Der Zusatz zu Nr 46 der Anl 1 der 7. BKVO verlangt über die Aufgabe der Beschäftigung hinaus nicht das Bewußtsein des Versicherten, daß seine Krankheit entsprechend schwer ist, und auch nicht den Willen, wegen dieser Krankheit seine Beschäftigung aufzugeben. Der Senat übersieht auch nicht, daß in der Begründung zur Sechsten Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten (Sechste Berufskrankheiten-Verordnung -6. BKVO-) zu der Regelung in Nr 43 ausgeführt ist (BR-Drucks 115/61, S 7): "Dieser Tatsache will die neue Fassung dadurch Rechnung tragen, daß sie die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit nur in den Fällen zuläßt, in denen die berufliche Beschäftigung oder jede Erwerbsarbeit infolge der Erkrankung aufgegeben worden ist." Aus den unmittelbar vorangehenden Ausführungen in der Begründung zur 6. BKVO ist jedoch ersichtlich, daß der Verordnungsgeber durch den Zwang zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbstätigkeit nur die schweren Erkrankungsformen erfassen (s BSG SozR 2200 § 551 Nr 10) und durch die neue Fassung ("gezwungen hat") außerdem die tatsächliche Aufgabe der die Erkrankung verursachenden beruflichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit sicherstellen wollte. Zu der früheren Fassung in der 5. BKVO ("die zu ...zwingen") hatte der Senat ausgeführt (BSGE 10, 286, 290), dieser Wortlaut der Verordnung stehe an sich der Auslegung nicht entgegen, daß das Begriffsmerkmal des Zwanges zum Berufswechsel weder die Aufgabe des bisherigen noch die Aufnahme eines anderen Berufes erfordere, vielmehr genüge allein die objektiv bestehende Notwendigkeit hierzu. Der Senat hatte diese Auslegung deshalb für denkbar erachtet, da in der 5. BKVO nicht die Vergangenheitsform "gezwungen haben", sondern die Gegenwartsform "zwingen" verwendet worden war. Auch diese dem Verordnungsgeber bekannten Ausführungen des Senats sprechen dafür, daß später durch die Änderung des Wortlautes der VO und durch die hierzu gegebene Begründung zur 6. BKVO die bisherige Rechtsprechung bestätigt werden sollte, daß zur Feststellung einer Berufskrankheit in den in der VO bestimmten Fällen durch die berufsbedingte Erkrankung nicht nur objektiv ein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung bestehen ("die zu ...zwingen"), sondern daß diese berufliche Beschäftigung auch tatsächlich aufgegeben sein mußte (s BSGE 31, 215, 217). Im Regelfall wird die Berufsaufgabe auch infolge der Erkrankung vollzogen werden. Es ist aber nicht ersichtlich, daß der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, die Erkrankung müsse in allen Fällen auch der Beweggrund für die Aufgabe der die Krankheit hervorgerufenen beruflichen Beschäftigung durch den Versicherten gewesen sein. Auch der 8. Senat hat in seinem Urteil vom 29. August 1980 ausgeführt (BSGE 50, 187, 189): "Die Fassung: 'Erkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, ...' enthält nicht zwingend subjektive Elemente, die in der Person des Versicherten vorgelegen haben müssen".
Entscheidend ist für den Senat jedoch, daß seine Rechtsauffassung, die stärker Sinn und Zweck des tätigkeitsbezogenen Merkmals als zusätzliche Voraussetzung der Berufskrankheit berücksichtigt, der bisherigen Rechtsprechung des 2., 5., 7. und auch des 8. Senats zur Notwendigkeit eines objektiven Zwangs zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung entspricht und Zufallsergebnisse vermeidet.
Durch das Merkmal des Zwanges zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung als zusätzliche Voraussetzung einer Berufskrankheit wird in typisierender Weise der Schweregrad der Krankheit beschrieben (s ua BSG SozR 2200 § 551 Nr 10, SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 8 und Nr 11; BSG Urteil vom 11. Februar 1981 - 2 RU 25/79 -; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 9. Aufl, S 482a I, 492c I). Der Schweregrad einer Erkrankung ergibt sich aber ua aus dem objektiven Zwang zur Aufgabe der Beschäftigung und wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der subjektive Beweggrund des Versicherten zur tatsächlichen Aufgabe der beruflichen Beschäftigung ein anderer ist. Ferner hat das Merkmal des Zwanges zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung den Zweck, ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz zu verhindern und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungsleistung zu verhüten (s ua BSGE 10, 286, 290; BSG SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 8; BSG Urteil vom 11. Februar 1981 aaO und Urteil vom 31. März 1981 - 2 RU 81/80). Auch für diese Zweckerfüllung ist entscheidend, daß die wegen der berufsbedingten Erkrankung objektiv notwendige Aufgabe der Beschäftigung tatsächlich verwirklicht ist, ohne daß es auf den Beweggrund des Versicherten für die tatsächliche Aufgabe ankommt. Deshalb haben bisher alle mit der Auslegung des Merkmales der Aufgabe der beruflichen Beschäftigung in den Berufskrankheiten-Verordnungen befaßten Senate des BSG in ständiger Rechtsprechung übereinstimmend entschieden, daß der Zwang zum Berufswechsel bzw zur Aufgabe der Beschäftigung objektiv gegeben sein muß und nicht von den subjektiven Vorstellungen des Versicherten, die berufliche Beschäftigung wegen der Hauterkrankung aufgeben zu müssen, abhängig ist (vgl ua 2. Senat: BSGE 10, 286, 290; 5. Senat: SozR Nr 4 zur 5. BKVO Anl Nr 19; 7. Senat: SozR Nr 2 zur 6. BKVO Anl 46; 8. Senat: BSGE 40, 66, 71; 50, 187, 188; s auch Brackmann aaO S 492d mwN). Leidet ein Versicherter an einer berufsbedingten schweren oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung, der aber durch geeignete Schutzmaßnahmen ohne Aufgabe der beruflichen Beschäftigung wirksam begegnet werden kann, so liegt eine Berufskrankheit auch dann nicht vor, wenn der Versicherte aufgrund seiner subjektiven Beurteilung wegen der Hauterkrankung seine Beschäftigung aufgegeben hat. Entscheidend bleibt, ob objektiv ein Zwang zur Aufgabe der Beschäftigung nicht gegeben ist; die subjektiven Vorstellungen des Versicherten sind rechtlich insoweit ohne Bedeutung. Der 8. Senat hat noch in seinem Urteil vom 29. August 1980 (BSGE 50, 187, 189) ua ausgeführt, der Zwang zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit sei "im Wege einer nachträglichen objektiven Betrachtungsweise festzustellen" (ebenso ua der 5. Senat des BSG SozR Nr 4 zur 5. BKVO Anl Nr 19 und der 7. Senat des BSG SozR Nr 2 zur 6. BKVO Anl 46). Nach dieser ständigen Rechtsprechung aller bisher mit Streitigkeiten aus der gesetzlichen Unfallversicherung befaßten Senate erscheint es dann aber umgekehrt nicht vertretbar, bei einer berufsbedingten Hauterkrankung, die objektiv zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gezwungen hat, eine Berufskrankheit nur deshalb zu verneinen, weil subjektiv der Versicherte andere Beweggründe für die Aufgabe der Beschäftigung hatte.
Wäre im vorliegenden Fall dem Kläger nicht nur sein Rückenleiden, sondern auch die - nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG - Schwere seiner berufsbedingten Hauterkrankung bewußt gewesen, hätte es der Feststellung der Hauterkrankung als Berufskrankheit nicht entgegengestanden, wenn der Kläger nach einer entsprechenden Aufforderung der Beklagten seine Beschäftigung als Maurer aufgegeben hätte, obgleich er subjektiv davon überzeugt war, nicht die - nach seiner Auffassung - durch Schutzmaßnahmen beherrschbare Hauterkrankung, sondern sein Rückenleiden habe ihn zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gezwungen. Etwas anderes kann aber auch nicht allein deshalb gelten, weil der Kläger mangels ärztlicher Aufklärung sein Hautleiden nicht als schwer angesehen und bereits deshalb subjektiv einen Zwang zur Aufgabe der Beschäftigung irrtümlich nur wegen des Rückenleidens angenommen hat. Bereits diese Beispiele zeigen, daß die Auffassung des LSG und des 8. Senats, die Hauterkrankung müsse auch subjektiv für den Versicherten der Beweggrund für die Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gewesen sein, zu Zufallsergebnissen führt, worauf auch Mehrtens (Sozialversicherung 1978, 151, 152) zutreffend hinweist. Er bezeichnet es nach Auffassung des Senats mit Recht als unbillig, einem Versicherten, der an einer berufsbedingten schweren oder wiederholt rückfälligen Krankheit leidet, aber vor Meldung oder der oft langwierigen Feststellung als Berufskrankheit die Beschäftigung wegen einer Kündigung des Arbeitgebers, aus Altersgründen oder aus anderen willensunabhängigen Umständen (s auch BSGE 50, 187) verloren hat, den objektiven Zwang nicht mehr als vorhanden anzusehen und eine Berufskrankheit zu verneinen. Es erscheint aber auch bei willensabhängigen Umständen sowohl mit der bisherigen Rechtsprechung, daß es entscheidend auf den objektiven Zwang zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung ankommt, als auch mit der an die Stelle der Unternehmerhaftpflicht getretenen Entschädigung berufsbedingter Erkrankung nicht vereinbar, bei einem Versicherten, der durch seine versicherte Tätigkeit an einer schweren oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung leidet, eine Berufskrankheit nur deshalb zu verneinen, weil er vor der Feststellung der Krankheit als Berufskrankheit einen für ihn günstigen Wechsel der Beschäftigung durchgeführt und dies auch unabhängig von der Hauterkrankung getan hätte. Der Versicherte müßte somit, um die ihn an sich zustehende Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen seiner berufsbedingten schweren oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung zu sichern, diesen günstigen Berufswechsel unterlassen oder aber - belehrt - erklären, er wolle ihn nur wegen der Hauterkrankung vornehmen. Ebenso läßt der dem Urteil des 8. Senats vom 26. Juni 1980 (SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 11) zugrunde liegende Sachverhalt erkennen, von welchen Zufälligkeiten nach der Gegenmeinung die Entschädigung als Berufskrankheit abhängen kann. Führt ein Versicherter trotz seiner berufsbedingten Hauterkrankung seinen Betrieb weiter, um ihm über besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten noch hinwegzuhelfen, kann seine Hauterkrankung als Berufskrankheit festgestellt werden, wenn er wegen ihr nach erfolgreichen Maßnahmen seine berufliche Beschäftigung aufgibt und den Betrieb einem Nachfolger übergibt. Gelingt es ihm nicht, den Betrieb zu sanieren, und muß er Konkurs anmelden, so kann dies nach der Gegenmeinung der Feststellung seiner Berufskrankheit entgegenstehen. Desgleichen müßte ein Beschäftigter, der an einer berufsbedingten schweren oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung leidet, befürchten, seine Erkrankung auch bei tatsächlicher Aufgabe seiner beruflichen Beschäftigung nicht als Berufskrankheit festgestellt zu erhalten, wenn er auf Drängen seines Arbeitgebers noch einige Wochen seine Arbeit weiter ausübt oder aber aus Furcht vor Arbeitslosigkeit seine berufliche Beschäftigung zunächst nicht aufgibt (s BSGE 10, 286, 291) oder vor der Aufgabe der beruflichen Beschäftigung noch seinen Urlaub nimmt, jedoch wegen eines - zB - Herzinfarktes während dieser Zeit seine berufliche Beschäftigung aufgeben muß.
Unabhängig von der Zufälligkeit der Ergebnisse erscheint es grundsätzlich mit Sinn und Zweck der Entschädigung von Berufskrankheiten nicht vereinbar, einem Versicherten, dessen berufsbedingte Hauterkrankung ihm objektiv seine bisherige Beschäftigung verschließt und deren auch nach Beendigung der die Erkrankung bedingenden Beschäftigung weiterbestehenden Folgen Heilbehandlung erforderlich machen und sogar eine MdE bedingen, die Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu versagen, nur weil sein Beweggrund für die tatsächliche Aufgabe der die Krankheit bedingenden Beschäftigung ein anderer war.
Der 8. Senat führt in seinem Urteil vom 26. Juni 1980 (SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 11) ua aus, er habe in dem hier maßgebenden Fall die Nr 46 zur 7. BKVO stets in derselben Weise ausgelegt. Soweit er aber auf sein Urteil vom 19. Dezember 1974 (BSGE 39, 49, 50) Bezug nimmt, ist darin lediglich entsprechend der auch von den anderen Senaten vertretenen Rechtsauffassung ausgeführt, daß Voraussetzung für die Feststellung als Berufskrankheit ist, daß sie "den Versicherten zum Wechsel des Berufs (5. BKVO) bzw einer beruflichen Beschäftigung oder jeglicher Erwerbsarbeit zwingt (6. und 7. BKVO)". Gleiches gilt für die außerdem zitierte Entscheidung des 8. Senats vom 6. Dezember 1978 (BSGE 47, 249, 252 = SozR 5670 Anl 1 Nr 5101 Nr 3), in der insoweit lediglich auf BSGE 39, 49, 50 verwiesen ist. Das Urteil des 2. Senats vom 29. April 1980 (2 RU 60/78), auf das der 8. Senat ebenfalls verweist, betrifft den ganz anderen Fall einer Rentenentziehung und wiederholt insoweit lediglich den Wortlaut des tätigkeitsbezogenen Merkmals in Nr 46 zur Anl 1 der 7. BKVO. Schließlich ist der Leitsatz in SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 11 unzutreffend, soweit er die Entscheidung als eine Fortführung der Rechtsprechung im Urteil des 2. Senats vom 26. Januar 1978 (SozR 2200 § 551 Nr 10) bezeichnet; denn in dem diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung vorgelegen und der Kläger hatte auch aus diesem Grund seine berufliche Beschäftigung aufgegeben. Der Senat hat zwar insoweit die Formulierung gebraucht, der Versicherte müsse aus dem objektiven Zwang zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung "seinerseits die Folgerungen" gezogen haben (s ua BSGE 10, 286, 290; dem folgend der 5. Senat in BSGE 31, 215, 217 und der 8. Senat in BSGE 41, 211 und 52, 35, 36). Der Senat hat damit aber nur zum Ausdruck gebracht, daß eine Feststellung als Berufskrankheit erst nach der tatsächlichen Aufgabe der beruflichen Beschäftigung in Betracht kommt. Dies ergibt sich auch aus den vorangehenden Ausführungen im Urteil und daraus, daß nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt der Versicherte die Beschäftigung auch subjektiv wegen der Hauterkrankung aufgegeben hatte, so daß die hier maßgebende Frage überhaupt nicht im Streit stand.
Soweit der Senat, wie aus den vorstehenden Ausführungen ersichtlich, von der Rechtsprechung des nicht mehr für Streitigkeiten der gesetzlichen Unfallversicherung zuständigen 8. Senats (SozR 5677 Anl 1 Nr 46 Nr 11; BSGE 52, 35) abweicht, hat es einer Anrufung des Großen Senats nicht bedurft (BSGE 42, 49, 53). Der jetzt anstelle des 8. Senats für Angelegenheiten der Unfallversicherung zuständige 9. Senat hat auf Anfrage des erkennenden Senats (Beschluß vom 28. Juli 1983), ob er die von den beiden vorstehend angeführten Urteilen des 8. Senats abweichende Auffassung des erkennenden Senats teile, daß es für die Feststellung einer beruflich bedingten oder wiederholt rückfälligen Hauterkrankung, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gezwungen hat (Nr 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO), genüge, daß der Versicherte seine berufliche Beschäftigung aufgegeben hat, ohne daß für seine Willensentschließung, die berufliche Beschäftigung aufzugeben, die Haupterkrankung maßgebend war, mitgeteilt (Beschluß vom 26. Oktober 1983), er wende sich nicht gegen die von dem erkennenden Senat gemäß der Anfrage vorgesehenen Entscheidung.
Zu einer Verurteilung der Beklagten, dem Kläger wegen seiner beruflich bedingten Hauterkrankung eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit vom 30 vH zu gewähren, fehlt es an den dafür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen. Das LSG hat sie von seinem rechtlichen Standpunkt aus nicht zu treffen brauchen; es wird dies unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Äußerungen nachzuholen haben.
Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Fundstellen