Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluß der Berufung. Beschwer des Rechtsmittelklägers. Maßgeblichkeit des Berufungsbegehrens. Chancengleichheit

 

Orientierungssatz

Dem Prozeßrecht und insbesondere dem SGG ist nicht der Grundsatz zu entnehmen, daß eine Rechtsmittelsituation für die Beteiligten gleichmäßig gestaltet sein muß, ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang sie im bisherigen gerichtlichen Verfahren unterlegen sind. Erfolg und Mißerfolg jedes einzelnen Beteiligten in der ersten Instanz bestimmen seine Zulassung zum Rechtsmittelverfahren.

 

Normenkette

SGG § 148 Nr. 3 Fassung: 1958-06-25, § 160 Abs. 2 Nr. 1 Fassung: 1974-07-30

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. November 1975 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die in der Revisionsinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der am 21. März 1918 geborene Kläger wurde am 19. April 1945 als Offizier der ehemaligen deutschen Wehrmacht durch Granatsplitter verwundet. Wegen der Verwundungsfolgen gewährte das Versorgungsamt D dem Kläger Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), seit dem Bescheid vom 7. März 1967 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H.

Der Kläger absolvierte nach dem Kriege eine juristische Ausbildung und war anschließend als Beamter des höheren Dienstes tätig. Mit Schreiben vom 12. Dezember 1971 beantragte er seine Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen. Nach amtsärztlicher Untersuchung wurde diesem Antrag mit Ablauf des Monats September 1972 stattgegeben.

Am 2. August 1972 beantragte der Kläger die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs, da er durch die vorzeitige Pensionierung eine schädigungsbedingte Einkommenseinbuße erlitten habe. Am 25. September 1972 beantragte er ferner, seine MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit und wegen Verschlimmerung der anerkannten Leiden zu erhöhen. Nach Einholung von Krankenunterlagen und versorgungsärztlicher Untersuchung lehnte das Versorgungsamt D sowohl die Erhöhung der MdE als auch die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab (Bescheide vom 12. März 1973 und 4. April 1973). Die gegen diese Bescheide erhobenen Widersprüche blieben erfolglos. Der Kläger hatte es abgelehnt, sich weiteren, vom Versorgungsamt angeordneten fachärztlichen Untersuchungen zu unterziehen.

Das Sozialgericht (SG) Lübeck hat als Sachverständigen den Facharzt für innere Krankheiten Prof. Dr. F gehört und mit Urteil vom 1. Oktober 1974 das beklagte Land verurteilt, dem Kläger wegen besonderer Berufsbetroffenheit Versorgung nach einer um 20 v.H. erhöhten MdE (insgesamt 100 v.H.) zu gewähren; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Kläger habe seinen bisher ausgeübten Beruf wegen der Schädigungsfolgen aufgeben müssen und könne einen sozial gleichwertigen Beruf nicht mehr ausüben. Nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. F sei die Dienstunfähigkeit durch das Zusammenwirken von anerkannten Schädigungsfolgen mit schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörungen eingetreten, ohne daß ein Überwiegen des einen oder anderen Faktors vorgelegen habe. Bei dem Kläger liege ein besonders schwerer Fall beruflicher Betroffenheit vor, so daß die MdE nicht lediglich um 10 v.H., sondern um 20 v.H. zu erhöhen sei. Dagegen habe sich eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen nicht feststellen lassen, da der Kläger die von Prof. Dr. F vorgeschlagenen fachärztlichen Untersuchungen verweigert habe. Die Gewährung von Berufsschadensausgleich scheitere schon daran, weil der Kläger einen meßbaren Einkommensverlust nicht erlitten habe.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Berufung sei entgegen der Rechtsmittelbelehrung in vollem Umfang zulässig, weil ein einheitlicher prozessualer Anspruch streitbefangen sei. Überdies hätte das SG die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zulassen müssen. Ferner habe das SG den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt und sein Recht auf freie Beweiswürdigung überschritten.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Beklagten durch Urteil vom 27. November 1975 als unzulässig verworfen; es hat die Revision zugelassen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Beteiligten stritten nur noch darüber, ob die Rente des Klägers wegen besonderer beruflicher Betroffenheit zu erhöhen sei. Daher sei die Berufung gemäß § 148 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausdrücklich ausgeschlossen. Daran ändere auch die Vorschrift des § 150 Nr. 3 SGG nichts, weil der Beklagte als Rechtsmittelkläger durch das Urteil des SG insoweit nicht beschwert sei. Die hierdurch ausgeschlossene Berufung sei auch nicht nach § 150 Nrn. 1 und 2 SGG zulässig. In der Nichtzulassung der Berufung sei kein Verfahrensfehler zu erblicken. Das SG habe den Sachverhalt hinreichend aufgeklärt. Die mit der Berufung angesprochene eventuelle Besserung der anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, so daß sich das SG mit den Ausführungen von Prof. Dr. F habe begnügen dürfen.

Mit der Revision macht der Beklagte geltend, das LSG habe verkannt, daß es sich bei dem Anspruch auf Höherbewertung der MdE um einen einheitlichen prozessualen Anspruch handele, der hinsichtlich seiner Berufungsfähigkeit nicht in einzelne Streitteile aufgespalten werden könne. Das einheitliche Klagebegehren sei auch auf eine Leidensverschlimmerung gestützt worden; damit sei der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit schädigenden Einflüssen des Wehrdienstes Streitgegenstand gewesen, so daß die Berufung gemäß § 150 Nr. 3 SGG zulässig sei. Eine Aufspaltung des einheitlichen Streitgegenstandes würde eine nicht zu rechtfertigende prozessuale Chancenungleichheit mit sich bringen. Ferner macht die Revision die bereits im Berufungsverfahren gegen das Urteil des SG vorgebrachten Verfahrensfehler geltend. Im übrigen habe die MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit allenfalls um 10 v.H. erhöht werden dürfen.

Der Beklagte und Revisionskläger beantragt,

das Urteil des 2. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. November 1975 aufzuheben sowie das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 1. Oktober 1974 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger und Revisionsbeklagte beantragt,

die Revision kostenpflichtig als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise, die Revision kostenpflichtig als unbegründet zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, daß das Vorbringen der Revision bereits in der Berufungsinstanz erschöpfend und zutreffend gewürdigt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die vom LSG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) ist vom Beklagten frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist daher zulässig (§ 169 SGG); sie ist jedoch unbegründet. Das LSG hat die Berufung des Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen, weil sie kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

Nach § 148 Nr. 3 SGG ist die Berufung nicht zulässig, soweit sie den Grad der MdE oder die Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen Änderung der Verhältnisse betrifft, es sei denn, daß die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente davon abhängt. Diese beiden Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ungeachtet der in § 148 Nr. 3 SGG enthaltenen Einschränkung ist die Berufung stets zulässig, wenn der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung iS des BVG streitig ist (§ 150 Nr. 3 SGG) oder einer der sonst in § 150 (Nrn. 1 und 2) genannten Gründe vorliegt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war seine Berufung nicht bereits deshalb statthaft, weil das erstinstanzliche Urteil - entsprechend dem Klagebegehren - über den Antrag des Klägers auf Erhöhung der MdE aus mehreren Gründen - Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen, Hinzutreten eines weiteren Schädigungsleidens, Vorliegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins - entschieden hat. Maßgebend ist vielmehr allein die "Beschwer", deren Beseitigung der Beklagte mit der Berufung erreichen wollte. Der Beklagte war durch das Urteil des SG lediglich insoweit beschwert, als die MdE des Klägers wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins (§ 30 Abs 2 BVG) um 20 vH erhöht worden ist. - "Im übrigen", dh hinsichtlich der weiteren Ansprüche des Klägers, hat das SG die Klage abgewiesen. - Die Auseinandersetzung hierüber ist ein sogenannter Gradstreit, für den die Berufung gemäß § 148 Nr. 3 SGG ausgeschlossen ist (vgl. BSGE 12, 134).

Der Beklagte hat seine gegenteilige Auffassung weitgehend auf Argumente gestützt, die der früheren Rechtsprechung des BSG zu § 148 SGG in seiner ursprünglichen Fassung (vgl. SGG vom 3.9.1953, BGBI I S. 1239) entnommen sind. Die einschlägige Vorschrift ist bereits durch das Zweite Änderungsgesetz zum SGG vom 25. Juni 1958 (BGBI I S. 409) in entscheidender Weise geändert worden (zur Gegenüberstellung der früheren und der geltenden Gesetzesfassung vgl. BSG SozR SGG § 143 Nr. 3). Für die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ist nicht mehr schlechthin auf den Inhalt des angefochtenen Urteils abzustellen - "In Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung können Urteile mit der Berufung nicht angefochten werden, wenn sie betreffen ..." -, sondern auf die Beschwer des Rechtsmittelklägers und auf denjenigen Prozeßstoff, mit dem das Berufungsgericht von dem Rechtsmittelkläger befaßt werden soll (vgl. das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des BSG vom 24.11.1976 - 9 RV 2/76 -). Die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Beschwerdegegenstand kommt in der geänderten und seither geltenden Fassung des Gesetzes deutlich zum Ausdruck. Nach § 148 SGG ist die Berufung nicht zulässig, "soweit sie betrifft ..." die anschließend im Gesetz aufgeführten einzelnen Ausschlußtatbestände (vgl. auch die geänderte Fassung der §§ 145 bis 147 SGG).

Durch diese Formulierung sollte erreicht werden, daß die Rechtsmittelschranke nicht durch den Streitgegenstand des ersten Rechtszuges, sondern durch die Beschwer nach Abschluß des Verfahrens im ersten Rechtszuge festgelegt wird (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. III/36 S. 5 zu Nr. 4; Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. III/338). Für den Ausschluß der Berufung ist es daher unerheblich, daß das Urteil erster Instanz auch andere - rechtsmittelfähige - Ansprüche erfaßt, die den Rechtsmittelkläger aber nicht belasten - zB weil die Klage insoweit abgewiesen ist - und über die er verständlicherweise eine abweichende Entscheidung auch nicht herbeiführen will (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 143 Anm 4, S. III/10). Der Gesamtinhalt des sozialgerichtlichen Urteils ist nur noch insofern bedeutsam, als dadurch die Grenzen abgesteckt werden, innerhalb deren das Berufungsbegehren auf Betreiben des einen oder des anderen Beteiligten - aber nur, soweit er in erster Instanz unterlegen ist - in Betracht zu ziehen und zu überprüfen ist (vgl. BSG SozR SGG § 148 Nr. 26; Urteil BSG vom 24.11.1976 aaO).

Die vom Beklagten angesprochene fehlende "Chancengleichheit" ergibt sich also unmittelbar aus dem Gesetz. Sie beruht auf der differenzierten Regelung über die Berufungsausschließungsgründe und entspricht dem allgemein anerkannten Grundsatz des Prozeßrechts, daß der Weg zum Berufungsgericht nur unter der Voraussetzung einer Beschwer eröffnet ist (vgl. BSGE 9, 17, 22; 11, 26). Im übrigen liegt eine echte Chancenungleichheit, die zu anderen rechtlichen Überlegungen oder zu anderen gesetzlichen Regelungen führen müßte, nicht vor. Von der differenzierten, einschränkenden Regelung über die Statthaftigkeit der Berufung werden beide Beteiligten - Kläger und Beklagter - gleichermaßen betroffen. Das hängt lediglich davon ab, in welcher prozessualen und sachlichen Situation sie sich nach dem Urteil der ersten Instanz befinden, ob sie ganz oder teilweise obgesiegt haben und ob sie den unterlegenen Teil der Nachprüfung durch das Berufungsgericht unterstellen wollen. Hätte im vorliegenden Fall der Kläger mit seinem Verschlimmerungsantrag Erfolg gehabt und wäre er lediglich mit seinem Antrag auf Erhöhung der MdE wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins unterlegen, dann wäre der Kläger - ebenso wie jetzt der Beklagte - durch § 148 Nr 3 SGG gehindert, allein den letzteren Anspruch im Berufungsverfahren weiterzuverfolgen. Andererseits wäre der Beklagte in diesem Fall nicht gehindert, den Erfolg des Klägers hinsichtlich des Verschlimmerungsantrages mit der Berufung zu bekämpfen, weil insoweit § 150 Nr 3 SGG Platz greift. Dem Prozeßrecht und insbesondere dem SGG ist nicht der Grundsatz zu entnehmen, daß eine Rechtsmittelsituation für die Beteiligten gleichmäßig gestaltet sein muß, ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang sie im bisherigen gerichtlichen Verfahren unterlegen sind. Erfolg und Mißerfolg jedes einzelnen Beteiligten in der ersten Instanz bestimmen seine Zulassung zum Rechtsmittelverfahren. Der "Erfolg" des Beklagten bestand hier in der Abweisung des Verschlimmerungsantrages, sein "Mißerfolg" in der Verurteilung zur Erhöhung der MdE wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins. Nur insoweit liegt eine Beschwer des Beklagten vor.

Die hier vertretene Auffassung widerspricht nicht der bisherigen Rechtsprechung des Senats, wonach ein Streit um die Erhöhung der MdE vom Berufungsausschluß nach § 148 Nr 3 SGG nicht erfaßt wird, wenn die Erhöhung mit berufungsfähigen Einzelansprüchen - zB einem Verschlimmerungsantrag (vgl. BSGE 6, 87; 11, 161) oder einem Antrag auf Anerkennung weiterer Versorgungsleiden - begründet wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 25. Juni 1964 - 10 RV 275/62 - in VersorgB 1964, 127; vom 28. Juni 1973 - 10 RV 531/72 - in KOV 1974, 79; vom 12. Dezember 1974 - 10 RV 249/74 - in KOV 1975, 191). Die Einheitlichkeit des prozessualen Anspruchs führt alsdann dazu, daß nicht nur über die berufungsfähigen Streitteile entschieden wird, sondern daß für den Rechtsmittelkläger und das Berufungsgericht die unmittelbar davon abhängende Erhöhung der MdE "offengehalten" wird (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1974 aaO). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Die im Verfahren erster Instanz (auch) streitig gewesene Frage der schädigungsbedingten Leidensverschlimmerung und damit der berufungsfähige Streit um den ursächlichen Zusammenhang (§ 150 Nr. 3 SGG) ist von dem insoweit unterlegenen Beteiligten - dem Kläger - nicht weiter verfolgt worden.

Die hiernach ausgeschlossene Berufung ist auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten zulässig gewesen. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 3, 231; SozR SGG § 150 Nr. 8, 12, 17, 38, 39, 40) kein Verfahrensmangel vorliegt, wenn das SG die Berufung nicht im Urteil zugelassen hat, obwohl es sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hätte zulassen müssen (§ 150 Nr. 1 SGG). Das am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des SGG vom 30. Juli 1974 (BGBI I S. 1625) bietet - was die Nichtzulassung der Berufung angeht - keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen (vgl. BSG SozR 1500 SGG § 150 Nr. 1). Vielmehr ist im Berufungsverfahren an der Bindung des Rechtsmittelgerichts über den Ausspruch der Nichtzulassung durch das SG grundsätzlich festzuhalten.

Die vom Beklagten gegen das Verfahren erster Instanz erhobenen Verfahrensrügen - mit der Folge, daß die Berufung gemäß § 150 Nr. 2 SGG zulässig gewesen wäre und das LSG eine Sachentscheidung hätte treffen müssen - sind vom LSG zutreffend als nicht durchgreifend angesehen worden. An einer weiteren Sachaufklärung (§ 103 SGG) durch Anhörung medizinischer Sachverständiger hinsichtlich des Verschlimmerungsantrages war das SG schon deshalb gehindert, weil der Kläger es ausdrücklich abgelehnt hatte, sich weiteren fachärztlichen Untersuchungen zu unterziehen.

Ein Verfahrensmangel käme hier nur dann in Betracht, wenn das SG die behauptete Leidensverschlimmerung bejaht hätte. Das aber ist gerade nicht der Fall. Das SG brauchte den Sachverhalt in medizinischer Hinsicht auch nicht deshalb weiter aufzuklären, weil in den Schädigungsfolgen möglicherweise eine Besserung eingetreten war. Insoweit handelt es sich um eine bloße Schutzbehauptung des Beklagten, denn bezüglich der durch die bisher anerkannten Schädigungsfolgen bedingten MdE in Höhe von 80 vH bestand kein Streit. Hinsichtlich der Anerkennung eines besonderen beruflichen Betroffenseins hat sich das SG auf die Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. F stützen können, der aufgrund der Befunde und in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Amtsarztes Dr. K zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Dienstunfähigkeit des Klägers gleichermaßen auf die anerkannten Schädigungsfolgen und auf die schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörungen zurückzuführen ist (vgl. BSGE 36, 285). Soweit der Beklagte die Annahme eines besonders schweren Falles durch das SG und die darauf beruhende Erhöhung der MdE um 20 vH - statt um 10 vH - angreifen will (vgl. Urteil BSG vom 14.3.1975 - 10 RV 189/74 -, in SozR 3100 BVG § 30 Nr. 6 gekürzt abgedruckt), rügt er keinen Verfahrensmangel, sondern wendet sich gegen den Inhalt der Entscheidung des SG.

Da die Berufung nach § 148 Nr 3 SGG ausgeschlossen und keiner der in § 150 SGG genannten Ausnahmetatbestände gegeben ist, hat das LSG die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Die Revision des Beklagten ist als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1658372

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