Leitsatz (amtlich)
1. Übersendet ein niedergelassener Arzt statt eines angeforderten Befundberichtes einen unbearbeiteten Computerausdruck, der sämtliche im Behandlungszeitraum angefallenen Behandlungsdaten dokumentiert, steht ihm nur die nach dem ZuSEG für Zeugen bei fehlendem Verdienstausfall vorgesehene Mindestentschädigung sowie ein pauschalierter Aufwendungsersatz für den erforderlichen Arbeits- und Zeitaufwand in seiner Praxis zu (Anschluß an BSG vom 9.4.1997 - 9 RVs 6/96 = BSGE 80, 171 = SozR 3-1925 § 2 Nr 1).
2. Schreibauslagen iS des § 11 Abs 2 ZuSEG sind nicht zu erstatten, wenn der Arzt keine Mehrfertigungen seiner schriftlichen Auskunft sondern nur eine Erstfertigung übersendet.
3. Zur Abgrenzung von Erstfertigung (Original) und Mehrfertigung (Ablichtung, Abschrift) bei Computerausdrucken.
4. Zu den Anforderungen an einen Befundschein (Befundbericht).
Stand:17. April 2000
Beteiligte
Landesversorgungsamt Nordrhein-Westfalen |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 1997 insoweit aufgehoben, als es den Beklagten zu einer Zahlung von mehr als insgesamt 10,20 DM verurteilt hat. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25. Oktober 1996 zurückgewiesen.
Die weitergehende Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten aller Rechtszüge zur Hälfte zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Entschädigung für eine vom Kläger erteilte Auskunft.
Der Beklagte forderte im Jahre 1995 den Kläger – einen Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – unter Verwendung des üblichen Formulars auf, für ein Verfahren nach §§ 3, 4 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) mitzuteilen, wegen welcher Leiden er die Antragstellerin behandelt und welche Befunde er erhoben habe. Der Kläger sandte den Vordruck unausgefüllt, aber unterschrieben zurück. Diesem Schreiben war ein vierseitiger Computerausdruck über die Behandlung seiner Patientin für die Zeit von Mai 1991 bis Juli 1995 beigefügt. Hierfür stellte der Kläger dem Beklagten 20,- DM für die ärztliche Auskunft sowie 5,- DM für Schreibauslagen und Porto in Rechnung. Der Beklagte erstattete dem Kläger nur Aufwendungen für Porto und Kopien in Höhe von 2,20 DM. Dessen Widerspruch hatte keinen Erfolg. Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Duisburg mit Urteil vom 25. Oktober 1996 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) den Bescheid des Beklagten vom 14. August 1995 idF des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1995 und das angegriffene Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von insgesamt 12,- DM verurteilt (Urteil vom 11. Dezember 1997). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Befundbericht iS von Nr 3 der Anlage zu § 5 Abs 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) erstattet, sondern lediglich bereits vorhandene, elektronisch gespeicherte Daten seiner Patientin, gleichsam die Kopie einer Karteikarte, übersandt. Deshalb habe der Kläger nur als Zeuge einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 4,- DM gemäß § 2 Abs 1 bis 3 ZuSEG. Außerdem seien ihm Portokosten in Höhe von 1,- DM gemäß § 11 Abs 1 ZuSEG und das Entgelt für die Arbeit seines Personals in Höhe von 4,- DM gemäß § 2 Abs 1 ZuSEG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 11 Abs 1 ZuSEG zu ersetzen. Die Schreibauslagen nach § 11 Abs 2 ZuSEG könnten nur mit jeweils 1,- DM für drei Seiten erstattet werden, da das Schreiben des Klägers viele überflüssige Angaben enthalte und um eine Seite zu kürzen sei.
Der Beklagte rügt mit der vom Senat zugelassenen Revision eine Verletzung von § 21 Abs 3 Satz 4 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) iVm § 2 Abs 1 Satz 2 sowie § 2 Abs 3 iVm Abs 2 Satz 1, § 11 Abs 1 und 2 ZuSEG. Vorliegend habe der Kläger keinen Befundbericht erstellt, sei deshalb weder als sachverständiger Zeuge noch als Zeuge zu entschädigen. Er habe keine Beweisfragen beantwortet. Darüber hinaus ergäben sich unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes Bedenken gegen diese Art der Auskunftserteilung. Der Computerausdruck enthalte viele Details, nach denen nicht gefragt worden und deren Mitteilung nicht notwendig gewesen sei. Auch deshalb gebühre ihm keine Entschädigung.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 1997 abzuändern und die Berufung des Klägers in vollem Umfang zurückzuweisen.
Der anwaltlich vertretene Kläger hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II
Die Revision ist nur zum Teil begründet.
Streitig ist im Revisionsverfahren nur noch, ob der Kläger für die dem Beklagten durch einen vierseitigen Computerausdruck am 14. August 1995 erteilte Auskunft Anspruch auf eine Entschädigung von mehr als 2,20 DM, höchstens aber 12,- DM hat. Unbegründet ist das Rechtsmittel des Beklagten insoweit, als das LSG dem Kläger eine Entschädigung von insgesamt 10,20 DM zugesprochen hat. Dieser Betrag errechnet sich aus der Summe des bereits vom Beklagten als Aufwendungsersatz für Kosten und Auslagen zugestandenen Betrages (2,20 DM), der Mindestentschädigung des Klägers für seine (schriftliche) Aussage als Zeuge (4,- DM) und einem Aufwendungsersatz in gleicher Höhe für seine Indienstnahme als freiberuflich tätiger Arzt. Im übrigen, dh mit einem Betrag von 1,80 DM, ist die Revision begründet.
1. Ein Anspruch auf höhere Entschädigung als 2,20 DM besteht nicht bereits nach § 5 Abs 1 ZuSEG iVm Nr 3 der Anlage zu § 5 ZuSEG, denn der Kläger hat dem Beklagten keine der beiden Leistungen eines sachverständigen Zeugen erbracht, die nach diesen Vorschriften mit einem Betrag zwischen 20,- DM und 40,- DM zu entschädigen wären. Der von ihm übersandte Computerausdruck stellt weder einen Befundschein (Befundbericht) noch eine Auskunft iS der Nr 3 der genannten Bestimmungen dar. Mit seinem Auskunftsersuchen vom 9. August 1995 wollte der Beklagte den Kläger nach §§ 21 Abs 3, 100 Abs 1 SGB X nicht nur als sachverständigen Zeugen befragen, der eigene Wahrnehmungen von vergangenen Tatsachen und Zuständen mitteilen sollte, für die er die besondere medizinisch-ärztliche Sachkunde besaß, sondern darüber hinaus „in Dienst nehmen” (vgl BSG, Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 25/90 - in MeSo B 20b/58 sowie zuletzt BSGE 80, 171 ff = SozR 3-1925 § 2 Nr 1).
a) Zu Recht hat das LSG in dem vorgenannten Auskunftsersuchen des Beklagten die Anforderung eines Befundberichts erblickt. Dafür spricht die Mehrzahl der darin gestellten Einzelfragen und der beabsichtigte Verwendungszweck.
Was unter einem Befundschein/Befundbericht zu verstehen ist, ergibt sich mangels gesetzlicher Definition aus dem Anforderungsschreiben des Leistungsträgers (hier Versorgungsträgers) an den behandelnden Arzt, das ggf nach § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus der Sicht eines verständigen Empfängers auszulegen ist (vgl zB BSG, Urteil vom 4. Juli 1989 - 9 RVs 5/88 - in ArztuR 1990, Nr 7, 13-14) sowie dem Gegenstand des der Anforderung zugrundeliegenden Verfahrens. Regelmäßig will der Beklagte von dem „in Dienst genommenen” Arzt im Hinblick auf den mitgeteilten Verwendungszweck Angaben erfragen, die er zur Erfüllung seiner Aufgabe benötigt. Vorliegend geht es um ein von der Patientin des Klägers beantragtes Verfahren nach §§ 3, 4 SchwbG. Dafür benötigte der Beklagte Daten, die Anhaltspunkte für das Vorliegen wesentlicher, auf Krankheit(en) beruhender Funktionsstörungen lieferten, deren Auswirkungen möglicherweise zu einer Behinderung meßbaren Grades führen oder Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche iS des SchwbG sein konnten (vgl §§ 3, 4 Abs 3 und 4 SchwbG). Ein Befundbericht mußte geeignet sein, der Erfüllung dieses Zwecks zu dienen. Der Kläger hätte deshalb aus seinen Behandlungsunterlagen ausgewählte, fachlich bewertete und in Anamnesen, Befunde (das sind vor allem objektiv gemessene Daten, zB Bewegungseinschränkungen, Stoffwechselstörungen, Blutdruck oder Auswertungen von EKG oder Röntgenuntersuchungen, Beschreibung von wesentlichen Funktionsstörungen seines Patienten) und darin mündende Diagnosen gegliederte Angaben liefern müssen (vgl BSG SozR 1925 § 8 Nr 1 sowie Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 25/90 - in MeSo B 20b/58). Eine gutachtliche Stellungnahme war damit nicht verbunden.
Einen diesen Vorgaben entsprechenden Bericht hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht erstellt. Er hat vielmehr nur das Material dafür geliefert. Der von ihm dem Beklagten übersandte unbearbeitete Computerausdruck enthält sämtliche Daten über die Behandlung der Patientin zwischen Mai 1991 und Juli 1995, ua Hinweise auf Verbandswechsel, Therapiebeschreibungen und -erfolge, Medikamentenverordnungen, zusammengefaßte Berichte dritter Ärzte, aber auch Befunde, insbesondere Laborbefunde und Diagnosen. Dagegen zeigt der Ausdruck weder eine dem erkennbaren Zweck der Anfrage entsprechende und die medizinisch-fachliche Sachkunde des Klägers dokumentierende Auswahl der Daten noch eine Gliederung und bewertende Beschreibung der Befunde und von Funktionsstörungen.
b) Der Kläger hat wegen der Übersendung des Computerausdrucks auch keinen Anspruch auf Entschädigung für eine „Auskunft” iS der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZuSEG. Denn er hat auch keine Auskunft iS dieser Vorschrift erteilt. Nach deren erkennbarem Sinn sollen nur einer gezielten Anfrage entsprechende Auskünfte entschädigt werden. Dabei kann es sich um gezielte Einzelfragen, aber auch einen Fragenkomplex handeln. Zielt die Anfrage – wie hier – jedoch eindeutig nur auf die Übersendung eines Befundberichts, ist allein dessen ordnungsgemäße Erstellung die speziell zu entschädigende Auskunft, die die Verwaltung verlangt hat. Wird kein Befundbericht geliefert, kommt eine Entschädigung nach dieser Vorschrift nicht in Betracht.
c) Eine Entschädigung nach Nr 3 der Anlage zu § 5 ZuSEG kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt erfolgen, daß der Computerausdruck des Klägers für den Beklagten teilweise verwertbare Daten enthielt. Aus dem gelieferten Material des Klägers konnte der Beklagte möglicherweise mit Hilfe seiner Versorgungsärzte brauchbare Hinweise für das Verfahren nach §§ 3, 4 SchwbG entnehmen. Dies ist aber unerheblich für den Anspruch auf Entschädigung nach der genannten Bestimmung. Denn eine Entschädigungsregelung ist in § 5 Abs 1 ZuSEG nur für den Fall getroffen, daß ein sachverständiger Zeuge Verrichtungen der in Nr 3 der Anlage zu § 5 bezeichneten Art erbringt. Eine planwidrige Gesetzeslücke, die geschlossen werden müßte, besteht nicht. Die „Indienstnahme” des Klägers hat gemäß §§ 100, 21 Abs 3 SGB X iVm dem ZuSEG eine öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Beklagten und dem Kläger für dessen Entschädigung begründet. Für die ergänzende Heranziehung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften, insbesondere solchen aus dem Auftrags-, Dienst- oder Werkvertragsrecht, ist in dieser gesetzlich geregelten Sonderbeziehung grundsätzlich kein Raum. Eine Honorierung von verwertbaren Teilleistungen, wie sie zB für Gutachten von Sachverständigen in Betracht kommt (vgl dazu Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 20. Aufl 1997, § 3 RdNrn 11.1 und 12) findet deshalb im Rahmen der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZuSEG nicht statt.
2. Der Kläger hat dagegen, wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist, Anspruch auf Zeugenentschädigung für eine schriftliche Aussage nach § 2 Abs 1 Satz 2 ZuSEG. Wie der Senat bereits entschieden hat, wird ein niedergelassener Arzt, der für die Versorgungsverwaltung einen Befundbericht erstellen soll, als Zeuge entschädigt, wenn er der Verwaltung zutreffend mitteilt, daß der betreffende Patient in seiner Praxis unbekannt ist (vgl BSGE 80, 171, 173 = SozR 3-1925 § 2 Nr 1). Diese Rechtsfolge gilt auch hier. Der vorliegende Sachverhalt gleicht dem damals entschiedenen Sachverhalt darin, daß der Kläger von dem Beklagten ebenfalls als sachverständiger Zeuge nach §§ 21 Abs 3 Satz 4, 100 Abs 1 SGB X „in Dienst genommen” worden ist, weil er über einen Patienten einen Befundbericht übersenden sollte. Der Kläger war jedoch – anders als in dem vom Senat seinerzeit entschiedenen Fall – nicht objektiv daran gehindert, dieser Anforderung nachzukommen. Lediglich aufgrund eigenen Entschlusses hat er nur einen – dem Auskunftsersuchen des Beklagten nicht entsprechenden – unbearbeiteten Computerausdruck übersandt. Dieser Umstand führt – wie das LSG zutreffend unter Hinweis auf § 2 ZuSEG dargelegt hat – dazu, daß er nicht für bestimmte besondere Leistungen eines sachverständigen Zeugen nach § 5 Abs 1 iVm Nr 3 der Anlage zu § 5 ZuSEG, sondern nur wie ein – wenngleich sachverständiger – Zeuge zu entschädigen ist. Denn er hat nur Tatsachen und Wahrnehmungen – schriftlich – mitgeteilt, wie es seiner staatsbürgerlichen Pflicht entsprach. Seine Entschädigung insoweit hängt nicht davon ab, ob und inwieweit er zur Beweisfrage, also zur Sache selbst, nur zum Teil verwertbare Angaben gemacht hat.
Da das LSG – insoweit unangegriffen – keinen Verdienstausfall des Klägers festgestellt hat, steht ihm nur die gesetzliche Mindestentschädigung nach § 2 Abs 3 Satz 1 iVm Abs 2 des § 2 ZuSEG zu.
3. Der Kläger hat für den Befundbericht auch keinen Anspruch auf Ersatz von Schreibauslagen nach § 11 Abs 2 ZuSEG in der hier anwendbaren Fassung des ab 1. Juli 1994 geltenden Kostenrechtsänderungsgesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl I, 1325). Nach dieser Vorschrift werden für Abschriften und Ablichtungen, die auf Erfordern, notwendigerweise oder für die Handakten des Sachverständigen gefertigt werden, Schreibauslagen nach den für die gerichtlichen Schreibauslagen im Gerichtskostengesetz (GKG) bestimmten Beträgen erstattet. Die Höhe der Erstattung richtet sich nach § 11 GKG iVm dem Kostenverzeichnis Nr 9000 zu diesem Gesetz. Schreibauslagen betragen danach für jede Seite unabhängig von der Art der Herstellung in dem selben Rechtszug für die ersten 50 Seiten 1,- DM und für jede weitere Seite 0,30 DM. Diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig. Nach dem 1994 neu gefaßten § 11 Abs 2 ZuSEG werden nunmehr Sachverständigen und (sachverständigen) Zeugen Schreibauslagen pauschaliert erstattet. Das gilt jedoch nur für Abschriften oder Ablichtungen, dh Mehrfertigungen. Dies ergibt sich aus dem in der Gesetzesbegründung genannten Zweck der geänderten Vorschrift. Danach sollen Mehrfertigungen, die nach bisherigem Recht sachlich nicht gerechtfertigt unterschiedlich entgolten wurden, in Zukunft einheitlich entschädigt werden (vgl die Gesetzesbegründung in BT-Drucks 12/6962 zu Nr 7 = § 11 ZuSEG). Mit der Anknüpfung an die im GKG bestimmten Pauschalen ist nunmehr eine einheitliche Regelung der Schreibauslagen in allen Kostengesetzen gewährleistet. In der Gesetzesbegründung wird ergänzend darauf hingewiesen, daß es bei der bisherigen Regelung bleibt, Sachverständigen für Abschriften und Ablichtungen für ihre Handakten Schreibauslagen zu gewähren. Aus alledem ergibt sich im Umkehrschluß, daß Erstfertigungen (Originale bzw Urschriften) nicht gemäß § 11 Abs 2 ZuSEG zu entschädigen sind (ebenso LG München I, FamRZ 1997, 450; vgl für handschriftlich gefertigte Befundscheine/Befundberichte iS der Nr 3 der Anlage zu § 5 ZuSEG BSG, Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 25/90 - MeSo B 20b/58 sowie Meyer/Höver/Bach, aaO, Nr 3 der Anlage zu § 5 RdNr 2.2 – danach wird die originäre Schreibleistung durch die pauschale Entschädigung der geistig-inhaltlichen Leistung des Befundberichts mit abgegolten). Bei dem vom Kläger mit Hilfe seines Computers erstellten Befundbericht handelt es sich nicht um eine Ablichtung oder Abschrift, also Mehrfertigung, sondern um eine Erstfertigung (mit anderen Worten um ein Original bzw eine Urschrift). Für diese Charakterisierung ist nicht auf eine rein technische, an der Funktion eines Computers orientierte Betrachtungsweise abzustellen. Denn ein Computer kann beliebig viele gleichartige Fassungen des fertiggestellten Berichtes ausdrucken. Ihre jeweilige Funktion als Erstfertigungen erhalten sie nur durch eine diesbezügliche Willensentscheidung und dementsprechende Kennzeichnung durch den Ersteller im Hinblick auf die nach der jeweiligen Anforderung vorgesehene Bestimmung. Deshalb entscheidet ein Arzt, von dem eine ermittelnde Stelle – hier die Versorgungsverwaltung – einen Bericht anfordert, für diesen Bericht, aber auch für jede weitere Anforderung dieses Berichts von anderer Seite, durch unterschriftliche Legitimierung des Ausdrucks, oder zB durch Übersendung mit entsprechendem Anschreiben, jeweils neu über die Qualität eines Ausdrucks als Erstfertigung (Original). Übersendet er einem solchen „Auftraggeber” einen derart gekennzeichneten Ausdruck des Berichts, kann er von dem Empfänger (neben einer ggf zu gewährenden Entschädigung) keine Schreibauslagen beanspruchen, denn er hat eine Erstfertigung in Verkehr gebracht. Nur wenn er an den „Auftraggeber” weitere angeforderte Ausdrucke des Berichts übersendet, sind sie als Mehrfertigungen, also Ablichtungen oder Abschriften zu entgelten. Mehrfertigungen sind danach regelmäßig nur solche Ausdrucke, die einer bestimmten ermittelnden Stelle auf Anforderung zusätzlich zur Erstschrift ausgedruckt und übersandt werden. Für diese Auslegung spricht insbesondere, daß die Regelungen des ZuSEG für die Erstattung von Aufwendungen bzw Auslagen regelmäßig an die Erledigung einer bestimmten Anfrage an den Sachverständigen oder (sachverständigen) Zeugen anknüpfen. Daß dies auch für den Ersatz von Schreibauslagen gilt, ist im Gesetzgebungsverfahren des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 bei der Änderung des § 11 ZuSEG durch Einfügung eines neuen Absatzes 2 deutlich geworden. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 5. November 1993 (BT-Drucks 12/6962, Art 6 S 36), heißt es noch, „… bemißt sich die Höhe der Schreibauslagen bei Erledigung desselben Auftrags …”. Dieser Zusatz entspricht einem kostenrechtlichen Grundsatz (vgl zB § 136 Abs 3 Kostenordnung sowie §§ 26, 27 Abs 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung – BRAGO –: „in derselben Angelegenheit” sowie allgemein vgl Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl 1999, § 13 BRAGO RdNr 9) und mußte deshalb nicht in § 11 Abs 2 ZuSEG erneut genannt werden. Als Konsequenz dieses Grundsatzes ist in jedem neuen „Auftragsverhältnis” bzw jeder weiteren „Indienstnahme” auch erneut zwischen Erst- und Mehrfertigungen zu unterscheiden.
4. Der Kläger hat jedoch aus den Gesichtspunkten, die der Senat bereits in seinem Urteil vom 9. April 1997 (vgl BSGE 80, 171, 173 ff = SozR 3-1925 § 2 Nr 1) im einzelnen entwickelt hat, in entsprechender Anwendung des § 11 Abs 1 ZuSEG Anspruch auf einen weiteren pauschalen Aufwendungsersatz in Höhe von 4,- DM. Denn der Beklagte hat den Kläger nicht nur als sachverständigen Zeugen, sondern zugleich auch in seiner Eigenschaft als freiberuflich tätigen Arzt „in Dienst genommen”. Durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 21 Abs 3 und § 100 Abs 1 SGB X wird das Recht der Ärzte auf freie Berufsausübung berührt. Soweit dem Arzt als Praxisinhaber dadurch ein Arbeits- und Zeitaufwand entsteht, wird dieser nicht allein durch die Entschädigung für die Inanspruchnahme als (sachverständiger) Zeuge abgegolten. Vielmehr hat der betreffende Arzt in entsprechender Anwendung des § 11 Abs 1 ZuSEG – wie in der genannten Entscheidung des Senats näher ausgeführt worden ist – Anspruch auf Entschädigung für den in seiner Arztpraxis entstandenen Sach- und Zeitaufwand. Der Senat hält seine aaO vertretene Auffassung auch für den hier zu entscheidenden Fall aufrecht, daß § 11 Abs 1 ZuSEG insoweit die Funktion einer Auffangvorschrift hat. Der Aufwand, dessen Ersatz verlangt wird, muß allerdings notwendig gewesen sein. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn sich im Einzelfall die Höhe des Aufwandes nicht betriebswirtschaftlich exakt nachweisen läßt, aber feststeht, daß ein Aufwand entstanden ist. So liegt es auch hier. Nach den bindenden Feststellungen des LSG ist durch die Indienstnahme des Klägers in seiner Praxis durch die Bearbeitung der Befundberichtsanforderung ein nicht näher festgestellter, offensichtlich jedoch nicht gänzlich unbedeutender Zeit- und Arbeitsaufwand des Klägers und seines Personals – Abfrage im Computer, Fertigung des Ausdrucks, Vorlage und Durchsicht des Ausdrucks, Absenden des Ausdrucks – entstanden. Der Senat bleibt im Interesse einer verwaltungspraktikablen Handhabung dieser Art von Aufwandsentschädigung bei seiner Auffassung, daß hierfür ein „gewisser Arbeits- und Zeitaufwand” grundsätzlich ausreichend ist. In solchen Fällen entspricht es dem Zweck des ZuSEG am besten, den Aufwendungsersatz als „pauschalierte Auslage” für die „Indienstnahme” als besondere Form staatsbehördlicher Mitwirkungspflicht mit einer weiteren Mindestentschädigung nach § 2 Abs 3 Satz 1 ZuSEG zu gewähren und damit dem Gebot einer „verfassungskonformen Entschädigung” des in Anspruch genommenen Arztes genüge zu tun (vgl BSG aaO, 175).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Verfahrensverlauf in allen Rechtszügen.
Fundstellen
Haufe-Index 543193 |
DStR 2000, 1486 |
NJW 2001, 2823 |
SozSi 2001, 252 |