Orientierungssatz
Hat der Versicherte die Familienheimfahrt erst 18 Tage nach Arbeitsende angetreten, weil an der Karosserie seines Pkw's infolge starken Rostansatzes - also nicht unvorhergesehen - Ausbesserungsarbeiten erforderlich waren, so kann Versicherungsschutz nach RVO § 550 Abs 3 nicht mehr bejaht werden.
Normenkette
RVO § 550 Abs. 3 Fassung: 1974-04-01
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 27.10.1975; Aktenzeichen L 6 U 266/73) |
SG Hannover (Entscheidung vom 26.07.1973; Aktenzeichen S 20 U 52/72) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. Oktober 1975 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 26. Juli 1973 wird zurückgewiesen.
Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Witwe des am 13. Januar 1970 tödlich verunglückten M (H.). H. - türkischer Staatsangehöriger - war seit 1965 mit Unterbrechungen, insbesondere in den Wintermonaten, bei der Firma Kalk- und Schotterwerk ... M KG in ... bei ... als Baggerfahrer beschäftigt. Seine Familie wohnte in .../Türkei. Am 19. Dezember 1969 (Freitag) war sein letzter Arbeitstag. H. trat im eigenen Personenkraftwagen die Fahrt in sein Heimatland an. Er reiste am 8. Januar 1970 nach Jugoslawien und am 9. Januar 1970 in die Türkei ein. Am 13. Januar 1970 erlitt er wenige Kilometer vor Erreichen seines Heimatortes in Ü - zwischen S und A - einen Verkehrsunfall, an dessen Folgen er verstarb.
Im April 1971 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenentschädigung. Die Firma ... KG teilte der Beklagten mit, es habe sich um eine Fahrt mit unbezahltem Urlaub gehandelt. H. habe die Arbeit Ende Februar/Anfang März 1970 wieder aufnehmen sollen (Auskunft vom 23. August 1971). Die Heimreise habe sich verzögert, weil der Personenkraftwagen, mit dem H. heimgefahren sei, erst habe repariert werden müssen (Auskunft vom 15. November 1971). Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 22. Dezember 1971 die Gewährung von Hinterbliebenenentschädigung ab, weil die fast dreiwöchige Verzögerung der Heimreise aus rein privaten Gründen den Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit endgültig gelöst habe.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hannover durch Urteil vom 26. Juli 1973 abgewiesen: Auch wenn unterstellt werde, daß H. den Kraftwagen, mit dem er zu seiner Familie habe fahren wollen, erst habe reparieren lassen müssen, sei - auch unter Berücksichtigung der langen Fahrtstrecke - die verbliebene Zeitspanne von etwa zwei Wochen unangemessen groß. Durch sie sei eine Lösung vom Betrieb eingetreten.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG sowie den Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Sterbegeld, Überbrückungshilfe und vom 13. Januar 1970 an eine Witwenrente zu gewähren (Urteil vom 27. Oktober 1975). Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Berufung sei insgesamt zulässig, da die Klägerin zutreffend mangelnde Sachaufklärung durch das SG gerügt habe (§ 150 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). H. sei auf einer Familienheimfahrt iS des § 550 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) verunglückt und habe daher unter Versicherungsschutz gestanden. Die am 7. Januar 1970 angetretene Fahrt des H. mit Ziel Akcaabat stehe mit der am 19. Dezember 1969 beendeten versicherten Beschäftigung in Zusammenhang. Zu einer Lösung des H. von der beruflichen Tätigkeit sei es nicht gekommen. Zwar sei die Fahrt nicht alsbald nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses angetreten worden. Die den endgültigen Verlust des Versicherungsschutzes bewirkende Lösung des Zusammenhanges des Weges von dem Ort der Tätigkeit mit der versicherten Beschäftigung dürfe aber nicht allein danach beurteilt werden, welche Zeitdauer die vom Versicherten vor Beginn oder während des Heimweges eingeschobene private Verrichtung beansprucht habe; maßgebend seien vielmehr die näheren Umstände, welche diese Verrichtung nach Art und Dauer kennzeichneten; dabei sei das Zeitmoment nur eins von mehreren Merkmalen. Die Verzögerung der Abfahrt des H. lasse den Versicherungsschutz während der Fahrt unberührt, weil die ermittelten Umstände, unter denen H. noch bis zum 7. Januar 1970 in Lonsee bzw Ulm verweilte, nicht geeignet seien, eine Lösung des H. von der beruflichen Tätigkeit herbeizuführen.
Der Senat gehe davon aus, daß das Kraftfahrzeug des H. vor Antritt der Fahrt in Lonsee repariert worden sei. Aufgrund der Unterlagen der Kraftfahrzeugzulassungsstelle stehe fest, daß der Personenkraftwagen am 6. November 1969 auf den Namen des H. zugelassen worden sei. Nach den Bekundungen des P sei der Motor vollkommen in Ordnung gewesen. An der Karosserie seien infolge starken Rostansatzes Ausbesserungen erforderlich gewesen, die nach den Angaben des P in der Werkstatt des W vorgenommen worden seien. Zeitpunkt oder Dauer der Ausbesserungsarbeiten ließen sich nicht feststellen. P könne sich daran nicht mehr erinnern. W habe bekundet, er halte es für möglich, daß der Personenkraftwagen des H. im Dezember 1969 oder Januar 1970 in seiner Werkstatt repariert worden sei; hierüber seien Unterlagen oder Aufzeichnungen nicht vorhanden. Danach sei nicht auszuschließen, daß die Reparatur des Kraftfahrzeuges bis zum 6. Januar 1970 - vielleicht bis zum 7. Januar 1970 - gedauert habe. Auf ein fahrtüchtiges Kraftfahrzeug sei H. für die Durchführung der Familienheimfahrt angewiesen gewesen. Daraus folge, daß der für die Dauer der Familienheimfahrt bestehende Versicherungsschutz nicht dadurch verlorengehen dürfe, daß sich die Abfahrt infolge einer erforderlichen Reparatur des für die Familienheimfahrt benötigten Kraftfahrzeuges hinauszögerte. Anderenfalls würde dem Sinn und Zweck des Versicherungsschutzes nicht ausreichend Rechnung getragen. Hier komme noch hinzu, daß sich die Reparaturarbeiten durch Feiertage (Weihnachten, Jahreswechsel, Wochenende 3./4. Januar 1970) in die Länge zogen. Auf den Ablauf der Reparaturarbeiten habe H., wenn überhaupt, nur geringen Einfluß nehmen können. Unter diesen Umständen stehe die Abfahrt des H. am 7.Januar 1970 noch in einem angemessenen zeitlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Der wohl schnell gefaßte und alsbald wieder aufgegebene Plan einer Flugreise sei nicht geeignet, den Versicherungsschutz für die Familienheimfahrt, die nun doch in der ursprünglich vorgesehenen Form durchgeführt worden sei, entfallen zu lassen. Im Ergebnis ändere sich nichts, wenn zugunsten der Beklagten angenommen werde, die Reparaturarbeiten seien bereits früher beendet gewesen. H. habe das Carnet mit Gültigkeit ab 31. Dezember 1969 beantragt und die Barbürgschaft für das Carnet in Höhe von 1.000,- DM am 31. Dezember 1969 bei der Geschäftsstelle des ADAC in Ulm eingezahlt. Wenn H. gleichwohl - nach Abschluß der Reparaturarbeiten und nach Empfang des Carnet am 31. Dezember 1969 - erst am 7. Januar 1970 abgefahren sei, könne der Klägerin daraus kein Nachteil entstehen. H. sei berechtigt gewesen, zunächst den Jahreswechsel und auch noch das Wochenende 3./4. Januar 1970 verstreichen zu lassen und seine Reise am 7. Januar 1970 anzutreten. Wenn H. den Beginn seiner Fahrt nicht in die Zeiten eines durch die Feiertage bedingten erhöhten Reiseverkehrs legen wollte, seien dafür einleuchtende Gründe vorhanden. H. habe sich auf die Länge der bevorstehenden Fahrt und die damit verbundene körperliche Belastung einstellen und den Übernachtungsmöglichkeiten in Süddeutschland und Österreich Rechnung tragen müssen. Unter diesen Umständen erscheine das Zuwarten vom 1. bis zum 7. Januar 1970 sachgerecht. Eine Lösung von der am 19. Dezember 1969 beendeten Arbeit sei dadurch nicht eingetreten. H. habe sich auch nach Antritt der Fahrt nicht durch eine eigenwirtschaftliche Betätigung von der versicherten Familienheimfahrt gelöst. Zwar sei er schon am 9. Januar 1970 in die Türkei eingereist, aber erst am 13. Januar 1970 kurz vor dem Erreichen seines Heimatortes verunglückt; daraus müsse - selbst wenn die Länge des Weges von der türkischen Grenze bis zur Unfallstelle in Betracht gezogen werde - geschlossen werden, daß er die Weiterfahrt, möglicherweise in Istanbul, für ein bis zwei Tage unterbrochen habe. Diese Unterbrechung sei aber auch dann, wenn sie nicht wegen einer Reparatur des etwa neun Jahre alten Fahrzeuges des H. erforderlich gewesen sei, mit Rücksicht auf die Länge der gesamten Fahrtstrecke (Lonsee-Akcaabat) als versicherungsrechtlich unschädlich anzusehen; sie habe nicht zu einer Lösung der anschließenden Weiterfahrt von der versicherten Tätigkeit (Fahrt nach Beendigung der Arbeit in Lonsee zum Familienwohnsitz) geführt.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie macht im wesentlichen geltend: Der Zusammenhang der verzögert angetretenen Heimfahrt mit der vorangegangenen Beschäftigung wäre nur aufrecht erhalten geblieben, wenn für die Verzögerung infolge der angeblichen Reparatur des Pkw Versicherungsschutz bestanden hätte. Dies würde voraussetzen, daß eine Reparatur zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit des Fahrzeugs unvorhergesehen erforderlich geworden sei, um den Heimweg anzutreten oder fortzusetzen. Da sich ein starker Rostansatz nicht unvorhergesehen bilde, seien diese Voraussetzungen hier nicht gegeben, so daß die Klage keinen Erfolg haben könne. Zumindest aber sei der Rechtsstreit wegen Verstoßes gegen die §§ 103, 128 SGG an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG gehe davon aus, daß nur eine notwendige Reparatur den Versicherungsschutz für die verzögerte Heimfahrt begründe. Es habe jedoch nicht festgestellt, ob überhaupt eine Reparatur zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit des Pkw notwendig gewesen und ob sie durchgeführt worden sei, insbesondere, ob Rost beseitigt und dadurch der Pkw erst betriebsfähig geworden sei. Da weder Art noch Zeitpunkt und Dauer der "Reparatur" festständen, fehle es an einer Grundlage für die Annahme des LSG, die Arbeiten hätten sich durch die Feiertage in die Länge gezogen. Es sei im übrigen nicht zu ersehen, welche versicherungsrechtlich relevanten Gründe H. nach der Zahlung der Bürgschaft für das Carnet am 31. Dezember 1969 eine weitere Woche gehindert haben könnten, die Heimreise anzutreten. Hiernach könne es dahinstehen, ob jedenfalls durch die ein- bis zweitätige Unterbrechung der Reise in der Türkei der Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. Oktober 1975 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 26. Juli 1973 zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs 2 SGG).
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenentschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 589, 590, 591 RVO), da ihr Ehemann entgegen der Auffassung des LSG nicht einem Arbeitsunfall (§§ 548, 550 RVO) erlegen ist.
Nach § 550 Satz 2 RVO idF des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I 241 - RVO aF -) - jetzt, wörtlich damit übereinstimmend, § 550 Abs 3 RVO - schließt der Umstand, daß der Versicherte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hat, die Versicherung auf dem Weg von und nach der Familienwohnung nicht aus. Diese Vorschrift steht in engem Zusammenhang mit § 550 Satz 1 RVO aF (jetzt § 550 Abs 1 RVO). Danach gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 bezeichneten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Ebenso wie diese Vorschrift voraussetzt, daß der Weg mit der versicherten Tätigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang steht, ist der Versicherungsschutz auch auf einer Familienheimfahrt nur gegeben, wenn die Fahrt mit der versicherten Tätigkeit ursächlich zusammenhängt (vgl BSGE 37, 98, 100; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.-8. Aufl S. 486b f. mit weiteren Nachweisen).
Das LSG ist, ohne dies besonders zu erörtern - insoweit zutreffend - davon ausgegangen, daß der Versicherungsschutz nach § 550 Satz 2 aF (§ 550 Abs 3 RVO) auch besteht, wenn die Familienwohnung des Versicherten - wie hier - im Ausland liegt und sich der Unfall außerhalb des Geltungsbereichs der RVO ereignet (s. BSGE 35, 32; Brackmann aaO S. 485u mwN). Es hat ferner angenommen, daß H. an seinem letzten Arbeitsplatz lediglich eine Unterkunft und in der Türkei, wo er sich während der Wintermonate, in denen seine Beschäftigung in Deutschland unterbrochen gewesen sei, bei seinen Angehörigen aufgehalten habe, weiterhin seine ständige Familienwohnung gehabt habe. Ob diese - auch von der Beklagten nicht bestrittenen - Voraussetzungen für den Versicherungsschutz nach § 550 Satz 2 RVO aF nach der Lage des Falles gegeben sind, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn die Beklagte hat zutreffend geltend gemacht, daß es an dem ursächlichen Zusammenhang zwischen der am 19. Oktober 1969 beendeten versicherten Tätigkeit und der am 7. Januar 1970 angetretenen Fahrt des H. in die Türkei fehlt.
Nach den Feststellungen des LSG ist H., nachdem am 19. Dezember 1969 seine versicherte Tätigkeit geendet hatte, am 7. Januar 1970 mit dem am 6.November 1969 auf ihn zugelassenen Pkw nach München gefahren, um von dort aus mit dem Flugzeug die Heimreise in die Türkei anzutreten. Dabei handelte es sich jedoch um einen schnell gefaßten Plan, den er, da er keine Flugkarte erhielt, wieder aufgab. Er fuhr seinem ursprünglichen Plan entsprechend mit dem Pkw weiter, reiste am 9. Januar 1970 in die Türkei ein und verunglückte am 13. Januar 1970 kurz vor dem Erreichen seines Heimatortes. In der Zeit zwischen dem 19. Dezember 1969 und dem 7. Januar 1970, in der er sich an seinem bisherigen Beschäftigungsort oder in dessen Nähe (U) aufhielt, wurden an seinem Pkw, dessen Motor in Ordnung war, infolge starken Rostansatzes erforderliche Ausbesserungsarbeiten durchgeführt. Es ist nicht auszuschließen, daß die Arbeiten erst am 6. oder 7. Januar 1970 beendet waren, möglicherweise aber schon zu dem Zeitpunkt, als H. am 31. Dezember 1969 die Barbürgschaft von 1.000,- DM für das mit Gültigkeit vom 31. Dezember 1969 an zuvor beantragte Carnet hinterlegte.
Der Versicherungsschutz auf einem Weg vom Ort der Tätigkeit der - wie hier - nicht im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an die Beendigung der versicherten Tätigkeit angetreten wird, ist im allgemeinen nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für eine Unterbrechung während des bereits begonnenen Heimweges gelten (vgl Brackmann aaO S. 486s II, 487a; BSG SozR 2200 § 550 Nr 6). Nach einer Unterbrechung des Weges vom Ort der Tätigkeit lebt der Versicherungsschutz zwar grundsätzlich wieder auf, nicht jedoch in den Fällen, in denen aus Dauer und Art der Unterbrechung auf eine endgültige Lösung des Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Weg vom Ort der Tätigkeit geschlossen werden kann (vgl ua BSGE 10, 226, 228; SozR 2200 § 550 Nr 12; Brackmann aaO S. 487a mit weiteren Nachweisen; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, Anm 17a, 18 zu § 550). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine den Versicherungsschutz für den weiteren oder den vorher noch nicht begonnenen Heimweg aufhebende Lösung des Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit anzunehmen ist, hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (s. SozR 2200 § 550 Nr 12) auch die Art der Verrichtung mit berücksichtigt und aus ihr - neben anderen Kriterien - im Einzelfall geschlossen, ob der Beschäftigte den Weg nicht nur unterbrochen und danach fortgesetzt hatte, oder nach natürlicher Betrachtungsweise die privaten Zwecke dieser Verrichtung das Verhalten nach Beendigung der Arbeit so bestimmt hatten, daß der sich daran anschließende Weg nicht mehr als solcher von dem Ort der Tätigkeit anzusehen war (BSG aaO). Bei Wegen vom Ort der Tätigkeit im Sinne des § 550 Abs 1 RVO hat der Senat der Zeitdauer der Unterbrechung - als einem der Rechtssicherheit dienenden Kriterium - allerdings besondere Bedeutung beigemessen und insoweit angenommen, daß bei einer Unterbrechung bis zu zwei Stunden der Versicherungsschutz auf dem - weiteren - Weg vom Ort der Tätigkeit grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist (BSG aaO; zustimmend 8. Senat in SozR 2200 § 550 Nr 27). In welchem zeitlichen Abstand der Versicherte nach Beendigung seiner Arbeit den Weg zur Familienwohnung angetreten haben muß, um nach § 550 Abs 3 RVO unter Versicherungsschutz zu stehen, hat der Senat im Urteil vom 12. März 1974 (2 RU 209/72, unveröffentlicht) offengelassen. Auch der vorliegende Fall erfordert insoweit nicht die Festlegung auf eine bestimmte Zeitdauer. In der angeführten Entscheidung vom 12. März 1974 (aaO) hat der Senat den Versicherungsschutz nach § 550 Abs 3 RVO bejaht für eine Familienheimfahrt, die wegen ungünstiger Verkehrs- und Witterungsverhältnisse nicht unmittelbar nach Beendigung der versicherten Tätigkeit (am 23. Dezember, 16.30), sondern erst am folgenden Vormittag (8.00 Uhr) angetreten wurde. Daß die Familienwohnung nur 50 km vom Arbeitsort entfernt lag und die Versicherte vor der Heimreise zunächst ihre Unterkunft aufgesucht hatte, stand nach der Auffassung des Senats dem Versicherungsschutz nicht entgegen (s. auch Brackmann aaO S. 486a, 486b). Es kann dahinstehen, ob bei erheblich größeren Entfernungen zwischen Familienwohnung und Arbeitsort bzw Unterkunft auch Familienheimfahrten, die erst an einem späteren als dem auf die Beendigung der Tätigkeit folgenden Tag angetreten werden, noch mit der versicherten Tätigkeit in Zusammenhang stehen können und wo dabei die Grenze zu ziehen ist. Jedenfalls ist der Zeitraum von 18 Tagen, die H. nach Beendigung der Arbeit vor dem Beginn der Heimfahrt noch an seinem bisherigen Arbeitsort oder in dessen Nähe verbracht hat, auch unter Berücksichtigung der Umstände des Falles zu groß, um für die Fahrt zur Familienwohnung den Versicherungsschutz nach § 550 Abs 3 RVO bejahen zu können.
Das LSG hat angenommen, der für die Dauer der Familienheimfahrt bestehende Versicherungsschutz dürfe nicht dadurch verlorengehen, daß sich die Abfahrt infolge einer notwendigen Reparatur des Pkw's hinausgezögert habe; denn H. sei auf ein fahrtüchtiges Kraftfahrzeug für die Heimfahrt angewiesen gewesen. Das LSG geht dabei ersichtlich davon aus, daß H. zwar auch durch andere Verkehrsmittel (Flugzeug, Bahn, Bus) seinen Wohnort hätte erreichen können, ihm die Wahl des Verkehrsmittels jedoch freistand. Das trifft zu. H. hatte sich für die Benutzung seines eigenen Pkw's entschieden. Nach den Feststellungen des LSG waren infolge starken Rostansatzes - also nicht unvorhergesehen - an der Karosserie des Fahrzeugs Ausbesserungen erforderlich. Es kann dahinstehen, ob das Fahrzeug hierdurch betriebsunfähig war. Denn jedenfalls hätte H., um alsbald nach Beendigung der Arbeit (19. Dezember 1969) die Heimreise antreten zu können, Veranlassung gehabt, schon in den sechs Wochen seit der Zulassung des Pkw's die erforderlichen Ausbesserungsarbeiten vor dem 19. Dezember 1969 vornehmen zu lassen. Das war ihm auch zuzumuten. Der späte Beginn der Heimreise lag allein in dem seinem privaten Bereich zuzurechnenden Verhalten. Das Abwarten auf den Abschluß der Ausbesserungsarbeiten ist seiner Art nach nicht geeignet, trotz des erheblichen Zeitablaufs nach Beendigung der versicherten Tätigkeit den ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Tätigkeit und dem Heimweg zu begründen. H. hatte sich bereits endgültig von der versicherten Tätigkeit gelöst, unabhängig davon, ob er die Ausbesserungsarbeiten sofort nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Auftrag gegeben hat und ob diese erst am 6./7. Januar 1970 oder schon zum 31. Dezember 1969 ausgeführt waren.
Die Revision der Beklagten ist hiernach begründet und das klageabweisende Urteil des SG wiederherzustellen. Auf die von der Beklagten hilfsweise gerügten Verfahrensmängel kommt es folglich nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen