Leitsatz (amtlich)
In Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung steht dem beklagten Land, wenn neben ihm auch die beigeladene BRD - gesetzwidrig - zur Leistung verurteilt worden ist, in der Berufungsinstanz ein Prozeßführungsrecht für die Beigeladene zu.
Normenkette
SGG § 74 Fassung: 1953-09-03, § 75 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, Abs. 1 S. 2 Fassung: 1953-09-03, Abs. 5 Fassung: 1953-09-03; ZPO § 62 Abs. 1, § 51
Tenor
Auf die Revision der Beigeladenen wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juli 1971 wie folgt abgeändert:
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Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Juni 1970 aufgehoben. |
2. |
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Die Klage auf Aufhebung des Bescheides des Versorgungsamts S vom 2. August 1968 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 1968 wird in vollem Umfang abgewiesen. |
3. |
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Außergerichtliche Kosten sind in sämtlichen Rechtszügen nicht zu erstatten. |
Gründe
Die 1914 geborene kinderlose Klägerin beantragte im März 1968 die Gewährung von Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), weil ihr Verlobter im Juni 1944 als Soldat gefallen sei. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Versorgungsamts (VersorgA) vom 2. August 1968 abgelehnt, weil die Verlobten mit der Eheschließung zunächst bis zum Ende des Krieges hätten warten wollen. Der Widerspruch (Bescheid vom 6.12.1968) blieb erfolglos. Das Sozialgericht (SG) hat auf die Klage die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 75 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beigeladen und mit Urteil vom 22. Juni 1970 den "Beklagten und die Beigeladene" verurteilt, der Klägerin ab 1. März 1968 Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG zu gewähren. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des SG abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Beigeladene hat - auf das kurz vor der mündlichen Verhandlung ergangene Schreiben des Landessozialgerichts (LSG) vom 8. Juli 1971 - mit Schriftsatz vom 19. Juli 1971 (unselbständige) Anschlußberufung eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des SG-Urteils die Klage abzuweisen. Das LSG hat mit Urteil vom 22. Juli 1971 für Recht erkannt:
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1. |
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Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des SG abgeändert. |
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2. |
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Die Klagen auf Aufhebung des Bescheides des VersorgA S vom 2. August 1968 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 1968 und Verurteilung des Beklagten werden abgewiesen. |
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3. |
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Die Berufung der Beigeladenen wird als unzulässig verworfen. |
Es hat festgestellt, daß der Beklagte im Ergebnis zu Recht die Gewährung einer Brautversorgung nach § 89 BVG abgelehnt habe; deshalb fehle es schon an der materiell-rechtlichen Voraussetzung für das nach § 89 Abs. 1 BVG dem Beklagten eingeräumte Ermessenshandeln. Die Berufung der Beigeladenen hat es für unzulässig gehalten, weil diese die Berufungsfrist versäumt habe und nicht berechtigt gewesen sei, Anschlußberufung einzulegen. Die Beigeladene habe nicht die Stellung, die dem Vertreter des öffentlichen Interesses beim Bundesverwaltungsgericht zukomme. Der Beklagte habe seine Berufung auch nicht mit Wirkung für die Beigeladene eingelegt. Da diese die Beiladung nicht beantragt habe, liege der Fall einer notwendigen Beiladung nicht vor (§ 75 Abs. 1 SGG). Selbst wenn diese die Stellung eines unselbständigen Nebenintervenienten (§ 67 Zivilprozeßordnung - ZPO -) oder eines einfachen Streitgenossen haben sollte (§ 61 ZPO), müsse sie die Rechtsmittelfrist für die Hauptpartei bzw. die eigene Rechtsmittelfrist einhalten. Eine notwendige Streitgenossenschaft, bei der die Fristversäumnis keine Rolle spiele, liege nicht vor. Denn die Länder führten die Kriegsopferversorgung (KOV) als "eigene Angelegenheiten" i.S. von Art. 83 des Grundgesetzes (GG) durch, und nur sie seien materiell-rechtlich Schuldner, weshalb die Bundesrepublik Deutschland in Angelegenheiten der KOV weder ein notwendiger Streitgenosse noch nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen sei. Der Beklagte sei auch nicht gleichzeitig auf Grund einer gesetzlichen - oder gewillkürten - Prozeßstandschaft als Partei aufgetreten und führe nicht den Prozeß im eigenen Namen für die Beigeladene. Auch wenn die Gewährung der hier streitigen Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs von der Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) abhängig sei, so handele es sich hierbei doch nur um einen "verwaltungsinternen Vorgang". Da zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen, was die Gewährung der streitigen Leistung angehe, keineswegs eine einheitliche Entscheidung ergehen müsse, insoweit also im praktischen Ergebnis sich widersprechende Urteile grundsätzlich möglich seien und daher eine Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG nicht erforderlich sei, könne auch nicht aus Gründen der Zweckmäßigkeit oder wegen des hier offensichtlichen Verstoßes gegen § 75 Abs. 5 SGG auf die Berufung des Beklagten unabhängig von sonstigen prozessualen Erfordernissen über den gegen die Beigeladene geltend gemachten Anspruch sachlich entschieden werden.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beigeladene mit näherer Begründung die unrichtige Anwendung der §§ 75 Abs.1 Satz 2, 143, 202 SGG iVm § 521 ZPO. Die besondere verfahrensrechtliche Rechtsstellung der nach § 75 Abs. 1 Satz 2 SGG in Angelegenheiten der KOV beigeladenen Bundesrepublik Deutschland entspreche im wesentlichen der prozessualen Stellung des Vertreters des öffentlichen Interesses im Bereich der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese Sonderregelung sei Ausfluß der der bundeseinheitlichen Rechtsanwendung dienenden Bundesaufsicht aus Art. 84 Abs.3 GG. Die Beigeladene könne u.U. eine für den Kläger günstige Meinung vertreten. Die Anschlußberufung sei somit ausnahmsweise zulässig gewesen, weshalb das angefochtene Urteil insoweit abzuändern sei, als es im Hinblick auf § 75 Abs.5 SGG eine offensichtlich gesetzwidrige Verurteilung der Beigeladenen zur Gewährung eines Härteausgleichs nach § 89 BVG ausgesprochen habe.
Die Beigeladene beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des LSG vom 22. Juli 1971 und des Urteils des SG vom 22. Juni 1970 die Klage auch insoweit abzuweisen, als die Beigeladene verurteilt worden ist, der Klägerin vom 1. März 1968 an Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs nach § 89 BVG zu gewähren.
Die nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertretene Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Der Beklagte hat ebenfalls keinen Antrag gestellt, da er nicht beschwert sei.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG). Sie hatte auch in der Sache Erfolg.
Das LSG ist hinsichtlich des Begehrens der Klägerin zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beklagte zu Recht die Gewährung einer Brautversorgung nach § 89 BVG abgelehnt habe, weshalb es schon an der materiell-rechtlichen Voraussetzung für das nach § 89 Abs. 1 BVG dem Beklagten eingeräumte Ermessenshandeln fehle. War sonach die materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Brautversorgung nach § 89 Abs. 1 BVG nicht gegeben, so stand - und steht, nachdem die Klägerin keine Revision eingelegt hat - damit auch fest, daß die vom SG ausgesprochene Verurteilung der Beigeladenen zur Gewährung eines solchen Härteausgleichs zu Unrecht erfolgt war. Dies umso mehr, als die Verurteilung der Beigeladenen in jedem Falle, d.h. unabhängig vom sachlich-rechtlichen Ausgang des Rechtsstreits, gesetzwidrig war, wie sich schon aus § 75 Abs. 5 SGG ergibt; hiernach kann in Angelegenheiten der KOV nur ein Land nach Beiladung verurteilt werden. Dies hat das LSG in den Urteilsgründen zutreffend betont. Nicht die Beigeladene, sondern das beklagte Land ist "Anspruchsschuldner", weil die Länder, wie das LSG mit Recht ausgeführt hat, die KOV als "eigene Angelegenheit" i.S. von Art. 83 GG durchführen; sie sind daher die einzig richtigen Beklagten (vgl. BSG-Urteil vom 13.10.1959 in BVBl 1960, 29), jedenfalls gilt dies, soweit es - wie hier - um die Verurteilung zur Gewährung von Leistungen aus der KOV geht. Demgemäß bestimmt auch § 2 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der KOV, daß die Versorgungsämter für alle Versorgungsangelegenheiten zuständig sind, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (z.B. für die hier nicht einschlägigen Vorschriften der §§ 14, 18 c, 25-27 e BVG), und daß durch Rechtsverordnung für bestimmte Versorgungsangelegenheiten die Zuständigkeit der Landesversorgungsämter oder der obersten Landesbehörden oder der in § 2 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der KOV vom 12. März 1951 genannten Stellen begründet werden kann (= Orthopädische Versorgungsstellen). Wegen näherer Einzelheiten hierzu wird auf die Verordnung über die sachliche Zuständigkeit in der KOV vom 20. Mai 1963 (BGBl I, 367) idF vom 21. Januar 1968 (BGBl I, 104) sowie das Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der KOV vom 12. März 1951 (BGBl I, 169), geändert durch das Vierte Überleitungsgesetz vom 27. April 1955 (BGBl I, 189), verwiesen, in dessen § 1 Abs. 1 und 2 ebenfalls klargestellt ist, daß die Versorgung der Kriegsopfer von Versorgungsämtern und Landesversorgungsämtern als besonderen Verwaltungsbehörden der Länder durchgeführt wird (siehe im übrigen Schönleiter-Hennig, Komm. z. VerwVG, 2. Aufl. 1969, Erl. 1-5 zu § 2 VerwVG). Das LSG hat dies richtig erkannt und deshalb auch im Urteil nicht etwa ausgesprochen, daß die Verurteilung der Beigeladenen zur Leistungsgewährung aufrechterhalten bleibe. Es hat nur ausgeführt, daß über den gegen die Beigeladene geltend gemachten Anspruch sachlich nicht entschieden werden könne. Eine solche Bestätigung der Verurteilung der Beigeladenen zur Leistungsgewährung stünde überdies in einem offenkundigen Widerspruch zu den Urteilsgründen. Allerdings hat das LSG im Urteilstenor die dort ausgesprochene Abweisung der "Klagen" auf Bescheidaufhebung durch die Worte "und Verurteilung des Beklagten" ergänzt und damit anscheinend im Tenor offen lassen wollen, welches prozessuale Schicksal der Antrag der Klägerin auf Verurteilung auch der Beigeladenen eigentlich haben solle. Nicht recht verständlich ist jedoch, weshalb das LSG tenorierte, "Die Klagen ... werden abgewiesen"; denn es lag nur eine Klage vor. Sollte das LSG in dem vor dem SG gestellten Antrag der Klägerin, "den Beklagten und die Beigeladene" zur Leistungsgewährung zu verurteilen, etwa 2 Klagen erblickt haben, so müßte man annehmen, daß nach dem Wortlaut des Urteilstenors beide Klagen abgewiesen worden seien. Damit würde es aber an einer sachlichen Beschwer der Revisionsklägerin fehlen. Da andererseits die Worte "und Verurteilung des Beklagten" für eine Einschränkung der Klageabweisung sprechen, hat der Senat eine Beschwer der Beigeladenen durch das LSG-Urteil angenommen. Denn die Beigeladene hat ein rechtliches Interesse an der Klärung, ob die Klage in vollem Umfang, d.h. auch hinsichtlich ihrer eigenen, wenn auch gesetzwidrigen Verurteilung abzuweisen war oder nicht.
Der Senat konnte im vorliegenden Fall allerdings die im Revisionsverfahren in erster Linie noch strittige Frage, ob die Beigeladene berechtigt war, neben der Berufung des Beklagten noch eine unselbständige Anschlußberufung einzulegen, unentschieden lassen. Auf diese Frage könnte es möglicherweise dann entscheidend ankommen, wenn die Klägerin bzw. der Versorgungsberechtigte Berufung eingelegt und das Land es unterlassen hätte, auch seinerseits Berufung oder Anschlußberufung einzulegen. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Das LSG hat neben der Erörterung der prozeßrechtlichen Stellung eines unselbständigen Nebenintervenienten und eines einfachen Streitgenossen auch geprüft, ob die Beigeladene als notwendiger Streitgenosse des Beklagten im Sinne des § 62 der ZPO behandelt werden und sie damit durch den - hinsichtlich der Berufungsfrist - nicht säumigen Beklagten als vertreten angesehen werden könne (§ 62 Abs. 1 ZPO). Das LSG hat dies verneint und dabei u.a. betont, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht auf ihren Antrag hin beigeladen worden sei und deshalb keine notwendige Beiladung vorliege. Es ist aber nicht erkennbar, inwiefern die prozessuale Stellung der Beigeladenen dadurch in ihrem Wesen berührt werden könnte, daß die Beiladung auf die Initiative des Gerichts und nicht auf einen Antrag der Beigeladenen zurückgeht. Der Unterschied in beiden Fällen besteht nur darin, daß die Beiladung im ersten Fall im Ermessen des Gerichts liegt, während sie im zweiten Fall erfolgen muß, und zwar nur deshalb, weil das Gesetz dem Gericht die Befolgung dieses Antrags vorschreibt. Das LSG hat daher auch zutreffend ausgeführt, daß die Bundesrepublik in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung grundsätzlich nicht nach § 75 Abs. 2 SGG (notwendige Beiladung) beigeladen werden kann. - Es hat ferner eine notwendige Streitgenossenschaft auch deshalb nicht angenommen, weil die Beigeladene weder Kläger noch Beklagter sei. Zu Erwägen wäre jedoch, ob der Beigeladenen deshalb die prozessuale Stellung eines notwendigen Streitgenossen einzuräumen ist, weil sie wie ein Beklagter neben dem beklagten Land - und zwar rechtswidrig - zur Leistung verurteilt worden ist und eine völlige Nämlichkeit des Streitgegenstandes vorliegt (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 30. Aufl. Anm. 2 B zu § 62 ZPO). Bedenken gegen die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft der Beigeladenen könnten allerdings aus dem Grundsatz hergeleitet werden, daß der Streitgenosse Parteistellung hat und deshalb nach den für die Verwaltungsgerichtsordnung geltenden Prinzipien nicht beigeladen werden kann (vgl. Eyermann/Fröhler, Komm. zur VwGO, 5. Aufl., Anm. 3 zu § 64 VwGO). Demgemäß hat der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) am 13. Oktober 1959 auch ausgesprochen, daß die Bundesrepublik in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung nicht notwendiger Streitgenosse im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO sei (BVBl 1960, 29). Auch der 2. Senat des BSG hat im Urteil vom 28. Februar 1962 (SozR Nr. 3 zu § 62 ZPO) für einen "anderen" Unfallversicherungsträger eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 ZPO verneint, dabei aber betont, daß "der Beklagte und die Beigeladene weitgehend entgegengesetzte Interessen vertreten". Für die hier zu entscheidende Sache gilt aber gerade das Gegenteil. Der Senat hat jedoch die Frage, ob bei gleichzeitiger Verurteilung des Landes und der Bundesrepublik in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen dem beklagten Land und der Beigeladenen angenommen werden kann, unentschieden gelassen. Denn im vorliegenden Fall mußte das SG-Urteil bereits auf die Berufung des Beklagten in vollem Umfang aufgehoben und die Klage ohne Einschränkung abgewiesen werden. Der Beklagte hatte im Schriftsatz vom 13. Januar 1971 den Antrag gestellt, für Recht zu erkennen:
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"1. |
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Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.6.1970, Az.: S 14 V 4077/68, wird aufgehoben. |
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2. |
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Die Klage wird abgewiesen". |
Ebenso hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 1971 ohne Einschränkung beantragt, "die Klage abzuweisen". Aus beiden Formulierungen ergibt sich, daß sein Begehren nicht etwa darauf gerichtet war, die Klage nur insoweit abzuweisen, als er selbst zur Gewährung von Brautversorgung verurteilt worden ist. Sein erklärtes Prozeßziel war vielmehr die uneingeschränkte Abweisung der Klage. An der Stellung eines solchen uneingeschränkten Klageabweisungsantrages hatte der Beklagte auch ein rechtliches Interesse, für das ein Rechtsschutzbedürfnis anzuerkennen ist. Denn wäre die gesetzwidrige Verurteilung der Beigeladenen zur Leistungsgewährung etwa aufrechterhalten geblieben, so hätte das beklagte Land - im Falle der Rechtskraft dieser Verurteilung - damit rechnen müssen, daß die Beigeladene das Land auffordern würde, das Urteil auszuführen. Dies deshalb, weil - wie oben bereits ausgeführt - nicht die Beigeladene, sondern das beklagte Land "Anspruchsschuldner" ist, da die Länder die Kriegsopferversorgung als "eigene Angelegenheit" im Sinne von Art. 83 GG durchführen. Hinzu kommt, daß die beigeladene Bundesrepublik in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung verfahrensrechtlich nicht die Stellung einer Beigeladenen hat, die anstelle des Landes zur Leistung verurteilt werden könnte. Sie kann, wie bereits oben erwähnt, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung als Beigeladene überhaupt nicht verurteilt werden (§ 75 Abs. 5 SGG). Ein Leistungsbescheid des BMA als Vertreter der Beigeladenen würde gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen. Schönleiter/Hennig, Anm. 5 zu § 2 VerwVG halten demgemäß einen solchen Bescheid für nichtig.
Etwas anderes gilt hier auch nicht etwa deshalb, weil die Brautversorgung nach § 89 BVG nur "mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung" gewährt wird. Denn die Zustimmung der Beigeladenen zur Gewährung einer Kannversorgung soll, wie der erkennende Senat im Urteil vom 12. Dezember 1969 - 8 RV 469/67 - ausgesprochen hat, lediglich eine einheitliche Handhabung sicherstellen; sie ist ein verwaltungsinterner Vorgang. Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle wird zugleich die Versagung der Zustimmung, an die das beklagte Land gebunden ist, auf ihre Rechtmäßigkeit mit überprüft. Der Kläger kann somit auch in diesen Fällen (vgl. Urteil des erkennenden Senats aaO) nur die Versagung der Leistung durch das Versorgungsamt des Landes angreifen, das allein für die Gewährung der strittigen Leistung zuständig ist.
Da in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung sonach auch Leistungen der hier streitigen Art kraft gesetzlicher Zuständigkeitsregelung von den Ländern zu erbringen sind, hatte das beklagte Land im vorliegenden Fall aus den genannten Gründen ein eigenes Interesse an der Beseitigung auch der gesetzwidrigen Verurteilung der Beigeladenen. Deshalb stand ihm, wenn man keine Parteistellung kraft rechtlichen Interesses annehmen will, zumindest ein Prozeßführungsrecht im Sinne einer (gewillkürten) Prozeßstandschaft für die Beigeladene zu (vgl. dazu Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl., Anm. I 3 a und b vor § 50 ZPO). Da die prozessuale "Geltendmachung fremder Rechte im eigenen Namen" allgemein schon dann als zulässig angesehen wird, wenn bei zwei miteinander verflochtenen, juristisch aber selbständigen Verbänden oder Körperschaften der eine dem anderen gewisse Geschäfte überträgt, und dabei eine "stillschweigende Ermächtigung zur Prozeßführung" als ausreichend angesehen wird (vgl. Stein/Jonas aaO, Anm. I 3 c vor § 50 ZPO), so muß ein solches Prozeßführungsrecht im Sinne einer (gewillkürten) Prozeßstandschaft mit noch größerer Berechtigung im vorliegenden Fall angenommen werden, in dem die Übertragung der Geschäfte - wie oben ausgeführt wurde - kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift erfolgt ist. Daß eine solche Prozeßführungsbefugnis für die Bundesrepublik nicht auch gesetzlich bestimmt worden ist, ist damit zu erklären, daß der Gesetzgeber verständlicherweise nicht auf den Gedanken gekommen ist, ein SG könnte in einer Angelegenheit der Kriegsopferversorgung neben dem Land auch den Beigeladenen - offensichtlich gesetzwidrig - zu einer Leistung verurteilen. Er hatte deshalb keine Veranlassung, eine Prozeßführungsbefugnis des Landes für die Beigeladene (Prozeßstandschaft), wie etwa in § 1511 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und früher § 902 RVO (vgl. BSG 7, 196; 22, 241) oder in § 1531 RVO (vgl. BSG 25, 68) zu statuieren oder sinngemäß zum Ausdruck zu bringen. Fehlt es aus diesen verständlichen Gründen an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, daß der Beklagte "statt des Berechtigten" ein Rechtsmittel einlegen kann (vgl. § 902 RVO aF), so war der Beklagte aber doch aus den obigen Gründen im Sinne einer gewillkürten Prozeßstandschaft berechtigt, die Abweisung der Klage in vollem Umfang, d.h. auch soweit die Beigeladene in gesetzwidriger Weise zur Leistung verurteilt worden ist, zu beantragen. Denn das hierfür zu fordernde eigene Rechtsschutzbedürfnis in der Person des Dritten, hier des Beklagten, (vgl. BSG 10, 134 und dortige Zitate) war aus den genannten Gründen gegeben; ebenso war aus den gleichen Gründen die Antragstellung, wenn sie zugleich sinngemäß die Aufhebung der Verurteilung der Beigeladenen mitumfaßte, sachgemäß (BSG 14, 233). Der 11.Senat des BSG hat in einem ähnlichen Fall (Urteil vom 13. September 1959 in BVBl 1960, 29) in dem die Bundesrepublik ebenfalls zu einer Kriegsopferversorgungsleistung - als Beklagter - verurteilt worden ist, ausgeführt: Nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze, also auch das BVG, als eigene Angelegenheit aus; die Länder sind daher, soweit es sich um Versorgungsansprüche handelt, die richtigen Beklagten. Wenn das Oberversicherungsamt (OVA) trotzdem die Bundesrepublik Deutschland als Beklagten verurteilt hat, so ist das Urteil auch gegenüber der Bundesrepublik nach § 74 SGG iVm § 62 Abs. 1 ZPO nicht rechtskräftig geworden, weil der Freistaat Bayern das Urteil rechtzeitig mit dem Rechtsmittel der Berufung an das LSG angefochten hat. - Auch im vorliegenden Fall ist vom Land rechtzeitig Berufung eingelegt worden. Jene Entscheidung ist allerdings insofern etwas widersprüchlich, als sie die Bundesrepublik Deutschland wie einen notwendigen Streitgenossen im Sinne von § 62 Abs. 1 ZPO behandelt, danach aber feststellt, diese könne in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung nicht "notwendiger" Streitgenosse sein. Die vom erkennenden Senat für richtig gehaltene Lösung, die zudem einen Fall betrifft, in dem die Bundesrepublik Deutschland nur beigeladen ist, wird aber durch die Entscheidung des 11. Senats im wesentlichen Ergebnis gestützt.
Nachdem das LSG zu dem Ergebnis gekommen war, daß die Berufung des Beklagten begründet ist, weil es für den Anspruch der Klägerin auf Brautversorgung bereits an der materiell-rechtlichen Voraussetzung für ein Ermessenshandeln nach § 89 Abs. 1 BVG fehle, mußte es nach alledem auf die Berufung des Beklagten entsprechend dessen Antrag die Klage ohne Einschränkung abweisen und das zusprechende SG-Urteil in vollem Umfang aufheben. Eine "Anschlußberufung" der Beigeladenen, zu der das LSG diese durch sein Schreiben vom 8. Juli 1971 gewissermaßen veranlaßt hat, bedurfte es daher unter den hier gegebenen Umständen nicht. Ob etwas anderes dann zu gelten hat, wenn das SG die Beigeladene - wenn auch zu Unrecht - zur "Erteilung einer Zustimmung" nach § 89 BVG verurteilt hätte, brauchte nicht erörtert zu werden, da ein solcher Sachverhalt nicht vorliegt.
Nach alledem war auf die Revision der Beigeladenen, die sich mit Recht gegen ihre "offensichtlich gesetzwidrige Verurteilung" gewandt hat, das Urteil des LSG in der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Weise abzuändern.
Die Kostenentscheidung, die mit Rücksicht hierauf ebenfalls abzuändern war, beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Fundstellen