Gründe
I
Streitig sind die Kosten für ein Zulassungsentziehungsverfahren.
Der Zulassungsausschuß für Ärzte wies den Antrag des zu 2) beigeladenen Betriebskrankenkassen-Landesverbandes zurück, dem zu 1) beigeladenen Vertragsarzt die Zulassung zu entziehen, und erlegte dem Beigeladenen zu 2) die Kosten des Verfahrens auf. Die Rechtsbehelfsbelehrung dieses Beschlusses vom 15. Februar 1995 (= Bescheides vom 27. März 1995, zugestellt am 20. April 1995) lautete dahin, daß binnen eines Monats mit Angabe von Gründen Widerspruch eingelegt werden könne.
Der Beigeladene zu 2) wandte gegenüber dem Kostenfestsetzungsantrag des Beigeladenen zu 1) vom 27. Juni 1995, wonach der Beigeladene zu 2) Gebühren und Auslagen in Höhe von 13.360,70 DM zu erstatten gehabt hätte, mit Schriftsatz vom 28. Juli 1995 ein, für Kostenentscheidungen und -erstattungen sei bei erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren kein Raum, jedenfalls sei die Kostenforderung zu hoch. Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) setzte die zu erstattenden Kosten zunächst auf 10.032,02 DM fest (Bescheid vom 1. Dezember 1995). Auf die Einwände des Beigeladenen zu 2) hin ermäßigte der Zulassungsausschuß den Betrag auf 6.703,35 DM (Beschluß vom 24. Juni 1996 = Bescheid vom 18. Juli 1996, zugestellt am 24. Juli 1996).
Hiergegen rief der Beigeladene zu 2) am 22. August 1996 den beklagten Berufungsausschuß an. Er machte geltend, die Kostengrundentscheidung vom 15. Februar 1995 sei nichtig, weil die erste Verwaltungsinstanz keine Kompetenz für eine solche Entscheidung gehabt habe. Sie müsse jedenfalls gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen Rechtswidrigkeit zurückgenommen werden. Er habe sie im übrigen rechtzeitig angefochten; die Widerspruchsfrist habe nämlich ein Jahr betragen, da die Rechtsbehelfsbelehrung der Kostengrundentscheidung wegen des Zusatzes, daß der Widerspruch mit Angabe von Gründen eingelegt werden müsse, fehlerhaft gewesen sei.
Der Beklagte hob die Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 15. Februar 1995 und vom 24. Juni 1996 (= Bescheide vom 27. März 1995 und 18. Juli 1996) auf. In der Begründung seines Beschlusses vom 13. November 1996 ist ausgeführt, die Rechtsbehelfsbelehrung, wonach ein Widerspruch mit Angabe von Gründen eingelegt werden müsse, sei fehlerhaft und daher der nach mehr als einem Monat nach Zustellung des Bescheides eingelegte Widerspruch nicht verspätet gewesen. Diesem sei in der Sache stattzugeben, denn dem Zulassungsausschuß als erster Verwaltungsinstanz fehle die Kompetenz für Kostengrundentscheidungen.
Die Klägerin hat gegen diesen Aufhebungsbeschluß des Beklagten das Sozialgericht (SG) angerufen. Sie hat geltend gemacht, sie sei aufgrund ihrer Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung - ungeachtet dessen, daß sie durch die Kosten nicht konkret belastet werde - klagebefugt. Ihre Klage sei auch begründet. Der Beklagte habe die Kostengrundentscheidung vom 15. Februar 1995 nicht aufheben dürfen. Der Beigeladene zu 2) habe ihn zu spät angerufen. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Beschluß vom 15. Februar 1995 sei richtig gewesen. Sie stehe mit § 44 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) im Einklang, und diese Regelung kollidiere nicht mit den Bestimmungen des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Im Urteil vom 11. Juni 1997 ist ausgeführt, die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen ≪K(Z)ÄVen≫ seien ungeachtet ihrer Mitverantwortung für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in Zulassungsangelegenheiten dann nicht klagebefugt, wenn nur Kostenentscheidungen zu Lasten Dritter betroffen seien, weil es sich insoweit nicht um einen Streit in Zulassungs- oder Ermächtigungsangelegenheiten handele. Die Kosten seien überdies im vorliegenden Fall nicht der Klägerin, sondern dem Beigeladenen zu 2) auferlegt worden. Allein dessen Rechtsbeziehung im Verhältnis zum Beigeladenen zu 1) sei betroffen.
Mit ihrer (Sprung-)Revision rügt die Klägerin, sie sei durchaus klagebefugt. Die K(Z)ÄVen hätten aufgrund ihrer Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung die Befugnis, die Beschwerdeausschüsse gegen Entscheidungen der Prüfungsausschüsse und ebenso die Berufungsausschüsse gegen Entscheidungen der Zulassungsausschüsse anzurufen. Die Gesamtverantwortung der K(Z)ÄVen sei nicht abhängig vom Gegenstand der Entscheidungen der Prüfungs- bzw Zulassungsausschüsse, sie erstrecke sich auch auf Entscheidungen über Verfahrenskosten. In der Sache hätte das SG den Beschluß des Beklagten vom 13. November 1996 aufheben müssen. Dieser hätte die Kostengrundentscheidung vom 15. Februar 1995 nicht aufheben dürfen. Der Beigeladene zu 2) habe ihn zu spät angerufen. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Beschluß vom 15. Februar 1995, daß der Widerspruch mit Angabe von Gründen einzulegen sei, treffe zu. Sie entspreche der Vorschrift des § 44 Ärzte-ZV. Diese sei lex specialis für den Bereich der Zulassungsangelegenheiten. Sie werde nicht durch § 97 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und die darin in Bezug genommenen § 84 Abs 1, § 85 Abs 3 SGG derogiert.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 11. Juni 1997 und den Beschluß des Beklagten vom 13. November 1996 aufzuheben und den Widerspruch des Bei-
geladenen zu 2) gegen den Beschluß des Zulassungsausschusses vom 15. Fe-
bruar 1995 als unzulässig zurückzuweisen.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 2) beantragen, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend. Es habe die Anfechtungsbefugnis der Klägerin zu Recht verneint. Zwar seien die K(Z)ÄVen aufgrund des Sicherstellungsauftrages gemäß § 75 SGB V für die ordnungsgemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung verantwortlich. Damit habe die umstrittene Kostengrundentscheidung vom 15. Februar 1995, die die Klägerin nicht konkret belaste, aber nichts zu tun. In Wirklichkeit gelte deren Interesse nicht dieser Entscheidung, sondern der Frage, ob die Rechtsbehelfsbelehrung des Zulassungsausschusses richtig gewesen sei. Dies sei nur inzident relevant und könne eine Anfechtungsbefugnis der Klägerin nicht begründen.
Der Beigeladene zu 2) ist ebenfalls der Ansicht, das SG habe die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Vorliegend stehe eine reine Kostenentscheidung in Rede, die die Gesamtverantwortung der K(Z)ÄVen für die ordnungsgemäße vertragsärztliche Versorgung nicht tangiere. Das Interesse der Klägerin an der Klärung des Verhältnisses des § 44 Ärzte-ZV zu den Vorschriften des SGG vermöge ihre Anfechtungsbefugnis nicht zu begründen.
Alle Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
II
Die (Sprung-)Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des SG und der Beschluß des Beklagten vom 13. November 1996 sind aufzuheben.
Der Sprungrevision kann nicht entgegengehalten werden, mit ihr könne gemäß § 161 Abs 4 SGG kein Mangel des Verfahrens und somit auch nicht gerügt werden, die Abweisung der Klage als unzulässig sei fehlerhaft. Die Frage, ob das SG die Klagebefugnis zu Recht verneint hat, betrifft indessen nicht iS des § 161 Abs 4 SGG "das Verfahren". Sie ist nicht ausschließlich prozeßrechtlicher Art, sondern setzt die inzidente Beurteilung materiell-rechtlicher Vorfragen voraus (vgl BVerwG NVwZ 1998, 954, 955 unter II. 1. mwN; vgl auch BSG SozR 1500 § 161 Nr 26 S 50 und Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 161 RdNr 10a).
Die im Rahmen der Sprungrevision mithin zu überprüfende Anfechtungsbefugnis ist entgegen der Auffassung des SG gegeben. Die K(Z)ÄVen sind befugt, Entscheidungen der Zulassungsausschüsse anzufechten.
Das folgt allerdings nicht schon aus § 96 Abs 4 Satz 1 SGB V, wonach die K(Z)ÄVen gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse die Berufungsausschüsse anrufen können. Über diesen Wortlaut hinaus muß für jedes Rechtsschutzbegehren auch eine materielle Beschwer vorliegen (vgl BSGE 79, 97, 99 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 3). Dies ausdrücklich zu klären, ist nicht erforderlich, wenn eine Entscheidung von dem belasteten Adressaten selbst angefochten wird. Ficht aber - wie hier - ein nicht von ihr konkret Betroffener sie an, so besteht Anlaß zur Prüfung der materiellen Beschwer.
Zur materiellen Beschwer hat der Senat sowohl im Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen als auch im Rahmen von Zulassungsangelegenheiten ausgeführt, daß die K(Z)ÄVen aufgrund des Sicherstellungsauftrages gemäß § 75 Abs 1 SGB V eine Gesamtverantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung haben (BSGE 79, 97, 99 f = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4; BSGE 78, 284, 285 = SozR 3-2500 § 311 Nr 4 S 24; BSG SozR 3-2500 § 119 Nr 1 S 2). Daraus folgt, daß Entscheidungen in Angelegenheiten des Zulassungswesens und der Wirtschaftlichkeitsprüfungen die K(Z)ÄVen stets und unmittelbar in dem ihnen zugewiesenen Verantwortungsbereich betreffen (BSGE 78, 284, 285 = SozR 3-2500 § 311 Nr 4 S 24; BSG SozR 3-2500 § 119 Nr 1 S 2). Dies begründet ihre Befugnis, unabhängig vom Nachweis eines konkreten rechtlichen Interesses im Einzelfall, die Entscheidungen der Ausschüsse anzufechten (BSGE 79, 97, 100 = SozR 3-5545 § 23 Nr 1 S 4). An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest.
Nichts anderes gilt im Falle von Kostenentscheidungen der Prüfungs- und Zulassungsausschüsse. Auch diese können von den K(Z)ÄVen angefochten werden, unabhängig davon, ob der Kostenausspruch sie selbst konkret belastet. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung bedeutet nicht nur eine Verantwortung für Entscheidungen, die sich mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen als solchen oder mit Zulassungsanträgen bzw Zulassungsentziehungsanträgen befassen. Sie erstreckt sich vielmehr auch auf deren Kostenentscheidungen. Dieses umfassende Verständnis der Sicherstellungsverantwortung lag schon der bisherigen Rechtsprechung zugrunde (vgl BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 12 S 44 betr Anfechtung von Kostenfestsetzungen nach Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch Krankenkassen bzw ihre Verbände).
Der somit in der Sache zu überprüfende Beschluß des Beklagten vom 13. November 1996 ist rechtswidrig. Der Beklagte hätte nicht den Widerspruch des Beigeladenen zu 2) als noch rechtzeitig ansehen und deshalb den Beschluß vom 15. Februar 1995 aufheben dürfen. Dieser ist auch nicht nichtig. Der Beklagte muß allerdings noch den Antrag des Beigeladenen zu 2) auf Aufhebung des Beschlusses nach § 45 SGB X bescheiden.
Der Beigeladene zu 2) hat seine Einwände gegen den Beschluß des Zulassungsausschusses vom 15. Februar 1995, die er erstmals mit Schriftsatz vom 28. Juli 1995 vorgebracht hat, zu spät geltend gemacht. Die dem Beschluß beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung, daß der Widerspruch binnen eines Monats mit Angabe von Gründen zu erheben sei, war richtig; somit galt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht die Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG. Die Richtigkeit der Belehrung ergibt sich aus § 44 Ärzte-ZV, wonach "der Widerspruch ... mit Angabe von Gründen ... einzulegen" ist. Diese Regelung unterliegt nicht etwa Gültigkeitszweifeln, wie der Beklagte mit Hinweis auf § 97 Abs 3 SGB V iVm § 84 Abs 1, § 85 Abs 3 SGG geltend macht.
Das Verfahren vor dem Berufungsausschuß ist, wie der Senat schon früher ausgeführt hat, kein Widerspruchsverfahren gemäß §§ 78, 83 ff SGG, sondern ein besonderes Verwaltungsverfahren (BSG SozR 3-2500 § 96 Nr 1 S 3-5; ebenso betr Beschwerdeausschüsse BSGE 72, 214, 220 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5 S 11). Die Regelung des § 97 Abs 3 Satz 2 SGB V, daß es als Vorverfahren iS des § 78 SGG "gilt", macht deutlich, daß dieses Verfahren an die Stelle des Widerspruchsverfahrens nach §§ 78, 83 ff SGG treten soll. Hierin liegt eine Sonderregelung iS des § 78 Abs 2 Nr 1 SGG, wonach durch Gesetz für besondere Fälle bestimmt werden kann, daß ein Vorverfahren nicht erforderlich ist. Die Verweisung des § 97 Abs 3 Satz 1 SGB V auf nur zwei Vorschriften aus dem Abschnitt über das Widerspruchsverfahren - nämlich auf die Bestimmungen des § 84 Abs 1 SGG über die Monatsfrist und des § 85 Abs 3 SGG über den Erlaß des abschließenden Überprüfungsbescheides - wäre im übrigen überflüssig, wenn das Verfahren vor dem Berufungsausschuß ohnehin ein Widerspruchsverfahren gemäß §§ 78, 83 ff SGG wäre (BSG SozR 3-2500 § 96 Nr 1 S 5). Auch die Regelungen der §§ 45, 46 Ärzte-ZV - mit Unterschieden gegenüber den Regelungen der §§ 83 ff SGB V - zeigen, daß ein besonderes Verwaltungsverfahren geschaffen werden sollte.
Die Möglichkeiten, ein solches besonderes Verwaltungsverfahren anders auszugestalten als das Widerspruchsverfahren nach den §§ 78, 83 ff SGG, sind allerdings nicht unbegrenzt. Sonderregelungen sind am höherrangigen Recht zu messen, insbesondere daran, ob sie den Rechtsschutz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken oder unverhältnismäßig erschweren (vgl Art 19 Abs 4 Satz 1 Grundgesetz und dazu BVerfGE 40, 237, 256). Bei Sonderregelungen in Zulassungsangelegenheiten ist ferner zu beachten, daß das Verfahren der Ausschüsse gemäß § 98 Abs 2 Nr 3 SGB V "entsprechend den Grundsätzen des Vorverfahrens in der Sozialgerichtsbarkeit" zu regeln ist. Dies gebietet die Orientierung an den Verfahrensregelungen der §§ 83 ff SGG, erlaubt aber zugleich Abweichungen in Einzelpunkten, soweit sie sachlich gerechtfertigt sind (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Breithaupt 1992, 174, 175).
Mit diesen Vorgaben ist das Erfordernis des § 44 Ärzte-ZV, daß der Widerspruch binnen eines Monats mit Angabe von Gründen einzulegen ist, vereinbar (ohne abschließende Stellungnahme des Senats in: SozR 3-2500 § 96 Nr 1 S 5). Eine Verschärfung liegt im Vergleich zu den Regelungen des SGG über das Vorverfahren nur insoweit vor, als binnen dieser Monatsfrist auch Gründe anzugeben sind. Demgegenüber braucht ein Widerspruch nach den §§ 83 ff SGG nicht begründet zu werden. Dort hat vielmehr unabhängig vom Vorliegen einer Widerspruchsbegründung eine volle Überprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts zu erfolgen (vgl BSG SozR Nr 10 zu § 78 SGG). Die Erschwerung durch die Regelung des § 44 Ärzte-ZV betrifft nur einen Einzelpunkt und erschwert den Rechtsschutz nicht unverhältnismäßig. Dem Personenkreis, der typischerweise von Entscheidungen in Zulassungsangelegenheiten gemäß §§ 95 ff, 99 ff SGB V iVm der Ärzte-ZV betroffen ist, ist die Angabe von Gründen binnen der Monatsfrist ohne weiteres zuzumuten (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Breithaupt 1992, 174, 176).
Die sachliche Überprüfung der Kostengrundentscheidung vom 15. Februar 1995 ist auch nicht etwa deshalb möglich, weil der Beklagte über den Widerspruch - ungeachtet der verspäteten Einlegung - in der Sache entschieden und damit deren Überprüfung neu eröffnet hätte. Grundsätzlich wird zwar dann, wenn die zweitinstanzliche Verwaltungsbehörde sich auf die Fristversäumnis nicht beruft, sondern in der Sache entscheidet, die Sachprüfung (neu) eröffnet, so daß die Gerichte die Entscheidung auch inhaltlich zu überprüfen haben (hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 23. März 1999 - B 2 U 8/98 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 3-8100 Art 19 Nr 5 vorgesehen; ebenso zB BSG SozR 3-4100 § 94 Nr 1 S 3; BSGE 49, 85, 87-89 = SozR 2200 § 1422 Nr 1 S 2; BVerwGE 65, 313, 318 f = NVwZ 1983, 32, 33/34; NVwZ 1983, 285; NVwZ 1983, 608). Das gilt aber nicht im Falle sog Verwaltungsakte mit Doppelwirkung, die gegenüber einer Person bzw Institution belastende und gegenüber einer anderen begünstigende Wirkung haben. In einer solchen Konstellation darf auf die verspätete Anfechtung durch die belastete Person bzw Institution hin keine neue Sachentscheidung ergehen (vgl BVerwG NVwZ 1983, 285 mwN; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 84 RdNr 7a).
Die Kostengrundentscheidung vom 15. Februar 1995 ist - entgegen der Ansicht des Beigeladenen zu 2) - auch nicht etwa nichtig.
Verwaltungsakte sind dann nichtig, wenn ihnen ein besonders schwerwiegender und offenkundiger Fehler anhaftet (§ 40 Abs 1 SGB X). Dabei ist auf den zwar aufgeschlossenen, aber nicht besonders sach- oder rechtskundigen Durchschnittsbetrachter abzustellen (vgl Schroeder-Printzen in: Schroeder-Printzen/Engelmann ua, SGB X, 3. Aufl 1996, § 40 RdNr 9; ebenso SächsOVG SächsVBl 1997, 59; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl 1996, § 44 RdNr 9; - je mit Rspr-Nachweisen). Anerkanntermaßen sind sie nicht schon nichtig, wenn die erforderliche Rechtsgrundlage fehlt, es sich also um einen sog gesetzlosen Verwaltungsakt handelt (allg Meinung, vgl zB Kopp aaO RdNr 5; Schroeder-Printzen aaO RdNr 1; Steinwedel in: KassKomm SozVersR, Bd 2: SGB X, § 40 RdNr 14; Schneider-Danwitz in: Gesamtkommentar Sozialversicherung, Bd 4: SGB X, § 40 Anm 33 unter b). Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, daß der Rechtsordnung zugrundeliegende wesentliche Wertvorstellungen verletzt werden und daß dies offenkundig ist (vgl zB Kopp aaO RdNr 5). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Das Ergehen einer Kosten(grund)entscheidung im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren ist zwar mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig (BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 1 S 2 ff). Dieser Rechtsfehler wiegt aber weder besonders schwer noch ist er offenkundig. Gegen einen besonders schwer wiegenden Fehler spricht, daß das Fehlen einer Regelung für Kostenentscheidungen im Zusammenhang mit erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren rechtspolitisch als sehr fragwürdig angesehen wird (vgl BSG SozR aaO S 5 f). Offenkundig ist der Fehler auch nicht. Das BSG hat eingehend erwogen, ob eine erweiternde Auslegung des § 63 SGB X und vor allem eine Analogie möglich ist (aaO S 2 bis 6), und überprüft, ob ein negatives Ergebnis mit der Verfassung vereinbar ist (aaO S 6 f). Im Kassenarztrecht sind die Regelungen des SGB X ohnehin nur teilweise bzw nur mit Modifizierungen anwendbar (vgl zB die Rspr zu § 45 SGB X, zuletzt BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1 S 3 mwN und BSGE 82, 50, 53 = SozR 3-1300 § 44 Nr 23 S 51). Jedenfalls für den nicht besonders sach- oder rechtskundigen Durchschnittsbetrachter ist die Unzulässigkeit einer Kostengrundentscheidung im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren nicht offenkundig.
Die Kostengrundentscheidung des Zulassungsausschusses ist auch nicht etwa deshalb nichtig, weil ein Fall sachlicher Unzuständigkeit vorliegt. Die in § 40 Abs 3 Nr 1 SGB X enthaltene Regelung, daß eine nur örtliche Unzuständigkeit nicht schon zur Nichtigkeit führt, rechtfertigt nicht den Umkehrschluß, eine sachliche Unzuständigkeit begründe ohne weiteres die Nichtigkeit. Dies läßt sich dem Gesetz so nicht entnehmen. In Fällen sachlicher, instanzieller und/oder funktioneller Unzuständigkeit ist vielmehr auf die Grundregel des Abs 1 zurückzugreifen und die Frage der Nichtigkeit an den Kriterien des Gewichts und der Offenkundigkeit des Fehlers auszurichten. Danach kommt eine Nichtigkeit nur im Falle sog absoluter Unzuständigkeit in Betracht; die mit dem Verwaltungsakt geregelte Angelegenheit darf keinen sachlichen Bezug zum Aufgabenbereich der handelnden Behörde haben, und dies muß zudem offenkundig sein (allg Meinung, vgl zB BFHE 176, 181, 192 = BStBl 1995 II 341, 345 f; SächsOVG SächsVBl 1997, 59; Kopp aaO § 44 RdNr 11; Schroeder-Printzen aaO § 40 RdNr 8; Steinwedel aaO RdNr 15). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Kostenfrage bei erfolglosem Antrag auf Zulassungsentzug hat durchaus Bezug zum Aufgabenbereich der Zulassungsausschüsse. Die Rechtsprechung hat in ähnlichen Fällen bei sachlicher, instanzieller und/oder funktioneller Unzuständigkeit ebensowenig Nichtigkeit angenommen (vgl zB BSGE 59, 122, 126 = SozR 2200 § 253 Nr 2 S 5 betr Errichtungsgenehmigung für BKK durch Regierungspräsidenten statt durch Bundesversicherungsamt; BSGE 58, 63, 65 = SozR 1300 § 45 Nr 16 S 44 betr Unfallrentenanpassung durch Verwaltungsberufsgenossenschaft statt Gemeindeunfallversicherung; BSG SozR 1500 § 54 Nr 45 S 29 betr Verwaltungsakt durch Widerspruchs- statt Erstbehörde; BSGE 9, 171, 178 = SozR Nr 1 zu § 368n RVO betr Verwaltungsakt der KÄV statt des Zulassungsausschusses).
Im Revisionsverfahren kann indessen nicht beurteilt und entschieden werden, ob die Kostengrundentscheidung vom 15. Februar 1995 möglicherweise nach § 45 SGB X zurückzunehmen ist, wie es der Beigeladene zu 2) in seinem Schriftsatz vom 22. August 1996 beantragt und wozu der Beklagte in seinem Beschluß vom 13. November 1996 keine Stellung genommen hat.
Die Anwendbarkeit des § 45 SGB X wird nicht durch § 49 SGB X in Frage gestellt. Danach gilt § 45 Abs 1 bis 4 SGB X nur dann nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt von einem Dritten angefochten worden ist. Die hiermit vorgesehene freie Rücknehmbarkeit betrifft nach ihrem Sinngehalt aber nur den Fall, daß die Anfechtung durch den Dritten rechtzeitig erfolgte und somit kein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts entstehen konnte (vgl Steinwedel in: KassKomm SozVersR, Bd 2: SGB X, § 49 RdNr 5). Der Beigeladene zu 2), der iS des § 49 SGB X "der Dritte" ist, hatte aber den Beschluß des Zulassungsausschusses vom 15. Februar 1995, wie dargelegt, zu spät angefochten.
Im Rahmen der somit eröffneten Einzelprüfung des § 45 SGB X wird der Beklagte, der für Anträge nach § 45 SGB X, die zusammen mit der Widerspruchseinlegung gestellt werden, zuständig ist, zunächst feststellen müssen, ob der Beigeladene zu 1) iS des § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X bereits Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Vor allem ist auch zu würdigen, ob er die Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 15. Februar 1995 iS des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Zudem bedarf es möglicherweise der Entscheidung, ob die Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X einer etwaigen Aufhebung des Beschlusses entgegensteht, die im Regelfall aber erst nach erfolgter Anhörung des Begünstigten beginnt (BSGE 77, 295, 301 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27 S 95; Steinwedel aaO § 45 RdNr 27). Diese wurde, soweit das aus dem vorinstanzlichen Urteil erkennbar ist, bisher nicht durchgeführt. Sofern nach diesen Feststellungen und Würdigungen die Möglichkeit der Rücknahme nach § 45 Abs 1 SGB X eröffnet sein sollte, obliegt dem Beklagten die nach dieser Vorschrift erforderliche Ermessensentscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG. Ungeachtet der letztlich noch erforderlichen Bescheidung des Antrages nach § 45 SGB X durch den Beklagten hat der Senat es als angemessen angesehen, daß die Klägerin ihre Kosten in vollem Umfang erstattet erhält. Denn sie ist mit ihrem Begehren - der Anerkennung ihrer Klagebefugnis und ihrer Auffassung zur Wirksamkeit des § 44 Ärzte-ZV - erfolgreich gewesen. Der Senat hat von einem Kostenausspruch zu Gunsten oder zu Lasten des zu 1) beigeladenen Vertragsarztes abgesehen, weil dieser sich im gerichtlichen Verfahren nicht beteiligt hat.
Fundstellen