Leitsatz (redaktionell)
1. Der Berufsschadensausgleich und der Schadensausgleich für Witwen dienen ausschließlich dem Ausgleich der durch Schädigungsfolgen geminderten "Arbeitsleistung", nicht aber dem Ausgleich entgangener "Kapitalnutzung".
Ein durch Kapitalnutzung entstehender Gewinn ist daher nicht zu berücksichtigen.
2. Die Regelung der DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 ist gesetzeskonform. Eine "Lücke" im Gesetz liegt nicht vor.
Normenkette
BVG § 40a Fassung: 1964-02-21, § 40a Fassung: 1966-12-28, § 30 Abs. 3 u 4 DV § 5 Fassung: 1964-07-30, Abs. 3 u 4 DV § 5 Fassung: 1968-02-28
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Oktober 1967 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin bezieht seit 1949 Hinterbliebenenrente nach ihrem am 8. September 1944 vermißten Ehemannes W G (G.). Im September 1964 beantragte sie die Gewährung von Schadensausgleich. Über den beruflichen Werdegang ihres Ehemannes gab sie an, er sei nach dem Besuch der Volksschule von 1924 bis 1927 Werkzeugmacherlehrling in der Firma G & Co. gewesen, ohne nach Ablauf der Lehrzeit eine Prüfung abzulegen. Von 1927 bis 1932 habe er in dieser Firma als Werkzeugmacher und von 1932 bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst im Jahre 1940 als Leiter der Kunstharzpresserei mit einem Monatsgehalt von 300,- RM gearbeitet. Der Vater ihres Ehemannes sei in dieser Firma persönlich haftender und allein vertretungsberechtigter Gesellschafter mit 26 % Gewinnbeteiligung gewesen. Ihr Ehemann sei als Nachfolger seines Vaters und Leiter der technischen Abteilung vorgesehen gewesen. Als einziges von den vier Kindern ihres Schwiegervaters sei er auf Grund seiner Ausbildung und langjährigen Mitarbeit in der Firma für die Nachfolge in Frage gekommen. Notgedrungen habe ihr Schwiegervater kurz vor seinem im Jahre 1960 erfolgten Tod einen Enkelsohn als Nachfolger - und zwar mit seinem gesamten Anteil am Gesellschaftsvermögen - eingesetzt und ihren eigenen Sohn abgefunden. Auf den Gewinnanteil ihres Ehemannes wäre 1964 ein Betrag von 228.000,- DM entfallen. Die Klägerin legte im Verwaltungsverfahren Bescheinigungen der Firma G & Co. vor, durch die ihre Angaben bestätigt werden.
Durch Bescheid vom 7. Mai 1965 gewährte das Versorgungsamt (VersorgA) S der Klägerin Schadensausgleich und legte gemäß § 5 der Verordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) als Durchschnittseinkommen das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe (BesGr) A 7 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zuzüglich des Ortszuschlages nach Stufe 2 und Ortsklasse A zugrunde. Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 25. März 1966).
Während des gerichtlichen Verfahrens ergingen die Bescheide vom 7. September 1966, 3. April 1967 und 2. Juni 1967, in denen wiederum das Durchschnittseinkommen nach BesGr A 7 zugrundegelegt wurde.
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Klage, mit der die Klägerin die Einstufung in die BesGr A 14 des BBesG, hilfsweise in die Leistungsgruppe II der technischen Angestellten im Wirtschaftszweig: "Elektrotechnische Industrie" erstrebte, durch Urteil vom 17. November 1966 abgewiesen.
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat durch Urteil vom 3. Oktober 1967 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und in den Gründen ausgeführt, § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG eröffne nicht die Möglichkeit, die günstigere von den dort genannten beiden Alternativen anzuwenden. Sei die berufliche Entwicklung abgeschlossen gewesen, dann sei von dem Einkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe auszugehen, der der Verstorbene "angehört hat"; anderenfalls sei zu untersuchen, welche berufliche Stellung der Verstorbene heute erreicht hätte. Der berufliche Werdegang des Ehemannes der Klägerin sei mit dem Erreichen der Stellung eines Leiters der Kunstharzpresserei noch nicht abgeschlossen gewesen. Vielmehr sei davon auszugehen, daß er ohne die Schädigung heute als Nachfolger seines Vaters Mitinhaber eines Fabrikationsbetriebes, also selbständig tätig wäre, so daß von § 5 der Verordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG (DVO) auszugehen sei. Als Vergleichseinkommen sei die BesGr A 5 anzunehmen, weil der Ehemann der Klägerin seine Lehre nicht durch eine Prüfung abgeschlossen habe und daher "selbständig Tätiger mit Volksschulbildung ohne abgeschlossene Berufsausbildung" sei. Wenn das VersorgA demgegenüber von der BesGr A 7 ausgegangen sei, so sei die Klägerin hierdurch nicht beschwert. Die Auffassung der Klägerin, es liege eine Lücke im Gesetz vor, weil das Gesetz von der Vorstellung ausgegangen sei, daß ein selbständig Tätiger in jedem Fall besser gestellt sei als ein Angestellter, sei abwegig. Das ergebe sich schon aus einem Vergleich der mit dem Stichtag vom 1. Oktober 1966 festgestellten Durchschnittsverdienste für Angestellte in der elektrotechnischen Industrie mit den Endgrundgehältern der für selbständig Tätige maßgeblichen Besoldungsgruppen des BBesG. Auch könne nicht ohne weiteres unterstellt werden, daß das Unternehmen unter der Leitung des Ehemannes der Klägerin den gleichen Gewinn abgeworfen hätte, wie er für das Jahr 1964 tatsächlich erzielt worden sei. Die Klägerin wende sich in Wirklichkeit dagegen, daß § 5 der DVO nur die berufliche Vorbildung zum Ausgangspunkt nehme, nicht aber den tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg. Hierin liege jedoch keine Lücke des Gesetzes, die durch richterliche Rechtsfortbildung aufgefüllt werden könne, sondern es werde eine Entscheidung gegen das Gesetz erstrebt. Die Anwendung des § 6 Abs. 2 DVO scheitere schon daran, daß der Ehemann der Klägerin vor der Schädigung nicht selbständig tätig gewesen sei. Der Hilfsantrag sei unbegründet; die Annahme, daß der Ehemann der Klägerin neben seiner Stellung als Mitinhaber des Betriebes außerdem noch im Angestelltenverhältnis geblieben wäre, sei so fernliegend, daß dafür ein greifbarer Anhaltspunkt nicht vorhanden sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Klägerin hat gegen das am 30. Oktober 1967 zugestellte Urteil durch Schriftsatz vom 13. November 1967, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am gleichen Tage, Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Sie beantragt nunmehr,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen.
Zur Begründung führt sie aus, das Gesetz weise für den vorliegenden Fall eine Lücke auf. Diese Lücke liege darin, daß nach den Absichten des Gesetzgebers die selbständigen Unternehmer bessergestellt werden sollten als die Angestellten. Daher sei es widersinnig, daß ihr Ehemann bei der Berechnung des Schadensausgleichs als Nachfolger seines Vaters mit einem Jahreseinkommen von über 200.000,- DM wesentlich schlechter gestellt werde als ein im Arbeitnehmerverhältnis stehender Angestellter in entsprechend verantwortlicher Stellung. Allerdings wolle sie nicht vortragen, daß ihr Ehemann Angestellter geblieben und in dieser Stellung in Spitzenpositionen aufgestiegen wäre. Der Grundgedanke des § 3 Abs. 3 DVO müsse jedoch auch bei § 5 DVO kraft richterlicher Gesetzesergänzung angewendet werden.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend; insbesondere sei nicht ersichtlich, inwiefern eine Lücke im Gesetz vorliegen solle.
Die Klägerin hat die Revision frist- und formgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet. Die Revision ist daher zulässig; sie ist jedoch unbegründet.
Nach § 40 a Abs.1 BVG idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I S. 85) erhalten Witwen, deren Einkommen um mindestens 50 DM geringer ist als die Hälfte des Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte, einen Schadensausgleich in Höhe von vier Zehnteln des festgestellten Unterschiedsbetrages, jedoch höchstens 200 DM monatlich. Dieser Schadensausgleich ist davon abhängig, daß die Witwe die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 BVG erfüllt, also dem Grunde nach Anspruch auf Ausgleichsrente hat; das ist bei der Klägerin, die 1909 geboren ist, der Fall. Durch das 3. NOG vom 28. Dezember 1966 (BGBl I S. 750), das ab 1. Januar 1967 anzuwenden ist, ist § 40 a Abs. 1 BVG lediglich insoweit geändert worden, als der Mindestbetrag der Einkommenseinbuße von 50 DM nicht mehr erforderlich und der Höchstbetrag des Schadensausgleichs auf 250 DM erhöht worden ist. Zur Feststellung des Schadensausgleichs ist nach § 40 a Abs. 2 BVG idF des 2. und 3. NOG das von der Witwe erzielte Einkommen (vgl. Satz 1 dieser Vorschrift) mit dem Einkommen ihres Ehemannes zu vergleichen ("Vergleichsberechnung"). Als solches gilt nach § 40 Abs. 2 Satz 2 BVG das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene "angehört hat oder ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hätte". Nach § 40 a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 4 BVG ist § 30 Abs. 4 Satz 2 und 3 BVG anzuwenden; § 30 Abs. 7 BVG gilt entsprechend. Diese Verweisungen bedeuten, daß für die Berechnung des Schadensausgleichs für Witwen die Vorschriften über den Berufsschadensausgleich für Schwerbeschädigte (§ 30 Abs. 4 Satz 2 und 3 BVG) und insbesondere die aufgrund von § 30 Abs. 7 BVG erlassene DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG maßgebend sind (vgl. auch § 11 DVO). Gemäß § 2 DVO ist zunächst zwischen den großen Gruppen der unselbständig Tätigen in der privaten Wirtschaft (§ 3 DVO), der im öffentlichen Dienst Tätigen (§ 4 DVO) und der selbständig Tätigen (§ 5 DVO) zu unterscheiden. Innerhalb dieser Gruppen ist dann wieder bei den unselbständig Tätigen nach Wirtschaftsbereichen und Tätigkeitsmerkmalen (§ 3 DVO), bei den im öffentlichen Dienst Tätigen nach Laufbahnen und Tätigkeitsmerkmalen (§ 4 DVO) und bei den selbständig Tätigen nach dem Ausbildungsgang und dessen Ergebnis (§ 5 DVO) zu differenzieren.
Nach den Feststellungen des LSG war der Ehemann der Klägerin vor der Schädigung als technischer Angestellter (Leiter der Kunstharzpresserei der Firma G und Co.) mit einem monatlichen Gehalt von 300,- RM, also unselbständig in der privaten Wirtschaft tätig und wäre heute als Nachfolger seines Vaters Mitinhaber dieser Firma, also selbständig tätig. Diese Feststellungen, die auf den eigenen Angaben der Klägerin und den Bestätigungen der Firma G und Co. beruhen, sind von der Klägerin nicht angegriffen, sie sind daher nach § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für das Revisionsgericht bindend. Die Klägerin hat ausdrücklich nicht geltend gemacht, daß ihr Ehemann technischer Angestellter geblieben und in dieser Tätigkeit in Spitzenpositionen aufgestiegen wäre. Eine unmittelbare Anwendung des § 3 DVO, der nur für "unselbständig Tätige in der privaten Wirtschaft" gilt, und damit auch des § 3 Abs. 3 DVO scheidet daher aus. Das für den Schadensausgleich der Klägerin maßgebliche Durchschnittseinkommen ist daher nach § 5 der Verordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG zu bestimmen.
Die DVO ist aufgrund der in § 30 Abs. 7 BVG enthaltenen Ermächtigung von den dafür zuständigen Staatsorganen erlassen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14. Mai 1969 (SozR GG Art. 80 Nr. 1) sind die Ermächtigungsnormen der §§ 30 Abs. 7 und 40 a Abs. 4 BVG mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar. § 5 DVO hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungen und verletzt weder den Gleichheitssatz noch andere Grundrechte (vgl. auch die in dieser Entscheidung zitierte Rechtsprechung des BSG). Nach § 5 DVO ist Durchschnittseinkommen für selbständig Tätige mit Volksschulbildung ohne abgeschlossene Berufsausbildung das Endgrundgehalt der BesGr A 5, mit abgeschlossener Berufsausbildung, das Endgrundgehalt der BesGr A 7. Für die vorliegende Entscheidung kann dahinstehen, ob der Ehemann der Klägerin, der seine Werkzeugmacherlehre nicht durch eine Gesellenprüfung abgeschlossen hat, gleichwohl eine "abgeschlossene Berufsausbildung" aufweist, weil es nach einer Auskunft der Industrie- und Handelskammer Arnsberg vom 11. Februar 1965 im Jahre 1927 noch keine Facharbeiterprüfungen in der Industrie gab und der Ehemann der Klägerin die Tätigkeit eines Facharbeiters langjährig und mit Erfolg (s.auch § 5 Abs. 2 DVO i.d.F. vom 28.2.1968) ausgeübt hat (vgl. BSG 27, 184 und Urteil vom 28. November 1967 - 8 RV 409/66 -). Denn jedenfalls hat das VersorgA Soest die für die Klägerin günstigere Regelung getroffen und das Durchschnittseinkommen nach BesGr A 7 berechnet; die Klägerin ist also insoweit nicht beschwert.
Ein höheres Durchschnittseinkommen als BesGr A 7 kann im Rahmen des § 5 DVO für den Ehemann der Klägerin nicht festgesetzt werden. Nach § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG sind "allgemeine Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens" die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- und tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes. Daraus folgt, daß der Verordnungsgeber andere als die genannten Vergleichsgrundlagen nicht heranziehen darf (vgl. Beschluß BVerfG vom 15. Mai 1969, SozR GG Art.80 Nr. 1). Da das Statistische Bundesamt über die Einkünfte der Selbständigen keine Erhebungen trifft, insoweit also sichere Vergleichsgrundlagen fehlen, ist es demnach rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber selbständig Tätige nach den beamtenrechtlichen Besoldungsgruppen einstuft. Zwar können selbständig Tätige erfahrungsgemäß unter günstigen Umständen ein Vielfaches des Verdienstes eines Beamten erzielen. Wegen der Fülle persönlicher und wirtschaftlicher Umstände, welche gerade bei Selbständigen die Höhe des hypothetischen Einkommens beeinflussen können, ist jedoch eine konkrete und individuelle Feststellung des Einkommensverlustes nicht möglich und insofern eine generalisierte und pauschalierte Regelung, die gleichzeitig den Vorzug der Praktikabilität und Übersichtlichkeit bietet, unabweisbar (vgl. BVerfG aaO; BSG 27, 69, 71; 27, 178, 180; Urteil des erkennenden Senats vom 11. November 1969 - 10 RV 570/67). Wenn das BVG (§ 30 Abs. 4 Satz 2) daher auf die jeweils geltenden beamtenrechtlichen Besoldungsgruppen des Bundes verweist, so bedeutet dies, daß ein etwaiger späterer Mehrverdienst des Selbständigen -mag er noch so wahrscheinlich oder sich er sein - außer Betracht zu bleiben hat (BSG 27, 119, 122). Es ist weiter nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber bei selbständig Tätigen nach ihrer Schul- und Berufsausbildung differenziert. Insoweit kann er sich auf § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG stützen; dort wird neben den Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten "der bisher betätigte Ausbildungswillen" als besonderes Kriterium zur Ermittlung des Einkommensverlustes ausdrücklich genannt. Dieser Ausbildungswille kann sich in vielerlei Gestalt äußern, ohne daß eine sichere Beurteilung des Berufserfolges möglich wäre. Die Differenzierung nach der abgeschlossenen Schul- und Berufsausbildung hat dagegen den Vorzug der leichten Nachprüfbarkeit und Übersichtlichkeit. Die Regelung des § 5 DVO ist somit gesetzeskonform; sie läßt eine höhere Einstufung als nach BesGr A 7 für die Berechnung des Schadensausgleichs der Klägerin nicht zu.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt eine "Lücke im Gesetz" nicht vor. Schon der Ausgangspunkt der Klägerin ist unrichtig, der Wille des Gesetzgebers sei dahin gegangen, die Selbständigen "besser" zu stellen als die Angestellten. Ein solcher Wille kann weder unmittelbar noch mittelbar dem BVG (vgl. § 30 Abs. 3 und 4) oder der dazu erlassenen DVO entnommen werden. Die Klägerin hat eine entsprechende Gesetzesvorschrift auch nicht bezeichnen können. Im Gegenteil war der Gesetzgeber nach dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip verpflichtet, für alle Betroffenen - ob unselbständig oder selbständig Tätige - eine möglichst gerechte und gleichmäßige Lösung zu treffen, die allerdings, anders als bei der Grund- und Ausgleichsrente, feste Regelsätze vermeidet und insoweit den Besonderheiten des einzelnen Falles angemessen Rechnung trägt, dabei aber große Gruppen im Wege der Generalisierung und Pauschalierung zusammenfaßt. Da nach § 3 DVO für die Eingruppierung der unselbständig Tätigen die Leistungsgruppen und Tätigkeitsmerkmale maßgebend sind, die aber für Selbständige kein brauchbares Kriterium abgeben können, ist, wie bereits oben dargelegt, mangels anderer sicherer Anhaltspunkte für Selbständige die Schul- und Berufsausbildung maßgebend. Dadurch können sich Besser-, aber auch Schlechterstellungen für die nach § 3 oder nach § 5 DVO Einzustufenden ergeben. Wenn z.B. für einen Anstellten mit geringer Vorbildung unter Berücksichtigung der im Gesetz angegebenen Kriterien ein stärkerer Aufstieg im Beruf anzunehmen ist, so wird er höher eingestuft als ein Selbständiger mit gleicher Vorbildung. Andererseits ist jedoch bei den Selbständigen zu berücksichtigen, daß sie im Hinblick auf die Unwägbarkeit und Vielgestaltigkeit der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten möglicherweise überhaupt keinen Gewinn erzielen oder ihr Geschäft sogar verlieren würden, so daß sie durch die Generalisierung der DVO begünstigt sind. Der Gesetzgeber und der Verordnungsgeber haben sich demnach bemüht, eine möglichst gleichmäßige, gerechte und billige Lösung für alle Erwerbstätigen zu finden, wobei den verschiedenartigen Aufstiegsmöglichkeiten und wirtschaftlichen Risiken angemessen Rechnung getragen wird. Demnach liegt schon aus sachlichen Gründen eine "Lücke" im Gesetz oder in der DVO, die durch richterliche Rechtsfortbildung zu schließen wäre, nicht vor (vgl. auch Art. 20 Abs. 3 GG).
Die Klägerin führt als einziges Argument, das ihre Auffassung von der Unbilligkeit bzw. der "Lücke" stützen soll, nur den Gewinn an, den ihr Ehemann als Nachfolger seines Vaters nach Auskunft der Firma G & Co. erzielen würde. Bei diesem Gewinn handelt es sich jedoch um Einkommen aus Kapitalvermögen, und zwar aus einem Kapitalvermögen, das dem Ehemann der Klägerin als Nachfolger und Erben seines Vaters zugefallen wäre. Der Berufsschadensausgleich und der Schadensausgleich für Witwen dienen jedoch ausschließlich dem Ausgleich der durch Schädigungsfolgen geminderten "Arbeitsleistung", nicht aber dem Ausgleich entgangener "Kapitalnutzung". Das ergibt sich besonders deutlich aus § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG. Danach ist bei der Frage, ob der Beschädigte bereits vor Eintritt der Schädigung eine Stellung erreicht hatte, die durch § 5 aaO nicht ausreichend berücksichtigt wird, auf den Gewerbegewinn der letzten drei Jahre vor Eintritt der Schädigung abzustellen, "jedoch nur insoweit, als er auf die eigene Tätigkeit des Beschädigten zurückzuführen ist". Ein durch Kapitalnutzung entstehender Gewinn ist demnach nicht zu berücksichtigen. Diese Bestimmung über die ausschließliche Berücksichtigung des auf die eigene Tätigkeit entfallenden Gewinns ist zwar unmittelbar nur in § 6 Abs. 2 DVO enthalten, sie gilt aber sinngemäß auch für § 5 DVO, also für alle Selbständigen. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes; denn nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG kommt es für die Berechnung des Einkommensverlustes auf das Bruttoeinkommen aus "gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit" an, nicht jedoch auf Einkommen als Kapitalertrag. Die Berücksichtigung des in einer Firma arbeitenden Kapitals würde überdies ins einzelne gehende Untersuchungen und fiktive Überlegungen erfordern und zu großen Beweisschwierigkeiten führen. Wenn der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität hierauf verzichtet hat, so ist dies durchaus sachgerecht. Weder war der Verordnungsgeber verpflichtet, gegen den Wortlaut und Inhalt des Gesetzes eine Sonderregelung zugunsten derjenigen Selbständigen zu treffen, die ein höheres Einkommen wahrscheinlich erzielt hätten, noch kann der Richter entgegen dem Wortlaut und der Grundkonzeption des Gesetzes eine "Lücke" ausfüllen, die nur nach Auffassung eines Beteiligten vorhanden ist. Das BSG hat bereits ausgesprochen, daß die Berücksichtigung eines heute wahrscheinlich erzielten Einkommens bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens nicht möglich ist, wenn der Beschädigte in die für ihn zutreffende Berufs- und Leistungsgruppe eingestuft ist, sofern nicht die Voraussetzungen des § 6 DVO erfüllt sind (BSG 27, 178, 181). Der Grundgedanke des § 3 Abs. 3 DVO, der nur für unselbständig Tätige gilt, kann - wie auch ein Vergleich mit § 6 Abs. 1 DVO zeigt, jedenfalls dann nicht auf selbständig Tätige angewandt werden, wenn die Höhereinstufung lediglich mit der Begründung gerechtfertigt werden soll, daß der Unternehmergewinn aus - ererbtem - Kapital wesentlich höher wäre als das Einkommen nach der in der DVO vorgesehenen Besoldungsgruppe. Eine besondere Härte ist insoweit nicht gegeben. Die Höhereinstufung kann im vorliegenden Fall auch nicht aus § 6 DVO hergeleitet werden. § 6 Abs. 1 DVO scheidet aus, weil der Ehemann der Klägerin vor der Schädigung nur eine mäßig besoldete Stellung erreicht hatte. § 6 Abs. 2 DVO kann nicht angewendet werden, weil der Ehemann der Klägerin vor dem Kriege noch nicht selbständig tätig war und dementsprechend keinen "Gewinn aus Gewerbe oder selbständiger Arbeit" erzielt hat.
Das Begehren der Klägerin, für die Berechnung des Schadensausgleichs ein höheres Durchschnittseinkommen als das Endgrundgehalt der BesGr A 7 anzunehmen und das Endgrundgehalt der BesGr A 14 als Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen, ist daher nicht begründet. Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen