Leitsatz (amtlich)
1. Ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Zuerkennung von Krankengeld (§ 118 Abs 1 Nr 2 AFG) für einen von vornherein kalendermäßig nicht genau feststehenden Zeitraum und ist es deshalb für die Wiederaufnahme der Zahlung von Arbeitslosengeld erforderlich, daß der Arbeitslose dem Arbeitsamt vom Fortfall des Ruhenstatbestandes Kenntnis gibt, so ist das darin liegende Begehren auf Weiterzahlung des Arbeitslosengeldes als Geltendmachung des Anspruchs iS des § 125 Abs 2 AFG zu werten.
2. Der Eintritt der Verfallfrist des § 125 Abs 2 AFG nach Unterbrechung des Leistungsbezuges wegen Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs gemäß § 118 Abs 1 Nr 2 AFG ist nicht davon abhängig, daß das Arbeitsamt die Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen des Ruhens des Anspruchs aufgehoben hat.
3. Ein iS des § 125 Abs 2 AFG rechtzeitig geltend gemachter Arbeitslosengeldanspruch steht auch über das Fristende hinaus zu, solange keine Unterbrechung eintritt, die eine erneute Geltendmachung des Anspruchs erfordert.
Normenkette
AFG § 118 Abs 1 Nr 2, § 125 Abs 2 Fassung: 1969-06-25, § 151 Abs 1 Fassung: 1969-06-25; AVAVG § 87 Abs 6 S 2 Fassung: 1957-04-03
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg).
Die zuvor als Bankangestellte beschäftigte 1955 geborene Klägerin meldete sich am 5. Oktober 1976 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Die Beklagte stellte den Eintritt einer Sperrzeit bis 28. Oktober 1976 fest und bewilligte der Klägerin Alg für 312 Tage ab 29. Oktober 1976. Diese Bewilligung hob die Beklagte mit Wirkung ab 3. Januar 1977 auf, weil die Klägerin erklärt hatte, sie sei für unbestimmte Zeit nicht arbeitsbereit.
Am 1. Oktober 1979 meldete sich die Klägerin wiederum arbeitslos und beantragte erneut die Gewährung von Alg. Sie war von August 1978 bis März 1979 als selbständige Versicherungsvermittlerin tätig und danach ohne Beschäftigung. Daraufhin gewährte die Beklagte der Klägerin ab 1. Oktober 1979 für noch nicht verbrauchte 256 Tage Alg.
Am 15. April 1980 ging bei der Beklagten die Bescheinigung der praktischen Ärztin Dr. Sch vom 8. April 1980 ein, wonach die Klägerin ab 8. April bis voraussichtlich 20. April 1980 arbeitsunfähig erkrankt sei. Die Klägerin erhielt für diese Zeit von ihrer Krankenkasse Krankengeld. Die Beklagte veranlaßte daraufhin die Einstellung der Zahlungen von Alg ab 8. April 1980 und hob durch Bescheid vom 17. April 1980 unter Hinweis auf §§ 151, 118 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die der bisherigen Zahlung zugrunde liegende Bewilligung mit dem ersten Tage mit Anspruch auf Krankengeld auf.
Mit Wirkung vom 21. April 1980 an beantragte die Klägerin unter Verwendung eines Vordrucks "Antrag auf Wiederbewilligung" die Weiterzahlung von Alg. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 13. Mai 1980; Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 1980).
Durch Urteil vom 27. März 1981 hat hat Sozialgericht (SG) den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 21. April 1980 Alg für die restliche, zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbrauchten Tage in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 18. September 1981). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Die Berufung der Beklagten sei zulässig, da es um den Anspruch der Klägerin auf Alg für noch nicht verbrauchte 93 Tage gehe. Dieser Anspruch stehe der Klägerin jedoch nicht mehr zu. Nach Erteilung des Bescheides der Beklagten vom 17. April 1980 sei ein Wiederbewilligungsantrag der Klägerin iS von § 151 Abs 2 AFG erforderlich gewesen. Nach dieser Vorschrift dürfe die durch eine vorherige Entscheidung ganz aufgehobene Leistung von neuem nur gewährt werden, wenn sie erneut beantragt ist. Entgegen der Auffassung des SG und der Klägerin habe es sich bei dem Bescheid vom 17. April 1980 nicht um eine nur teilweise (befristete) Aufhebung des Alg-Anspruchs mit Wirkung ab 8. April 1980 gehandelt, sondern vielmehr um eine Aufhebung der Alg-Bewilligung insgesamt mit Wirkung mit dem ersten Tage mit Anspruch auf Krankengeld. Dieser Aufhebungsbescheid sei bindend geworden. Im übrigen entspreche das Vorgehen der Beklagten der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Der danach erforderliche neue Antrag auf Alg (§ 151 Abs 2 AFG) habe keine erneute Bewilligung des restlichen Alg-Anspruchs mehr auslösen können, da dieser nach der Regelung in § 125 Abs 2 AFG verfallen sei. Nach dieser Vorschrift könne der Anspruch auf Alg dann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung drei Jahre verstrichen sind. Diese Frist beginne mit dem Tage nach der Arbeitslosmeldung, an dem alle sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch vorliegen, mithin am 6. Oktober 1976, und sei am 5. Oktober 1979 abgelaufen. Zwar sei die Arbeitslosmeldung und Antragstellung der Klägerin vom 1. Oktober 1979 noch innerhalb dieses Drei-Jahres-Zeitraums erfolgt, so daß die Beklagte mit Bescheid vom 9. Oktober 1979 zutreffend Alg ab 1. Oktober 1979 für die damals noch nicht verbrauchte Anspruchszeit bewilligen konnte. Am 21. April 1980 sei dies jedoch nicht mehr möglich gewesen. Die Ausschlußfrist des § 125 Abs 2 AFG sei auch dann anzuwenden, wenn sich daraus im Einzelfalle Härten ergäben. Der § 125 Abs 2 AFG lasse keine Ausnahmen zu. Die seit 1. Januar 1981 geltende Regelung in § 105b AFG, wonach der Arbeitslose den Anspruch auf Alg für die Zeit der durch Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nicht verliere, finde im Falle der Klägerin keine Anwendung.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von §§ 118, 151 AFG. Zur Begründung trägt sie vor: Aus der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigung habe sich zweifelsfrei ergeben, daß die Klägerin nur kurzfristig krank sein werde. Damit habe nur für diesen Zeitraum der Anspruch auf Alg ruhen können. Die Beklagte hätte deshalb nicht ohne weitere Ermittlungen die Alg- Bewilligung über den Zeitpunkt der Beendigung der Erkrankung hinaus entziehen dürfen.
Aus dem Bescheid vom 17. April 1980 sei für die Klägerin im übrigen nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu erkennen gewesen, daß es sich um eine endgültige Aufhebung handele. Die Klägerin habe vielmehr davon ausgehen dürfen, daß es sich nur um eine befristete Aufhebung für den tatsächlichen Ruhenszeitraum gehandelt habe.
Im übrigen habe die Klägerin den Bescheid vom 17. April 1980 wirksam angefochten. Sie habe mit ihrem Antrag vom 21. April 1980 die Wiederbewilligung bzw Weiterzahlung des Alg begehrt, nachdem die ärztlich bescheinigte Krankheitszeit abgelaufen gewesen sei. In diesem Antrag sei zugleich der Widerspruch gegen die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung vom 17. April 1980 zu sehen, soweit er eine vollständige Bewilligungsaufhebung enthalten sollte.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: In dem Bescheid vom 17. April 1980 sei die frühere Alg-Bewilligung vollständig aufgehoben worden. Die Beklagte sei hierzu gemäß der damals noch gültigen Vorschrift des § 151 Abs 1 AFG berechtigt gewesen, da nach der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigung über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit das Ende der Erkrankung und damit des Ruhenszeitraums noch nicht endgültig festgestanden habe. Im übrigen entspreche ihr Vorgehen der Rechtsprechung des BSG. Ob und inwieweit die Klägerin während der Erkrankung an der vom Arbeitsamt geförderten Teilzeitmaßnahme teilgenommen habe, sei ohne Bedeutung. Die von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen gegen die Eindeutigkeit des Aufhebungsbescheides seien nicht begründet; insbesondere sei dieser bindend geworden. In dem Wiederbewilligungsantrag vom 18. April 1980 könne ein Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid nicht gesehen werden.
Beide Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß über die Revision der Klägerin durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das LSG die auf Gewährung von Alg ab 21. April 1980 gerichtete Klage abgewiesen. Bei dem geltend gemachten Anspruch handelte es sich um den Rest eines zunächst für 312 Tage bewilligten Alg-Anspruchs, der aufgrund der Arbeitslosmeldung und Antragstellung der Klägerin vom 5. Oktober 1976 entstanden und infolge der vom LSG festgestellten Unterbrechungen im Leistungsbezug bis zum 20. April 1980 bis auf 93 Tage noch nicht ausgeschöpft war. Eine neue Anwartschaft auf Alg iS von § 104 AFG hatte die Klägerin am 21. April 1980 nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG nicht erworben.
Dem Recht der Klägerin, Erfüllung jenes Restanspruchs ab 21. April 1980 zu verlangen, steht die Verfallsregelung des § 125 Abs 2 AFG entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Anspruch auf Alg nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung drei Jahre verstrichen sind. Der Anspruch der Klägerin war am 5. Oktober 1976 entstanden, denn die Klägerin erfüllte an diesem Tage alle Anspruchsvoraussetzungen iS von § 100 Abs 1 AFG. Daß dieser Anspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit nach § 119 AFG zunächst bis zum 28. Oktober 1976 geruht hat (§ 119 Abs 1 Satz 3 AFG), ändert am Zeitpunkt seiner Entstehung iSd § 125 Abs 2 AFG nichts. Im übrigen bewirkte die Sperrzeit nicht eine Verkürzung des zustehenden Alg-Anspruchs, da die eine solche Wirkung anordnende Bestimmung des § 110 Abs 1 Nr 2 AFG idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) nach seinem Artikel 6 Nr 1 erstmals für Sperrzeiten anzuwenden ist, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 1978 (Artikel 8) eingetreten sind.
Als Folge der Entstehung des Alg-Anspruchs der Klägerin am 5. Oktober 1976 ergibt sich aus § 125 Abs 2 AFG, daß sie diesen Anspruch oder verbliebene Teile desselben nur bis zum Ablauf des 5. Oktober 1979 geltend machen konnte; denn § 125 Abs 2 AFG hat die Bestimmung einer Ausschlußfrist zum Inhalt, die ohne Hemmungs- oder Unterbrechungsmöglichkeiten kalendermäßig abläuft (vgl Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm z AFG, 1. ErgLfg, RdNr 3 zu § 125; Hennig-Kühl-Heuer, Komm z AFG, 19. ErgLfg, Anm 4, 5 zu § 125; Eckert in Gemeinschaftskomm z AFG -GK-AFG-, 30. ErgLfg, RdNr 6 zu § 125; Krebs, Komm z AFG, 5. ErgLfg, RdNrn 5, 6 zu § 125). Beginn und Ende richten sich nach den allgemeinen Regelungen für Fristen in §§ 187 Abs 1, 188 Abs 2, 193 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- (vgl dazu jetzt auch Artikel I § 26 Sozialgesetzbuch -Verwaltungsverfahren- vom 18. August 1980 - BGBl I 1469 - SGB 10 -).
Der § 125 Abs 2 AFG geht auf die inhaltsgleiche Bestimmung in § 87 Abs 6 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) idF vom 3. April 1957 (BGBl I 321, 706) zurück (vgl Begründung zu § 121 im Entwurf eines AFG, BT-Drucks V/2291 - S 84 -). Jene Vorschrift wiederum beruht auf der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA), wonach der Arbeitslose den Rest der Arbeitslosenunterstützung nicht mehr beanspruchen kann, wenn er sich erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Arbeitslosmeldung, die die Arbeitslosenunterstützung in Lauf gesetzt hat, erneut arbeitslos meldet (Grundsätzliche Entscheidung -GE- Nr 3843, AN 1930 IV S 392). Das RVA hat diesen Rechtssatz aus dem Zusammenhang der Vorschriften über die Arbeitslosenunterstützung entwickelt und auch bereits hervorgehoben, daß es sich hierbei um eine Ausschlußfrist handelt (vgl GE Nr 4778, AN 1934 IV S 200). Es hat hinsichtlich der Dauer der Verfallfrist an die jeweilige Rahmenfrist für den Erwerb der Anwartschaft auf Unterstützung angeknüpft und diese dementsprechend auch ggfs über drei Jahre hinausgehend erachtet (vgl GE Nr 5288, AN 1939 IV S 209). Der erkennende Senat hat diese Rechtsprechung schon zu einer Zeit fortgeführt, als die Regelung des § 87 Abs 6 AVAVG noch nicht in Kraft war (vgl BSGE 9, 7, 10 ff; zum Inhalt des § 87 Abs 6 AVAVG vgl auch Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Komm z AVAVG, RdNr 13 zu § 87). Sie findet nunmehr ihren Ausdruck in § 125 Abs 2 AFG.
Mit ihrer Antragstellung vom 1. Oktober 1979 hatte die Klägerin die für ihren am 5. Oktober 1976 entstandenen Alg-Anspruch geltende Verfallfrist nach § 125 Abs 2 AFG gewahrt. Sie hatte auch zu diesem Zeitpunkt eine neue Anwartschaft nicht erworben. Die Beklagte hatte ihr deshalb zutreffend daraufhin Alg im Umfang der bis dahin noch nicht verbrauchten Restdauer aus dem am 5. Oktober 1976 entstandenen Anspruch bewilligt. Die Regelung des § 125 Abs 2 AFG bedeutet nämlich nicht eine absolute zeitliche Grenze für das Zustehen eines erworbenen Alg-Anspruchs überhaupt. Vielmehr bestimmt die Vorschrift die Frist, innerhalb der spätestens der Anspruch auf die laufende Auszahlung des zustehenden Anspruchs geltend zu machen ist, um dieses Recht nicht zu verlieren. Ist aber die Geltendmachung rechtzeitig erfolgt, steht dem Arbeitslosen die laufende Leistung auch über das Fristende hinaus zu (ebenso aaO, Schönefelder/Kranz/Wanka; Hennig-Kühl-Heuer; GK-AFG).
Dies gilt allerdings nach Ablauf der Frist des § 125 Abs 2 AFG nur so lange, als nicht für den Anspruch auf fortlaufenden Leistungsbezug ein rechtliches Hindernis entsteht, welches ihn "unterbricht", jedenfalls dann, wenn nach Wegfall dieses Hindernisses für die (erneute) Aufnahme der Alg-Zahlung ein Handeln der Arbeitslosen erforderlich ist. Das RVA (aaO) und das BSG (aaO) haben einen solchen Fall ohne weiteres angenommen, wenn der Arbeitslose den Leistungsbezug durch zwischenzeitliche Arbeitsaufnahme (ohne neuen Anwartschaftserwerb) unterbrochen und sich erst nach Ablauf der bezeichneten Verfallfrist erneut arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt hat. Diese Rechtsfolge entspricht der Rechtsprechung des Senats, daß ein laufender Leistungsfall der Arbeitslosenversicherung durch Arbeitsaufnahme beendet wird, so daß bei danach wieder eintretender Arbeitslosigkeit nur ein neuer Leistungsfall entstehen kann, der erneut die Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen voraussetzt, damit auch die Geltendmachung des Anspruchs in Form einer neuen Arbeitslosmeldung und Antragstellung (BSGE 44, 164, 173 = SozR 4100 § 134 Nr 3). Für die Anwendung des § 125 Abs 2 AFG ist im Ergebnis die Unterbrechung des Leistungsbezugs als Folge des Ruhens des Anspruchs wegen Zuerkennung von Krankengeld gem § 118 Abs 1 Nr 2 AFG nicht anders zu beurteilen.
Nach § 118 Abs 1 Nr 2 AFG ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ua ein Anspruch auf Krankengeld zuerkannt ist. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war der Klägerin ein solcher Anspruch für die Zeit vom 8. bis 20. April 1980 zuerkannt; sie hat für diese Zeit von ihrer Krankenkasse Krankengeld erhalten. Infolgedessen ruhte der ihr bis dahin fortlaufend zugestandene Alg-Anspruch ab 8. April 1980. Grundsätzlich bedeutet das Ruhen eines Alg-Anspruchs zwar nur, daß der Arbeitslose in dieser Zeit nicht die Auszahlung der Leistung verlangen kann, während sein "Stammrecht", der Alg- Anspruch dem Grunde nach, unberührt bleibt (vgl BSGE 14, 278, 283; Urteil vom 3. Juni 1975 - 7 RAr 10/73 -). Der Anspruch auf Auszahlung von Alg lebt deshalb nach Wegfall des Ruhenstatbestandes wieder auf, ohne daß es dafür einer erneuten förmlichen Antragstellung und Arbeitslosenmeldung iS von § 100 Abs 1 AFG bedarf (BSGE 21, 286; Urteil vom 3. Juni 1975 - 7 RAr 10/73 -). Nach der Rechtsprechung des Senats, der das Schrifttum nahezu einhellig gefolgt ist, rechtfertigt jedoch das Ruhen des Anspruchs die vollständige Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach § 151 Abs 1 AFG in der vor Inkrafttreten des SGB 10 geltenden Fassung (vgl BSGE 46, 20, 22 = SozR 4100 § 117 Nr 2 mwN). Nach Auffassung des Senats fehlt es auch in einem solchen Falle an den Voraussetzungen für die Leistung iS des § 151 Abs 1 AFG. Hat die Beklagte von ihrem Aufhebungsrecht Gebrauch gemacht, ist für das Entstehen eines neuen Leistungsanspruchs ein neuer - rechtsgestaltender - Antrag erforderlich (§ 151 Abs 2 AFG; vgl dazu BSGE 42, 199, 201 = SozR 4100 § 151 Nr 5). Bei einer solchen Sachlage ist offenbar, daß damit ein zuvor auch förmlich als untergegangen bestätigter Anspruch neu geltend gemacht wird, der Wirksamkeit eines solchen Antrages im Sinne der Begründung eines (erneuten) Anspruchs auf Alg jedoch die Regelung des § 125 Abs 2 AFG entgegensteht, wenn dessen Verfallfrist inzwischen abgelaufen ist. Die Bestimmung, daß der Anspruch "nicht mehr geltend gemacht werden" kann, bedeutet, daß die gesamte Anspruchsberechtigung, die gesamte rechtliche Grundlage untergegangen ist, derzufolge der Arbeitnehmer durch Arbeitslosigkeit einen Anspruch erwerben kann (vgl BSGE 47, 101, 102 = SozR 4100 § 119 Nr 5; ebenso schon RVA GE 3843 aaO). Der Rechtsanspruch als solcher, das Stammrecht, ist untergegangen (RVA GE 5288 aaO), die in der Frist nicht abgehobene Leistung ist verfallen (GE 4778 aaO).
Im vorliegenden Falle wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des LSG, daß ein bindender Aufhebungsbescheid der Beklagten mit diesem Inhalt vorliegt. Sie meint, die Beklagte habe die Bewilligung vom 9. Oktober 1979 in dem Bescheid vom 17. April 1980 lediglich für die Dauer ihrer Erkrankung aufheben können, jedenfalls habe sie - die Klägerin - eine weitergehende Aufhebung durch ihren Wiederbewilligungsantrag vom 21. April 1980 wirksam angefochten. Indessen bedarf es keiner Entscheidung, ob der Klägerin in diesen rechtlichen Erwägungen zu folgen ist; denn selbst wenn die Beklagte die Bewilligung vom 9. Oktober 1979 nicht oder nicht wirksam völlig aufgehoben haben sollte, ergäbe sich aus dem Ruhen des Anspruchs wegen der Zuerkennung von Krankengeld iS von § 118 Abs 1 Nr 2 AFG eine Wirkung, die eine Geltendmachung iS von § 125 Abs 2 AFG nach Ablauf des Ruhenszeitraumes erforderlich machte, deren Wirksamkeit folglich ebenfalls von der Begrenzung des Rechts in § 125 Abs 2 AFG abhängt. Dies folgt aus rechtlichen wie aus tatsächlichen Gründen.
Es ist zwar richtig, wie schon dargestellt wurde, daß das Ruhen eines Alg-Anspruchs auch nach § 118 Abs 1 Nr 2 AFG den Bestand des Anspruchs dem Grunde nach zunächst unberührt läßt und für sich gesehen lediglich die Pflicht und das Recht zur Auszahlung der laufenden Geldleistung hieraus negativ betrifft. Das bedeutet jedoch nicht, daß ein ruhender Anspruch von den vom Gesetz allgemeinen vorgesehenen Beschränkungen ausgeschlossen ist. So hat der Senat bereits entschieden, daß auch der ruhende Anspruch gem § 125 Abs 1 AFG erlischt, wenn zugunsten des Anspruchsinhabers ein neuer Alg-Anspruch entstanden ist, und zwar unabhängig davon, ob die Beklagte von ihrem Recht nach § 151 Abs 1 AFG Gebrauch gemacht hat, einen früheren Bewilligungsbescheid aufzuheben (BSG vom 14. August 1980 - 7 RAr 88/79 -). In dieser Entscheidung wurde ferner ausgeführt, daß ein bislang ruhender Anspruch nicht mehr geltend gemacht gemacht werden kann, wenn seit seiner (erstmaligen) Entstehung drei Jahre verstrichen sind (§ 125 Abs 2 AFG). Der Senat hält an diesem Grundsatz auch für den vorliegenden Fall fest.
Nach dem Grundgedanken des § 125 Abs 2 AFG unterliegt der einmal erworbene Anspruch auf Alg einer bestimmten zeitlichen Beschränkung. Diese grundsätzlich vorgesehene Beschränkung kann durch gesetzliche Ruhensregelungen nicht für eine unvorhersehbare und ggfs sehr lange Zeit hinausgeschoben werden. So bliebe zB demjenigen Arbeitslosen, der nach Erwerb eines Alg-Anspruchs eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt erhält (§ 118 Abs 1 Nr 3 AFG), der Anspruch auf das noch nicht verbrauchte Alg unter Umständen auf viele Jahre über den von § 125 Abs 2 AFG bestimmten Zeitraum hinaus erhalten, wenn die Rechtswirkungen dieser Vorschrift während des Ruhens des Anspruchs auf Alg nicht eintreten könnten. Der § 125 Abs 2 AFG würde in diesen Fällen seines Sinnes entkleidet sein. Es erscheint nicht angängig, die Anwendbarkeit des § 125 Abs 2 AFG in solchen Fällen davon abhängig zu machen, ob die Beklagte von ihrem Aufhebungsrecht nach § 151 Abs 1 AFG Gebrauch gemacht hat oder nicht; denn dies liefe darauf hinaus, daß der Verfall des Rechtsanspruchs nicht von der Regelung des § 125 Abs 2 AFG abhinge, sondern von einem bestimmten Verhalten der Beklagten, welches erst die Wirkung dieser Vorschrift auslöste. Andererseits liegt es auf der Hand, daß die Einwirkung der Verfallfrist des § 125 Abs 2 AFG auf einen ruhenden Anspruch nicht danach unterschieden werden kann, wie lange im Einzelfalle ein Ruhenstatbestand angedauert hat. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht übersehen werden, daß der Eintritt des Ruhens bei Zuerkennung eines Krankengeldanspruchs gem § 118 Abs 1 Nr 2 AFG mit der Aktivierung eines Versicherungsverhältnisses zu einem anderen Sozialversicherungsträger einhergeht. Zuständig für die Gewährung der Lohnausfallvergütung in diesem Zeitraum ist die Krankenkasse (§ 155 AFG). Will der Begriff des Ruhens des Alg-Anspruchs in dieser Zeit als äußere Wirkung den Bezug von Doppelleistungen vermeiden, wirkt sich dies trotz der Aufrechterhaltung des Stammrechts auf den Alg-Anspruch im Innenverhältnis zur Arbeitslosenversicherung gleichwohl dahin aus, daß dieses Versicherungsverhältnis auf der Leistungsseite eine Unterbrechung erfährt, die zu ihrer faktischen Beendigung ein Tätigwerden des Arbeitslosen voraussetzt. Dieses kann dann aber nur als die faktische Geltendmachung des Zahlungsanspruchs aufgrund eines bestehenden Stammrechts iS des § 125 Abs 2 AFG gewertet werden.
Der § 125 Abs 2 AFG erfaßt demnach nicht nur diejenigen Sachverhalte, in denen die (erneute) Geltendmachung des Anspruchs in Gestalt eines förmlichen Antrags iS des § 100 Abs 1 AFG zu erfolgen hat (zB weil die Arbeitslosigkeit durch zwischenzeitliche Beschäftigung ohne neuen Anwartschaftserwerb unterbrochen war oder weil die Beklagte die frühere Bewilligungsentscheidung aufgehoben hatte), sondern auch jene, in denen ein laufender Leistungsbezug durch einen Ruhenstatbestand unterbrochen wird, wenn nach dessen Ende festgestellt werden muß, daß die Frist des § 125 Abs 2 AFG abgelaufen ist. Der weiteren Erfüllung des noch nicht ausgeschöpften Alg-Anspruchs steht auch dann die Erlöschenswirkung des § 125 Abs 2 AFG entgegen.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Ruhen des Anspruchs nicht von vornherein für einen kalendermäßig genau feststehenden Zeitraum eintritt, nach dessen Ende die Fortzahlungen der Leistung ohne jedes Zutun des Arbeitslosen - gleichsam automatisch - erfolgt, wie es zB in Fällen des § 119 Abs 1 Nrn 2 - 4 AFG der Fall sein kann. Über die Auswirkung eines solchen Ruhenstatbestandes auf den Fristablauf nach § 125 Abs 2 AFG entscheidet der Senat hier nicht. Läßt sich hingegen der Ruhenszeitraum von Anfang an nicht exakt festlegen, wie in Fällen des Bezuges von Krankengeld oder von Renten (§ 118 Abs 1 Nrn 2 - 4 AFG), handelt es sich um Unterbrechungen im Leistungsbezug, die im Sinne des § 125 Abs 2 AFG nach dem Zweck der Vorschrift wie Unterbrechungen durch Zwischenbeschäftigungen zu werten sind. Auch wenn der Arbeitslose wegen des fortbestandenen Stammrechts nach dem Ende des Ruhenszeitraumes keinen (neuen) förmlichen Antrag iS des § 100 Abs 1 AFG zu stellen braucht, wenn die Beklagte die Bewilligungsentscheidung nicht aufgehoben hatte, muß er doch rein tatsächlich dem zuständigen Arbeitsamt zur Kenntnis bringen, daß der das Ruhen des Anspruchs auslösende Sachverhalt weggefallen ist und er nun wiederum Leistungen vom Arbeitsamt erhalten möchte. Er muß damit seinen bestehenden Anspruch im tatsächlichen Sinne dieses Wortes bei der Beklagten geltend machen; vorher kann und braucht die Beklagte nicht tätig zu werden.
Damit unterfällt diese den Zahlungsanspruch erst erneut auslösende notwendige Mitwirkung des Arbeitslosen (vgl dazu auch die Grundsätze in §§ 60, 66 SGB Allgemeiner Teil - BGBl I 3015 -) an diesem Vorgang nicht nur dem Wortlaut des § 125 Abs 2 AFG, sondern entspricht auch seinem Sinn und Zweck, Unterbrechungen im Leistungsbezug für den Bestand des einmal erworbenen Anspruchs grundsätzlich nur so lange ohne Auswirkungen zu lassen, als sie innerhalb der Verfallfrist liegen. Räumt das Gesetz dem Bestand des Anspruchs schon einen zeitlichen Rahmen ein, der sich im Einzelfalle bis auf nahezu vier Jahre erstrecken kann, so ist er für die Zeit nach Ablauf des dritten Jahres seit seiner Entstehung mit dem Risiko des Wegfalls behaftet, wenn eine die ausschließend erneute Beanspruchung, dh Geltendmachung der Leistung notwendig machende Unterbrechung eintritt.
Daß eine solche Frage dem unverschuldet und ggfs nur für kurze Zeit erkrankten Arbeitslosen als Härte erscheinen mag, verkennt der Senat nicht. Sie unterscheidet sich aber in dieser Auswirkung nicht von dem Nachteil gegenüber jenem Arbeitslosen, der bereits nach einer kurzen, die Arbeitslosigkeit beendenden Beschäftigung unverschuldet erneut arbeitslos wird, wenn zu diesem Zeitpunkt die Verfallfrist des § 125 Abs 2 AFG abgelaufen ist. Für diesen steht der Verlust des Anspruchs gem § 125 Abs 2 AFG außer Frage; er muß die dadurch eintretende Härte hinnehmen (so schon GE 4778 aaO). Allein deswegen einen Unterschied in der Anwendung des § 125 Abs 2 AFG zu erblicken, weil hier für die Leistungsfortzahlung ein förmlicher (neuer) Antrag erforderlich ist, dort nur das tatsächliche Geltendmachen des rechtlich schon bestehenden Zahlungsanspruchs, hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Kürzere Zeiten der Erkrankung (bis zu sechs Wochen) werden im übrigen nach der Regelung in § 105b Abs 1 AFG idF des SGB 10 künftig nicht mehr zu derartigen Unterbrechungen im Leistungsbezug führen. Zugunsten der Klägerin kann sich diese Vorschrift allerdings noch nicht auswirken, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, da sie erst in Fällen anzuwenden ist, in denen der Arbeitslose nach dem 31. Dezember 1980 arbeitsunfähig geworden ist (§ 105b Abs 3 AFG).
Nach allem kann die Revision der Klägerin keinen Erfolg haben, sie ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1658327 |
BSGE, 212 |
Breith. 1983, 828 |