Beteiligte
1. IKK-Landesverband Niedersachsen |
2. AOK – Die Gesundheitskasse für Niedersachsen |
3. BKK Landesverband Niedersachsen |
5. Hannoversche landwirtschaftliche Krankenkasse |
Landesschiedsamt Niedersachsen für die vertragszahnärztliche Versorgung |
1. Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen |
Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales |
Tenor
Auf die Revisionen der Kläger zu 1. bis 5. wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hannover vom 27. Januar 1999 festgestellt, daß der Schiedsspruch des Beklagten vom 27. Juni 1997 rechtswidrig gewesen ist. Die weitergehende Revision der Klägerin zu 5. wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit einer Schiedsamtsentscheidung.
Die Gesamtvertragspartner im vertragszahnärztlichen Bereich des Landes Niedersachsen konnten sich über die Höhe der Gesamtvergütung des Jahres 1996 nicht einigen. Daraufhin setzte das beklagte Landesschiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung auf Antrag der klagenden Primärkassen bzw Primärkassenverbände (Kläger zu 1. bis 5.) die Gesamtvergütung mit Schiedsspruch vom 27. Juni 1997 fest. Danach sollte der Punktwert für vertragszahnärztliche Leistungen der Gebührentarife 1, 2 und 4 des Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) gegenüber dem Jahr 1995 um 1 % erhöht werden und ab 1. Januar 1996 1,5448 DM betragen. Der Punktwert für vertragszahnärztliche Leistungen der Gebührentarife 3 und 5 Bema-Z (kieferorthopädische Behandlung und Zahnersatz) sollte unverändert bleiben und weiterhin 1,3575 DM betragen.
Der Beklagte begründete seine Entscheidung damit, nach Auslaufen der Phase der strikten Bindung des Anstiegs der Gesamtvergütungen an die festgesetzte Steigerung der Grundlohnsumme zum 31. Dezember 1995 sei ab dem 1. Januar 1996 die Bemessung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen rechtlich wieder zulässig. Dem Gesichtspunkt der Beitragssatzstabilität komme entgegen der Rechtsauffassung der Kläger keine vorrangige, sondern eine gleichrangige Bedeutung neben den anderen im Gesetz genannten Faktoren wie Art und Umfang der vertragszahnärztlichen Leistungen, der vom Vertragszahnarzt aufzuwendenden Arbeitszeit, den Praxiskosten und der Angemessenheit der vertragszahnärztlichen Vergütung zu. Der Beklagte ging davon aus, die Praxiskosten seien 1996 im sächlichen und persönlichen Bereich um 3 % gestiegen, während die allgemeine Lohn- und Gehaltsentwicklung mit einem Anstieg von 1,5 % zu veranschlagen sei. Er erwähnte die Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen für 1996, wonach die zahnärztlichen Gesamtvergütungen im Rahmen der Entwicklung der Einnahmen der Krankenkassen zu erhöhen seien, und legte eine maximale Steigerung der Grundlohnsumme von 1,1 % zugrunde. Er veranschlagte Mengensteigerungen von ca 3,3 % bei Leistungen nach den Gebührentarifen 1, 2 und 4 Bema-Z und von deutlich mehr als 3,3 % nach den Gebührentarifen 3 und 5. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei in den Tarifbereichen 1, 2 und 4 Bema-Z (konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen des Gesichtsschädels, systematische Behandlung von Parodontopathien) eine Punktwerterhöhung von 1 % gerechtfertigt. In den Tarifbereichen 3 und 5 (kieferorthopädische Leistungen, Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen) komme eine Punktwertsteigerung hingegen nicht in Betracht.
Das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales des zu 2. beigeladen Landes beanstandete als Aufsichtsbehörde den Schiedsspruchs gemäß § 89 Abs 5 iVm § 71 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit Bescheid vom 24. November 1997. Diese Entscheidung wiederum haben die hier zu 1. beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) und das hier beklagte Landesschiedsamt im Klagewege angefochten. Das Sozialgericht Hannover (SG) hat die Aufsichtsverfügung mit Urteil vom 27. Januar 1999 aufgehoben. Über die dagegen anhängig gemachten Sprungrevisionen des Schiedsamtes und des hier zu 2. beigeladenen Landes hat der Senat ebenfalls am 10. Mai 2000 im Verfahren B 6 KA 20/99 R durch Urteil entschieden.
Mit ihren Klagen haben die Kläger in Übereinstimmung mit der Beanstandungsverfügung des zu 2. beigeladenen Landes geltend gemacht, der angefochtene Schiedsspruch beruhe auf einer Verkennung der Bedeutung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Die Entwicklung der Leistungsausgaben müsse in allen Leistungsbereichen der vertragszahnärztlichen Versorgung der Entwicklung der Einnahmen aller Krankenkassen entsprechen. Die von der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen für 1996 prognostizierte Grundlohnsummensteigerung im ganzen Bundesgebiet von 1,1 % sei in Niedersachsen nicht erreicht worden. Die 1996 tatsächlich eingetretene Mengensteigerung bei den vertragszahnärztlichen Leistungen um 5 % hätte der Beklagte bei seiner erst 1997 ergangenen Entscheidung berücksichtigen können und müssen. Für sich genommen bewege sich die Anhebung der Punktwerte in den Tarifbereichen 1, 2 und 4 Bema-Z noch im Rahmen der Steigerung der Grundlohnsumme, doch sei die Mengenentwicklung vollständig freigegeben worden. Dies führe zu Mehrausgaben von 3,3 % je Mitglied bei der AOK und von annähernd 7 % bei den Innungs- und Betriebskrankenkassen. Da die Mehrausgaben nicht durch Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden könnten, drohten Beitragssatzsteigerungen im Rahmen von 0,1 %.
Das SG hat den Schiedsspruch des Beklagten mit Urteil vom 27. Januar 1999 aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Antrag der Kläger auf Festsetzung der Gesamtvergütung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Schiedsamtsentscheidung weiche entgegen § 86 Abs 2 SGB V von den Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen für das Jahr 1996 ab, ohne dies in einer den Anforderungen des § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entsprechenden Weise zu begründen. Die Entscheidung des Beklagten führe vor allem im Hinblick auf die prognostizierte Mengenentwicklung zu einer Ausgabensteigerung der Krankenkassen um ca 5 % für Leistungen in den Tarifbereichen 1, 2 und 4 Bema-Z sowie – im einzelnen umstritten – zwischen 7,6 % und 15 % bei kieferorthopädischen und prothetischen Leistungen. Eine hinreichende Begründung für diese deutliche Abweichung von den Empfehlungen der Konzertierten Aktion sei der Entscheidung nicht zu entnehmen. Im Rahmen der Neubescheidung habe der Beklagte zu beachten, daß die legislativen Zielsetzungen der Beitragssatzstabilität und der Gewährleistung der (zahn)medizinisch notwendigen Versorgung gleichwertig nebeneinander stünden. Ein Vorrang der Beitragssatzstabilität vor allen anderen für die Bemessung der Gesamtvergütung maßgeblichen Faktoren bestehe entgegen der Auffassung der Kläger nicht.
Mit ihren Sprungrevisionen rügen die klagenden Krankenkassen bzw Krankenkassenverbände eine Verletzung der § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V und § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V. Sie wenden sich allein gegen die Rechtsauffassung des SG, die den Bescheidungstenor trage und die das beklagte Landesschiedsamt bei seiner neuen Entscheidung zu beachten habe. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, daß die „notwendige medizinische Versorgung” iS des § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V mit der „Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung” iS des § 72 Abs 2 SGB V identisch sei. Infolgedessen lege das SG § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V falsch aus. Regelungsgegenstand des § 72 Abs 2 SGB V sei die vertragsärztliche Versorgung und nicht die „notwendige medizinische Versorgung” iS des § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V. Diese Vorschrift schränke den Begriff der Notwendigkeit nochmals ein durch das vorherige „Ausschöpfen von Wirtschaftlichkeitsreserven”. § 72 Abs 2 SGB V regele daher bereits vom Wortlaut her einen anderen Gegenstand als § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V, nämlich die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch die Selbstverwaltung und nicht die Empfehlungen der Konzertierten Aktion zur Veränderung der Gesamtvergütungen, welche Beitragssatzerhöhungen zu vermeiden hätten. Die in § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V genannten Faktoren für die Veränderung der Gesamtvergütung dürften nicht zu deren Erhöhung führen, wenn diese nur um den Preis von Beitragssatzanhebungen verwirklicht werden könne. Der Gesetzgeber habe die staatliche Kontrolle der Gesamtvertragsparteien und der Landesschiedsämter bei Vergütungsvereinbarungen ausdrücklich damit begründet, die Aufsichtsbehörden sollten die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in den Vergütungsverträgen gewährleisten können. Damit sei die bereits im Gesundheits-Reformgesetz (GRG) angelegte Verantwortlichkeit aller Beteiligten für die Einhaltung der Grundsätze der Beitragssatzstabilität, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung nochmals verstärkt worden. Im übrigen habe das SG nicht hinreichend gewürdigt, daß Beitragssatzerhöhungen durch die Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven vermieden werden könnten.
Nachdem der Senat im Verfahren B 6 KA 20/99 R sein Urteil verkündet hatte, wonach die aufsichtsrechtliche Beanstandung des Schiedsspruchs durch das Ministerium des zu 2. beigeladenen Landes rechtmäßig ist, haben die Beteiligten ihre Anträge dieser Lage angepaßt.
Die Kläger zu 1., 2., 3. und 4. beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Januar 1999 abzuändern und festzustellen, daß der Schiedsspruch des Beklagten vom 27. Juni 1997 rechtswidrig gewesen ist.
Die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Klägerin zu 5. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Januar 1999 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Antrag der Verbände der gesetzlichen Krankenkassen vom 29. Februar 1996 zur Festsetzung der Gesamtvergütung im Primärkassenbereich für das Jahr 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Streitpunkt zwischen den Parteien sei, ob dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität gegenüber den übrigen Bewertungskriterien bei der Festsetzung der Gesamtvergütung durch das Landesschiedsamt Vorrang einzuräumen sei. Dies habe er in dem angefochtenen Beschluß verneint und das SG sei dem gefolgt.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Revisionen der Kläger zu 1. bis 5. zurückzuweisen.
Sie bezweifelt die Spruchreife der Sache, weil auf der vom SG festgestellten Tatsachengrundlage, an die das Revisionsgericht nach § 161 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 163 SGG gebunden sei, nicht zu ihren Lasten entschieden werden könne. Die Feststellungen des SG seien verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil das Gericht ihrem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob der angefochtene Schiedsspruch zu Beitragssatzerhöhungen der klagenden Krankenkassen geführt habe, nicht nachgekommen sei. Der Tatbestand der Gefährdung der Beitragssatzstabilität durch Gesamtvergütungsvereinbarungen oder durch diese ersetzende Schiedssprüche könne nicht abstrakt, sondern nur im jeweiligen Einzelfall geklärt werden.
II
Die Revisionen der klagenden Krankenkassen bzw Kassenverbände sind zulässig und mit dem Feststellungsantrag auch begründet.
Zu Recht haben die Kläger zu 1. bis 4. ihr ursprüngliches Anfechtungsbegehren in der mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt. Nachdem der Senat im Verfahren B 6 KA 20/99 R entschieden hatte, daß die Aufsichtsbehörde den angefochtenen Schiedsspruch zu Recht beanstandet hat, beschwert dieser die Kläger nicht mehr iS des § 54 Abs 2 SGG. Von ihm können unmittelbare Wirkungen auf rechtlich geschützte Positionen der Kläger nicht mehr ausgehen, weil spätestens nach rechtskräftiger Abweisung von Klagen gegen eine Beanstandungsverfügung der beanstandete Schiedsspruch wirkungslos wird. Das auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichtete Anfechtungsbegehren wird damit gegenstandslos. Die Kläger zu 1. bis 4. haben diesem Umstand Rechnung getragen und beantragen auf der Grundlage des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG nunmehr nur noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs. Der Übergang von der Anfechtungs- auf die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig, weil die Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung haben. Die Beteiligten stimmen darin überein, daß die Frage, ob der Beklagte den Grundsatz der Beitragssatzstabilität zutreffend aufgefaßt und angewandt hat, für die nunmehr erforderliche neue Festsetzung der Gesamtvergütung für 1996 und auch für die Zeit danach von zentraler Bedeutung ist.
Soweit die in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Klägerin zu 5. an ihrem Anfechtungs- und Neubescheidungsantrag festgehalten hat, war ihre Revision zurückzuweisen.
Die ursprünglichen Bescheidungsanträge der Kläger waren zulässig. Zutreffend hat das SG die Kläger für berechtigt gehalten, den auf der Grundlage des § 89 Abs 1 SGB V ergangenen Beschluß des beklagten Landesschiedsamtes im Wege der Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 SGG anzugreifen, um einen neuen Schiedsspruch zu erreichen. Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages zwischen einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) und einer Krankenkasse durch das Schiedsamt einen Verwaltungsakt dar (vgl § 19 der Verordnung über die Schiedsämter für die kassenärztliche [kassenzahnärztliche] Versorgung), den die Partner des Gesamtvertrages zulässigerweise im Klagewege angreifen können, wenn sie substantiiert geltend machen und geltend machen können, der Schiedsspruch sei rechtswidrig (zuletzt BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 126 mwN auch zur früheren Rechtsprechung). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung haben die Kläger in der Vorinstanz nicht beantragt, den Beklagten zum Erlaß eines Schiedsspruchs mit einem bestimmten Inhalt zu verurteilen, sondern sich auf Bescheidungsanträge beschränkt. Diese Anträge waren begründet. Der Schiedsspruch des Beklagten vom 27. Juni 1997 ist rechtswidrig, weil er gegen den auch vom Landesschiedsamt zu beachtenden Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 Abs 1 iVm § 141 Abs 2 SGB V) verstößt.
Dem Schiedsamt kommt nach der Rechtsprechung des Senats bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages über die vertragszahnärztliche Vergütung gemäß § 89 Abs 1 SGB V ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Seine Vertragsgestaltungsfreiheit, die der aufsichtsrechtlichen und gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 131; BSGE 20, 74, 76 f = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 36, 151, 152 f = SozR Nr 7 zu § 368g RVO; BSGE 51, 58, 62 = SozR 2200 § 368h Nr 3). Die aufsichtsrechtliche und gerichtliche Kontrolle der Festsetzung von Vergütungsvereinbarungen durch das Schiedsamt ist dementsprechend auf die Prüfung beschränkt, ob der Entscheidung zutreffend ermittelte Tatsachen zugrunde gelegt worden sind, ob das Schiedsamt die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten und sein Gestaltungsermessen – soweit ihm ein solches zukommt – sachgerecht ausgeübt hat (vgl Düring, Das Schiedswesen in der gesetzlichen Krankenversicherung, 1992, S 149 f). Die Grenzen des Beurteilungsspielraums im dargestellten Sinne sind nicht eingehalten, wenn das Schiedsamt seiner Entscheidung eine bestimmte Gewichtung der maßgeblichen Kriterien für eine Vergütungsvereinbarung zugrunde legt, die mit dem Gesetz nicht in Einklang steht und sich hieraus Auswirkungen auf die Höhe der Veränderung der Gesamtvergütung ergeben können. Das ist hier der Fall gewesen.
Das beklagte Landesschiedsamt hat auf der Grundlage des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB V die Konditionen eines Gesamtvertrages über die Veränderungen der Gesamtvergütungen iS des § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V festgesetzt. Es hat seine Entscheidung über die Bemessung der Gesamtvergütung auf der Grundlage einer Einzelleistungsvergütung und einer Erhöhung der Punktwerte für die zahnärztlichen Leistungen nach den Gebührentarifen 1, 2 und 4 Bema-Z ausdrücklich darauf gestützt, daß er alle in § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V angesprochenen Kriterien, die für die Veränderung der Gesamtvergütung maßgeblich sind, sowie den in Satz 2 aaO angesprochenen Grundsatz der Beitragssatzstabilität gleichrangig zu berücksichtigen habe. Diese Auffassung steht im Widerspruch zu den einschlägigen gesetzlichen Regelungen.
Die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung, den Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten, findet sich in § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266). Danach haben die Vertragsparteien des Gesamtvertrages bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten. Der in der Vorschrift in bezug genommene Grundsatz der Beitragssatzstabilität war in § 71 SGB V in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des GRG (aF) nicht definiert. Vielmehr verwies § 71 Abs 1 SGB V aF insoweit auf § 141 Abs 2 SGB V. In dieser Bestimmung war bis zum 31. Dezember 1999 normiert, daß die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen Empfehlungen zu den einzelnen Versorgungsbereichen abzugeben hat, und zwar auch über die Veränderung der Vergütungen (§ 141 Abs 2 Satz 2 SGB V aF). Nach Satz 3 aaO sind in den Empfehlungen die inhaltlichen Vorgaben so zu gestalten, daß „Beitragssatzerhöhungen vermieden” werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch unter Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhung nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität). Ausgabensteigerungen aufgrund gesetzlich vorgeschriebener Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen verletzen nicht den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (Abs 2 Satz 4 aaO).
Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 Abs 1 SGB V aF iVm § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V aF) ist kein unverbindlicher „Programmsatz”, den die Partner des Gesamtvertrages bzw das Schiedsamt bei ihren Entscheidungen nur in irgendeiner, in ihr Belieben gestellten Form mit zu berücksichtigen haben. Er stellt vielmehr eine verbindliche gesetzliche Vorgabe für Vergütungsvereinbarungen dar, deren Beachtung grundsätzlich der Beanstandung durch die Aufsichtsbehörde und der gerichtlichen Nachprüfung zugänglich ist (vgl Hencke in Peters, Handbuch, aaO, § 71 RdNr 4a; Hinz in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Krankenversicherung, § 71 SGB V Anm 2; Klückmann in Hauck, SGB V, K § 71 RdNr 5). Das kommt besonders deutlich durch die Anfügung eines zweiten Absatzes in § 71 SGB V durch Art 1 Nr 29 GSG zum Ausdruck. Danach sind seit 1. Januar 1993 die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen ua nach §§ 83, 85 SGB V den Aufsichtsbehörden vorzulegen (§ 71 Abs 2 Satz 1 SGB V), die sie bei einem Rechtsverstoß beanstanden können (Satz 2 aaO). Die vorgeschriebene Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen von CDU/CSU, F.D.P. und SPD vom 5. November 1992 gerade dazu, die Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität in den Vergütungsverträgen abzusichern. Verletzen die Verträge geltendes Recht, können sie beanstandet werden (BT-Drucks 12/3608 S 83). Der einzige Tatbestand einer Rechtsverletzung durch Vergütungsvereinbarungen, den die Gesetzesbegründung ausdrücklich anspricht, ist die Nichtbeachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Dieses kann nur so verstanden werden, daß der Grundsatz eine verbindliche rechtliche Obergrenze darstellen und seine Einhaltung aufsichtsbehördlich und gerichtlich in vollem Umfang der Rechtskontrolle unterliegen soll.
Auch der Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften verdeutlicht den unterschiedlichen Grad der Verbindlichkeit der in ihnen geregelten Voraussetzungen. Wenn das Gesetz seit dem 1. Januar 1993 ausdrücklich unterscheidet zwischen bestimmten Kriterien, die bei der Veränderung der Gesamtvergütungen „zu berücksichtigen” sind (§ 72 Abs 2, § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V), und dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität, der „zu beachten” (§ 71 Abs 1, § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V) bzw für die Empfehlungen der Konzertierten Aktion zwingend (§ 141 Abs 2 Satz 3 SGB V) ist, kann nicht von einer Gleichrangigkeit der jeweiligen Tatbestandsmerkmale ausgegangen werden. Bereits die Verwendung des Verbs „beachten” bringt eine höhere Intensität der Gesetzesbindung zum Ausdruck als der Bedeutungsgehalt des Verbs „berücksichtigen” (so auch Orlowski in Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, SGB V, § 71 SGB V RdNr 7). Demgemäß hat der Senat den Begriff „beachten” im Zusammenhang mit der Großgeräteplanung des (inzwischen aufgehobenen) § 122 SGB V im Sinne von „als verbindlich zugrunde legen” definiert, während dem Verb „berücksichtigen” nur der Bedeutungsinhalt beigemessen worden ist, daß Gesichtspunkte in Betracht gezogen werden müssen und eine sachliche Auseinandersetzung mit ihnen zu erfolgen hat, aber nach pflichtgemäßer Abwägung davon abgewichen werden darf (so BSGE 70, 285, 296 = SozR 3-2500 § 122 Nr 3 S 15).
Für dieses Auslegungsergebnis eines Vorranges des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität spricht zudem die Rechtsentwicklung beim Übergang von der Reichsversicherungsordnung (RVO) zum SGB V. Nach § 368f Abs 2 RVO idF des Gesetzes über das Kassenarztrecht (GKAR) vom 17. August 1955 waren bei der Festsetzung des Kopfpauschales, nach dem sich die Höhe der Gesamtvergütung bestimmte, „die wirtschaftliche Lage der Krankenkassen” und die seit der letzten Festsetzung des Kopfpauschales eingetretene Veränderung der Grundlohnsumme angemessen zu berücksichtigen. Nach § 368g Abs 1 RVO idF des GKAR 1955 war die kassenärztliche Versorgung durch Verträge zwischen den KÄVen und den Krankenkassen so zu regeln, daß (ua) die ärztlichen Leistungen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen angemessen vergütet werden. Zu dem Tatbestandsmerkmal der „wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen” in § 368g Abs 1 RVO idF des GKAR 1955 hat der Senat mit Urteil vom 30. Oktober 1963 (BSGE 20, 73, 83 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO) entschieden, diese sei „mit dem gleichen Gewicht” wie die anderen Faktoren, etwa die Bewertung der (zahn)ärztlichen Leistung und die Lage der (Zahn)Ärzte, zu berücksichtigen. Die gesetzlichen Grundlagen für die Vereinbarungen über die Veränderung der Gesamtvergütung sind durch § 368f Abs 3 RVO in der ab 1. Juli 1977 geltenden Fassung des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) verändert worden. Danach hatten nunmehr die Vertragsparteien des Gesamtvertrags bei der Veränderung der Gesamtvergütungen die zu erwartende Entwicklung der durchschnittlichen Grundlohnsumme der beteiligten Krankenkassen, der Praxiskosten und der für die kassenärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie Art und Umfang der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsausweitung beruhten, zu berücksichtigen.
Mit der Kodifizierung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung im SGB V durch das GRG zum 1. Januar 1989 ist der Begriff „Beitragssatzstabilität” in den §§ 71, 86 und 141 SGB V in das Gesetz aufgenommen worden. Durch die Bestimmung des § 71 SGB V hat der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. vom 3. Mai 1988 die Leistungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sowie deren Finanzierung zu vertretbaren Beitragssätzen auf Dauer sichern wollen (BT-Drucks 11/2237 S 191, zu § 79 des Entwurfs). Schließlich ist durch das GSG der Vorschrift des § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V der Satz 2 angefügt worden (Art 1 Nr 43 Buchst e, bb GSG), wonach bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten ist.
Angesichts dieser Rechtsentwicklung trifft die auf § 368g Abs 1 RVO idF des GKAR 1955 gegründete – frühere – Auffassung des Senats (BSGE 20, 73, 83 = SozR Nr 1 zu § 368h RVO) von der Gleichrangigkeit aller damals im Gesetz genannten, für die Veränderung der Gesamtvergütung maßgeblichen Faktoren auf die Rechtslage nach dem SGB V nicht mehr zu (ebenso LSG Niedersachsen – Beschlüsse vom 15. April 1998 – ua L 5 KA 2/98 e.R.).
Allerdings wird weiterhin die Ansicht vertreten, der Gesetzgeber des SGB V habe hinsichtlich der Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität die Rechtslage gegenüber dem 1977 geltenden Rechtszustand des § 368f Abs 3 RVO nicht ändern wollen (Muschallik, NZS 1998, S 7, 8; Tiemann, SGb 1998, S 141 bei und mit Fn 5; Sodan/Gast, NZS 1998, S 497, 502, 504; vgl auch SG Frankfurt aM SGb 1991, S 365, 368). Zum Beleg hierfür wird auf eine Passage im Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum GRG vom 24. November 1988 (BT-Drucks 11/3480) verwiesen. Dort werden die unterschiedlichen Positionen der Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. einerseits sowie der SPD andererseits referiert. Die Mitglieder der Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. hielten danach die vorgesehenen Regelungen im Vierten Kapitel des SGB V für sachgerecht. Sie erachteten es insbesondere als notwendig, die Vergütungen der Leistungserbringer am Grundsatz der Beitragssatzstabilität auszurichten; die vorgesehenen Instrumente seien geeignet, die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringer bei Wahrung eines freiheitlichen, pluralistischen und leistungsfähigen Gesundheitswesens zu verbessern. Demgegenüber wiesen die Mitglieder der Fraktion der SPD darauf hin, daß die Berücksichtigung der Beitragssatzstabilität bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung keine substantielle Veränderung der Rechtslage bedeute, da bereits nach § 368f RVO die Entwicklung der Grundlohnsumme zu berücksichtigen gewesen sei; das Problem des kontraproduktiven Wettbewerbs werde damit nicht gelöst (aaO S 37). Schon die Gegenüberstellung dieser beiden Positionen macht deutlich, daß für die Mehrheitsfraktionen von CDU/CSU und F.D.P. durch die Orientierung der Vergütungen der Leistungserbringer an dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität eine steuernde Wirkung bewirkt werden sollte, während die oppositionelle SPD-Fraktion dies als (noch) nicht ausreichend bewertete. Ein Konsens im Gesetzgebungsverfahren dahingehend, daß lediglich eine redaktionelle Änderung des Gesetzes beabsichtigt gewesen sei, kann daraus nicht abgeleitet werden. Demgegenüber lassen sowohl die Einzelbegründung zu § 71 SGB V als auch insbesondere die allgemeine Begründung zum GRG (BT-Drucks 11/2237 S 133 ff) deutlich erkennen, daß der Gesetzgeber der Sicherung der Beitragssatzstabilität sowohl unter sozial- wie wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten eine herausragende Bedeutung zugemessen hat.
Die spätere Rechtsentwicklung bekräftigt dieses Verständnis. Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in § 71 Abs 1 SGB V selbst legal definiert und nunmehr bestimmt worden, daß die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer die Vereinbarungen über die Vergütungen nach diesem Buch und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen so zu gestalten haben, daß „Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen” werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhung nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität). In § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 ist entsprechend festgelegt, daß in den Empfehlungen der Konzertierten Aktion die inhaltlichen Vorgaben so zu gestalten sind, daß Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfen von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen nicht zu gewährleisten.
Die gesetzessystematische und teleologische Interpretation der einschlägigen normativen Bestimmungen belegt ebenfalls, daß mit dem Inkrafttreten des SGB V der Grundsatz der Beitragssatzstabilität bei den Veränderungen der Gesamtvergütung den entscheidenden Gesichtspunkt darstellen sollte. § 368f Abs 3 RVO in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung, wonach „die zu erwartende Entwicklung der durchschnittlichen Grundlohnsumme” der beteiligten Krankenkassen zu beachten war, stellte – insoweit einseitig – auf die Einnahmeseite der Krankenkasse ab. Der in § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V idF des GRG legal definierte Grundsatz der Beitragssatzstabilität ist dagegen anders ausgestaltet. Er ist nur gewahrt, wenn Beitragssatzerhöhungen vermieden werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch unter Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhung nicht zu gewährleisten. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität enthält damit zwar kein generelles Verbot von Beitragssatzerhöhungen, bindet diese aber daran, daß die Wirtschaftlichkeitsreserven ausgeschöpft sind und die notwendige medizinische Versorgung ohne Beitragssatzanstieg nicht zu wahren ist. Beide maßgeblichen Aspekte – zum einen die Sicherung der notwendigen medizinischen Versorgung der Versicherten und zum anderen das Vermeiden bzw (ab 1. Januar 2000) der Ausschluß von Beitragssatzerhöhungen – sind kumulativ Inhalt des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Da dieser die Richtschnur für die Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen (§ 141 Abs 2 SGB V) darstellt, welche wiederum nach § 86 Abs 2 Satz 1 SGB V bei Abschluß der Gesamtverträge nach § 83 SGB V zu berücksichtigen sind, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität im Sinne des § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V idF des GSG von anderer rechtlicher Qualität ist als die den Partnern des Gesamtvertrages durch § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V als zu berücksichtigende Umstände benannten Kriterien der Praxiskosten, der aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der ärztlichen Leistungen. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität wird im Leistungserbringungsrecht durch § 71 SGB V zudem bereits bei den „Allgemeinen Grundsätzen” im Ersten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB V eingeführt und hat damit durch seine Stellung im Gesetz besonderes Gewicht. Die Ergänzung des § 85 Abs 3 SGB V durch das GSG mit dem in Satz 2 enthaltenen Gebot der Beachtung der Beitragssatzstabilität – noch über die allgemeine Vorgabe des § 71 Abs 1 SGB V hinaus – soll zudem klarstellen, daß der Grundsatz der Beitragssatzstabilität auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden Leistungen zu beziehen ist (vgl Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zu einem GSG vom 5. November 1992, BT-Drucks 12/3608 S 87).
Aus der Änderung der Rechtslage seit dem 1. Januar 1996 mit der Beendigung der strikten Budgetierung kann entgegen der Auffassung des Beklagten keine Relativierung oder Herabstufung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität abgeleitet werden. In dem Zeitraum von 1993 bis 1995 durfte die Zuwachsrate der von den Krankenkassen an die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen zu leistenden Gesamtvergütungen die Zuwachsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen (§ 85 Abs 3a bis 3c SGB V idF des GSG). In der Begründung der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum Entwurf des GSG ist nämlich ausgeführt worden: „Die nach den geltenden gesetzlichen Regelungen unter bestimmten Bedingungen, zB bei überproportional stark steigenden Praxiskosten oder bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 141 Abs 2 Satz 3 SGB V mögliche Vereinbarung von Vergütungszuwächsen, die den Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder übersteigen, wird ausgeschlossen” (BT-Drucks 12/3608 S 87). Da mit den in der zitierten Passage „geltenden gesetzlichen Regelungen” die vor dem 1. Januar 1993 geltenden Vorschriften gemeint sind, die im Grundsatz hinsichtlich der Vereinbarung der Gesamtvergütung auch für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1997 (Inkrafttreten der Änderung des § 85 Abs 2 SGB V durch Art 1 Nr 28a des 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997 am 1. Januar 1998 – vgl Art 19 Abs 5 des Gesetzes) – also im hier maßgeblichen Zeitraum – gegolten haben, besteht ein Unterschied zwischen der Verpflichtung zur Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität einerseits und der strikten Bindung des Anstiegs der Gesamtvergütungen an die Zuwachsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits. Dieser Unterschied liegt darin, daß nunmehr – wie schon in der Zeit von 1989 bis 1992 – der Grundsatz der Beitragssatzstabilität in seinen beiden Aspekten, nämlich der Grundregel der Verhinderung von Beitragssatzanhebungen und der zugelassenen Ausnahme im Hinblick auf medizinische Versorgungsnotwendigkeiten, gilt; im Zeitraum der strikten Budgetierung des Anstiegs der Gesamtvergütungen ist dagegen aus Gründen der „Sofortbremsung” der Ausgabenentwicklung allein auf die Einnahmeseite bei den Krankenkassen abgestellt worden.
Die Beigeladene zu 1. hält demgegenüber einen generellen Vorrang des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität im Verhältnis zu den weiteren gesetzlich normierten Prinzipien (hier: gemäß § 72 Abs 2, § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V) nicht für gegeben. Deshalb könne nicht abstrakt, sondern nur anhand des konkreten Falles geprüft werden, in welchem Verhältnis der Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu den anderen Kriterien stehe. Anschließend daran sei die zutage liegende Kollision aufzulösen. Dem kann nicht gefolgt werden. Ihre Ansicht, nach der Rechtsanwender einem von mehreren einfachgesetzlich normierten Prinzipien keinen einseitigen Vorrang einräumen dürften, verkennt, daß der Gesetzgeber im SGB V das Verhältnis der widerstreitenden Prinzipien zueinander selbst geregelt hat, wie Wortwahl, Regelungssystematik sowie Hinweise in der Entstehungsgeschichte der einschlägigen Normen und ihr sich daraus erschließender Sinn und Zweck ergeben. Dabei mußte er nicht allen Grundsätzen denselben Stellenwert beimessen, sondern war berechtigt, ein Rangverhältnis unter mehreren Prinzipien anzuordnen, wie es im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität geschehen ist.
Nach den dargelegten Maßstäben und im Hinblick auf die Verpflichtung der Partner von Vergütungsvereinbarungen zur Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität, die auch für die Festsetzung durch das Schiedsamt gilt, war der Schiedsspruch des Beklagten vom 27. Juni 1997 nach alledem schon im Ausgangspunkt gesetzwidrig. Der Ansatz von einer Gleichrangigkeit des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität mit den übrigen Kriterien der Gesamtvergütungsveränderung wirkt sich auch inhaltlich auf den Schiedsspruch aus.
Zunächst war es zwar grundsätzlich zulässig, im Schiedsspruch die Höhe der Gesamtvergütungen für das Jahr 1996 auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabs nach Einzelleistungen gemäß § 85 Abs 2 Satz 2 SGB V idF des GSG festzulegen. In § 85 SGB V wird zwischen der Vereinbarung der Höhe der Gesamtvergütung iS einer erstmaligen Vereinbarung nach Abs 2 aaO und der Veränderung der Gesamtvergütung nach Abs 3 aaO unterschieden. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, daß die Vertragspartner nach Auslaufen der Phase der strikten Budgetierung des Anstiegs der Gesamtvergütung gemäß § 85 Abs 3a SGB V im Rahmen von Veränderungsvereinbarungen nach § 85 Abs 3 SGB V Elemente der Gesamtvergütungsberechnung nach § 85 Abs 2 SGB V aufnehmen. Insbesondere waren sie nicht verpflichtet, nach dem Ende der strikten Budgetierung lediglich die bisherigen Festbeträge etwa im Rahmen einer bloßen prozentualen Erhöhung festzuschreiben. Die Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen auf der Grundlage des Bema-Z durfte jedoch nicht ohne Verknüpfung mit mengensteuernden bzw -begrenzenden Komponenten erfolgen.
Die Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen zieht nämlich die auch vom Beklagten gesehene Gefahr „einer Mengenexplosion auf der Leistungsseite” nach sich. Er hat in seinem Schiedsspruch selbst formuliert, eine von den Leistungserbringern gesteuerte Mengenentwicklung, die sich weder aus der Änderung des Leistungskataloges noch aus der Entwicklung der Versichertenzahlen rechtfertigen ließe, würde dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität entgegenwirken. Der demgegenüber vertretenen Auffassung, es seien alle von Vertragszahnärzten selbstverantwortet erbrachten Leistungsmengen einschließlich ihrer fortschritts- und morbiditätsbedingten Schwankungen sowie Ausweitungen als gesetzlich gebotene und wirtschaftlich erbrachte Mehrleistungen nach Maßgabe des SGB V anzusehen, und ihre angemessene Vergütung habe Vorrang vor der Einhaltung des Gebotes der Beitragssatzstabilität (so Sodan/Gast, NZS 1998, S 497, 500, 503), kann nicht gefolgt werden. Sie steht zum einem im Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats zur „angemessenen Vergütung der ärztlichen Leistungen” iS des § 72 Ab 2 SGB V (vgl nur BSGE 75, 187, 189 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 7; SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1; SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 5 f) und berücksichtigt zum anderen insbesondere nicht, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung einen hohen Gemeinwohlbelang darstellt (BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1; BVerfGE 70, 1, 26, 30 = SozR 2200 § 376d Nr 1; BverfGE 82, 209, 230). Sie verkennt darüber hinaus die – im einzelnen dargestellte – Bedeutung der Beitragssatzstabilität. Deren überragende Funktion wird im übrigen durch die späteren gesetzlichen Regelungen bestätigt, mit denen der Gesetzgeber auf die bundesweit bestehende Problematik der Auswirkung von Mengensteigerungen auf die Vereinbarung der Gesamtvergütung reagiert hat. § 85 Abs 2 Satz 2 SGB V idF des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz ≪GKV-SolG≫ vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3853) lautet seit dem 1. Januar 1999 wie folgt: „Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann … auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabs nach Einzelleistungen … oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt.” Diese Bestimmung wird ergänzt durch die Regelung des Satzes 7, der in dem hier vorliegenden Zusammenhang besonderes Gewicht zukommt. Danach ist, soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen sowie eine Regelung zur Vermeidung der Überschreitung dieses Betrages zu treffen. Satz 7 aaO ist im Laufe der Beratungen des BT-Ausschusses für Gesundheit in den Gesetzentwurf eingefügt (BT-Drucks 14/157 S 10) und wie folgt begründet worden: „Die Regelung stellt klar, daß auch bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen ein Gesamtvolumen zu bestimmen ist. Dies hat zur Konsequenz, daß auch Regelungen für den Fall einer möglichen Überschreitung dieses Ausgabenvolumens vorzusehen sind. Hierzu kann insbesondere ein floatender Punktwert dienen.” (BT-Drucks 14/157 S 34; zu Art 1 Nr 13, zu cc; zu den Änderungen des § 85 Abs 2 SGB V zum 1. Januar 1999 vgl näher Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S 386 f). Das Gesetz schreibt somit nunmehr ausdrücklich vor, daß auch bei der Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen in der Gesamtvergütungsvereinbarung Vorsorge dafür zu treffen ist, daß das zulässige Gesamtvergütungsvolumen nicht überschritten wird. Die Gefahr der Überschreitung des zulässigen Gesamtvergütungsvolumens und der damit einhergehenden Verletzung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität ergibt sich immer dann, wenn bei der Berechnung der Gesamtvergütung auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen keine mengensteuernden Komponenten vorgesehen sind.
Entgegen der Auffassung des Beklagten bestand die Notwendigkeit zur Aufnahme mengensteuernder Regelungen in die Gesamtvergütungsvereinbarung auch schon vor Einfügung des neu gefaßten Satzes 7 in § 85 Abs 2 SGB V zum 1. Januar 1999. Sie folgte aus der Verpflichtung der Gesamtvertragsparteien zur strikten Beachtung des Gebotes der Beitragssatzstabilität. Die vom Beklagten für 1996 vorgenommene Anhebung der im Jahre 1995 geltenden Punktwerte in den Gebührentarifen 1, 2 und 4 Bema-Z um 1% und die von ihm angeordnete Fortgeltung der für 1995 vereinbarten Punktwerte für prothetische und kieferorthopädische Leistungen für 1996 ohne mengenbegrenzende Komponenten konnten demgegenüber nicht sicherstellen, daß diese beitragssatzsteigernde Effekte nicht bewirkten. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß auf der Basis des Schiedsspruchs vom 27. Juni 1997 allein das Leistungsverhalten der Vertragszahnärzte über die Höhe der Gesamtvergütung und im Ergebnis über den Prozentsatz entschied, um den die von den Klägern zu 1. bis 5. für 1996 zu leistende Gesamtvergütung die des Jahres 1995 überstieg. Die potentiell beitragssatzerhöhenden Wirkungen eines solchen Schiedsspruchs lagen auf der Hand. Denn bereits im Schiedsverfahren gingen alle Beteiligten davon aus, daß es aufgrund der prognostizierten bzw tatsächlich eingetretenen Mengenentwicklung sowohl im Bereich der konservierend-chirurgischen Behandlung wie – noch erheblich stärker – im Bereich der kieferorthopädischen sowie der prothetischen Behandlung zu Mengensteigerungen kommen würde bzw gekommen ist, die bei Erhöhung bzw unveränderter Fortschreibung der für 1995 vereinbarten Punktwerte zu einem Anstieg der Gesamtvergütungen über die bundesweit festgestellte Veränderung der Grundlohnsumme hinausgingen.
Nach den hierzu maßgeblichen Empfehlungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen vom 14. September 1995 (vgl Die Ortskrankenkasse ≪DOK≫ 1995, S 650) sollte sich die Gesamtvergütung für die vertragszahnärztliche Versorgung im Jahre 1996 auf der Grundlage des zur Zeit gültigen Leistungskatalogs im Rahmen der Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen verändern. Diese betrug im Bundesgebiet West 1,1 %. Von dieser Empfehlung hätte der Beklagte – ebenso wie die Partner eines Gesamtvertrages – gemäß § 86 Abs 2 Satz 2 SGB V nur abweichen dürfen, soweit besondere regionale Verhältnisse oder besondere Verhältnisse der Kassenarten dies erforderten und hierdurch der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 141 Abs 2 SGB V) nicht gefährdet wurde. Das hat der Beklagte nicht beachtet. Nach den vorliegenden Daten über besondere regionale Verhältnisse und die wirtschaftliche Situation der niedersächsischen Primärkassen sind, wie die Feststellungen des SG belegen, deren Einnahmen um etwa 0,4 Prozentpunkte weniger gewachsen als die Einnahmen im Bundesgebiet. Im übrigen dürfen nach dem Wortlaut des § 86 Abs 2 Satz 2 SGB V die geschilderten regionalen Verhältnisse nur berücksichtigt werden, wenn der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht gefährdet wird. Dieser gestattet, wie bereits dargelegt, Beitragssatzerhöhungen aber nur, wenn die notwendige (zahn)medizinische Versorgung auch unter Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen nicht zu gewährleisten ist. Dafür liegen weder Feststellungen der Vorinstanz noch ansonsten Anhaltspunkte vor. Auch der Beklagte hat nichts dazu dargelegt, inwieweit eine Fortschreibung der für 1995 vereinbarten Gesamtvergütung bzw eine Erhöhung im Rahmen der Grundlohnsummensteigerung (1,1 %) zu einer Gefährdung der zahnmedizinischen Versorgung der Versicherten in Niedersachsen hätte führen können. Er hat sich gleichfalls nicht zu einer nachhaltigen Erhöhung der Versichertenzahl sowie einer Ausweitung des Leistungskatalogs im Bema-Z geäußert, für die ebensowenig Anhaltspunkte gegeben sind.
Aus Rechtsgründen war danach bereits vor Neufassung des § 85 Abs 2 SGB V durch das GKV-SolG zum 1. Januar 1999 jedenfalls im Grundsatz ein Vergütungsvertrag ohne feste Obergrenze des Volumens der von der einzelnen Krankenkasse zu leistenden Gesamtvergütung rechtswidrig. Das hat bereits das Bundesgesundheitsministerium zutreffend in einem Schreiben vom 20. Februar 1997 an die Partner des Bundesmantelvertrages-Zahnärzte (BMV-Z), auf das sich der Schiedsspruch des Beklagten vom 27. Juni 1997 ausdrücklich (wenn auch negativ) bezieht, so gesehen. Dagegen läßt sich nicht einwenden, eine solche Pflicht zur Fixierung einer Obergrenze würde faktisch immer zu einer Budgetierung der Gesamtvergütung führen, weil auf diese Weise die Vergütungsform, die § 85 Abs 2 SGB V ausdrücklich offen lasse, von vornherein durch den Grundsatz der Beitragssatzstabilität präformiert werde (in diesem Sinne aber Tiemann, SGb 1998, S 144 und Sodan/Gast, NZS 1998, S 504). Die Begrenzung der Gesamtvergütung durch den Grundsatz der Beitragssatzstabilität entsprach der Rechtslage auch zur hier streitigen Zeit, weil der Gesetzgeber die Vertragspartner der Vergütungsvereinbarungen an dessen Beachtung unabhängig davon gebunden hat, für welche Form der Berechnung der Gesamtvergütung sie sich entschieden haben. Wären die Gesamtvertragsparteien nur bei der Vereinbarung eines Festbetrages an die zulässige prozentuale Steigerung der Gesamtvergütung für einen bestimmten Leistungsbereich auf die Empfehlungen der Konzertierten Aktion festgelegt, während sie bei vereinbarter Gesamtvergütung nach Einzelleistungen auf der Grundlage des Bema-Z kein festes Honorarvolumen anzugeben bräuchten, wären insoweit beitragssatzsprengende Effekte von vornherein einkalkuliert bzw könnten von der Krankenkassenseite nicht verhindert werden.
Der Einwand der Beigeladenen zu 1., im Hinblick auf den geringen Anteil der Leistungen für Vertragszahnärzte an der Gesamtheit der Ausgaben der Krankenkassen seien die davon ausgehenden beitragssatzgefährdenden Effekte kaum quantifizierbar bzw nicht sehr groß, so daß die Auswirkungen auf die Beitragssatzstabilität nicht feststünden und erst noch ermittelt werden müßten, kann gleichfalls nicht überzeugen. Denn wenn der Gesetzgeber die Vertragspartner verpflichtet, die Beitragssatzstabilität bei Vergütungsvereinbarungen für jeden einzelnen Leistungsbereich zu beachten, können diese in einem bestimmten Versorgungsbereich dem nicht dadurch entgehen, daß sie darauf verweisen, Beitragssatzerhöhungen ließen sich voraussichtlich vermeiden, wenn in anderen – ausgabenrelevanteren – Bereichen die Vorgaben, die sie selbst nicht zu beachten gewillt sind, strikt eingehalten würden. Zutreffend gibt deshalb die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen Empfehlungen für den Anstieg der Gesamtvergütungsveränderung in den einzelnen Leistungsbereichen bzw für die Erhöhung der Vergütung in anderen, dem Gesamtvergütungssystem nicht unterliegenden Bereichen getrennt ab (vgl zB DOK 1995, 648 ff). Eine davon abweichende Sichtweise hätte zur Folge, daß jeder einzelne Bereich des Gesamtsystems auf die mögliche Zurückhaltung anderer Bereiche verweisen und sich dadurch von jeder Mitverantwortung für Beitragssatzerhöhungen freizeichnen könnte. Das entspricht jedoch ersichtlich nicht der Wertung des Gesetzes.
Aus den dargelegten Gründen ist der Schiedsspruch des Beklagten vom 27. Juni 1997 rechtswidrig, ohne daß von der Beigeladenen zu 1. für notwendig erachtete Beweiserhebungen durchzuführen gewesen sind. Eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Ursächlichkeit der Festsetzungen in Ziff 1) und 3) des Schiedsspruchs für Beitragssatzerhöhungen im Bereich der Kläger zu 1. bis 5. bedurfte es nicht, weil die Prüfung, ob der Beklagte seiner Verpflichtung zur Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität nachgekommen ist, dem Beweis durch ein solches Gutachten nicht zugänglich ist. Der Schiedsspruch beruht auf der Annahme, dieser Grundsatz sei gleichrangig neben den anderen für die Veränderung der Gesamtvergütung maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen, und läßt erkennen, daß eine Erhöhung der Gesamtvergütung oberhalb der Grundlohnsummensteigerung vor allem wegen des auf 3,3 % veranschlagten Anstiegs der allgemeinen Praxiskosten von 1996 auf 1995 für geboten gehalten wird. Da die Krankenkassen für die zahnärztliche Behandlung einschließlich Zahnersatz 1996 in den alten Bundesländern 9,67 % und in den neuen Bundesländern 10,1 % der gesamten Leistungsangaben von etwa 196 Mrd DM aufgewandt haben (KZBV Jahrbuch 1997, S 54/55), unterliegt die Beitragssatzrelevanz dieses Leistungsbereichs keinem Zweifel. Ob eine oberhalb des Anstiegs der Grundlohnsumme liegende Erhöhung der Gesamtvergütung die beteiligten Krankenkassen tatsächlich zu einer Beitragssatzanhebung zwingt, kann vor Beginn des Jahres, für das die Veränderung nach § 85 Abs 3 SGB V vereinbart wird, nicht sicher abgeschätzt werden. Insoweit sind zahlreiche Faktoren wie etwa die Ausgabensituation in anderen Leistungsbereichen und Entwicklungen im Mitgliederbestand der Krankenkassen von Bedeutung. Gesamtvergütungsvereinbarungen und die an ihre Stelle tretenden Schiedsamtsentscheidungen enthalten deshalb notwendig prognostische Erwägungen. Diese können nur auf ihre Vertretbarkeit und daraufhin überprüft werden, ob die zur Entscheidung berufenen Institutionen von zutreffend ermittelten Daten ausgegangen sind. Eine auf prognostische Erwägungen gestützte Entscheidung wird bei Betrachtung ex post nicht falsch, wenn die Entwicklung anders als vorausgeschätzt verläuft. Umgekehrt wird eine solche Entscheidung nicht im rechtlichen Sinne „richtig”, wenn die von ihr ausgehenden Gefährdungen tatsächlich nicht eingetreten sind. Aus dem Umstand, daß eine Krankenkasse 1997 ihren Beitragssatz infolge der Entwicklung des Leistungsgeschehens im Jahre 1996 nicht erhöht hat, folgt deshalb nicht notwendig, daß § 85 Abs 2 Satz 3 SGB V entsprochen worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG. Da keiner der Beteiligten sich durch Bevollmächtigte hat vertreten lassen und die Kosten des Beklagten von den Klägern und der Beigeladenen zu 1. gemeinsam zu tragen sind, hat der Senat von der Anordnung einer Kostenerstattungspflicht Abstand genommen.
Fundstellen