Leitsatz (redaktionell)
1. Eine unter das niedersächsische Realverbandsgesetz vom 1969-11-04 (ND GVBl 1969, 187) fallende Forstgenossenschaft ist als sonstige Körperschaft des öffentlichen Rechts iS des BKGG § 7 Abs 1 Nr 3 anzusehen.
2. Hat der Empfänger von Kindergeld daneben für denselben Zeitraum sogenanntes Ersatzkindergeld nach BKGG § 7 Abs 6 zu beanspruchen, so ist er gemäß BKGG § 13 Nr 4 zur Zurückzahlung des Kindergeldes jedenfalls dann verpflichtet, wenn seine Rückzahlungspflicht nur als juristische Hilfskonstruktion für den Übergang des Anspruchs auf das Ersatzkindergeld (BKGG § 23 Abs 1) gedacht ist.
3. Die Pflicht zur Zurückzahlung des Kindergeldes beruht weder auf der unmittelbaren noch entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (BGB §§ 812 ff), sondern auf der abschließenden Sonderregelung des BKGG.
Normenkette
BKGG § 7 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 6, § 13 Nr. 4 Fassung: 1964-04-14, § 23 Abs. 1; BGB § 812 Fassung: 1896-08-18
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. November 1970 und das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. April 1970 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Rückforderung von Kindergeld (Kg), das der Kläger für die Zeit von Januar bis Dezember 1967 und von Februar bis April 1968 in Höhe von insgesamt 375,- DM erhalten hat.
Der Kläger ist seit Jahren bei der beigeladenen Forstgenossenschaft als Forstaufseher beschäftigt. Während der Zeit dieser Beschäftigung hat er von April 1961 bis Dezember 1962 und von Mai 1963 bis März 1964 Zweitkindergeld nach dem Kindergeldkassengesetz (KGKG) sowie von April 1964 bis Dezember 1967 und von Februar bis Oktober 1968 nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) bezogen. Die Beigeladene zahlt ihm erst seit November 1968 dem Kg vergleichbare Leistungen.
Mit Bescheid vom 4. November 1968 entzog die Beklagte dem Kläger unter Einstellung der Zahlung das Kg, weil er als Arbeitnehmer einer Körperschaft des öffentlichen Rechts darauf keinen Anspruch habe. Mit Bescheid vom 22. Januar 1969 forderte sie das für die Zeit von Mai bis Oktober 1968 gezahlte Kg in Höhe von 150,- DM vom Kläger zurück; der Kläger zahlte den geforderten Betrag. Mit weiterem Bescheid vom 13. März 1969 entzog die Beklagte ihm rückwirkend das Kg ab April 1961 und forderte das für die Zeit von Januar bis Dezember 1967 und von Februar bis April 1968 gewährte Kg in Höhe von 375,- DM zurück. Gleichzeitig machte sie gegenüber der beigeladenen Forstgenossenschaft unter Mitteilung dieses Bescheides den Übergang des Anspruchs des Klägers auf Ersatzkindergeld (§ 7 Abs. 6 BKGG) geltend. Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 1969 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Forstgenossenschaft, bei der der Kläger beschäftigt sei, sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie habe ein Statut, stehe unter staatlicher Aufsicht und könne den öffentlichen Lasten gleichstehende Umlagen erheben und notfalls zwangsweise beitreiben; auch bestehe Zwangszugehörigkeit. Ihre Arbeitnehmer hätten daher nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG und § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG keinen Anspruch auf Kg. Die rückwirkende Entziehung sei nach § 27 KGKG und § 22 BKGG zu Recht erfolgt. Die Rückforderung sei - unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften - nach § 13 Nr. 4 BKGG begründet, weil der Kläger für die entsprechenden Zeiten Leistungen gemäß § 7 Abs. 6 BKGG beanspruchen könne. Bei dieser Rechtslage komme eine Verwirkung des Anspruchs auf Rückzahlung nicht in Betracht. Überdies sei die Kindergeldkasse auch hinsichtlich des Rechtscharakters der beigeladenen Forstgenossenschaft im Unklaren gelassen worden.
Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat die Forstgenossenschaft beigeladen. Dem Antrag des Klägers und der Beigeladenen entsprechend hat es durch Urteil vom 6. April 1970 den Bescheid vom 13. März 1969 und den Widerspruchsbescheid vom 21. April 1969 aufgehoben; es hat die Berufung zugelassen. Zur Begründung führt es aus, es stehe zwar außer Frage, daß der Kläger keinen Anspruch auf Kg gehabt habe, jedoch sei der Rückforderungsanspruch verwirkt.
Mit Urteil vom 26. November 1970 hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen die von der Beklagten gegen das vorgenannte Urteil eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die dort genannten Bescheide nur insoweit aufgehoben werden, als sie über die Rückforderung von Kg befinden. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden, soweit dem Kläger das Kg entzogen worden sei; darüber seien sich die Beteiligten einig. Die Rückforderung des seit Januar 1967 geleisteten Kg sei auch nicht verwirkt. Allein durch die jahrelange Gewährung von Kg habe die Beklagte dem Kläger keinen Grund zu der Annahme gegeben, daß sie auf eine mögliche Rückforderung zu Unrecht geleisteter Beträge verzichten wolle. Die Beklagte verstoße jedoch wider Treu und Glauben, wenn sie eine Leistung zurückfordere, die durch ihr schuldhaftes Verhalten bewirkt worden sei. Auch habe sie die Kindergeldbeträge, um deren Rückforderung es hier gehe (ab Januar 1967), in Kenntnis ihrer Nichtschuld geleistet; solche Leistungen könnten grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Die Kindergeldberechtigung der Arbeitnehmer von Forstgenossenschaften sei nämlich bereits in den Jahren 1965/66 Gegenstand eingehender Erörterungen zwischen dem Landesarbeitsamt Niedersachsen und der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgebervereinigung Niedersachsen e. V. gewesen. Dabei habe das Landesarbeitsamt in einem Schreiben vom 2. Juni 1966 unter Hinweis auf das Forstgenossenschaftsgesetz vom 19. Mai 1890 eingehend dargelegt, daß die Forstgenossenschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts seien, und daß demgemäß für ihre Arbeitnehmer der Anspruch auf Kindergeld nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG zwingend ausgeschlossen sei, diesen aber ggf. ein Anspruch nach § 7 Abs. 6 BKGG gegenüber ihren Arbeitgebern zustehe. Die Beklagte habe demnach bereits im Jahre 1966 genaue Kenntnis von der hier maßgebenden Rechtslage gehabt, gleichwohl aber die Zahlung des Kg an den Kläger fortgesetzt. Der Kläger habe dagegen die fehlerhafte Gewährung nicht erkennen können. Er habe sich gutgläubig auf die objektiv ungerechtfertigte Leistung einrichten und sie verbrauchen dürfen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die - vom LSG zugelassene - Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung der §§ 7 Abs. 1 u. 6, 13 Nr. 4 und 23 Abs. 1 BKGG. Es sei der Zweck des § 13 Nr. 4 BKGG, Doppelleistungen aus öffentlichen Mitteln - hier Kg und Leistungen nach § 7 Abs. 6 BKGG - auszuschließen. Dem entspreche die Regelung, dem Kindergeldempfänger die Rückzahlungspflicht auch dann aufzuerlegen, wenn ihn kein Verschulden an der Überzahlung treffe. Der Rückzahlungspflicht stehe hier ein Anspruch des Klägers gegen die Beigeladene in gleicher Höhe gegenüber; für einen Vertrauensschutz des Klägers bestehe daher kein Bedürfnis. Von einer positiven Kenntnis des Nichtbestehens einer Schuld könne im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Ein Verschulden an der Weitergewährung des Kg hindere sie - die Beklagte - nicht daran, das überzahlte Kg zurückzufordern, weil dem Kläger noch ein realisierbarer Anspruch auf Leistungen nach § 7 Abs. 6 BKGG zustehe.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil sowie das Urteil des SG Braunschweig vom 6. April 1970 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für richtig.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.
Im Streit ist nur noch die Rückforderung von Kg in Höhe von insgesamt 375,- DM. Die rückwirkende Entziehung dieses sowie des Kg für frühere Zeiträume ist nicht mehr angefochten.
Die Rückforderung gezahlten und rückwirkend wieder entzogenen Kg ist nach § 13 BKGG nur zulässig, wenn eine der in den vier Ziffern dieser Vorschrift aufgeführten Alternativen vorliegt. Da der Kläger weder die - ohne Vorbehalt erfolgte (§ 13 Nr. 3) - Gewährung des Kg für diese Zeit mindestens grobfahrlässig herbeigeführt hat (§ 13 Nr. 1), noch bei dessen Empfang bösgläubig gewesen ist (§ 13 Nr. 2), kommt als Rechtsgrundlage der Rückforderung hier nur Nr. 4 der Vorschrift in der vor dem 1. Januar 1971 geltenden Fassung in Betracht. Hiernach ist das für einen Monat geleistete Kg zurückzuzahlen, wenn der Empfänger für denselben Monat eine der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1,2 und 4 BKGG (in der vor dem 1. Januar 1971 geltenden Fassung) genannten Leistungen "erhalten hat" oder "beanspruchen kann". Hierzu gehören Kinderzuschläge nach besoldungsrechtlichen Vorschriften oder vergleichbare Leistungen für Kinder aufgrund eines der in den Fällen des § 7 Abs. 1 bestehenden Rechtsverhältnisse sowie Leistungen nach § 7 Abs. 6 BKGG. Im vorliegenden Fall kann der Kläger für die Monate, für die er das von ihm zurückgeforderte Kg erhalten hat, von seiner beigeladenen Arbeitgeberin Leistungen nach § 7 Abs. 6 BKGG beanspruchen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Bindungswirkung des Entziehungsbescheides und die Rechtskraftwirkung des diesen Bescheid bestätigenden und insoweit nicht angefochtenen LSG-Urteils sich auch auf die Erfüllung der Grundvoraussetzung des § 7 Abs. 6 erstreckt, daß es sich nämlich um einen Arbeitnehmer handelt, für dessen Kinder nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 kein Kg gewährt wird. Denn die Vorinstanzen sind in Übereinstimmung mit den Beteiligten zu Recht davon ausgegangen, daß die beigeladene Forstgenossenschaft, deren Arbeitnehmer der Kläger ist, als "sonstige Körperschaft des öffentlichen Rechts" im Sinne des § 7 Nr. 3 BKGG anzusehen ist. Sie gehört zu den durch das braunschweigische Gesetz betreffend die ungeteilten Genossenschaftsforsten vom 19. Mai 1890 in der Fassung der Verordnung vom 18. Februar 1932 (Nds. GVBl. SdBd. III S. 575) erfaßten Genossenschaften. Hiernach ist sie eine der Staatsaufsicht unterliegende juristische Person (§ 2), deren Verfassung durch ein staatlich genehmigtes Statut (§ 1) geregelt ist. Die Teilung sowohl eines Nutzungsrechts (Anteils) wie auch eines Genossenschaftsforstes bedarf staatlicher Genehmigung (§§ 5 und 7). Die der Genossenschaft von einem Nutzungsberechtigten geschuldeten Genossenschaftsleistungen an Geld werden im Verwaltungszwangsverfahren eingezogen (§ 10 Abs. 2). In § 1 Nr. 3 iVm § 2 des niedersächsischen Realverbandsgesetzes vom 4. November 1969 (Nds. GVBl. S. 187) wird ausdrücklich für diese Forstgenossenschaften der Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts ebenso bestätigt wie unter Nr. 2 für die Realgemeinden, deren Verfassung nach dem preußischen Realgemeindegesetz (RGG) für die Provinz Hannover vom 5. Juni 1888 (Pr. GS S. 233) geregelt ist. Für die unter das RGG fallenden Forstgenossenschaften (Realgemeinden) hat der Senat bereits mit Urteil vom 16. März 1973 (SozR Nr. 13 zu § 7 BKGG) entschieden, daß sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts auch im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG anzusehen sind (s. a. Urteil vom heutigen Tage - 7 RKg 36/70 -). Die Begründung dieser Entscheidungen, auf die im einzelnen verwiesen wird, gilt in gleicher Weise für den hier vorliegenden Fall. Der Senat hat darin ausgeführt, daß aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 3, seinem Zusammenhang mit § 7 Abs. 1 Nr. 4 und § 7 Abs. 6 sowie aus der Entstehungsgeschichte des § 7 BKGG auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen ist, daß den Arbeitnehmern grundsätzlich aller Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, ohne Rücksicht auf die von ihnen zu erledigenden Aufgaben und Geschäfte und ohne Rücksicht auf die Art der von ihnen angewendeten tarifvertraglichen Regelungen, Kg nicht gewährt werden soll. Er hat ferner ausgeführt, daß diese Regelung nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstößt, weil die Zahlung von dem Kg entsprechenden Leistungen durch die Arbeitgeber (§ 7 Abs. 6 BKGG) ebenfalls aus öffentlichen Mitteln erfolgt. Dabei sind das Vermögen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und die daraus erwirtschafteten Mittel grundsätzlich als öffentliche Mittel in diesem Sinne anzusehen; bei der hier beigeladenen Forstgenossenschaft kommt hinzu, daß die ihr geschuldeten Genossenschaftsleistungen im Verwaltungszwangsverfahren eingezogen werden, so daß sie auch im funktionellen Sinne als öffentliche Mittel gekennzeichnet sind (vgl. jetzt § 29 Abs. 1 und 4 des niedersächsischen Realverbandsgesetzes).
Da dem Kläger demgemäß nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG Kg nicht zusteht, die beigeladene Forstgenossenschaft auf sein Arbeitsverhältnis - jedenfalls für die Rückforderungszeit - auch nicht die für Beamte geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften über Kinderzuschläge oder entsprechende Regelungen anwendet, hat er ihr gegenüber nach § 7 Abs. 6 BKGG einen Anspruch auf Leistungen in Höhe des Kg, das sogenannte Ersatzkindergeld. Die Voraussetzungen der Rückzahlungspflicht nach der zweiten Alternative des § 13 Nr. 4 BKGG, daß nämlich der unberechtigte Empfänger von Kg für den gleichen Zeitraum bestimmte andere Leistungen "beanspruchen kann", ist somit gegeben.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 29. März 1973 - 7 RKg 9/70 - (SozR Nr. 4 zu § 13 BKGG) zur Auslegung der erst auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit nachträglich in den Gesetzesentwurf eingefügten Nr. 4 des § 13 BKGG ausgeführt hat, enthält diese Vorschrift zwei inhaltlich voneinander verschiedene und unabhängige Regelungen, denen lediglich der Endzweck gemeinsam ist, Doppelleistungen der öffentlichen Hand zu verhindern. Es ist hierbei zu unterscheiden zwischen den in Nr. 4 enthaltenen beiden Alternativen "erhalten hat" und "beanspruchen kann", von denen für den Fall des Klägers die zweitgenannte in Betracht kommt. Der Regierungsentwurf, der nur die Nrn. 1-3 vorsah, enthielt - wie vorher schon § 28 KGKG - insofern eine Lücke, als § 23 Abs. 1 zwar die Möglichkeit für das Arbeitsamt vorsieht, Ansprüche auf Leistungen, neben denen Kg nicht gewährt wird oder die an die Stelle des Kg treten, auf sich überzuleiten, hierfür aber die Rückzahlungspflicht des Kindergeldempfängers voraussetzt, während bei den Rückzahlungsvorschriften eine diese Fälle allgemein erfassende Vorschrift zunächst fehlte. Damit wäre der zur Vermeidung von Doppelleistungen gebotene Zugriff auf die noch ausstehende "andere" Leistung nur unter den Voraussetzungen der Nrn. 1 - 3 des § 13 BKGG möglich gewesen. Es besteht aber kein begründeter Anlaß, demjenigen, welcher - wenn auch ohne Verschulden und gutgläubig - unberechtigt Kg erhalten hat, daneben auch noch den Anspruch auf diese "andere" Leistung zu belassen. In Ausfüllung dieser Lücke übernahm der Gesetzgeber die für entsprechende Fälle im Recht der Arbeitslosenversicherung getroffene Regelung (§ 185 Abs. 2 Nr. 3 iVm § 186 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG -), wonach zu Unrecht geleistete Beträge zurückzufordern sind, wenn und soweit der Empfänger - noch - Ansprüche auf bestimmte andere Leistungen hat. Anders als in den Fällen der ersten Alternative ("erhalten hat") ist die Regelung des § 13 Nr. 4 BKGG in seiner zweiten Alternative darauf gerichtet, zu verhindern, daß es überhaupt zu einer Doppelleistung der öffentlichen Hand für dasselbe Kind und denselben Zeitraum kommt, und zugleich einen Ausgleich zwischen dem rechtlich zur Leistung Verpflichteten und der zu Unrecht belasteten Kindergeldkasse herbeizuführen. Die auf dieser Regelung beruhende Rückzahlungspflicht soll den Zugriff auf die Nachzahlung der anderen Leistung, anstatt deren das Kg zu Unrecht gezahlt worden ist - hier also des Ersatzkindergeldes nach § 7 Abs. 6 BKGG-, ermöglichen. Im Rahmen dieser Zweckbestimmung bedarf es keiner einschränkenden Voraussetzung für die Rückzahlungsverpflichtung, wie sie das soziale Leistungsrecht sonst allgemein - im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes - aufgestellt hat. Ein schutzwürdiges Interesse des Empfängers, einerseits das ihm objektiv zu Unrecht gezahlte Kg behalten, außerdem aber für die gleiche Zeit noch das ihm statt dessen zustehende Ersatzkindergeld nachempfangen zu dürfen, kann nicht anerkannt werden. Die Beklagte handelte daher - entgegen der Auffassung des LSG - nicht wider Treu und Glauben, wenn sie - was ohnehin nicht in ihrem Ermessen steht - die Rückzahlungspflicht festgestellt hat. Dem steht nach dem Sinn und Zweck der Regelung auch nicht entgegen, daß die unrechtmäßige Gewährung des Kg möglicherweise auf einem Verschulden eines Bediensteten der Beklagten beruht oder doch in deren Verantwortungsbereich fällt. Es ist daher ohne Bedeutung, daß die Beklagte bereits im Jahre 1966 zu anderen Fällen grundsätzlich die Auffassung vertreten hat, Arbeitnehmer der Forstgenossenschaften von der Art der Beigeladenen seien vom Kindergeldbezug nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG ausgeschlossen. Der Rückforderungsanspruch entfällt damit auch nicht etwa - wie das LSG wohl meint - nach bürgerlich-rechtlichen Bereicherungsgrundsätzen, weil die Beklagte das Kg "in Kenntnis der Nichtschuld" geleistet hätte. Die versehentliche Nichtanwendung einer Ausschlußvorschrift im Einzelfall bedeutet keineswegs, daß in Kenntnis der Nichtschuld i. S. des § 814 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geleistet worden wäre. Im übrigen beruht aber auch die Rückzahlungspflicht des Klägers weder unmittelbar noch in entsprechender Anwendung auf diesen Bereicherungsvorschriften, sondern auf der abschließenden Sonderregelung des BKGG. Zutreffend hat das LSG ausgeführt, daß im vorliegenden Fall keine besonderen Umstände vorliegen, die zu einer Verwirkung des Rückforderungsrechts der Beklagten geführt haben könnten; es handelt sich vielmehr um einen Regelfall für die Anwendung der §§ 22 und 13 Nr. 4 BKGG. Die längere Dauer der unrechtmäßigen Gewährung allein reicht zur Begründung der Verwirkung nicht aus; sie wird ohnehin durch die kurze Verjährungsfrist für Rückzahlungsansprüche (§ 14 Abs. 2 BKGG) aufgefangen.
Bei alledem ist allerdings zu beachten, daß eine allein auf der zweiten Alternative des § 13 Abs. 4 BKGG beruhende Rückzahlungspflicht regelmäßig nicht zu einer echten Rückzahlung durch den Empfänger des Kg führen soll, vielmehr als juristische Hilfskonstruktion für die Erfassung des diesem noch zustehenden Anspruchs auf die "andere" Leistung gedacht ist. Da der dem Kläger im vorliegenden Fall zustehende Anspruch auf Ersatzkindergeld nach § 7 Abs. 6 BKGG nach allgemeinen Voraussetzungen und Höhe dem Kg entspricht, für das er noch rückzahlungspflichtig ist, und die Beklagte diesen Anspruch auf sich übergeleitet hat, wird er selbst von der Rückzahlungspflicht praktisch nicht betroffen. Bei dem Charakter der nach § 13 Nr. 4 iVm § 23 Abs. 1 BKGG aF als leistungspflichtig in Betracht kommenden Versicherungsträger, Dienstherren und Arbeitgeber konnte der Gesetzgeber auch ohne weiteres von der Realisierbarkeit der gegen sie bestehenden Ansprüche des Rückzahlungspflichtigen, d. h. davon ausgehen, daß die genannten öffentlichen (oder im Falle des § 7 Abs. 1 Nr. 4 quasi-öffentlichen) Stellen diese Ansprüche auf Nachzahlung der "anderen" Leistungen auch tatsächlich erfüllen und den Rückzahlungspflichtigen damit im Ergebnis von seiner Rückzahlungspflicht freistellen würden. Mit einem Ausfall wegen dieser Ansprüche brauchte der Gesetzgeber nicht zu rechnen. Sollte es gleichwohl einmal - wozu im vorliegenden Fall kein Anlaß ersichtlich ist - zu einem solchen Ausfall kommen, so könnte allerdings ein - dem Sinn und Zweck der Regelung nicht entsprechender - Rückgriff der Beklagten auf den im Grund nur formal zurückzahlungspflichtigen Empfänger des Kg jeweils nach den Umständen des Falles als rechtsmißbräuchlich angesehen werden.
Da die angefochtenen Bescheide somit auch hinsichtlich der Rückforderung nicht rechtswidrig sind, muß die Klage in vollem Umfang abgewiesen werden. Obgleich das Urteil des LSG nur hinsichtlich der Rückforderung angefochten ist, erscheint dabei die Aufhebung beider vorinstanzlicher Urteile zur Vermeidung von Unklarheiten wegen ihrer Tenorierung geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen