Beteiligte
Bahnversicherungsanstalt, Bezirksleitung Berlin |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 20. März 1998 wird insoweit zurückgewiesen, als er höhere Rente begehrt, weil die Beklagte „den Zugangsfaktor von 1,0 auf den Steigerungsfaktor 1,5 zu ändern” habe.
2. Im übrigen werden das vorgenannte Urteil des Landessozialgerichts und das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. Mai 1997 aufgehoben. Der Bescheid vom 3. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1996 wird aufgehoben, soweit der Wert der Altersrente des Klägers ab 1. März 1995 auf höchstens 1.782,20 DM festgesetzt worden ist. Der Rechtsstreit wird zur Entscheidung über die Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung eines Arbeitsverdienstes von mehr als 600 Mark monatlich in der Zeit vom 1. März 1971 bis zum 31. Dezember 1973 an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist der Wert eines Rechts auf Altersrente, das dem Kläger ab 1. März 1995 zusteht, näherhin die Höhe des in den gleichgestellten Beitragszeiten vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1973 versicherten Arbeitsentgelts.
Der im Februar 1935 geborene Kläger war von Februar 1959 bis Juni 1990 bei der Deutschen Reichsbahn (DR) der DDR sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Zum 1. Januar 1974 trat er der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei. Antragsgemäß bewilligte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ihm ab März 1995 ein Recht auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit) und setzte den monatlichen Wert auf 1.782,20 DM fest (Bescheid vom 3. März 1995). Der Wertfestsetzung legte sie für die gleichgestellten Beitragszeiten vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1973 ein versichertes Arbeitsentgelt nur bis zu 600,- Mark der DDR monatlich zugrunde, weil der Kläger in dieser Zeit der FZR nicht beigetreten und keine FZR-Beiträge für Verdienste über 600,- Mark monatlich gezahlt habe. Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Anrechnung seiner vollen Arbeitsverdienste von März 1971 bis Ende 1973; ferner verlangte er, bei der Wertermittlung einen Steigerungssatz von 1,5 als zusätzlichen Faktor einzusetzen, weil gleiches in der Eisenbahnerversorgung der DDR vorgesehen gewesen sei. Der Rechtsbehelf wurde durch Widerspruchsbescheid vom 12. April 1996 zurückgewiesen. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Neuruppin vom 13. Mai 1997; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ für das Land Brandenburg vom 20. März 1998).
Der Kläger hat die – vom LSG zugelassene – Revision eingelegt und rügt eine Verletzung des § 256a Abs 2 und 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) sowie des § 11 Abs 3 der Verordnung über die Pflichten und Rechte der Eisenbahner (Eisenbahner-Verordnung ≪EPVO≫) der DDR vom 28. März 1973 (GBl I Nr 25 S 217).
Er beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 20. März 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. Mai 1997 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 3. März 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1996 zu verurteilen, den in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1973 erzielten tatsächlichen Arbeitsverdienst bis zur Beitragsbemessungsgrenze des § 260 Satz 2 SGB VI der Rentenberechnung zugrunde zu legen sowie den Zugangsfaktor von 1,0 auf 1,5 anzuheben.
Die Beklagte, die das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend hält, beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Senat hat den Beteiligten eine von ihm erstellte Übersicht über die Gegebenheiten der Eisenbahner- und Postversorgung in der DDR zugesandt (Blatt 52 bis 66 der BSG-Akte). Diese ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; die Beteiligten haben erklärt, ihr Inhalt treffe zu.
II
Die Revision des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit der Kläger begehrt, den Zugangsfaktor von 1,0 auf 1,5 anzuheben. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Der Senat tritt den zutreffenden Ausführungen des LSG in dem angefochtenen Berufungsurteil (S 17 f im Umdruck) bei.
Im übrigen, also hinsichtlich des Begehrens auf Berücksichtigung höherer versicherter Arbeitsentgelte in dem umstrittenen Zeitraum, ist die Revision im Sinne der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen sowie des angefochtenen Verwaltungsaktes über die Festsetzung des (monatlichen) Rentenwertes und im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht zur Entscheidung über die Gewährung einer höheren Rente aus versicherten Arbeitsentgelten von mehr als 600,- Mark monatlich im streitigen Zeitraum zurückverwiesen. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen zwar aus zu entscheiden, daß die Anfechtungsklage gegen die in der Festsetzung des monatlichen Wertes der Rente liegende Höchstregelung begründet ist, weil der Kläger im streitigen Zeitraum über 600,- Mark monatlich liegende und nach Maßgabe des § 256a SGB VI beachtlich „versicherte” Arbeitsentgelte bezogen hat; sie lassen aber hinsichtlich der zulässig mit der Anfechtungsklage verbundenen allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht einmal den Erlaß eines Grundurteils iS von § 130 Satz 1 Regelung 1 SGG zu, weil nicht feststeht, wie hoch die nach Eisenbahnerversorgungsrecht in der Sozialpflichtversicherung der DDR zusätzlich versicherten Arbeitsentgelte waren. Mit der Festsetzung eines (dynamisierbaren) monatlichen Werts des Rechts auf Altersrente von 1.782,20 DM, aus dem nach Einbehaltung des Beitragsanteils des Klägers zu seiner Krankenversicherung und zu seiner Pflegeversicherung sich ein zur Auszahlung anstehender Monatsbetrag von 1.657,45 DM ergab, hat die Beklagte eine Höchstbetragsregelung getroffen, die der Kläger zulässig und begründet mit der Anfechtungsklage angefochten hat. Weil er nach den Feststellungen des LSG schon vor dem streitigen Zeitraum eisenbahnerversorgungsberechtigt war und demgemäß bis Ende 1973 sein monatlicher Tariflohn in voller Höhe Grundlage für die Berechnung einer Invaliden- oder Altersversorgungsrente war, und weil er im streitigen Zeitraum mehr als 600,- Mark monatlich verdient hat, steht bereits jetzt fest, daß höhere versicherte Arbeitsentgelte in die Feststellung des Werts des Rechts auf Rente rentensteigernd einzugehen hatten. Die Spruchreife der zulässigen Leistungsklage muß allerdings noch durch weitere tatsächliche Feststellungen des LSG über die Höhe des vom Kläger im streitigen Zeitraum oberhalb von 600,- Mark monatlich erzielten Tariflohns herbeigeführt werden.
Der Senat hat in seinen Urteilen vom 10. November 1998 (B 4 RA 32/98 R; B 4 RA 33/98 R, beide zur Veröffentlichung vorgesehen und in der Anlage beigefügt) im einzelnen geklärt, daß bei Bediensteten der Deutschen Post (DP) und der DR, die mehr als zehn Jahre ununterbrochen beschäftigt und deshalb in der Eisenbahner- oder Postversorgung berechtigt gewesen waren, auch ihre über 600,- Mark monatlich liegenden Arbeitsentgelte in der Sozialpflichtversicherung der DDR wie folgt versichert waren: Vor dem 1. Januar 1974 war ihr Tariflohn/Grundlohn – unabhängig von einem Beitritt zur FZR – in voller Höhe versichert. Ab Januar 1974 waren grundsätzlich Arbeitsentgelte nur noch bis zu 900,- Mark der DDR monatlich versichert. Wer vor dem 1. Januar 1974 bereits mehr als zehn Jahre ununterbrochen beschäftigt gewesen war und damit eine Berechtigung auf eine sog Alte Versorgung erlangt hatte, konnte den Versicherungsschutz für sein volles Arbeitsentgelt ab 1974 nur noch durch Beitritt zur FZR und Zahlung entsprechender FZR-Beiträge aufrechterhalten. Ohne Beitritt zur FZR war allerdings, wenn der Arbeitsverdienst über 900,- Mark der DDR lag, weiterhin statisch versichert entweder der Tariflohn/Grundlohn, den der Bedienstete im Dezember 1973 erhalten hatte, oder – wenn dies günstiger war – der Durchschnittstariflohn/Durchschnittsgrundlohn der Jahre 1969 bis 1973. Im Falle des Klägers, bei dem ausschließlich die Höhe der versicherten Arbeitsentgelte vor 1974 streitig ist, kommt es mithin darauf an, welchen Tariflohn er von März 1971 bis Dezember 1973 bezogen hat; dieser ist versicherter Arbeitsverdienst iS von § 256a SGB VI und gemäß Abs 1 aaO zu behandeln.
Das Berufungsgericht wird den maßgeblichen Tariflohn des Klägers im streitigen Zeitraum feststellen müssen.
Dem Berufungsgericht bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens vorbehalten.
Fundstellen