Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung des § 37c Abs 1 AVG
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Berücksichtigung bestimmter Zeiten bei Berechnung einer Rente, die ohne diese Zeiten zur Besitzstandswahrung in bisheriger Höhe weitergezahlt, aber nach "richtigen Berechnungsmerkmalen" angepaßt wird.
2. Eine beitragslose Zeit trifft nach § 1260c Abs 1 RVO (= § 37c Abs 1 AVG) idF des RAG 1985 auch dann mit einer beamtenrechtlichen Dienstzeit zusammen und bleibt bei der Rentenberechnung unberücksichtigt, wenn die beamtenrechtliche Versorgung ohne sie aufgrund günstigerer landesrechtlicher Vorschriften errechnet wird.
Orientierungssatz
Die rückwirkende Anwendung des § 37c Abs 1 AVG in der vom 1.7.1985 an geltenden Fassung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip.
Normenkette
RVO § 1260c Abs 1 Fassung: 1985-06-05; AVG § 37c Abs 1 Fassung: 1985-06-05; BeamtVG § 78 Abs 1; SGG § 53; GG Art 20
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 25.11.1986; Aktenzeichen L 11 An 193/85) |
SG München (Entscheidung vom 21.05.1985; Aktenzeichen S 2 An 216/85) |
Tatbestand
Streitig ist, ob Ersatzzeiten wegen Zusammentreffens mit ruhegehaltfähigen Zeiten nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei der Rentenberechnung unberücksichtigt bleiben dürfen (§ 37c Abs 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG = § 1260c Abs 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO).
Der im Juli 1918 geborene Kläger leistete vom 31. August 1939 bis Oktober 1941 Kriegsdienst, befand sich dann wegen einer Verwundung bis Januar 1942 im Lazarett und war anschließend noch bis September 1942 arbeitsunfähig krank. Danach setzte er seine Schul- und Berufsausbildung bis zum Abschluß des Studiums der Wirtschaftswissenschaften mit der Diplomprüfung fort.
Im Oktober 1948 trat der Kläger als Angestellter in die B. S. ein, im Dezember 1953 wurde er dort als Beamter übernommen und war ab 1971 wieder als Angestellter beschäftigt, bis er mit dem 31. Juli 1980 ausschied. Seitdem erhält er von der Bezirksfinanzdirektion M. Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen.
Die Beklagte gewährte dem Kläger, ausgehend von einem am 31. Juli 1980 eingetretenen Versicherungsfall, ab 1. August 1980 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 24. Oktober 1980). Nachdem die Versorgungsdienststelle eine neue, auch den Kriegsdienst erfassende Auskunft über ruhegehaltfähige Dienstzeiten erteilt hatte, stellte die Beklagte die Rente von Beginn an mit dem Hinweis auf § 37c Abs 1 AVG neu fest und forderte den sich daraus ergebenden Überzahlungsbetrag zurück (Bescheid vom 6. Oktober 1983). In einer "Mitteilung" vom 2. November 1983 wies sie den Kläger darauf hin, daß die richtig berechnete Rente 895,50 DM monatlich betrage, die Rente aber in der bisherigen Höhe von 951,80 DM monatlich weiterhin zur Auszahlung gelange; eine Rentenerhöhung werde erst dann möglich sein, wenn die Rente nach den richtigen Berechnungsmerkmalen den derzeitigen zu hohen Zahlbetrag übersteige.
Mit dem streitigen Bescheid vom 23. November 1983 wandelte die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente mit Wirkung vom 1. August 1983 in das Altersruhegeld (wegen Vollendung des 65. Lebensjahres) um. Wiederum blieben die Ersatzzeiten vom 31. August bis zum 6. Dezember 1939, vom 26. Januar bis zum 2. September 1940 und vom 12. September 1940 bis zum 20. Januar 1941 bei der Rentenberechnung unberücksichtigt; es wurde aber anstatt der errechneten Rente von nunmehr monatlich 812,90 DM wiederum der bisherige Zahlbetrag (951,80 DM) weitergewährt. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte ua mit dem Hinweis auf die geplante Neufassung des § 37c Abs 1 AVG zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1985).
Das Sozialgericht (SG) München hat die Beklagte verpflichtet, die Zeit vom 31. August 1939 bis zum 10. Oktober 1941, vom 1. November 1941 bis zum 20. Januar 1942 und vom 1. Februar bis zum 30. September 1942 als Ersatzzeit der Berechnung der Rente zugrunde zu legen. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 25. November 1986 zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils weise allerdings insofern Mängel auf, als bereits von der Beklagten zugrundegelegte Zeiten (17. Dezember 1939 bis 25. Januar 1940, 3. September bis 11. September 1940 und 1. Februar bis 30. September 1942) aufgeführt worden, andererseits Teilmonate "ausgespart" geblieben seien. Einer Berichtigung bedürfe es aber nicht, weil das SG erkennbar die Beklagte zur Berücksichtigung weiterer als der bereits anerkannten Zeiten habe verpflichten wollen; mit dem erstinstanzlichen Urteil sei eine zusammenhängende Ersatzzeit vom 1. September 1939 bis zum 30. September 1942 anerkannt worden. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage bestehe, obwohl der Kläger eine nach § 31 Abs 2 iVm § 30 Abs 2 Satz 5 AVG besitzstandsgeschützte Rente beziehe; denn die Beklagte habe eine "Mitteilung" nach § 48 Abs 3 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB 10) erteilt, künftige Erhöhungen nach Rentenanpassungsgesetzen bis zum Erreichen des richtigen Zahlbetrages auszusparen. In der Sache habe das SG zutreffend entschieden, daß die Ersatzzeit der beamtenrechtlichen Versorgung nicht "zugrundegelegt" gewesen sei und daher bei der Rente habe berücksichtigt werden müssen. Die Versorgungsbezüge des Klägers beruhten nicht auf §§ 4 ff des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) vom 24. August 1976 (BGBl I 2485), sondern nach § 78 Abs 1 BeamtVG iVm Art 208 Abs 5 des Bayerischen Beamtengesetzes vom 18. Juli 1960 - BayBG 1960 (GVBl 161) auf Art 79 Abs 5 iVm Art 98 ff des Bayerischen Beamtengesetzes vom 28. Oktober 1946 - BayBG 1946 (GVBl 349). Es handele sich um eine besitzgeschützte "Alternativberechnung", wonach die Ersatzzeit nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit vorgesehen gewesen sei; die gegenüber dem BeamtVG günstigere Berechnung ergebe sich aus der höheren Bewertung der ruhegehaltfähigen Dienstjahre (Hinweis auf die zur gleichen Rechtslage ergangenen Urteile des Bundessozialgerichts -BSG- vom 1. Dezember 1983 - 4 RJ 97/82 = SozR 2200 § 1260c Nr 10 und vom 29. August 1984 - 11 RA 64/83 = aaO Nr 16). An dieser Rechtslage habe die seit dem 1. Juli 1985 geltende Neufassung des § 37c Abs 1 AVG, die alle nach dem 31. Dezember 1979 eingetretenen Versicherungsfälle erfasse, nichts geändert. Nunmehr werde auf das Zusammentreffen mit Zeiten abgestellt, die bei einer Versorgung ruhegehaltfähig sind; die Begriffe "zugrundegelegt" und "ruhegehaltfähig" seien aber gleichbedeutend. Zwar möge dem Gesetzgeber vorgeschwebt haben, Fälle wie den des Klägers in die geänderte Regelung einzubeziehen; im Gesetzeswortlaut sei dies aber nicht zum Ausdruck gebracht worden.
Die Beklagte rügt zur Begründung der - vom LSG zugelassenen - Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie könne sich nicht der Rechtsprechung des BSG anschließen (Hinweis auf die genannten Urteile sowie die Entscheidung des 1. Senats vom 12. April 1984 - 1 RA 81/83 = SozR 2200 § 1260c Nr 14); abgesehen davon aber würden ohne Zweifel vom Träger der Versorgungslast derartige Zeiten als ruhegehaltfähig anerkannt, auch wenn sich bei der Vergleichsberechnung das frühere Landesrecht als günstiger erweise. Deshalb habe der Gesetzgeber klarstellend den Wortlaut der Vorschrift geändert.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts München vom 21. Mai 1985 die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht haben die Vorinstanzen entschieden, daß die streitigen Ersatzzeiten bei der Berechnung des Altersruhegeldes zu berücksichtigen seien.
Die Klage ist teilweise unzulässig, im übrigen unbegründet.
Das LSG hat rechtswidrig in der Sache selbst über den gesamten Anspruch entschieden und außer acht gelassen, daß es für einen Teil des Anspruchs am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Dabei ist unerheblich, daß die Beklagte ihre Revision nicht auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis gestützt hat (vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG). Denn auch im Rahmen einer (zulässigen) Revision ist von Amts wegen zunächst zu prüfen, ob ein in der Revisionsinstanz fortwirkender, im öffentlichen Interesse zu beachtender Verstoß gegen verfahrensrechtliche Grundsätze vorliegt. Zu den unverzichtbaren Voraussetzungen gehört die Zulässigkeit der Klage, die ihrerseits das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses voraussetzt (zB in letzterer Zeit BSGE 49, 197, 199; BSG SozR 1500 § 53 Nr 2 S 3; SozR 2200 § 1260c Nr 6 S 12 f).
Obwohl dem streitbefangenen Bescheid über das Altersruhegeld vom 23. November 1983 auch die Ersatzzeiten vom 17. Dezember 1939 bis zum 25. Januar 1940 (zwei Monate), vom 3. September bis zum 11. September 1940 (ein Monat) und vom 21. Januar bis zum 30. September 1942 (neun Monate) zugrundeliegen, hat das SG München antragsgemäß die Beklagte verurteilt, (auch) diese Zeiten "als Ersatzzeit der Berechnung der Rente zugrunde zu legen." Die Beklagte ist also insoweit zu etwas verpflichtet worden, das sie bereits getan hatte. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß hierfür staatliche Gerichte nicht in Anspruch genommen werden können. Zwar hat das LSG den Tenor des SG-Urteils eingehend untersucht und dessen Mängel herausgestellt, und ihm mag zuzustimmen sein, daß der Tenor nicht formal hätte berichtigt werden müssen, soweit - umgekehrt - (nur) Teilmonate umfassende Ersatzzeiten "ausgespart" geblieben sind, weil diese Kalendermonate ohnehin bereits mit einem Pflichtbeitrag (August 1939) oder mit einer Ersatzzeit "belegt" (vgl § 35 Abs 2 S 1 AVG) und somit grundsätzlich anrechnungsfähig sind; nicht gefolgt werden kann aber dem Berufungsgericht, wenn es meint, mit dem erstinstanzlichen Urteil sei zulässigerweise "eine zusammenhängende Ersatzzeit vom 1. September 1939 bis 30. September 1942 anerkannt worden."
Im übrigen ist die Klage zulässig. Um dies beurteilen zu können, ist zunächst festzuhalten, daß Gegenstand dieses Verfahrens nur der Altersruhegeldbescheid vom 23. November 1983 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides), nicht auch der vorangegangene Bescheid über die Neufeststellung der Erwerbsunfähigkeitsrente vom 6. Oktober 1983 (mit der Modifizierung zu Gunsten des Klägers, die er durch die Mitteilung vom 2. November 1983 erhalten hat) ist. Die Erwerbsunfähigkeitsrente entgegen dem im SG-Verfahren formulierten Antrag mit einzubeziehen, besteht auch mit Blick darauf kein Anlaß, daß das Gericht - auch das Revisionsgericht - über den erhobenen Anspruch (das Klagebegehren) entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG iVm §§ 165, 153 Abs 1 SGG). Denn mit Wirkung vom 1. August 1983 ist die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit durch das Altersruhegeld abgelöst worden, und auf die Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente, die zuletzt zum 1. Juli 1983 auf den monatlichen Zahlbetrag von 951,80 DM angehoben worden war, bleibt die streitige Berücksichtigung der Ersatzzeiten und damit der Ausgang dieses Verfahrens ohne Einfluß.
Danach konzentriert sich die Frage nach der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich der von der Beklagten nicht (mehr) berücksichtigten Ersatzzeiten darauf, ob dem Kläger der Rechtsschutz für eine Klage gegen den Bescheid vom 23. November 1983 zuzubilligen ist, obgleich dem Bescheid zufolge "die Rente ...in der bisherigen Höhe weitergezahlt" wurde, es also bei dem Zahlbetrag von monatlich 951,80 DM verblieb und dem Kläger jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses jenes Bescheids monatliche Rentenbeträge gezahlt wurden, wie sie auch bei Berücksichtigung der streitigen Ersatzzeiten nur hätten geleistet werden können.
Gleichwohl ist das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen. Dafür kann es schon genügen, daß - wie der 1. Senat des BSG im Urteil vom 22. September 1981 - 1 RA 109/76 (= SozR 1500 § 77 Nr 56 S 49) in etwas anderem, aber vergleichbarem Zusammenhang ausgeführt hat - der Verfügungssatz eines Bescheides "berührt wird", weil es einen rechtlich wesentlichen Unterschied macht, ob eine Rentenleistung als das Ergebnis einer Berechnung oder aber lediglich im Wege der Besitzstandswahrung anstelle eines an sich nur zustehenden niedrigeren Betrages gewährt wird (vgl auch aaO S 46 mit der Erwägung unter Hinweis auf Urteile des 5. Senats, die Bindungswirkung eines Rentenbescheides auch auf solche Elemente zu beziehen, die, wie etwa die Feststellung von Versicherungszeiten, der gesonderten Regelung durch einen der Bindung fähigen Verwaltungsakt außerhalb eines Leistungsfeststellungsverfahrens zugänglich sind). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß die Beklagte mit der dem Altersruhegeldbescheid vorangegangenen Mitteilung vom 2. November 1983 nicht nur das "Einfrieren" der gewährten Leistung angekündigt, sondern bereits ein verwaltungstechnisches Verfahren in Gang gesetzt hat, aufgrund dessen nurmehr der nach "richtigen Berechnungsmerkmalen" ermittelte (niedrigere) Zahlbetrag angepaßt werden sollte. Damit ist bereits im Bescheid vom 23. November 1983 eine Beeinträchtigung der Rechtsposition des Klägers bewirkt worden, die den Rechtsschutz auf Klage rechtfertigt. Das belegt die Tatsache, daß schon bis zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG weitere Rentenanpassungsgesetze in Kraft getreten sind, aufgrund derer die Beklagte die Rente jeweils zum 1. Juli 1984 (RAG 1984 vom 27. Juni 1984, BGBl I 793), zum 1. Juli 1985 (RAG 1985 vom 5. Juni 1985, BGBl I 913) und zum 1. Juli 1986 (RAG 1986 vom 13. Mai 1986, BGBl I 697) bereits angepaßt hatte.
Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß ein Rechtsschutzbedürfnis hier nicht deshalb entfällt, weil bei Umwandlung der Erwerbsunfähigkeitsrente in das Altersruhegeld mindestens der bisherige monatliche Rentenzahlbetrag gewährt wird (§ 31 Abs 2 Satz 2 iVm § 30 Abs 2 Satz 5 AVG). Zwar ist im Urteil des BSG vom 24. März 1983 - 1 RA 5/82 (= SozR 2200 § 1260c Nr 6, vgl Leitsatz und S 14 ff) in einem solchen Fall das Rechtsschutzinteresse verneint worden, wenn als Altersruhegeld der besitzgeschützte Zahlbetrag der Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt wird, bei deren Berechnung die - nunmehr nach § 37c Abs 1 AVG ausgeklammerten - Ersatzzeiten berücksichtigt gewesen sind. Jenem Urteil lag indessen ein anderer Sachverhalt zugrunde schon insofern, als dort zum Zeitpunkt der Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente § 37c Abs 1 AVG noch nicht existiert hatte, die Ersatzzeiten rechtmäßig berücksichtigt worden waren und der Zahlbetrag an weiteren Rentenanpassungen uneingeschränkt teilnehmen sollte. Hier dagegen war die streitige Ersatzzeit - jedenfalls aus der Sicht der Beklagten - zunächst der Erwerbsunfähigkeitsrente zu Unrecht zugrundegelegt worden, weil die Versorgungsbehörde ursprünglich keine Militärdienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeiten angegeben hatte. Konnte aber die vor der Umwandlung gewährte Rente, weil die Voraussetzungen des § 45 SGB 10 nicht vorlagen, nicht "berichtigt", sondern nur "eingefroren" werden (§ 48 Abs 3 SGB 10), so ist zwar auch die umgewandelte Rente - hier das Altersruhegeld - mindestens in Höhe des "eingefrorenen" Betrags zu gewähren; das Altersruhegeld kann aber erst dann erhöht werden, wenn der "richtig" berechnete Betrag den Zahlbetrag erreicht hat (vgl VDR-Komm, Stand 1/1986, § 1253 RVO, Anm 131; Koch/Hartmann, AVG, § 30 AVG Anm E 3.2).
Von untergeordneter Bedeutung ist die Einordnung der erhobenen Klage in das Klagesystem der §§ 54, 55 SGG. Eine (unechte) Leistungsklage scheidet aber aus, wie sich bereits aus obigen Darlegungen ergibt; das Klagebegehren ist weder auf eine andere noch auf eine höhere Leistung gerichtet. Ob indessen der Kläger (neben der Anfechtungsklage) mit seinem prozessualen Anspruch den Erlaß eines für ihn günstigeren bestimmten anderen, von der Beklagten "abgelehnten" Verwaltungsaktes (Bescheides) begehrt, also eine Vornahmeklage erhoben hat (vgl § 54 Abs 1 Satz 1 SGG; SozR 2200 § 1265 Nr 82 S 273), oder ob eine Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) in Betracht kommt (vgl BSG SozR Nr 44 zu § 55 SGG), kann als für die Entscheidung und ihre Auswirkungen unerheblich offenbleiben.
Die Klage ist jedoch, soweit zulässig, unbegründet. Es geht darum, ob beitragslose Zeiten (hier die oben näher gekennzeichneten Ersatzzeiten) im Rahmen des § 37c Abs 1 AVG bei der Rentenberechnung unberücksichtigt bleiben müssen, obgleich sie - weil sich gemäß § 78 Abs 1 BeamtVG die Versorgungsbezüge nach einer Vergleichsberechnung aus den günstigeren (früheren) landesrechtlichen Bestimmungen errechnen und danach militärischer Dienst keine ruhegehaltfähige Dienstzeit ist - für die Berechnung der beamtenrechtlichen Versorgung nicht relevant gewesen sind. Das BSG hat diese Frage in mehreren Urteilen verneint, sich also gegen die Ausklammerung dieser Zeiten bei der Rentenberechnung ausgesprochen (vgl Urteile des 4. Senats vom 1. Dezember 1983 - 4 RJ 97/82 = SozR 2200 § 1260c Nr 10, des 1. Senats vom 12. April 1984 - 1 RA 81/83 = aaO Nr 14 und des 11. Senats vom 29. August 1984 - 11 RA 64/83 = aaO Nr 16). Allerdings sind alle diese Entscheidungen noch zu § 1260c RVO bzw § 37c AVG in seiner ursprünglichen, durch das 20. RAG mit Wirkung vom 1. Januar 1980 eingeführten Fassung (seit dem 1. Januar 1983 infolge Anfügung des Abs 2 durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 20. Dezember 1982, BGBl I 1857: Abs 1) ergangen. Danach blieben "Ersatzzeiten... bei der Berechnung der Versichertenrente ... unberücksichtigt, soweit sie bei einer Versorgung aus einem vor dem 1. Januar 1966 begründeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften zugrundegelegt sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalls zugrundegelegt werden." Inzwischen - durch Art 2 Nr 4 des RAG 1985 vom 5. Juni 1985 (BGBl I 913) - wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1985 (Art 11 RAG 1985) § 1260c Abs 1 RVO (gleichlautend § 37c Abs 1 AVG) neu gefaßt. Nunmehr bleiben "Ersatzzeiten ...bei der Rentenberechnung unberücksichtigt, soweit sie mit Zeiten zusammentreffen, die bei einer Versorgung aus einem vor dem 1. Januar 1966 begründeten a) öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder b) Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen ruhegehaltfähig sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalles als ruhegehaltfähig anerkannt werden". Nach der gleichzeitig geänderten Übergangsvorschrift des Art 2 § 14b Abs 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) gilt § 37c Abs 1 AVG in der vom 1. Juli 1985 an geltenden Fassung auch für Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 1979, es sei denn, über einen Anspruch ist eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung getroffen worden. Demgemäß findet die Neufassung auch hier Anwendung. Denn über den Anspruch auf ausführlicher Begründung zu § 1260c Abs 2 RVO (= § 37c Abs 2 AVG) entschieden (Urteil vom 30. Oktober 1985 - 5b RJ 16/85 = SozR 2200 § 1260c Nr 19); dem schließt sich der erkennende Senat an. Nichts anderes kann für den hinsichtlich der Rückwirkung vergleichbaren Abs 1 des § 37c AVG gelten.
Entgegen der Auffassung des LSG ist mit der Neufassung des § 37c Abs 1 AVG nicht lediglich eine Anpassung an den in Beamtenversorgungsgesetzen enthaltenen technischen Begriff "ruhegehaltfähig" herbeigeführt worden, so daß wegen der gleichen Bedeutung der früheren und jetzigen Fassung der Vorschrift auch die bisherige Rechtsprechung zu Fällen wie dem vorliegenden beizubehalten sei. Vielmehr ist in allen drei BSG-Entscheidungen dem Begriff der "Zugrundelegung" erhöhte Bedeutung beigemessen und darauf abgehoben worden, ob die Zeiten auch tatsächlich bei der Versorgung zugrundegelegt seien; daran fehle es, wenn sich die Versorgungsbezüge nicht auf der Grundlage dieser Zeiten errechnet hätten (vgl insbesondere SozR 2200 § 1260c Nr 10 S 26 bis 28; Nr 14 S 44, 47; Nr 16 S 60 f). Vor allem können im Gegensatz zum Berufungsgericht die Begriffe "zugrundegelegt" und "ruhegehaltfähig", sofern überhaupt vergleichbar, nicht als gleichbedeutend gewertet werden. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 1. Dezember 1983 gerade zwischen beidem unterschieden und ausgeführt (aaO S 27): "Deshalb liegt eine Zeit insoweit der Versorgung nicht zugrunde, als sie zwar zunächst als ruhegehaltfähig anerkannt worden, dann aber - wegen der Anwendung anderer Vorschriften - nach durchgeführter Vergleichsberechnung völlig ausgeklammert geblieben ist" (ebenso aaO Nr 14 S 46). Dies bedeutet, anders ausgedrückt, daß immer dann, wenn nach § 78 Abs 1 BeamtVG eine Vergleichsberechnung durchzuführen ist, ausnahmslos festgestellt werden muß, welche Zeiten im Sinne des BeamtVG "ruhegehaltfähig" sind. Das Gesetz ging also früher im Rahmen des § 37c Abs 1 AVG von der Beseitigung der "Doppelanrechnung" aus (vgl Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juni 1985 - BvL 12/83 = SozR 2200 § 1260c Nr 17), läßt aber mit der Neufassung die doppelte Anerkennung der (versorgungsrechtlich ruhegehaltfähigen) Zeit für die Nichtberücksichtigung im Rentenbereich genügen.
Zwar mag dem LSG zuzugeben sein, daß die Änderung klarer und deutlicher hätte zum Ausdruck gebracht werden können. Entscheidend ist aber, daß die Aktivität des Gesetzgebers schwerlich als nur "redaktionell" bedingt gesehen werden kann, sondern als Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG verstanden werden muß. Vor diesem Hintergrund kann auch die amtliche Begründung (vgl BT-Drucks 10/2705 S 15) nicht unberücksichtigt bleiben, wo es zunächst heißt, es werde verdeutlicht, daß es für die Anwendung der Vorschrift allein darauf ankomme, ob ruhegehaltfähige Dienstzeiten zeitgleich mit in der Rentenversicherung rechtserheblichen beitragslosen Zeiten zusammentreffen, während es auf die Auswirkung der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten für die Höhe der Versorgung nicht ankomme. Sei demnach eine Zeit für die Versorgung als ruhegehaltfähig anerkannt, so treffe sie mit einer beitragslosen Zeit auch dann zusammen, wenn ohne sie der Höchstsatz von 75 vH der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge erreicht werde oder selbst mit dieser Zeit nur der Mindestsatz von 35 vH. Schließlich heißt es wörtlich: "Sie trifft auch dann mit einer beitragslosen Zeit zusammen, wenn ohne sie die Versorgung im Wege der Vergleichsberechnung nach früheren Vorschriften zu einem günstigeren Ruhegehaltssatz führt als nach dem Beamtenversorgungsgesetz."
Somit ist der Wille des Gesetzgebers hinreichend deutlich erklärt worden. Auf die früher gemachten Ausführungen zur Sinnauslegung der Vorschrift braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden; der jetzige Gesetzeswortlaut läßt keinen Auslegungsspielraum mehr offen.
Damit war, wie geschehen, zu erkennen. Da die Entscheidung nur die Nichtberücksichtigung der streitigen Ersatzzeiten erfaßt, war der Senat weder berechtigt noch verpflichtet, sich damit zu befassen, ob der nach "richtigen Berechnungsmerkmalen" ermittelte und anzupassende Rentenbetrag bei monatlich 895,50 DM liegt (wie im Bescheid über die Erwerbsunfähigkeitsrente vom 6. Oktober 1983) oder bei 812,90 DM (wie im Bescheid über das Altersruhegeld). Deshalb braucht auch nicht darauf eingegangen zu werden, ob der niedrigere zweite Betrag, der offenbar darauf beruht, daß die nachgewiesenen Ausfallzeiten wegen fehlender Halbbelegung nicht mehr angerechnet worden sind, zutrifft (zur Frage, daß bei der Rentenumwandlung Ausfallzeiten zwar nicht nach dem Wortlaut, möglicherweise aber nach dem Grundgedanken des Gesetzes anrechenbar sind, vgl VDR-Komm, § 1253 RVO, Anm 11.4). Ebenso muß unerörtert bleiben, ob notfalls oder darüber hinaus bei der Ermittlung des "richtigen" Betrags dem Umstand Bedeutung beigemessen werden müßte, daß der Kläger seinen Antrag auf Umwandlung in das Altersruhegeld nach Erteilung des Umwandlungsbescheides innerhalb der Rechtsmittelfrist zurückgenommen, dies dann aber wieder rückgängig gemacht hat, nachdem er telefonisch darauf hingewiesen worden war, daß es bei dem "Bescheid vom 2. November 1983 inhaltlich verbleiben müßte".
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen