Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. März 1985 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Konkursausfallgeld (Kaug) hat.
Der Ehemann der Klägerin ist am 23. Januar 1981 verstorben. Zum Zeitpunkt seines Todes war er bei dem Baugeschäft v. St in K. beschäftigt. Über das Vermögen dieses Unternehmens wurde am 13. April 1981 das Konkursverfahren eröffnet. Am 13. März 1981 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr Kaug zu gewähren, da der Arbeitgeber den tarifvertraglich erworbenen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung für drei Monate nicht erfüllt habe. Die Beklagte lehnte dies ab (Bescheid vom 15. Mai 1981 und Widerspruchsbescheid vom 15. März 1982).
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung ua ausgeführt: Nach §§ 141a und 141b des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) hätten nur Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers Anspruch auf Ausgleich des ausgefallenen Arbeitsentgelts für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Die Klägerin sei nicht Arbeitnehmerin des zahlungsunfähig gewordenen Arbeitgebers. Auch § 141k Abs. 1 Satz 1 AFG könne nicht angewendet werden. Hiernach stehe, soweit die Ansprüche auf Arbeitsentgelt vor Stellung des Antrags auf Kaug auf einen Dritten übertragen worden seien, diesem der Anspruch auf Kaug zu. Zwar hänge das tarifvertraglich vereinbarte Sterbegeld in Form von drei Monatsgehältern mit dem Arbeitsverhältnis ihres verstorbenen Ehegatten zusammen. Der geltend gemachte Anspruch auf Kaug scheitere aber am Zeitpunkt der Entstehung des Sterbegeldanspruchs. Bei dem Sterbegeldanspruch handele es sich nämlich nicht um ein iS von § 141k AFG übertragenes Recht. Der verstorbene Ehemann der Klägerin habe diesen Anspruch weder erworben noch erdient. Der Sterbegeldanspruch sei auch nicht in Form eines werdenden Rechts, einer Anwartschaft oder eines aufschiebend bedingt gewesenen Anspruchs entstanden und dann auf die Klägerin übertragen worden. Vielmehr entstehe ein solcher Anspruch erst mit dem Tode des Arbeitnehmers. Dies ergebe sich aus § 6 des hier anzuwendenden Rahmentarifvertrages (RTV) für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes vom 12. Juni 1978. Der Sterbegeldanspruch könne daher nicht die Grundlage für einen Kaug-Anspruch bilden.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Klägerin die Verletzung der Vorschriften der §§ 141a, 141b und 141k AFG. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß ihr – der Klägerin – gegen den früheren Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes ein Sterbegeldanspruch zustehe. § 6 RTV regele nicht die Zahlung von Sterbegeld, sondern die Gehaltszahlung im Todesfalle. Während Sterbegeld eine Versicherungsleistung – und nicht nur nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) – sei, leite sich der Anspruch auf Entgeltzahlung aus dem Arbeitsverhältnis her. Die Weiterzahlung des Gehalts im Todesfalle setze nach den Bestimmungen des RTV das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und eines Anspruchs auf Gehalt bzw auf den nach § 4 Abs. 2 RTV zu zahlenden Zuschuß im Sterbemonat voraus. Diese Voraussetzungen hätten im konkreten Fall vorgelegen. Sie – die Klägerin – verfüge über ein rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld zu dem Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts im Sterbemonat und darüber hinaus. Voraussetzung für diesen Anspruch sei nicht eine rechtsgültige Ehe. Diese sei Voraussetzung für den Übergang des Anspruchs nach der tariflichen Anordnung. Es könne daher unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt der Anspruch in ihrer – der Klägerin – Person entstanden sein. Dies folge auch aus einem anderen Grunde: Der Anspruch auf Gehaltszahlung entsprechend § 6 RTV sei vom Arbeitnehmer ebenso erdient worden, wie der Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung erdient werde. Die höchstrichterliche Rechtsprechung habe in einem Fall der betrieblichen Altersversorgung entschieden, daß die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung auch dann gelte, wenn sie der Witwe eines Arbeitnehmers, die selbst nicht versorgungsberechtigt gewesen sei, erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt worden sei. Wenn aber Anwartschaften der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung (betriebliche Altersversorgung) in bestimmten Fällen auch dann nicht verloren gingen, wenn das Arbeitsverhältnis ende, sondern der Anspruch bestehen bleibe, weil er erdient worden sei, so seien auch die Ansprüche auf Gehaltszahlung entsprechend § 6 RTV, die ebenfalls an eine bestimmte Dauer der Treue zum Betrieb gebunden seien, als Ansprüche auf eine durch den Arbeitnehmer erdiente Entgeltzahlung zu betrachten. Zu Unrecht habe das LSG angenommen, daß der von ihrem verstorbenen Ehemann für den Fall des Todes erdiente Gehaltsanspruch nicht auf sie übergegangen sei. Insoweit verkenne das LSG den Sinn und Zweck der Regelung des § 141k AFG. Ihr stehe nach alledem der Anspruch auf das begehrte Kaug zu.
Die Klägerin beantragt,
Das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. März 1985 sowie das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 5. Mai 1983 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 1981 idF des Widerspruchsbescheides vom 15. März 1982 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Kaug in Höhe von drei Monatsgehältern ihres verstorbenen Ehemannes gemäß § 6 Ziffer 2.3 des Rahmentarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes vom 12. Juni 1978 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–).
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen sind zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß die Klägerin von der Beklagten nicht die Zahlung von Kaug verlangen kann.
Nach § 141a iVm § 141b Abs. 1 AFG hat Anspruch auf Kaug ein Arbeitnehmer, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nicht erfüllt.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nach § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes geworden ist und wegen noch nicht erfüllter Entgeltforderungen aus dessen Arbeitsverhältnis die volle Rechtsstellung wie ihr Ehemann erlangt hat. Die Klage scheitert daran, daß der Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Todesfalle nach § 6 RTV kein „Anspruch auf Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses” ist. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören gemäß § 141b Abs. 2 AFG alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die unabhängig von der Zeit, für die sie geschuldet werden, Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a der Konkursordnung (KO) sein können. Masseschulden sind aber nur solche Ansprüche der Arbeitnehmer auf die Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis mit dem Gemeinschuldner, die für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens rückständig sind (§ 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a KO). Ansprüche, die erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen und einen Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses betreffen, können nicht die Grundlage für den Kaug-Anspruch bilden (vgl. dazu Hennig/Kühl/Heuer, AFG, Kommentar, § 141b Anm. 4). Der Anspruch auf die Gehaltsfortzahlung im Todesfalle nach § 6 RTV ist ein Anspruch, der erst mit dem Tod des Arbeitnehmers, und damit mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, entsteht. Zwar ist zwischen dem Gehaltsfortzahlungsanspruch im Todesfalle und dem beendeten Arbeitsverhältnis ein rechtlicher Zusammenhang gegeben. Es handelt sich aber um einen nachgehenden Anspruch aus dem früheren Arbeitsverhältnis. Anspruchsinhaber war nie der verstorbene Arbeitnehmer, sondern der Anspruch entsteht mit dem Tode des Arbeitnehmers in der Person der Witwe oder der Kinder bzw sonstiger Unterhaltsberechtigter, die der Verstorbene überwiegend unterhalten hat (vgl. § 6 Nr. 4 RTV). Wenn dieser nachgehende Anspruch für die Hinterbliebenen auch als Gegenwert für die von dem verstorbenen Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistungen anzusehen ist – dies zeigt sich zB auch in der unterschiedlichen Dauer der Gehaltsfortzahlung entsprechend der Zeit der Betriebszugehörigkeit (vgl. § 6 Nrn 2 und 3 RTV) –, so unterliegt der Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Todesfalle gleichwohl nicht dem Schutz der Kaug-Versicherung. Sie soll lediglich für die ausgefallenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis Ausgleich gewähren, die bereits während des noch nicht beendeten Arbeitsverhältnisses bestanden.
Der erkennende Senat weicht damit nicht von der bisherigen Rechtsprechung ab. Insbesondere zum Urlaubsabgeltungsanspruch ist in der Rechtsprechung und auch im Schrifttum darauf abgestellt worden, daß Kaug nur für solche Ansprüche zu gewähren ist, die nicht erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern während des Arbeitsverhältnisses entstehen (vgl. BSGE 45, 191, 192 ff; Hess/Kropshofer, Komm zur Konkursordnung, 2. Aufl, § 141b AFG Rz 56 ff.; Hennig/Kühl/Heuer, § 141d Anm. 4). Selbst wenn man den Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Todesfalle als einen aufschiebend bedingten Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ansehen wollte, könnte die Revision keinen Erfolg haben. Zwar hat das Bundessozialgericht –BSG– (vgl. insbesondere BSGE 45, 191, 193) zum Urlaubsabgeltungsanspruch ausgeführt, daß dieser mit dem Urlaubsanspruch unter der aufschiebenden Bedingung entstehe, daß wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlte Freizeit nicht mehr gewährt werden könne. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der dadurch verursachten Unmöglichkeit, bezahlte Freizeit noch zu gewähren, trete lediglich die aufschiebende Bedingung des bereits mit dem Urlaubsanspruch entstandenen Abgeltungsanspruchs ein. Der Arbeitnehmer habe somit schon nach Erfüllung der Wartezeit eine Rechtsposition erworben, die es ihm erlaube, nach den gesetzlichen Voraussetzungen Urlaub zu verlangen oder – wenn dies, bedingt durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich werde – anstelle der bezahlten Freizeit eine Abgeltung zu beanspruchen. Während jedoch der Urlaubsabgeltungsanspruch die Zeit des bestehenden oder als fortbestehend fingierten Arbeitsverhältnisses (vgl. dazu Urteil des erkennenden Senats vom 20. August 1986 – 10 RAr 1/85 –) betrifft, gilt dies nicht für den Gehaltsfortzahlungsanspruch nach § 6 RTV. Die Zahlungen nach der genannten Bestimmung sollen nach dem Tode des Arbeitnehmers und damit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen, und zwar für einen Zeitraum, der sich unmittelbar an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anschließt.
Die Klägerin vermag auch nicht aus § 141k Abs. 1 AFG eine für sie günstige Rechtsfolge herzuleiten. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Denn der Anspruch auf die Gehaltsfortzahlung im Todesfalle nach § 6 RTV ist nicht auf die Klägerin übertragen worden. Eine Übertragung käme nur dann in Betracht, wenn ein anderer zuvor Inhaber des Anspruchs gewesen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Der Anspruch ist zwar ein nachgehender Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis des verstorbenen Ehemannes der Klägerin. Eine Übertragung des Gehaltsfortzahlungsanspruchs hat aber schon deshalb nicht stattfinden können, weil dieser Anspruch mit dem Tode des Arbeitnehmers in der Person des Ehegatten, seiner Hinterbliebenen oder sonstiger Unterhaltsberechtigter, die der Verstorbene überwiegend unterhalten hat, entsteht (§ 6 Nr. 5 RTV).
Soweit die Revision geltend macht, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung auch dann wirksam, wenn sie der Witwe eines Arbeitnehmers erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt werde, vermag dies den Klageanspruch ebenfalls nicht zu stützen. Denn die Kaug-Versicherung gilt – wie ausgeführt – nur für Ansprüche auf Arbeitsentgelt, das für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch zu zahlen gewesen ist. Versorgungsansprüche aufgrund eines beendeten Arbeitsverhältnisses – und dazu ist auch der Gehaltsfortzahlungsanspruch im Todesfalle nach § 6 RTV zu rechnen – gehören aber nicht zu den nach §§ 141a ff AFG geschützten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt.
Die Revision war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 921507 |
ZIP 1987, 796 |