Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes nach RVO § 571 Abs 1 S 1 und 2 ist grundsätzlich auch das Arbeitseinkommen zu berücksichtigen, das der Versicherte im Jahre vor dem Arbeitsunfall als griechischer Staatsangehöriger in Griechenland erzielt hat.

2. Bei der Umrechnung ausländischer Entgelte im Rahmen der Anwendung von RVO § 571 ist von der Verbrauchergeldparität (deutsches Schema) auszugehen; läßt sich die Verbrauchergeldparität nicht feststellen, so ist der Devisenkurs - Tageskurs, bei längeren Zeiträumen Mittelkurs - maßgebend, soweit nicht durch Internationales Sozialversicherungsrecht anderes bestimmt ist. Dies gilt auch für ausländische Sachbezüge, bei denen auf die jeweils maßgeblichen Sachbezugsverordnungen zurückzugreifen ist.

3. Eine Berücksichtigung ausländischer Verdienste im Rahmen von RVO § 571 Abs 1 S 1 und 2 ist im allgemeinen dann nicht iS von RVO § 577 in erheblichem Maße unbillig, wenn der Verletzte im Unfallzeitpunkt noch nicht mehr als 3 Monate in Deutschland gearbeitet hat oder wenn der Unfall erst nach ungefähr neunmonatiger Tätigkeit in der BRD eingetreten ist. In den übrigen Fällen kann die Berechnung des Jahresarbeitsverdienstes nach RVO § 571 Abs 1 S 1 und 2 in erheblichem Maße unbillig sein, wenn die tatsächlichen deutschen Verdienste mehr als doppelt so hoch sind wie der Durchschnitt der umgerechneten ausländischen Verdienste und wenn dieser Durchschnitt den Ortslohn nicht erreicht.

 

Leitsatz (redaktionell)

Der ausländische Staatsangehörige ist grundsätzlich wie der deutsche - also auch nicht besser als ein deutscher - zu stellen.

Die Berücksichtigung ausländischer Entgelte im Rahmen der Jahresarbeitsverdienstberechnung ist weder durch allgemeine Grundsätze des Völkerrechts, das Territorialitätsprinzip in der Sozialversicherung, das Steuerrecht noch durch eine etwaige räumliche Begrenzung der Rechtsnormen des RVO § 571 Abs 1 S 1 und 2 auf inländische Sachverhalts ausgeschlossen.

Erreicht oder überschreitet der ausländische Verdienst den nach RVO § 577 S 1 maßgeblichen Ortslohn zur Zeit des Arbeitsunfalles, so wird RVO § 577 S 1 in der Regel nicht iS einer Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes zum Zuge kommen, wohl aber kann diese Vorschrift bei vergleichsweise hohem ausländischem Verdienst zu einer Kürzung des erzielten Einkommens führen.

 

Normenkette

RVO § 160 Abs. 1 Fassung: 1941-07-01, § 571 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1963-04-30, S. 2 Fassung: 1963-04-30, § 575 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, § 577 S. 1 Fassung: 1963-04-30; EWGVtr Art. 58 Fassung: 1971-06-14; GG Art. 25 Fassung: 1949-05-23, Art. 23 Fassung: 1949-05-23; RFM/RAMErl 1944-09-10; SozSichAbk GRC Art. 40 Fassung: 1961-04-25

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. November 1968 unter Aufhebung der Kostenentscheidung wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 25. August 1966 verurteilt, den Jahresarbeitsverdienst des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats gemäß § 577 Reichsversicherungsordnung nach billigem Ermessen festzustellen mit der Maßgabe, daß dieser Jahresarbeitsverdienst nicht unter dem Betrag von 8.002,05 DM liegen darf.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten sämtlicher Rechtszüge zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger - ein griechischer Gastarbeiter - arbeitete nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) seit dem 23. März 1964 als Schrottsortierer in einem deutschen Metallschmelzwerk. Dort erlitt er - nach einer etwas mehr als siebenmonatigen Beschäftigung - am 27. Oktober 1964 einen Arbeitsunfall. Bis zum 26. Oktober 1964 - dem Tag vor dem Arbeitsunfall - verdiente er in dem Unfallbetrieb insgesamt 6.239,25 DM. Vor seiner Einreise war er in Griechenland zusammen mit seiner Ehefrau in der elterlichen Landwirtschaft tätig. Dort arbeitete er für das tägliche Brot.

Durch den Bescheid vom 26. Mai 1965 gewährte ihm die Beklagte eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. Der Rentenberechnung legte die Beklagte einen Jahresarbeitsverdienst (JAV) von 9.089,20 DM zugrunde. Dieser Betrag entspricht einem Arbeitseinkommen, das der Kläger erzielt hätte, wenn er vor dem Arbeitsunfall bereits ein Jahr in der BRD beschäftigt gewesen wäre. Die vorläufige Rente wurde durch den Bescheid vom 24. Februar 1966 auf eine Teilrente in Höhe von 20 v. H. der Vollrente herabgesetzt.

Mit dem Bescheid vom 25. August 1966 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Oktober 1966 eine Dauerrente in Höhe von 20 v. H. der Vollrente. Sie berechnete nunmehr die Rente nach einem niedrigeren JAV von insgesamt 7.877,25 DM. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem tatsächlich in Deutschland während der Zeit vom 23. März 1964 bis 26. Oktober 1964 erzielten Arbeitseinkommen von 6.239,25 DM und einem für die Zeit in Griechenland und in Deutschland bis zur Arbeitsaufnahme - also vom 27. Oktober 1963 bis 22. März 1964 - eingesetzten Betrag in Höhe des Ortslohnes von insgesamt 1.638,- DM (berechnet für 105 Tage bei einer Arbeitswoche von 5 Tagen nach einem Ortslohn von 15,60 DM).

Nach Abweisung der gegen die Berechnung des JAV gerichteten Klage durch das Sozialgericht (SG) Stuttgart (Urteil vom 24. Juni 1968) hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg auf die Berufung des Klägers die Entscheidung des Erstgerichts aufgehoben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25. August 1966 verurteilt, der Berechnung der Dauerrente einen JAV von 8.002,05 DM zugrunde zu legen. Im übrigen hat es die - auf einen höher festzustellenden JAV gerichtete - Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 11. November 1968).

Das LSG hat ausgeführt:

Die von der Beklagten - auch vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften empfohlene - vorgenommene Berechnungsweise nach dem Ortslohn des deutschen Beschäftigungsortes für niedrigere ausländische Arbeitseinkommen sei zweckmäßig und gerecht. Sie gehe von deutschen Verhältnissen aus und berücksichtige zugleich, daß der Verletzte während des Berechnungszeitraumes nicht dauernd in der BRD gearbeitet habe. Es seien die Ortslohnsätze zugrunde zu legen, die während der maßgeblichen Arbeitszeit im Ausland für den deutschen Beschäftigungsort festgesetzt worden seien. Maßgeblich sei nicht der Ortslohn zur Zeit des Arbeitsunfalls (§ 575 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Im Jahre 1963 habe der Ortslohn 13,50 DM betragen; er sei erst ab 1. Januar 1964 auf 15,60 DM erhöht worden. Bei der Berechnung des JAV sei insoweit von 6 Werktagen in der Woche auszugehen (§§ 575 Abs. 1, 149 Abs. 1 RVO). Somit sei für die Zeit vom 27. Oktober 1963 bis 22. März 1964 statt 1.638,- DM ein Betrag von 1.762,80 DM anzusetzen und ein JAV in Höhe von 8.002,05 DM der Berechnung der Rente zugrunde zu legen. Dieser JAV sei nicht unbillig in erheblichem Maße (§ 577 RVO).

Mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 571 Abs. 1 Satz 3 RVO. Vor seinem Arbeitsantritt in Deutschland habe er keine "irgendwie faßbare" Tätigkeit ausgeübt, da er in Griechenland kein Arbeitseinkommen in Geld bezogen habe. Sein JAV sei demnach ausschließlich nach seinen deutschen Verdiensten gemäß § 571 Abs. 1 Satz 3 RVO zu berechnen und betrage somit 9.089,20 DM. Der Hilfsantrag, einen JAV von 8.204,85 DM festzusetzen, geht nicht von einem Ortslohn in Höhe von 13,50 DM, sondern von einem Ortslohn von 15,60 DM aus.

Der Kläger beantragt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Berechnung der Dauerrente einen Jahresarbeitsverdienst von 9.089,20 DM, hilfsweise 8.204,85 DM zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Kläger sei auch in Griechenland schon "tätig" gewesen.

II

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete, durch Zulassung statthafte Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist in der Sache auch zum Teil begründet.

Streitig ist die Berechnung des JAV, der für die Berechnung der Dauerrente maßgeblich ist (Bescheid vom 25. August 1966).

Die Revision ist nicht deshalb bereits begründet, weil die Beklagte etwa auch bei der Berechnung der Dauerrente von dem bereits in den Bescheiden über die vorläufigen Renten vom 26. Mai 1965 und 24. Februar 1966 festgestellten höheren, ausschließlich nach den deutschen Verdiensten errechneten JAV auszugehen hätte. Bei der Feststellung der Dauerrente war die Beklagte an den früher festgesetzten und höheren JAV nicht gebunden (Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 5 zu § 570 RVO). Zwar ist die Festsetzung des JAV als gesonderte Feststellung der Bindungswirkung fähig. Dies gilt aber nicht, wenn - wie hier - gem. § 1585 Abs. 2 Satz 2 RVO der für die Dauerrente maßgebliche JAV abweichend von dem für die Feststellung der vorläufigen Renten zugrunde gelegten JAV festgesetzt wird. Gem. § 1585 Abs. 2 Satz 2 RVO ist für die erste Feststellung der Dauerrente - hier geschehen durch den Bescheid vom 25. August 1966 - die vorher getroffene Feststellung der Grundlagen für die Rentenberechnung, zu denen die Berechnung des JAV gehört (BSG 5, 96 (100)), nicht bindend (vgl. hierzu insbes. BSG SozR Nr. 1 zu § 570 RVO).

Der Kläger rügt aber im Ergebnis zutreffend, daß der seiner Dauerrente zugrunde gelegte JAV unrichtig berechnet worden ist. Entgegen seiner Ansicht ist allerdings der JAV nicht nach § 571 Abs. 1 Satz 3 RVO - also lediglich nach den Einkommensverhältnissen auf Grund seiner Tätigkeit in der BRD zur Zeit des Arbeitsunfalls - deshalb zu berechnen, weil seine ohne Barlohn und nur durch Sachbezüge (Unterkunft und Verpflegung) abgegoltene Tätigkeit in der elterlichen Landwirtschaft in Griechenland keine "irgendwie faßbare" Tätigkeit darstelle. Auch Sachbezüge, die gem. § 160 Satz 1 RVO Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sind, gehören zu dem Arbeitseinkommen, das bei der Berechnung des JAV Berücksichtigung findet. Demnach ist es auch nicht zu beanstanden, wenn das LSG den Kläger bereits vor seiner Einreise in die BRD als "tätig" im Sinne des § 571 Abs. 1 Satz 3 RVO angesehen und den JAV nicht nach Maßgabe dieser Vorschrift berechnet hat.

Soweit der Kläger Einkommen im Ausland während des maßgeblichen einjährigen Berechnungszeitraums vor dem Arbeitsunfall bezogen hat, ist dieses Arbeitseinkommen bei der Berechnung des JAV gem. § 571 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO heranzuziehen. Seiner Berücksichtigung stehen Vorschriften des Internationalen Sozialversicherungsrechts nicht entgegen (vgl. hierzu unter III). Auch nach Art. 25 des Grundgesetzes (GG) beachtliches Völkerrecht und das für die Sozialversicherung als maßgeblich angesehene Territorialitätsprinzip sowie steuerrechtlich zu beachtende Vorschriften bei der Prüfung der Entgelteigenschaft eines Einkommensbezuges hindern die Anrechnung ausländischen Einkommens nicht; sie ist darüber hinaus auch nicht auf Grund einer der Berechnungsregel des § 571 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO etwa innewohnenden räumlichen Begrenzung auf ausschließlich inländische - deutsche - Arbeits- und Einkommensverhältnisse ausgeschlossen (vgl. hierzu unter IV).

Die vom LSG und auch von der Beklagten für richtig gehaltene Berechnungsweise - nämlich die Ersetzung des niedrigeren ausländischen Verdienstes durch den höheren deutschen Ortslohn - entspricht nicht der Vorschrift des § 571 Abs. 1 RVO. Vielmehr ist ausländisches Arbeitseinkommen zunächst nach Maßgabe der Darlegungen unter V umzurechnen. Der danach errechnete JAV kann allerdings in erheblichem Maße unbillig sein (§ 577 RVO). Dies ist hier der Fall, so daß die Beklagte zu verurteilen war, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats den JAV nach billigem Ermessen festzustellen (vgl. hierzu unter VI).

III

Der Berücksichtigung des ausländischen Einkommens im Falle des § 571 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO steht Art. 40 des seit dem 1. November 1963 in Kraft getretenen und hier somit anwendbaren Abkommens vom 25. April 1961 zwischen der BRD und dem Königreich Griechenland über Soziale Sicherheit (BGBl II 1963, 678, 1454) nicht entgegen. Danach sind - u. a. - für die Berechnung von deutschen Sozialversicherungsleistungen an griechische Staatsangehörige - wie den Kläger - die durchschnittlichen in Deutschland erzielten Entgelte maßgeblich, wenn das deutsche Recht die Berechnung der Leistungen nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt vorschreibt. Da Art. 40 aaO als lex specialis dem nationalen Recht vorgeht (vgl. hierzu insbes. Eberhard Schmidt, Die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Stellung der europäischen Wanderarbeiter im Rahmen der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Diss. 1964, S. 14; Schieffer in Arbeit und Sozialpolitik 1962, 208; BSG SozR Nr. 1 zur 3. ZV zum Abkommen Belgien, SozSich Allg. v. 7.12.1957 - Aa 1 (Aa 2 Rs. m. w. N.)), könnte dies hier bedeuten, daß - abweichend von den deutschen Berechnungsregeln der §§ 570 ff RVO - allein nach den durchschnittlichen deutschen Verdiensten die Verletztenrente des Klägers zu berechnen wäre, sofern der Berechnung des JAV nach § 571 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO Durchschnittsentgelte zugrunde liegen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Maßgeblich für die Berechnung des JAV gem. § 571 RVO ist das tatsächlich erzielte Arbeitseinkommen (vgl. Lauterbach, aaO, Anm. 2 a S. 418/1 zu § 571 RVO). Dies gilt nicht nur, soweit die Berechnung nach dem tatsächlich erzielten Entgelt gem. § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO zu geschehen hat, sondern trifft auch für den in § 571 Abs. 1 Satz 2 RVO geregelten Fall der Berücksichtigung fiktiven Einkommens zu. Auch dort ist maßgeblich das Entgelt, das der Verletzte in der sog. Ausfallzeit verdient hätte, wenn die vor der Ausfallzeit liegende Tätigkeit bis zur Aufnahme der neuen Tätigkeit fortgesetzt worden wäre (Lauterbach, aaO, Anm. 4 a zu § 571 RVO; Dörner-Jegust in BG 1963, 153, 160/161). Der nach § 571 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO berechnete JAV beruht auch nicht deshalb auf Durchschnittsentgelten, weil der Berechnung der Rente das Arbeitseinkommen im Jahre vor dem Arbeitsunfall zugrunde gelegt wird (§ 571 RVO). Denn dabei wird von dem tatsächlichen Arbeitsentgelt ausgegangen. Demgegenüber kennt die gesetzliche Unfallversicherung in anderen Fällen durchaus die Festsetzung des JAV nach Durchschnittswerten, so in §§ 780 und 841 RVO. Ob in diesen Fällen Art. 40 des deutsch-griechischen Abkommens von Bedeutung sein kann, bedarf keiner Erörterung. Diese ausdrücklichen Regelungen im 3. Buch der RVO zeigen, daß im übrigen - also auch nach § 571 RVO - der JAV nicht nach Durchschnittssätzen, sondern nach dem tatsächlichen Arbeitsverdienst ermittelt wird (so auch BMA mit Erlaß vom 8.1.1971 - IV b 8 - 4022.10 - 3393/70; hierzu zustimmend Aulmann in BG 1971, 423 (427, 428)).

Auch die übrigen mit der BRD bestehenden Sozialversicherungsabkommen zwingen zu keinem gegenteiligen Ergebnis, soweit sie eine dem Art. 40 aaO ähnliche Vorschrift enthalten, wie Art. 40 des Allgemeinen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 7. Dezember 1957 mit Belgien (BGBl II 1963, 404; 1964, 10), Art. 42 des Abkommens über Soziale Sicherheit vom 29. Oktober 1959 mit Spanien (BGBl II 1961, 598, 599, 1630; vgl. hierzu auch die Urteile des erkennenden Senats vom 11. Oktober 1973 zu 8/2 RU 232/72 und 8/2 RU 180/70), Art. 37 des Abkommens vom 30. April 1964 zwischen der BRD und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit (BGBl II 1965, 1169, 1170, 1588; vgl. hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom 11. Oktober 1973 zu 8/2 RU 101/71), Art. 12 Abs. 1 des Revidierten Abkommens über die Soziale Sicherheit der Rheinschiffer vom 13. Februar 1961 (BGBl II 1969, 1357, 1359). Dies gilt auch für Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3 der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 25. September 1958 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 16.12.1958 Nr. 30, 561; BGBl II 1959, 473, 479), auf deren Grundsätzen u. a. das deutsch-griechische Sozialversicherungsabkommen im wesentlichen beruht (BT-Drucks. IV/720, S. 29), und für Art. 58 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 149 vom 5.7.1971, S. 2).

Soweit es sich um Art. 40 des Abkommens mit Belgien, Art. 42 des Abkommens mit Spanien und Art. 37 des Abkommens mit der Türkei handelt, ergibt bereits der Wortlaut dieser Vorschriften, daß sie die Berechnung des JAV nicht berühren. Diese Berechnungsregeln beziehen sich entweder auf Leistungen, für die Beitragszeiten maßgeblich sind - so das Abkommen mit Belgien und Spanien (hins. des Abkommens mit Spanien vgl. Kintzel in RVO-Gesamtkomm. - Internationales Sozialversicherungsrecht, Anm. 1 zu Art. 42 des Abkommen) - oder denen Versicherungszeiten zugrunde liegen - so das Abkommen mit der Türkei (vgl. hierzu Kintzel aaO, Anm. 1 zu Art. 37 des Abkommens) -. Bei abhängig Beschäftigten sind aber weder Beitragszeiten noch Versicherungszeiten für die Berechnung der Verletztenrente von Bedeutung. Das deutsch-jugoslawische Abkommen vom 12. Oktober 1968, in Kraft seit dem 1. September 1969, enthält keine einschlägigen Berechnungsvorschriften. Die anderen genannten sachlich annähernd dem Art. 40 des deutsch-griechischen Abkommens gleichlautenden, insbesondere auch EWG-Vorschriften lassen nach ihrem Inhalt jedenfalls nicht den Schluß zu, Art. 40 aaO müsse dem Sinne nach dahingehend ausgelegt werden, daß er an die Stelle der JAV-Berechnung nach § 571 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO zu treten habe. Dies kann schon wegen der inhaltlichen Gleichartigkeit mit Art. 40 aaO - wie ausgeführt - nicht angenommen werden. Im übrigen hat die EWG-VO 574/72, die zur Ausführung u. a. der oben genannten VO Nr. 1408/71 ergangen ist, zu deren Art. 58 Abs. 1 nichts bestimmt (vgl. Art. 70 VO 574/72).

Auch aus der Entstehungsgeschichte des deutschgriechischen Abkommens ist nicht zu entnehmen, daß Art. 40 aaO sonderrechtlich die Berechnung des JAV für griechische Staatsangehörige hat regeln wollen, sofern sie Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung haben. Das Abkommen ist vor dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) - also auch der §§ 570 ff RVO - entstanden. Damals galt gem. § 563 Abs. 2 Satz 1 RVO aF u. a. die Regelung, daß das 300fache des durchschnittlichen Verdienstes für den vollen Arbeitstag im Unternehmen als JAV anzusetzen war, sofern dies für den Verletzten sich als günstiger erwies. Daraus kann nicht gefolgert werden, Art. 40 aaO habe für griechische Staatsangehörige diese Berechnungsregel vertraglich absichern und einer Änderung durch den nationalen - deutschen - Gesetzgeber entziehen wollen. Bereits Art. 2 Abs. 2 aaO stellt klar, daß dem nationalen Gesetzgeber auch unter der Geltung des Sozialversicherungsabkommens weiterhin das im Grunde selbstverständliche Recht zukommt, die Regeln des geltenden deutschen Sozialversicherungsrechts zu ändern. Soweit die frühere Regelung des § 563 Abs. 2 Satz 1 aF nicht durch die ähnlichen Vorschriften des § 571 Abs. 1 Sätze 2 und 3 RVO nF ersetzt worden ist, hat der Gesetzgeber - wie sich auch aus der Amtlichen Begründung zu diesem Gesetz ergibt (vgl. BT-Drucks. IV/120 S. 57 zu §§ 570-578) - bewußt eine andere Regelung getroffen und "für alle grundsätzlich das Arbeitseinkommen im Jahr vor dem Unfall" als "maßgeblich" erklärt. Dabei auftretenden Unbilligkeiten sollte nach Maßgabe des § 577 RVO begegnet werden (BT-Drucks. aaO). Das Argument, das UVNG habe die Unfallverletzten nicht schlechter stellen wollen, greift sonach nicht durch. Gem. Art. 4 aaO darf der griechische Staatsangehörige - soweit das Abkommen auf ihn Anwendung findet und im Abkommen nichts anderes bestimmt ist - nicht anders behandelt werden als der deutsche Staatsangehörige. Hieraus ergibt sich zugleich, daß grundsätzlich der Grieche wie der Deutsche, also auch nicht besser als der Deutsche gestellt werden darf. Aus diesem Grunde kann bei griechischen Gastarbeitern nicht etwa deshalb der Grundgedanke des § 563 Abs. 2 Satz 1 RVO aF weiterhin angewandt werden, weil ihnen ein wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg, den sie mit ihrer Aufnahme einer Tätigkeit in Deutschland erreicht haben, erhalten bleiben müsse. Eine Berücksichtigung dieses Aufstiegs ist auch bei griechischen Gastarbeitern ebenso wie bei sonstigen nach dem 3. Buch der RVO versicherten Personen über den Rahmen der jetzt, d. h. im Zeitpunkt des Unfalls, geltenden gesetzlichen Bestimmungen hinaus nicht zulässig.

Die ganz anderen Zwecken dienende Vorschrift des § 4 Abs. 6 des Bundeskindergeldgesetzes (BGBl I 1964, 265; 1971, 65) kann in Fällen der vorliegenden Art auch nicht entsprechend angewandt werden.

IV

Die Berücksichtigung ausländischer Entgelte im Rahmen der JAV-Berechnung ist weder durch allgemeine Grundsätze des Völkerrechts, das Territorialitätsprinzip in der Sozialversicherung, das Steuerrecht noch durch eine etwaige räumliche Begrenzung der Rechtsnorm des § 571 Abs. 1 Sätze 1 und 2 RVO auf inländische Sachverhalte ausgeschlossen.

Die nach Art. 25 GG beachtlichen völkerrechtlichen Grundsätze zur territorialen Souveränität und Gebietshoheit verbieten die Einbeziehung ausländischer Entgelte in die Berechnung des JAV nicht.

Das im allgemeinen Völkerrecht begründete Recht eines Staates, über sein Gebiet beliebig verfügen zu dürfen (Verdross, Völkerrecht, 5. Aufl., 1964, S. 266 (267, 268)) - die sog. territoriale Souveränität -, kann schon seinem Wesen nach durch die Berücksichtigung ausländischer Entgelte bei der Berechnung der Verletztenrente nach der RVO nicht berührt werden. Dies gilt auch für den Grundsatz der Gebietshoheit; die dem Staat zustehende Herrschaft über einen bestimmten Raum (Verdross, aaO, S. 268) schließt dieses Recht ebenfalls ein. Schließlich gibt es auch keine völkergewohnheitsrechtlich geltende Regel, die dem Staat nur Regelungen "für sein Gebiet" gestattete und ihm im übrigen verböte, im Ausland verwirklichte Sachverhalte - wie z. B. die Erzielung von Einkommen - bei Personen, die sich auf seinem Staatsgebiet aufhalten, nach seinen staatlichen Regeln zu berücksichtigen (Wengler, Völkerrecht, Bd. II, 3. Teil, 1964, S. 937, Fußnote 1). Eine solche Berücksichtigung auslandsbezogener Sachverhalte durch die inländische Gesetzgebung muß zur eigenen Ordnung in nicht zu fern liegenden Beziehungen stehen - diese Voraussetzung ist hier gegeben; sie darf ferner im Ergebnis nicht unsinnig und grob ungerecht sein (vgl. hierzu insbesondere Dahm, Völkerrecht, Bd. I, 1958, S. 25 4 ff, 256). Dies ist hier auch nicht der Fall, weil unbillige Ergebnisse in gewissem Umfang schon durch § 575 RVO vermieden werden und andererseits durch § 577 RVO korrigierbar sind. Auch das sog. Territorialitätsprinzip in der Sozialversicherung (vgl. hierzu insbesondere AN 1916, 610; 1919, 165 (166); EuM Bd. 9, 86 (87); 11, 73; BSG 7, 257 (263); 17, 173 (177); 25, 295 (296); 33, 280 (285 ff); BVerfGE 14, 221 (237)) steht der Berücksichtigung ausländischer Entgelte bei der Berechnung des JAV nicht entgegen. Dem Begriff des Territorialitätsprinzips, das nach BVerfGE 14, 237 u. a. die - hier nicht irgendwie streitige - "Einstandspflicht (des Staates) für Unfälle" betrifft (vgl. auch RVA in AN 1916, 610, 611), kommt nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Dezember 1971 (BSG 33, 280 (285/286)) besondere Bedeutung für die Abgrenzung der Versicherungspflicht und somit des Versicherungsschutzes zu; dieses Prinzip bestätigt im übrigen im Grunde nur die Tatsache, daß die hoheitliche Wirkungsmöglichkeit eines Staates an seinen Grenzen endet (BSG 33, 285). Da hier weder Versicherungspflicht noch Versicherungsschutz streitig sind, der Kläger bzw. Gastarbeiter in den Wirkungsbereich der BRD durch seine Arbeitsaufnahme eingetreten ist und schließlich § 571 Abs. 1 RVO ausdrücklich die Berücksichtigung des Arbeitseinkommens "im Jahre vor dem Arbeitsunfall" ohne eine territoriale Einschränkung vorschreibt, hindert das Territorialitätsprinzip die Berücksichtigung fremdländischer Einkommen nicht.

Diese Auffassung steht auch im Einklang mit den Grundsätzen des sog. Internationalen Verwaltungsrechts. Ähnlich wie im Internationalen Privatrecht ist auch bei Verwaltungsrechtsnormen grundsätzlich nicht ausgeschlossen, daß sie als räumlich unbegrenzt und in ihrem Geltungswillen als "über den gesamten Bereich des Erdballs" sich erstreckend aufgefaßt werden können (Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsrechtsnorm, 1965, S. 92 f; vgl. auch v. Bar, Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts, 2. Aufl., 1889, S. 12; Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht, 1959, S. 6, Fußnote 12, der betont, daß das Tätigwerden der Behörden des Inlands - im öffentlichen Recht - nicht ausgeschlossen ist, "wenn der Sachverhalt zum Teil im Ausland wurzelt" (aaO S. 10); im Ergebnis so - wohl - auch: Neuhaus, Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts, 1962, S. 117 ff).

Auch aus dem geltenden Verfassungsrecht, insbesondere aus Art. 23 GG, ergibt sich nichts anderes (Vogel, aaO, S. 146 f; vgl. auch v. Maydell, Sach- und Kollisionsnormen im internationalen Sozialversicherungsrecht, 1967, S. 71). Mangels ausdrücklicher Regelung - wie hier - ist aus dem Sinn und Zweck der Norm, d. h. in jedem Einzelfall (vgl. v. Maydell aaO), zu ermitteln, ob sie als räumlich sich begrenzend aufzufassen ist.

Weder dem Wortlaut noch dem Sinn des § 571 RVO kann die Absicht einer solchen Selbstbegrenzung entnommen werden. Der dieser Vorschrift innewohnende Grundgedanke trifft auf im Inland wie im Ausland erzielte Entgelte in gleicher Weise zu (vgl. auch Aulmann, BG 1971, 423, 425), wobei im vorliegenden Fall noch hinzukommen mag, daß Art. 5 Abs. 1 des Abkommens mit Griechenland, wo die Gleichstellung der Personen in den beiden Hoheitsgebieten vorgesehen ist, eine Differenzierung im Sinne der Revision ausdrücklich verbietet (vgl. Kintzel aaO, Anm. 1 zu Art. 5 des Abkommens mit Griechenland).

Die Berücksichtigung ausländischer Entgelte bei der Berechnung des JAV wird schließlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß lohnsteuerrechtliche Vorschriften ihrer Besteuerung entgegenstehen könnten. Wohl folgt aus dem - jedenfalls insoweit - heute noch gültigen Gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen (RMdF) und Reichsarbeitsministers (RAM) vom 10. September 1944 (AN 1944, 281; vgl. hierzu: BSG 3, 30 (41); 6, 47 (48, 56); 22, 106; 24, 71), daß sozialversicherungsrechtlich - mithin auch in der gesetzlichen Unfallversicherung - die Entgelteigenschaft eines Einkommensbezuges sich grundsätzlich nach seiner lohnsteuerrechtlichen Behandlung richtet (Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, 1. Bd., 1965, S. 283 ff; Boeck, Der Arbeitslohn im Lohnsteuerrecht, Diss. 1968, S. 168 ff, 171; Lauterbach, aaO, Anm. 2 c zu § 571 RVO). Es kann dahinstehen, ob ausländisches Arbeitseinkommen der in der Bundesrepublik beschäftigten Personen der Lohnsteuerpflicht unterfällt. Darauf kommt es hier nicht an, weil anerkanntermaßen Umfang und Grenzen des sozialversicherungsrechtlichen und lohnsteuerrechtlichen Entgeltbegriffs auseinanderfallen können (Boeck aaO S. 170), ohne die Berücksichtigung des Einkommens als Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zu hindern. Im sozialversicherungsrechtlichen Sinne kann ein Entgelt (§ 160 RVO) auch vorliegen, wenn - wie hier möglicherweise - seine Zahlung zwar keine Lohnsteuerpflicht nach deutschen Vorschriften auslöst, aber auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird (vgl. insbesondere Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. II, 1. bis 7. Aufl., 1973, S. 310 f I).

V

Das LSG und die Beklagte haben im Fall des Klägers eine Umrechnung der ausländischen Entgelte - hier nur bestehend aus Sachbezügen - in der Weise vorgenommen, daß anstelle des niedrigeren ausländischen Entgelts der höhere deutsche Ortslohn des Beschäftigungsortes - entsprechend der Empfehlung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften - bei der Berechnung des JAV berücksichtigt worden ist. Diese Berechnungsweise würde aber entgegen § 575 Abs. 1 Satz 1 RVO ohne zureichenden Grund den ausländischen gegenüber dem deutschen Verletzten begünstigen, dessen Verdienste - auch wenn sie während gewisser Zeiten im Jahre vor dem Unfall geringer als der Ortslohn sind - in ihrer tatsächlichen Höhe dem JAV zugrunde gelegt werden (so im Ergebnis auch: Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl., Stand: Juni 1973, KZ 440 - S. 3 -). Die Anrechnung der nach § 571 RVO zu berücksichtigenden ausländischen Entgelte hat nach deutschem Recht zu erfolgen. Wenn für die aus einem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Leistungen auch bei einem Sachverhalt mit Auslandsberührung - wie hier - das deutsche Recht maßgeblich ist (vgl. hierzu insbes. BSG 33, 280 (282, 283)), so gilt dies auch für die dem Leistungsrecht zuzuordnenden Leistungsberechnungsvorschriften, wie z. B. § 571 RVO.

Wie ausländische Entgelte umzurechnen sind, ist im Gesetz nicht geregelt. Als praktikable und rechtlich auch zulässige Umrechnungsmethode bieten sich die Umrechnung nach dem Devisenkurs und nach der Verbrauchergeldparität an.

Dabei ist der Umrechnung nach der Verbrauchergeldparität (deutsches Schema) der Vorzug zu geben. Denn ein Nachteil der Umrechnung nach dem Devisenkurs besteht darin, daß er der Kaufkraft einer Währung nicht immer ausreichend gerecht wird. Dieser Nachteil wird bei der Bewertung ausländischer Währungen nach der Verbrauchergeldparität weitgehend ausgeglichen. Anders als für die Kriegsopferversorgung (KOV) bereits entschieden (BSG SozR Nr. 1 zu § 64 c BVG) ist es hier nicht geboten, nur bei krassem Mißverhältnis zwischen Devisenkurs und Kaufkraftwert die Umrechnung nach der Verbrauchergeldparität zuzulassen.

Grundsätzlich sind der Feststellung der Verbrauchergeldparität ausschließlich amtliche Ermittlungsergebnisse zugrunde zu legen, da im allgemeinen nur amtliche Stellen - wie insbes. das Statistische Bundesamt - über das notwendige Tatsachenmaterial verfügen, den erforderlichen Sachverstand besitzen und die Gewähr dafür bieten werden, daß nach objektiven Maßstäben verfahren wird. Nützliche Hilfe bei der Ermittlung der Verbrauchergeldparität können aber andererseits auch die Erfahrungen der Versorgungsverwaltung bei der Handhabung der Vorschrift des § 64 b Abs. 4 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - (Auslandsversorgung) insoweit sein, als nach Maßgabe dieser Vorschrift der Einsatz des Einkommens sich u. a. nach den notwendigen Lebensbedürfnissen unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse des Aufenthaltsstaats richtet. Verlaufen die Ermittlungen ergebnislos oder fehlt es an zuverlässigem Zahlenmaterial, so muß für die Umrechnung bis auf weiteres der Devisenkurs maßgeblich bleiben. Für die Umrechnung wird dabei vom Tageskurs, bei längeren Zeiträumen vom Mittelkurs auszugehen sein (Podzun aaO, KZ 440 - S. 3 -; Lauterbach aaO, Anm. 2 a zu § 571 RVO).

Auch für die Umrechnung ausländischer Sachbezüge - wie hier - ist nach verbrauchergeldparitätischen Gesichtspunkten zu verfahren. Ausländische Sachbezüge sind demgemäß nach der für den Beschäftigungsort des Verletzten maßgeblichen Sachbezugsverordnung gem. § 160 Abs. 2 RVO, die zur Zeit des Arbeitsunfalls gültig ist, zu bewerten. Die Anwendung der Sachbezugsverordnungen bietet sich hier deshalb an, weil - im Prinzip - durch diese Rechtsverordnungen Sachbezüge in ihrem DM-Wert für den Verbraucher - den Bezieher des Sachbezuges - umgerechnet werden und somit ihr DM-Wert insoweit auch dem Grundsatz der Verbrauchergeldparität Rechnung trägt. Dabei ist der erkennende Senat in Anlehnung an § 575 Satz 1 RVO davon ausgegangen, daß die zur Zeit des Arbeitsunfalls für den Beschäftigungsort des Verletzten gültige Sachbezugsverordnung anzuwenden ist. Damit wird einerseits erreicht, daß die Bewertung der Sachbezüge nach gegenwartsnahen Werten geschieht. Andererseits ist durch die Anwendung der für den Beschäftigungsort maßgeblichen Sachbezugsverordnung sichergestellt, daß die Frage des anzuwendenden Rechts Schwierigkeiten nicht erwarten läßt, weil die Ermittlung des Beschäftigungsorts regelmäßig einfach sein wird.

Die für die Umrechnung ausländischer Entgelte aufgestellten Grundsätze gelten allerdings nur insoweit, als durch das Internationale Sozialversicherungsrecht nichts anderes bestimmt wird. Soweit es das hier in Betracht kommende Abkommen mit Griechenland betrifft, ist dies nicht der Fall (wie im übrigen auch nicht im Hinblick auf die Abkommen mit Jugoslawien, Spanien und der Türkei in den am gleichen Tag wie hier gefällten Entscheidungen zu 8/2 RU 196/72, 8/2 RU 232/72, 8/2 RU 180/70 und 8/2 RU 101/71).

Unter Anwendung der dargelegten Grundsätze zur Umrechnung ausländischer Entgelte ergibt sich in der vorliegenden Streitsache folgendes:

Für die Umrechnung des ausländischen Sachbezugs ist hier die seit dem 1. Januar 1964 in Kraft befindliche baden-württembergische Sachbezugsverordnung vom 16. Dezember 1963 - § 5 aaO - (GBl 1963, 213) maßgeblich. Danach würde der Kläger günstigstenfalls unter Berücksichtigung der Bewertungsgruppe I gem. § 1 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 4 aaO monatlich 126,- DM zuzüglich 80 v. H. dieses Betrages - also 100,80 DM - für seine Ehefrau, insgesamt mithin 226,80 DM monatlich für die Zeit der Beschäftigung in Griechenland (§ 571 Abs. 1 Satz 1 RVO) einschließlich der Zeit der Einreise bis zur Aufnahme seiner Beschäftigung in Deutschland (§ 571 Abs. 1 Satz 2 RVO) angerechnet erhalten können. Diese Beträge liegen unter dem vom LSG berücksichtigten Ortslohn (für 1963: mtl. 337,50 DM; für 1964: mtl. 390,- DM). Der gem. § 571 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVO rechnerisch richtige JAV ist somit niedriger als der vom LSG errechnete JAV. Gleichwohl war das Urteil des LSG abzuändern, weil auch der vom LSG berechnete höhere JAV nach den im folgenden unter VI entwickelten Grundsätzen "in erheblichem Maße unbillig" gem. § 577 RVO ist.

VI

Der unter Berücksichtigung ausländischer Entgelte berechnete JAV kann in erheblichem Maße unbillig gemäß § 577 Satz 1 RVO sein, wie auch der vom 5. Senat mit Urteil vom 27. April 1973 - 5 RKnU 15/71 - (BSG SozR Nr. 2 zu § 577 RVO) entschiedene - allerdings besonders gelagerte - Fall zeigt und wie - ganz allgemein - auch schon in der Amtlichen Begründung zum UVNG betont worden ist (vgl. hierzu die obigen Ausführungen). Bei der Berechnung des JAV berücksichtigte extrem niedrige ausländische Verdienste können zur Folge haben, daß der JAV nicht mehr eine geeignete Grundlage zur Berechnung einer auf deutsche Verhältnisse ausgerichteten Rente ist.

Ob die JAV-Berechnung aus diesem Grunde in erheblichem Maße unbillig ist, hängt im allgemeinen davon ab, welchen Zeitraum die ausländischen Verdienste innerhalb des für die JAV-Berechnung maßgeblichen Jahres einnehmen. Sind sie nur für kurzfristige Zeiten berücksichtigt - beruht also die JAV-Berechnung vorwiegend auf den deutschen Verdiensten -, so ist die Berechnung des JAV regelmäßig nicht in erheblichem Maße unbillig, weil im Rahmen des § 577 RVO kurzfristige Einkommenslagen nicht von wesentlicher Bedeutung und ganz allgemein für den JAV nicht bestimmend sind (vgl. hierzu insbes. BSG 32, 169 (173)). Sind weit überwiegend ausländische Entgelte berücksichtigt, so wird allerdings im allgemeinen die JAV-Berechnung ebenfalls nicht in erheblichem Maße unbillig sein, wenn der Gastarbeiter erst kurzfristig in Deutschland vor dem Arbeitsunfall gearbeitet hat, weil die für den JAV maßgeblichen Arbeitsverhältnisse im Jahre vor dem Arbeitsunfall vorwiegend durch sein heimatliches Arbeitsleben geprägt sind; in diesen Fällen wird durch die Vorschrift des § 575 Abs. 1 Satz 1 RVO ("Dreihundertfache des Ortslohns") eine erhebliche Unbilligkeit vermieden, weil sein niedriges Einkommen zunächst nach der Verbrauchergeldparität (deutsches Schema) umgerechnet, d. h. angehoben wird und im übrigen durch § 575 Abs. 1 Satz 1 RVO sichergestellt ist, daß der ausländische Verletzte jedenfalls eine den deutschen Verhältnissen entsprechende Mindestrente erhält, sofern der tatsächlich in Deutschland erzielte Verdienst zuzüglich des umgerechneten ausländischen Einkommens nicht ohnedies schon einen höheren JAV ergibt.

Für die Frage, welcher Zeitraum als kurzfristig im dargelegten Sinne anzusehen ist, läßt sich zwar aus den Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung nichts entnehmen, insoweit bieten aber die Vorschriften des Kranken- und Rentenversicherungsrechts hinreichende Anhaltspunkte. Die §§ 168 Abs. 2 Buchst. a und 1228 Abs. 2 Buchst. a RVO schließen die Versicherungspflicht für eine Tätigkeit, die nicht mehr als 3 Monate oder insgesamt 75 Arbeitstage verrichtet worden ist, aus. Ihnen liegt der Gedanke zugrunde, daß nach näherer Maßgabe dieser Vorschriften Versicherungsfreiheit besteht, wenn solche Beschäftigungen im Laufe eines Jahres auf - u. a. - 3 Monate beschränkt, sie also nur während einer als kurzfristig anzusehenden Zeit ausgeübt worden sind (vgl. dazu auch BSG in SozR Nr. 43 und 45 zu § 1248 RVO). Nach Ansicht des erkennenden Senats ist es nach dem Sinn und Zweck des § 577 Satz 1 RVO geboten, in Anlehnung an die genannten Vorschriften auch hier als "kurzfristig" einen Zeitraum von 3 Monaten anzusehen. Dies bedeutet, daß der unter Berücksichtigung ausländischer Arbeitseinkommen ermittelte JAV im allgemeinen nicht in erheblichem Maße unbillig ist, wenn der Verletzte im Unfallzeitpunkt noch nicht mehr als 3 Monate in Deutschland gearbeitet hat oder der Unfall erst nach ca. 9-monatiger Tätigkeit eingetreten ist und deshalb nur für insgesamt 3 Monate ausländisches Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist.

In den übrigen Fällen kann die JAV-Berechnung in erheblichem Maße unbillig sein, wenn die tatsächlichen deutschen Verdienste mehr als doppelt so hoch wie die nach den unter V dargelegten Grundsätzen umgerechneten ausländischen Verdienste (im Durchschnitt) sind. Wie sich aus den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Tabellen über die durchschnittlichen Bruttoverdienste der Arbeiter in der Industrie (abgedruckt bei Schönleiter, Handbuch der Bundesversorgung, Bd. I, Bl. 1 g ff zu § 30 BVG) ergibt, sind durch Arbeitsplatzwechsel bedingte Einkommensschwankungen um mehr als das Doppelte innerhalb Deutschlands - jedenfalls bei Arbeitern, zu denen der Kläger zählt - nur unter außergewöhnlichen Umständen denkbar. Diese Tatsache rechtfertigt es, die Berechnung des JAV dann als in erheblichem Maße unbillig anzusehen, wenn durch den Wechsel des Arbeitsplatzes vom Ausland ins Inland derartige Einkommensdiskrepanzen auftreten. Allerdings kommt in diesen Fällen eine Anwendung des § 577 Satz 1 RVO nur dann in Betracht, wenn der zum Vergleich herangezogene ausländische Verdienst - im Durchschnitt - den Ortslohn unterschreitet. Erreicht oder überschreitet der ausländische - nach Maßgabe der unter V aufgestellten Grundsätze umgerechnete - Verdienst den nach § 575 Abs. 1 Satz 1 RVO maßgeblichen Ortslohn zur Zeit des Arbeitsunfalles, so wird § 577 Satz 1 RVO in der Regel nicht im Sinne einer Erhöhung des JAV zum Zuge kommen. Wohl aber kann diese Vorschrift bei vergleichsweise hohem ausländischen Verdienst zu einer Kürzung des erzielten Einkommens führen (vgl. Lauterbach aaO, Anm. 3 zu § 577 RVO). In den Fällen der hier vorliegenden Art ist die Berechnung des JAV jedoch nicht in erheblichem Maße unbillig, wenn das berücksichtigte ausländische Arbeitseinkommen anteilsmäßig auf das in Deutschland ortsübliche Tagesentgelt (vgl. § 149 ff RVO) angehoben wird. Die Zugrundelegung des Ortslohns mag zwar in manchen Fällen unbillig erscheinen. § 577 Satz 1 RVO setzt aber eine Unbilligkeit "in erheblichem Maße" voraus, die in Fällen der vorliegenden Art aus den genannten Gründen - sofern keine besonderen Umstände vorliegen - nicht angenommen werden kann. Soweit der JAV - wie in dem vorliegenden Fall des Klägers - in der Weise berechnet worden ist, daß an Stelle der Auslandsverdienste anteilsmäßig der Ortslohn eingesetzt worden ist, wird eine erhebliche Unbilligkeit i. S. des § 577 Satz 1 RVO deshalb regelmäßig ausscheiden, es sei denn, es ergäbe sich auf Grund der Fähigkeiten, der Ausbildung, der Lebensstellung und der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Verletzten (vgl. § 577 Satz 2 RVO) etwas anderes (zu letzterem vgl. insbes. BSG 32, 169 (173)). Im übrigen ist bei Zugrundelegung des höheren deutschen Ortslohns für die Zeit der Tätigkeit im Ausland der JAV als - wenn auch bescheidenen - deutschen Verhältnissen entsprechend und somit in der Regel nicht mehr als in erheblichem Maße unbillig anzusehen. Denn der Gesetzgeber hat - unabhängig von den hier zu erörternden Gastarbeiterproblemen - durchaus an die Fälle gedacht, in denen ein Versicherter im Jahre vor dem Unfall zeitweise nur einen sehr geringen Verdienst erzielte, und deshalb die Regelung des § 575 Satz 1 RVO getroffen, die für die inländischen und ausländischen Versicherten in gleicher Weise gilt. Der Kläger wird aber gegenüber dieser Vorschrift im Rahmen des § 577 RVO dadurch besser gestellt, daß neben dem Ortslohn zeitweise das tatsächlich erzielte höhere Entgelt der JAV-Berechnung zugrunde gelegt wird.

Im vorliegenden Fall war der Kläger etwas mehr als 7 Monate in der BRD beschäftigt, bevor er den Arbeitsunfall erlitt. Deshalb ist ein Anwendungsfall des § 577 RVO gegeben. Das LSG hat mithin im Grunde zu Recht die niedrigen Sachbezugswerte durch den Ortslohn ersetzt. Dennoch ist die JAV-Berechnung erneut vorzunehmen, weil das LSG zum Teil bei der Ersetzung der Auslandseinkommen durch den Ortslohn nicht den Ortslohn eingesetzt hat, der gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1 RVO zur Zeit des Arbeitsunfalls maßgeblich gewesen ist. Aus diesem Grunde war das Urteil des LSG abzuändern und die Beklagte zur Festsetzung des JAV nach billigem Ermessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen. Dabei war zugleich, da nur der Kläger Revision eingelegt hat, wegen des Verbots der reformatio in peius klarzustellen, daß die Festsetzung des JAV nach billigem Ermessen nicht zu einer geringeren Feststellung des JAV, als sie vom LSG mit 8.002,05 DM getroffen worden ist, führen darf. Hinsichtlich des weitergehenden (Haupt-)Antrages war die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 209

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