Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Frage, wann ein Bescheid nach KOV-VfG § 22 und wann eine bindende Zusage der Versorgungsverwaltung vorliegt.

2. Eine Heiratsabfindung nach BVG § 44 Abs 1 idF des 1. NOG KOV steht der Witwe des Beschädigten nur bei ihrer ersten Wiederverheiratung zu.

 

Normenkette

KOVVfG § 22 Fassung: 1955-05-02; BVG § 44 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 28. März 1962 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Die Klägerin war in erster Ehe mit H F verheiratet, der am 5. März 1945 als Soldat gefallen ist. Ihre am 30. Juni 1947 mit W K geschlossene zweite Ehe wurde durch das seit dem 10. Januar 1949 rechtskräftige Urteil des Landgerichts (LG) Berlin vom selben Tage aus dem Verschulden des Ehemannes geschieden. Nach dem Eheschein des Zivilstandesamtes in T bei St. G (Schweiz) heiratete die Klägerin am 12. November 1960 H F.

Die drei aus erster Ehe stammenden Söhne der Klägerin erhielten Waisenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Der Klägerin gewährte das Versorgungsamt (VersorgA) s. Zt. auf ihren Antrag vom 14. Januar 1956 mit Bescheid vom 29. Februar 1956 eine Witwenbeihilfe.

Mit Schreiben vom 26. Juli 1960 teilte die Klägerin dem VersorgA mit, sie beabsichtige, sich erneut zu verheiraten. Daher werde sie B verlassen und am 3. Oktober 1960 in die Schweiz ziehen. Sie bitte darum, daß sie zu diesem Zeitpunkt die Heiratsabfindung erhalte. Daraufhin erwiderte das VersorgA mit Schreiben vom 29. Juli 1960, daß ihr Antrag erst nach Vorlage der Heiratsurkunde bearbeitet werden könne. Am 15. September 1960 bat die Klägerin, die Unterlagen für den Bezug der Waisenrente ihres Sohnes D nach S zu übersenden und führte weiter aus, sie werde die Heiratsurkunde nach vollzogener Trauung übersenden. Dies könne aber wegen verschiedener Formalitäten erst im November geschehen. In Beantwortung dieses Schreibens erwiderte das VersorgA am 21. September 1960 der Klägerin, es habe das VersorgA S aufgefordert, die Rentenzahlungen für den Sohn D ab 1. November 1960 aufzunehmen. Es heißt dann in diesem Antwortschreiben weiter: "Wir bitten, dem VersorgA S die Bank und Kontonummer anzugeben, damit keine Verzögerung in der Zahlung eintritt. Die Versorgungsakte kann erst übersandt werden, wenn die Heiratsurkunde vorliegt und die Witwenabfindung gezahlt ist. Die Zahlung der Witwenbeihilfe werden wir mit Ende November 1960 einstellen. Wir bitten, die Heiratsurkunde baldmöglichst einzusenden. Die Abfindungssumme werden wir dann an die von Ihnen noch anzugebende Bank in Deutschland überweisen." Die Klägerin übersandte mit Schreiben vom 15. November 1960 die Heiratsurkunde und bat darum, nunmehr die Abfindung, "wie schon besprochen", auf das Konto in S zu senden.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 1960 stellte das VersorgA die Witwenbeihilfe nach dem Ersten Neuordnungsgesetz vom 1. Juni 1960 an um und entzog gleichzeitig die von diesem Zeitpunkt an gewährte volle Grundrente (gem. § 44 Abs. 2 BVG nF) mit Ende November 1960 wegen der Wiederverheiratung der Klägerin. Mit Bescheid vom gleichen Datum lehnte es die Gewährung einer Witwenabfindung ab. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. April 1961).

Auf die Klage der Klägerin hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil vom 14. September 1961 den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des VersorgA I B vom 15. Dezember 1960 und des Landesversorgungsamts (LVersorgA) vom 28. April 1961 verurteilt, der Klägerin eine Heiratsabfindung nach ihrem ersten Ehemann H F in Höhe von DM 5000,- zu zahlen; es hat die Berufung zugelassen.

Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin mit Urteil vom 28. März 1962 das Urteil des SG vom 14. September 1961 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat in den Urteilsgründen ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf eine Heiratsabfindung nicht zu. Entgegen der Auffassung des SG sei das Schreiben der Beklagten vom 21. September 1960 nicht als Verwaltungsakt anzusehen, dessen Ausführung von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht worden sei. In Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung (KOV) ergingen die Verwaltungsakte als Bescheide, deren Form und Inhalt sich nach § 22 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) richte. Nur wenn die Mitteilung der Versorgungsverwaltung alle Merkmale eines Bescheides enthielte, könne sie als Bescheid gelten. Diese Voraussetzungen lägen bei dem Schreiben vom 21. September 1960 jedoch nicht vor, da es sich hierbei nicht um eine abschließende Mitteilung im Sinne des § 22 VerwVG handele. Das ergebe sich insbesondere aus der Vorgeschichte zu diesem Schreiben. Es schließe nämlich lediglich den Schriftwechsel ab, den die Klägerin am 26. Juli 1960 mit der Ankündigung ihrer Heirat eingeleitet habe. Außerdem habe im Zeitpunkt des Schreibens vom 21. September 1960 die wichtigste Voraussetzung für die Gewährung der Heiratsabfindung, nämlich die Wiederverheiratung, noch gar nicht vorgelegen. Hinzu komme, daß in diesem Schreiben die tatsächliche und rechtliche Begründung für die Gewährung einer Heiratsabfindung fehle. Schließlich fehle auch noch der Betrag der Leistung gemäß § 22 Abs. 2 VerwVG und die Art seiner Berechnung. Die Mitteilung des VersorgA vom 21. September 1960 sei somit eine einfache Verwaltungsäußerung ohne verbindliche Rechtsfolgen.

Im übrigen sei der Bescheid vom 15. Dezember 1960 rechtmäßig, denn die Voraussetzungen für eine Heiratsabfindung an die Klägerin nach § 44 BVG nF seien nicht gegeben. Die Klägerin sei am 12. November 1960, dem Tage ihrer Eheschließung, nicht mehr Witwe, sondern eine geschiedene Ehefrau gewesen. Der § 44 Abs. 1 BVG nF gehe aber von der Wiederverheiratung einer Witwe aus, wolle also nur die Abfindung für die erste nach der durch den Tod des kriegsbeschädigten Ehemannes aufgelösten Ehe gewähren. Dieser Auffassung stehe auch nicht § 44 Abs. 2 BVG nF entgegen.

Schließlich habe die Versorgungsbehörde der Klägerin in dem Schreiben vom 21. September 1960 auch keine bindende Zusage auf Erlaß eines Bewilligungsbescheides über die Heiratsabfindung gegeben. Der Anspruch auf Heiratsabfindung sei - abgesehen von einer Regelung im Härteausgleich - ein Rechtsanspruch. Nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bedeute dies, daß der Anspruch nur dann gerechtfertigt sei, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt seien. Nach dem auch das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz des § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hätte die Zusage, der Klägerin die Heiratsabfindung zu bewilligen, ohne daß die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt seien, gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und wäre deshalb nichtig.

Ob der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB zustehe, weil sie das Schreiben des VersorgA vom 21. September 1960 als eine bindende Zusage angesehen und im Vertrauen darauf Anschaffungen gemacht habe, könne deshalb vom LSG nicht entschieden werden, weil für einen solchen Schadensersatzanspruch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sachlich nicht zuständig seien.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses ihr am 12. Mai 1962 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Juni 1962, am selben Tage beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 11. August 1962 mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz vom 11. August 1962 begründet. Sie beantragt,

das Urteil des LSG Berlin LV 14/61 vom 28. März 1962 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Berlin vom 14. September 1961 zurückzuweisen.

Die Klägerin rügt eine Verletzung des § 44 BVG sowie allgemeiner Auslegungsgrundsätze durch das LSG. Sie führt aus, das LSG habe zu Unrecht dem Schreiben vom 21. September 1960 den Charakter eines rechtswirksamen Verwaltungsakts abgesprochen, weil es den Voraussetzungen des § 22 VerwVG nicht entspreche. Die Schlußfolgerung des LSG, formlose oder bedingte Verwaltungsakte entbehrten der Klarheit und der Bestimmtheit, sei nicht zwingend. Der von dem LSG angenommene Unterschied zwischen dem allgemeinen Verwaltungsrecht und dem Recht der KOV bestehe nicht. Es sei daher kein Grund ersichtlich, die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts nicht anzuwenden. Dem LSG könne nicht darin beigepflichtet werden, daß das Schreiben nicht einmal als abschließende Regelung im Falle der Klägerin angesehen werden könne, obwohl es in diesem Schreiben heiße, daß die Zahlung der Witwenbeihilfe an die Klägerin mit Ablauf des Monats November 1960 eingestellt und die Heiratsabfindung nach Vorlage der Heiratsurkunde gezahlt werde. Auch bezüglich der Umstellung der Zahlungen nach Stuttgart habe das Schreiben den Charakter eines Verwaltungsakts gehabt. Wenn die Höhe der Abfindung und die Art der Berechnung in diesem Schreiben nicht enthalten sei und auch eine Begründung in rechtlicher und tatsächlicher Beziehung fehle, so folge daraus noch nicht die Nichtigkeit des Verwaltungsakts, höchstens seine Anfechtbarkeit. Die Höhe der Abfindung ergebe sich zweifelsfrei aus den gesetzlichen Bestimmungen. Einer ausdrücklichen Berechnung habe es daher in diesem Schreiben nicht bedurft.

Vorsorglich trägt die Klägerin vor, daß das Schreiben vom 21. September 1960 auf jeden Fall als bindende Zusage zur Zahlung einer Heiratsabfindung gewertet werden müsse. Es erfülle alle Voraussetzungen einer bindenden Zusage auf dem Gebiete des Versorgungsrechts. Sofern das LSG meine, diese Zusage verstoße gegen ein gesetzliches Verbot, so verkenne es, daß die Streitfrage der Verbindlichkeit einer Zusage der Verwaltungsbehörde stets nur dann auftrete, wenn ihr Inhalt sich auf Rechtsfolgen beziehe, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes nicht eingetreten wären. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, daß ihr nach § 44 Abs. 1 BVG nF die Heiratsabfindung zustehe. Im übrigen wird auf die Revisionsbegründung Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, daß die von der Klägerin gerügte Verletzung materiellen Rechts durch das LSG nicht vorliegt.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 Abs. 2 SGG). Die sonach zulässige Revision ist jedoch nicht begründet.

Angefochten ist der Bescheid vom 15. Dezember 1960 idF des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1961, mit dem der Klägerin die Gewährung der Heiratsabfindung gemäß § 44 Abs. 1 BVG in der seit dem 1. Juni 1960 gültigen Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung und ... Ergänzung des Kriegsopferrechts (1. NOG) vom 27. Juni 1960 (BGBl I 454) versagt worden ist. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend diesen Bescheid für rechtmäßig angesehen, weil ein Anspruch der Klägerin auf Witwenabfindung gemäß § 44 BVG nicht besteht. Nach dieser Vorschrift erhält die Witwe im Falle der Wiederverheiratung anstelle des Anspruchs auf Rente eine Abfindung in Höhe des Fünfzigfachen der monatlichen Grundrente. Wie bereits der 11. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 19. Juli 1962 (BSG 17, 120 = SozR BVG § 44 Nr. 6) mit ausführlicher Begründung und unter Hinweis auf die Entscheidungen des 7. und 8. Senats zur Frage der Gewährung von Witwenbeihilfe bei erneuter Wiederverheiratung (BSG 12, 127 = SozR BVG § 44 Nr. 4 und BSG 15, 246 = SozR BVG § 44 Nr. 5) entschieden hat, steht eine Heiratsabfindung nach § 44 Abs. 1 BVG idF des 1. NOG der Witwe des Beschädigten nur bei ihrer ersten Wiederverheiratung zu. Der Senat hat keinen Anlaß, von dieser Auffassung abzuweichen. Die Klägerin hat auch keine neuen Gründe vorgebracht, die gegen diese Auffassung sprächen. Dies gilt insbesondere auch insoweit, als die Klägerin zur Begründung ihrer Ansicht darauf hinweist, daß § 44 Abs. 2 BVG idF des 1. NCG im Gegensatz zur früheren Regelung von einem Wiederaufleben der Witwenrente spricht, wenn die neue Ehe ohne alleiniges oder überwiegendes Verschulden der Witwe aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist. Auch zu diesem Argument hat bereits der 11. Senat Stellung genommen und ihm überzeugend insbesondere den Umstand entgegengehalten, daß die nach Auflösung der zweiten Ehe wiederaufgelebte Witwenrente eine ganz andere Versorgungsleistung ist als die Witwenrente nach dem ersten Ehemann, weil bei ihr wegen der Vorschrift des § 44 Abs. 5 BVG nicht einmal die Zahlung einer Grundrente gewährleistet ist, so daß überhaupt keine Grundlage für die Berechnung der Höhe der Heiratsabfindung vorhanden wäre, die - wäre die Ansicht der Klägerin richtig - nach dem Fünfzigfachen der Grundrente bestimmt werden müßte. Es kann daher, um Wiederholungen zu vermeiden, im übrigen zur Begründung der Auffassung des erkennenden Senats auf die Begründung zum angeführten Urteil des 11. Senats verwiesen werden. Die Klägerin kann somit aus § 44 Abs. 1 BVG einen Anspruch auf Heiratsabfindung nicht herleiten.

Das LSG ist auch richtig davon ausgegangen, daß das Schreiben des VersorgA vom 21. September 1960 noch kein die Witwenabfindung bewilligender Bescheid im Sinne des § 22 VerwVG ist. Nach dieser Vorschrift ergehen abschließende Mitteilungen der Verwaltungsbehörden in Versorgungssachen durch Bescheide; sie sind in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu begründen und schriftlich auszufertigen. Fehlt dem Schreiben vom 21. September 1960 schon eine tatsächliche und rechtliche Begründung für die Gewährung einer Witwenabfindung, so ist ferner diesem Schreiben auch weder der Betrag noch die Art der Berechnung der Witwenabfindung zu entnehmen (§ 22 Abs. 2 VerwVG). Selbst wenn die Auffassung der Klägerin zutrifft, daß ein Bescheid der Versorgungsverwaltung zu seiner Wirksamkeit nicht notwendig alle die in § 22 VerwVG niedergelegten Merkmale haben muß und auch eine Rechtsmittelbelehrung zu seiner Gültigkeit nicht zu enthalten braucht (s. dazu BSG 3, 251, 254), so kann im vorliegenden Fall das Schreiben vom 21. September 1960 dennoch nur als eine einfache Verwaltungsäußerung angesehen werden, mit der das VersorgA den zwischen ihm und der Klägerin geführten Schriftwechsel, der seit dem 26. Juli 1960 wegen der bevorstehenden Eheschließung der Klägerin begonnen hatte, zu einem gewissen Abschluß bringen wollte. Das Schreiben vom 21. September 1960 enthält nämlich nicht einen Verfügungssatz oder den Ausspruch einer Rechtsfolge, sondern nur Mitteilungen zur technischen Abwicklung von laufenden oder erst zu gewährenden Versorgungsleistungen, nämlich darüber, daß die Versorgungsbezüge für den Sohn Dieter der Klägerin ab 1. November 1960 von dem VersorgA Stuttgart weitergezahlt werden und die Klägerin aufgefordert wird, ein entsprechendes Bankkonto anzugeben, damit keine Verzögerung in der bereits laufenden Zahlung der Versorgungsbezüge eintritt. In diesem Sinne sind auch die in dem Schreiben enthaltenen Sätze zu verstehen: "Wir bitten, die Heiratsurkunde möglichst bald einzusenden. Die Abfindungssumme werden wir dann an die von Ihnen noch anzugebende Bank in Deutschland überweisen." Die vom VersorgA ausgesprochene Bitte an die Klägerin um Benennung eines Bankkontos und der Hinweis, daß die Heiratsabfindung an die "noch anzugebende Bank in Deutschland" übersandt werde, waren die Antwort zum Schreiben der Klägerin vom 13. September 1960, in dem sie von ihrer endgültigen Abreise ins Ausland Kenntnis gegeben und mitgeteilt hatte, daß die Rentenzahlung für sie und ihren Sohn D nur noch "für den Monat Oktober 1960 hier" - also in B - in Empfang genommen werde. Im übrigen geht aus der Mitteilung des VersorgA vom 29. Juli 1960 an die Klägerin, daß ihr Antrag vom 26. Juli 1960 auf Heiratsabfindung "erst nach Vorlage der Heiratsurkunde bearbeitet" werden könne, im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 21. September 1960 und der darin wiederholten Bitte, "die Heiratsurkunde baldmöglichst einzusenden", eindeutig hervor, daß diese Schreiben selbst noch keine den Versorgungsfall abschließende Mitteilung im Sinne des § 22 Abs. 1 VerwVG über die Gewährung der Heiratsabfindung darstellen. Wie aus den späteren Schreiben der Klägerin an das VersorgA B vom 8. Oktober, 15. November und 24. November 1960 sowie aus dem in den Versorgungsakten niedergelegten Vermerk über fernmündliche Anfrage eines Beauftragten der Klägerin vom 14. Dezember 1960 zu ersehen ist, war sich die Klägerin auch durchaus bewußt, daß ihr mit den Mitteilungen des Versorgungsamts vom 29. Juli und 21. September 1960 noch nicht die Heiratsabfindung endgültig bewilligt war, sondern daß dazu noch abschließend ein Bescheid des VersorgA ergehen werde.

Soweit die Klägerin meint, aus den Kassenanweisungen Bl. 202 und Bl. 204 der Versorgungsakten (Einstellungen der Rentenzahlungen für den Sohn D und die Klägerin) gehe hervor, daß der Beklagte selbst ihre Mitteilung vom 21. September 1960 (Bl. 201 R. der Versorgungsakten) als abschließende Regelung der Versorgungsverhältnisse betrachtet habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Sie verkennt, daß die Einstellung der Rentenzahlung für D auf Grund der Mitteilung der Klägerin vom 13. September 1960 über den Fortzug aus B erfolgte. Die Rente sollte nicht eingestellt, sondern lediglich künftig an eine andere Adresse für D gezahlt werden. Dazu bedurfte es einer Neuregelung des Versorgungsverhältnisses nicht. Die Bedeutung des Schreibens vom 21. September 1960 an die Klägerin erschöpft sich somit in der Mitteilung über die künftige technische Abwicklung der Rentenzahlungen für D.

Auch mit dem Hinweis auf die Kassenanweisung über die Zahlungseinstellung ihrer Witwenbeihilfe kann die Klägerin ihre Ansicht von der abschließenden Regelung des Versorgungsverhältnisses durch das Schreiben vom 21. September 1960 nicht rechtfertigen. Zwar bedarf die endgültige Einstellung einer bisher gewährten Rente grundsätzlich eines Bescheides, jedoch übersieht die Klägerin, daß diese Einstellung im Bescheid vom 15. Dezember 1960 ausgesprochen worden ist. Der Umstand, daß die Kassenanweisung am 28. Oktober 1960 - also zeitlich nach dem Schreiben vom 21. September und bereits vor dem Bescheid vom 15. Dezember 1960 - unterschrieben worden ist, spricht nicht für die Ansicht der Klägerin. Einmal ist es nicht verboten und durchaus üblich, die Kassenanweisungen dann schon vor Erlaß des in Aussicht stehenden Bescheides zu erteilen, wenn andernfalls Überzahlungen eintreten würden. Das war hier zu befürchten. Zum anderen hatte der Beklagte im vorliegenden Fall aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung Anlaß, den Bescheid über die Renteneinstellung mit dem bevorstehenden Bescheid über die Heiratsabfindung zu verbinden. In der Verfügung vom 21. September 1960 sind lediglich die Anordnungen zur Erteilung dieser Kassenanweisung und der damit verbundenen Zwecke erteilt worden. Mithin können auch aus der erwähnten Verfügung im Zusammenhang mit den Kassenanweisungen nicht die Schlüsse gefaßt werden, welche die Klägerin daraus ziehen zu können glaubt. Das Schreiben des Beklagten vom 21. September 1960 ist somit seiner Form und seinem Inhalt nach - wie es sich der Klägerin darstellte - kein Verwaltungsakt gewesen, mit dem die Heiratsabfindung bewilligt worden ist; es ist auch nach dem Willen des Beklagten nicht ein derartiger Bescheid gewesen.

Die Klägerin trägt nun weiterhin vor, daß dann, wenn das Schreiben des Beklagten vom 21. September 1960 schon nicht als Verwaltungsakt über die Bewilligung der Heiratsabfindung anzusehen sei, es doch mindestens eine bindende Zusage enthalte, daß die Heiratsabfindung gewährt werde. Auch diese Auffassung ist nicht begründet. Für den vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, wann und in welchem Umfange eine Behörde an eine von ihr gegebene Zusage gebunden ist, denn das Schreiben des VersorgA vom 21. September 1960 enthält überhaupt keine Zusage des Beklagten, die Abfindung im Falle der erneuten Eheschließung zu gewähren oder einen dementsprechenden Bescheid zu erteilen. Wie der Beklagte zunächst zutreffend ausführt, hatte er keinen Anlaß, der Klägerin eine derartige Zusage zu erteilen, da die Klägerin eine Anfrage, die eine derartige Zusage erheischt hätte, gar nicht an den Beklagten gestellt hatte. Jedoch kann dahinstehen, inwieweit dieser Umstand allein für die vorliegende Frage, ob eine Zusage erteilt worden ist, von Bedeutung sein kann, denn andere Erwägungen sprechen gegen die Ansicht der Klägerin. Das Schreiben des Beklagten vom 21. September 1960 oder auch nur ein Teil dieses Schreibens kann nicht für sich allein verstanden werden, sondern nur im Zusammenhang mit dem gesamten Schriftwechsel der Klägerin, der zu diesem Schreiben des Beklagten geführt hat. Mit ihren Schreiben vom 26. Juli 1960 sowie vom 13. September 1960 hatte die Klägerin auf ihre bevorstehende Eheschließung und die Wohnsitzverlegung ins Ausland hingewiesen. Wenn nunmehr in der Antwort darauf Einzelheiten wegen der Weiterzahlung der Rente für Dieter mitgeteilt werden und die nochmalige Bitte ausgesprochen wird, die Heiratsurkunde so bald wie möglich einzureichen, so kann der im Anschluß daran folgende Satz, "die Abfindungssumme werden wir dann an die von Innen noch anzugebende Bank in Deutschland überweisen", nur dahin verstanden werden, daß damit die Art und Weise der Zahlung angegeben wurde, um die angeforderte Angabe des Kontos zu begründen und um die spätere Erledigung im Interesse der Klägerin vorzubereiten und zu beschleunigen. Zudem konnte die Klägerin aus folgendem Umstand auf keinen Fall in dem Schreiben vom 21. September 1960 eine Zusage erblicken. In der voraufgegangenen Mitteilung des VersorgA vom 29. Juli 1960 war der Klägerin nämlich folgendes mitgeteilt worden: "Ihren Antrag vom 26. Juli 1960 auf Gewährung einer Witwenabfindung nach § 44 BVG können wir erst nach Vorlage der Heiratsurkunde bearbeiten." Damit war deutlich zum Ausdruck gebracht, daß vor der Eheschließung der Klägerin und der Vorlage der Heiratsurkunde, um deren Vorlage ausdrücklich nochmals gebeten war, eine "Bearbeitung", d. h. also eine erst zur Entscheidung führende Tätigkeit, nicht erfolgen könne. Bei der Mitteilung vom 21. September 1960 lag dem VersorgA aber die Heiratsurkunde der Klägerin nicht vor, so daß diese Mitteilung auch nicht als Zusage einer bestimmten Entscheidung angesehen werden kann. Da aus dem Inhalt des Schreibens vom 21. September 1960 auch nicht eine Änderung der Absicht des VersorgA, den Abfindungsantrag erst nach Vorlage der Heiratsurkunde zu bearbeiten, zu entnehmen ist, kann der Satz "die Abfindungssumme werden wir dann an die von Ihnen anzugebende Bank in Deutschland überweisen" nicht als eine Zusage des VersorgA an die Klägerin gedeutet werden, ihr die Abfindung zu bewilligen und einen entsprechenden Bescheid zu erlassen. Es handelt sich bei diesem Schreiben also nur um eine schlichte Verwaltungsäußerung des VersorgA, aus der die Klägerin keine Rechte herleiten kann.

Das LSG hat somit weder § 44 BVG noch die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Wirksamkeit von Bescheiden oder öffentlich-rechtlicher Zusagen in Verwaltungsmitteilungen verkannt. Die Revision der Klägerin ist daher nicht begründet und war gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380373

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