Verfahrensgang
SG Köln (Urteil vom 18.11.1988) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18. November 1988 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres 1901 geborenen und am 14. August 1948 verstorbenen ersten Ehemannes Kurt H. … (K.H., Versicherter).
Die 1930 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem Versicherten ist durch das Landgericht Dresden mit Urteil vom 31. Mai 1948 aus dem Alleinverschulden des Versicherten geschieden worden. Am 23. Dezember 1957 hat die Klägerin vor dem Standesamt II in Dresden erneut geheiratet und ist Anfang 1958 zu ihrem in Coburg wohnenden (zweiten) Ehemann in das (damalige) Bundesgebiet übergesiedelt. Die zweite Ehe ist durch Urteil des Landgerichts Coburg vom 14. Juli 1961 geschieden worden. Ein im Juli 1987 bei der Beklagten gestellter Antrag auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des ersten Ehemannes wurde mit Bescheid vom 17. September 1987 mit der Begründung abgelehnt, daß im Zeitpunkt der Wiederheirat am 23. Dezember 1957 in Dresden kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente bestanden habe, der von einem Träger im (damaligen) Bundesgebiet zu erfüllen gewesen wäre.
Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG- Köln vom 18. November 1988). Das SG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, das Wiederaufleben eines Anspruchs auf Witwenrente nach § 68 Abs 2 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) setze voraus, daß der Hinterbliebenen-Rentenanspruch zum Zeitpunkt der Wiederheirat bestanden habe. Dieser Anspruch müsse auf Vorschriften des Reichs- oder Bundesrechts beruht haben und von einem Versicherungsträger im Bundesgebiet zu erfüllen gewesen sein. Ein solcher Anspruch habe der Klägerin am 23. Dezember 1957 (zweite Eheschließung) nicht zugestanden, weil sie zu diesem Zeitpunkt mangels Wohnsitzes im Gebiet der Bundesrepublik hier keine Hinterbliebenenrente habe beanspruchen können. Sie sei damals vom Sozialversicherungssystem der SBZ erfaßt gewesen und habe, solange sie dort gewohnt habe, keine Ansprüche nach damaligem Bundesrecht (Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz -FAG- vom 7. August 1953, geändert durch Gesetz vom 9. September 1956) erwerben können. Nach § 1 FAG habe der Wohnsitzgrundsatz gegolten, der zur Geltendmachung von Ansprüchen nur gegenüber den im jeweiligen Herrschaftsbereich befindlichen Sozialversicherungsträgern berechtigt habe. Dieser Grundsatz sei erst mit dem Fremdrentengesetz (FRG) vom 25. Februar 1960 aufgegeben worden. Im übrigen treffe es nicht zu, daß die Klägerin mit der zweiten Eheschließung am 23. Dezember 1957 aufgrund des § 10 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) den Wohnsitz des Ehemannes in Coburg geteilt und daher eine logische Sekunde lang einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach Bundesrecht gehabt habe; denn § 10 BGB sei nach Art 117 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) am 31. März 1953 außer Kraft getreten.
Mit ihrer vom SG zugelassenen Sprungrevision, der eine Zustimmungserklärung der Beklagten gemäß § 161 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beigefügt ist, rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie meint zunächst, daß zum Zeitpunkt ihrer zweiten Eheschließung (23. Dezember 1957) § 10 BGB jedenfalls insoweit fortgegolten habe, als der vom Ehemann abgeleitete Wohnsitz – wie im vorliegenden Fall – für die Ehefrau von Vorteil gewesen sei; eine Verfassungswidrigkeit nach Art 3 Abs 2 GG bereits mit dem 31. März 1953 könne allenfalls insoweit bestanden haben, als § 10 BGB nachteilige Auswirkungen für die Ehefrau gehabt habe. Habe sie, die Klägerin, danach mit der Eheschließung eine logische Sekunde lang einen Wohnsitz in Coburg gehabt, zähle sie auch zu dem Personenkreis, dessen Ansprüche nach dem in der Bundesrepublik geltenden Recht zu beurteilen gewesen seien, dessen Hinterbliebenenrentenanspruch also durch die Eheschließung weggefallen und nach Auflösung dieser – zweiten – Ehe wiederaufgelebt sei. Das ergebe sich auch aus dem Sinn und Zweck der mit Wirkung zum 1. Januar 1957 eingefügten Regelung der Wiederauflebensrente, die unerwünschten Rentenkonkubinaten habe entgegenwirken sollen. Sie, die Klägerin, habe in der Bundesrepublik leben, dort aber kein Rentenkonkubinat eingehen wollen. Selbst wenn dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt werde, dh wenn bei der zweiten Eheschließung ein Wohnsitz in der Bundesrepublik noch nicht bestanden hätte, hätte ein Rentenanspruch aufgrund des FAG – also unabhängig vom Inkrafttreten des FRG zum 1. Januar 1959 bestanden. Das SG habe nicht beachtet, daß vorliegend die zweite Eheschließung in den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1957 (Inkrafttreten des § 68 Abs 2 AVG) und dem 1. Januar 1959 (Inkrafttreten des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes -FANG-) gefallen sei. Sämtliche einschlägigen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) beträfen andere zeitliche Fallkonstellationen, so daß der vorliegende Fall Anlaß zu einer Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung gebe: Bei Wiederheirat während dieser Zeitspanne habe bereits das FAG – unabhängig von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des AVG – ein Stammrecht auf Hinterbliebenenrente gewährt. Das ergebe sich aus dem Wortlaut des § 1 FAG, der im Vergleich zu Art 1 §§ 14 bis 17 FANG keinerlei Anhalt dafür biete, daß ein solches Stammrecht erst mit Wirkung ab 1. Januar 1959 habe eingeräumt werden sollen. Deshalb könne es nicht darauf ankommen, daß die zweite Eheschließung vor dem 1. Januar 1959 erfolgt sei. Im übrigen verletze eine solche vom Gesetzeswortlaut nicht getragene Interpretation des § 1 FAG auch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Mit Recht habe das BSG bei Erörterung dieses Grundsatzes darauf abgestellt, ob sich die Hinterbliebenen auf die Wiederauflebensbestimmungen vertrauend hätten einstellen dürfen (BSGE 19, 97). Sie, die Klägerin, habe „in der Bundesrepublik” (gemeint ist offenbar: in die Bundesrepublik) zu einer Zeit geheiratet, als die Neuregelung des § 68 Abs 2 AVG bereits in Kraft gewesen sei und habe darauf vertrauen dürfen, daß sie denjenigen gleichbehandelt werde, deren Hinterbliebenenrentenanspruch nach Auflösung der Zweitehe wiederauflebe. Im übrigen entbehre eine Ausgrenzung derjenigen, die in der DDR vor dem 1. Januar 1959, aber nach dem 1. Januar 1957 eine zweite Ehe geschlossen hätten, jedes sachlichen Grundes. Die Wahl des Stichtags 1. Januar 1959 sei willkürlich. Darüber hinaus verstoße die Ausgrenzung auch gegen Art 14 Abs 1 GG und das Sozialstaatsprinzip.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18. November 1988 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. September 1987 zu verurteilen, ihr ab 1. Juli 1987 Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des Kurt H. … zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Köln zurückzuverweisen,
weiter hilfsweise,
das Verfahren gem Art 100 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen,
1) ob Art 7 § 3 Abs 1 S 1 FANG mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist,
2) ob rentenrechtliche Fälle nach dem 3. Oktober 1990 noch nach dem FRG beurteilt werden dürfen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige (Sprung-) Revision der Klägerin ist unbegründet. Mit dem SG ist davon auszugehen, daß der Klägerin eine „wiederaufgelebte” Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes (= Rente nach § 42 AVG an die frühere Ehefrau) nicht zusteht.
Hinterbliebenenrente iS von § 40 Abs 1 AVG (einschließlich der Rente nach § 42 AVG an die frühere Ehefrau) wird nach § 40 Abs 2 AVG iVm Art 2 § 17 Satz 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) ua dann gewährt, wenn der Tod des Versicherten vor dem 1. Juli 1965 eingetreten ist und dem Verstorbenen zur Zeit seines Todes eine Versichertenrente zustand oder zu diesem Zeitpunkt die Wartezeit für die Rente wegen Berufsunfähigkeit von ihm erfüllt ist oder nach § 29 AVG als erfüllt gilt (allgemeine Voraussetzungen). Einer früheren Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit diesem vor dem 1. Juli 1977 geschieden ist, wird, wenn der Versicherte vor dem 1. Januar 1973, aber nach dem 30. April 1942 verstorben ist, gemäß § 42 Abs 1 AVG Rente gewährt, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des Ehegesetzes oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder im letzten Jahr vor seinem Tod tatsächlich Unterhalt geleistet hat (Satz 1), ferner für den Fall, daß eine Witwenrente nicht zu gewähren ist, auch dann, wenn eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten nicht bestanden hat (§ 42 Abs 1 Satz 2 AVG iVm Art 2 § 18 Abs 1 AnVNG – besondere Voraussetzungen –). Nach § 68 Abs 1 iVm Abs 3 AVG und Art 2 § 25 Abs 2 AnVNG fällt die Witwenrente bzw die Rente nach § 42 AVG mit dem Ablauf des Monats weg, in dem der Berechtigte wieder heiratet. Wird – wie hier – diese Ehe nach dem 31. Dezember 1956 wieder aufgelöst, so lebt der Anspruch auf die Rente wieder auf, § 68 Abs 2 iVm Abs 3 AVG und Art 2 § 25 Abs 1 AnVNG in der bis 31. Dezember 1985 geltenden (seither durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz vom 11. Juli 1985, BGBl I S 1450 – insoweit ohne Auswirkungen auf den vorliegenden Fall – geänderten) Fassung. Auf ein Verschulden an der Auflösung der zweiten Ehe kommt es seit Dezember 1974 – auch für zurückliegende Fälle – nicht mehr an (aufgrund der Änderung des Art 2 § 25 Abs 1 AnVNG durch § 29 des 19. RAG vom 3. Juni 1976, BGBl I S 1373).
Diese Vorschriften sind im Falle der Klägerin anzuwenden, auch wenn K. H., aus dessen Versicherungsverhältnis die Klägerin ihren Anspruch ableitet, keinen Beitrag zu einem Rentenversicherungsträger im Geltungsbereich des AVG nach Bundesrecht wirksam entrichtet hätte. Die Klägerin steht nämlich, soweit nach den vorgelegten Versicherungsunterlagen für den Versicherten Beiträge nach früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung entrichtet worden sind, unmittelbar unter dem Schutz des AVG und, soweit Beiträge zu einem außerhalb des Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt worden sind, unter dem Schutz des FRG vom 25. Februar 1960 (BGBl I 93), in dessen räumlichem Geltungsbereich sie seit Januar 1958 wohnt. Das FRG ist nach Art 1 und 7 § 3 Abs 1 des FANG vom 25. Februar 1960 (BGBl I S 93) mit Wirkung vom 1. Januar 1959 in Kraft getreten und hat das bis dahin geltende FAG vom 7. August 1953 (BGBl I S 848) abgelöst. Seitdem sind Zeiten, für die nach früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Rentenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt (§ 27 Abs 1 Buchst a AVG idF des FANG) und damit bezüglich der Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene auf die Wartezeit für die Rente wegen Berufsunfähigkeit anrechenbare Versicherungszeiten iS von § 40 Abs 2 AVG (hier iVm Art 2 § 17 Satz 1 AnVNG). Die Gleichstellung von Beitragszeiten, die bei einem außerhalb des Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt worden sind, ergibt sich bezüglich der Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene aus § 1 Buchst e FRG iVm § 17 Abs 1 Buchst a und § 15 FRG (vgl Urteil des 4. Senats des BSG vom 29. März 1990 – 4 RA 22/89 – SozR 3 – 5050 § 14 FRG Nr 1). Die in § 17 Abs 1 Buchst a FRG vorgesehene Ausdehnung der persönlichen Anwendungsbreite des § 15 FRG bedeutet, daß den Hinterbliebenen (§ 1 Buchst e FRG) einer Person, die Beiträge an einen deutschen Versicherungsträger außerhalb des Geltungsbereichs des FRG entrichtet hat, Leistungen an Hinterbliebene nach Maßgabe des FRG zu gewähren sind, wobei sich ihre Rechte und Pflichten grundsätzlich nach den im Geltungsbereich des FRG geltenden allgemeinen Vorschriften richten (§ 14 FRG). Dabei bedarf es keiner Darlegungen, daß die Klägerin als frühere Ehefrau des verstorbenen K. H. „Hinterbliebene” sowohl iS von § 40 Abs 2 AVG als auch iS von § 1 Buchst e FRG ist und diesen Status nicht dadurch (endgültig) verloren hat, daß sie 1957 eine zweite, inzwischen aufgelöste Ehe eingegangen ist.
Nach den somit unmittelbar (oder nach § 14 FRG) anzuwendenden allgemeinen Bestimmungen des bundesdeutschen Rentenversicherungsrechts über die Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf die „wiederaufgelebte” Rente nur dann zu, wenn sie zur Zeit der Wiederheirat am 23. Dezember 1957 als frühere Ehefrau des Versicherten einen solchen Anspruch gehabt hätte. Das ist hier nicht der Fall.
Dabei kann es der Senat offenlassen, ob ein „wiederauflebensfähiger” Anspruch auf die Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des früheren Ehemannes (§ 42 AVG iVm Art 2 § 18 AnVNG) bereits deshalb nicht bestanden hat, weil die Klägerin bis zur Wiederheirat eine solche Rente nicht bezogen hat und daher nicht „Bezieher” iS von § 68 Abs 3 AVG war. Wie das BSG in Wiederauflebensfällen von Witwen- (Witwer-)renten nach § 68 Abs 2 AVG (= § 1291 Abs 2 RVO) bereits wiederholt entschieden hat, ist es grundsätzlich unerheblich, ob diese Rente infolge fehlenden Antrags nicht gezahlt worden ist; für das Wiederaufleben genügt es, wenn zur Zeit der Wiederheirat ein Stammrecht (Grundanspruch, Gesamtanspruch) bestanden hatte; darauf, daß die Rente auch festgesetzt und bereits gezahlt oder auch nur beantragt worden ist, kommt es bei § 68 Abs 2 AVG nicht an (BSGE 16, 202 = SozR Nr 3 zu § 1291 RVO; ferner SozR Nrn 15, 16 und 37 zu § 1291 RVO; SozR 2200 § 1291 Nr 24 mwN). Denn in § 68 Abs 2 AVG ist nicht von der „Wiedergewährung der Rente”, sondern von dem „Wiederaufleben des Anspruchs” die Rede, so daß es grundsätzlich nur darauf ankommt, ob dessen materiell-rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind (SozR Nr 16 zu § 1291 RVO). Ob gleiches auch für die hinterbliebenen früheren Ehegatten (iS von §§ 42, 43 Abs 2 AVG iVm Art 2 § 18, § 18a AnVNG) gilt, könnte zweifelhaft sein, weil § 68 Abs 3 AVG, der die entsprechende Anwendung des Abs 2 für diesen Personenkreis anordnet, von „Beziehern” einer Rente nach § 42 (oder § 43 Abs 2) AVG spricht. Auch wenn der Senat davon ausgeht, daß es sich bei dem Begriff „Bezieher” in § 68 Abs 3 AVG um eine mißverständliche Formulierung handelt, die nur den Personenkreis beschreiben und für diesen keine weiterreichenden Voraussetzungen als in § 68 Abs 2 AVG aufstellen wollte (so BSG SozR 2200 § 1291 Nr 24; dem folgend Wagner in Koch/Hartmann, AVG, § 68 Anm 2; Zweng/Scheerer/Buschmann, Handbuch der Rentenversicherung, § 1291 Anm III 1 A S 7, Stand: 2. Aufl. 39. Lieferung; aA offenbar Bley/Udsching, RVO-GesamtKomm, § 1291 Anm 6, Stand: Juli 1986), erweist sich das angefochtene Urteil aus einem anderen Grunde als im Ergebnis zutreffend. Die Klägerin hat zur Zeit der Wiederheirat ein Stammrecht auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres früheren Ehemannes schon deshalb nicht gehabt, weil das damalige Bundesrecht einen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland voraussetzte.
Bis zur Wiederheirat der Klägerin im Dezember 1957 hat das FAG vom 7. August 1953 (damals idF der Gesetze vom 21. Januar 1956, BGBl I S 17, und vom 4. September 1956, BGBl I S 767) gegolten, das – auch hinsichtlich der zur stillgelegten Reichsversicherungsanstalt für Angestellte (RfA) entrichteten Beiträge (vgl § 1 Abs 2 Nr 1 FAG) – Ansprüche auf Leistungen gegen Versicherungsträger im Bundesgebiet und in Berlin (West) nur unter der Voraussetzung begründete, daß der Leistungsbewerber (Hinterbliebene) einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder im Land Berlin genommen hatte (§ 1 Abs 1 FAG). Ohne einen ständigen Aufenthalt oder Wohnsitz in der Bundesrepublik bis zur Wiederheirat konnte daher nach dem FAG ein von der Beklagten zu erfüllender Rentenanspruch für die frühere Ehefrau nicht entstehen und daher auch nach der Scheidung dieser Ehe nicht wiederaufleben. Da begrifflich nur etwas wiederaufleben kann, was zuvor schon einmal vorhanden gewesen ist, setzt § 68 Abs 2 AVG – das gleiche gilt für Abs 3 – zwingend voraus, daß zur Zeit der Wiederheirat ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente (Witwenrente oder Rente an die frühere Ehefrau) bestanden hatte, der von einem Versicherungsträger im damaligen Bundesgebiet nach Bundesrecht zu erfüllen war (ständige Rechtsprechung, BSGE 19, 97 = SozR Nr 6 zu § 1291 RVO; BSGE 25, 20, 22 = SozR Nr 15 zu § 1291 RVO). Deshalb kann, wie der 4. Senat bereits entschieden hat, ein Hinterbliebenenrentenanspruch nicht wiederaufleben, wenn die Hinterbliebene vor dem 1. Januar 1959 in der DDR wieder geheiratet hatte, ohne zuvor im Geltungsbereich des AVG einen ständigen Aufenthalt begründet zu haben; erst wenn die neue (inzwischen wieder aufgelöste) Ehe in der DDR nach dem Stichtag (Inkrafttreten des FANG/FRG) geschlossen worden ist, scheitert der Wiederauflebensanspruch nicht mehr an einem fehlenden Aufenthalt im Bundesgebiet (BSGE 46, 51 = SozR 2200 § 1291 Nr 14 S 36; Urteil vom 29. März 1990, aaO).
Die Klägerin verkennt insoweit, daß nicht bereits das FAG, sondern erst das zum 1. Januar 1959 durch das FANG in Kraft gesetzte FRG das Wohnsitzprinzip aufgegeben hat. Erst seit diesem Zeitpunkt entstand das Stammrecht auf die Hinterbliebenenrente unabhängig vom ständigen Aufenthalt bzw Wohnsitz im damaligen Bundesgebiet und in Berlin (West), wobei ein ständiger Aufenthalt außerhalb dieses Gebietes seitdem nur ein (für § 68 Abs 2 und 3 unschädliches) Ruhen zur Folge hatte (vgl §§ 94 ff AVG aF). Der Unterschied zwischen FAG und FRG lag darin, daß das FAG für alle im Bundesgebiet sich ständig aufhaltenden Personen die Anspruchsgrundlagen für die Rentengewährung aus Beiträgen zu ua stillgelegten deutschen Versicherungsträgern (zB zur RfA) oder zu Versicherungsträgern der SBZ oder DDR selbständig geschaffen hat (§ 1 Abs 1, §§ 8, 9 FAG), während diese Anspruchsgrundlagen nach dem neuen Auslandsrentenrecht – nach Maßgabe des unmittelbar oder über § 14 FRG anzuwendenden allgemeinen Rentenrechts – nunmehr vorausgesetzt werden (vgl BSGE 46, 51, 53 = SozR 2200 § 1291 Nr 14) unter Bezugnahme auf die Begründung zu Art 2 § 4, Allgemeines, und zu § 1318 in BT-Drucks III/1109). Deshalb konnte ein Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente nicht wiederaufleben, weil ihre neue Eheschließung vor dem 1. Januar 1959 in der DDR stattgefunden hat und bis zu diesem Zeitpunkt – mangels eines ständigen Aufenthaltes im Bundesgebiet – nach Bundesrecht kein Anspruch entstehen konnte. Mit der Übersiedlung in die Bundesrepublik – im Januar 1958 – hat die Klägerin einen Hinterbliebenenrentenanspruch weder nach dem FAG noch – vom 1. Januar 1959 an – nach dem FANG erwerben können, weil sie damals nicht mehr die frühere Ehefrau des verstorbenen Versicherten iS von § 42 AVG, sondern Ehefrau des zweiten Ehemannes gewesen ist. Durch das FANG ist sie auch nicht rückwirkend so gestellt worden, als hätte sie bereits vor der Wiederheirat in der Bundesrepublik gelebt. Eine solche Wirkung läßt sich insbesondere nicht aus dem dem FANG bzw FRG zugrundeliegenden Eingliederungsgedanken herleiten, der – wie sich aus § 14 FRG und den folgenden Vorschriften ergibt eine Gleichstellung (Eingliederungsfiktion) nur für fremde Beitrags- und Beschäftigungszeiten vorsieht und im übrigen hinsichtlich der weiteren Anspruchsvoraussetzungen auf die jeweils im Geltungsbereich des FANG/FRG geltenden allgemeinen Vorschriften verweist. Daß im übrigen weder das FAG noch das FANG/FRG einen allgemeinen Grundsatz enthalten, wonach die Berechtigten in allen versicherungsrechtlich bedeutsamen Beziehungen schlechthin so behandelt werden, als ob sie immer im Gebiet der Bundesrepublik gelebt hätten, ist bereits in früheren Entscheidungen des BSG im einzelnen dargelegt worden (vgl BSGE 19, 97 = SozR Nr 6 zu § 1291 RVO; BSGE 25, 20, 22 = SozR Nr 15 zu § 1291 RVO). Für eine ergänzende Rechtsfindung oder eine verfassungskonforme Auslegung in dem von der Klägerin gewünschten Sinne ist kein Raum. Dem stehen die Grundsätze entgegen, die im allgemeinen Rentenversicherungsrecht für das Wiederaufleben eines Hinterbliebenenrentenanspruchs maßgebend sind.
Personen wie die Klägerin, die nicht im damaligen Bundesgebiet wohnten, hatten seit 1. Januar 1957 (Inkrafttreten des AnVNG) keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 41 oder § 42 AVG, sondern lediglich eine Aussicht für den Fall, daß sie vor bzw bis zur Wiederheirat einen Wohnsitz in der Bundesrepublik begründen würden. Sie können deshalb grundsätzlich nicht besserstehen als diejenigen ehemaligen Hinterbliebenen, die vor 1957 im Bundesgebiet wiedergeheiratet hatten und vor der Wiederheirat noch keinen Anspruch, sondern bestenfalls eine Aussicht auf Hinterbliebenenrente hatten (vgl auch BSGE 25, 20, 22 = SozR Nr 15 zu § 1291 RVO, wonach hier die gleichen Erwägungen wie im Beschluß des GS des BSG vom 9. Juni 1961 in BSGE 14, 238, 241 ff = SozR Nr 2 zu § 1291 RVO heranzuziehen sind). Die bloße Aussicht auf eine Rente zur Zeit der Wiederheirat wollte der Gesetzgeber des AnVNG aber in keinem Fall für das Wiederaufleben eines Rentenanspruchs nach Auflösung der zweiten Ehe genügen lassen (BSGE 14, 238). Die Klägerin kann deshalb – wie diese ehemals Hinterbliebenen – keine Gleichstellung mit denjenigen verlangen, die durch ihre Wiederheirat in der Bundesrepublik nach 1957 einen bereits bestehenden Rentenanspruch (Stammrecht) eingebüßt haben. Da sie im Gegensatz zu diesen bei ihrer Wiederheirat (hier: in der DDR) noch nicht auf einen Rentenbezug eingestellt sein konnte, der durch diese weggefallen ist, liegt in der Versagung einer Wiederauflebensrente kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (BSGE 14, 238, 244). Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Anschluß an BSGE 14, 238 ausgeführt hat, war bei Witwen, denen kein Anspruch auf Witwenrente zustand und die folglich durch ihre Wiederheirat keine wirtschaftlichen Werte aufgegeben hatten, noch kein „Besitzstand” vorhanden, der es geboten hätte, ihn nach Auflösung der neuen Ehe wieder zu begründen und zu festigen (Beschluß vom 16. Dezember 1987 in SozR 2200 § 1291 Nr 32).
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz läßt sich auch nicht daraus herleiten, daß erst aufgrund der Neuregelungen des FANG ab 1. Januar 1959 ein „Wiederauflebensanspruch” nicht mehr daran scheitert, daß die neue, inzwischen wieder aufgelöste Ehe in der DDR geschlossen wurde, soweit dies seit dem 1. Januar 1959 geschah. Daß dieses Gesetz Fälle wie den der Klägerin, in dem die zweite Eheschließung vor dem 1. Januar 1959 in der damaligen DDR erfolgt war, nicht erfaßt, hat seinen sachlichen Grund darin, daß es hinsichtlich der Voraussetzungen und der Arten der in Betracht kommenden Leistungen nach den in der damaligen Bundesrepublik geltenden allgemeinen Vorschriften (§§ 68 Abs 2, 40 Abs 2, 42 Abs 1 AVG iVm dem FANG; vgl § 14 FRG) grundsätzlich auf die bundesrechtliche Rechtslage ankommt, die zum Zeitpunkt der Wiederverheiratung tatsächlich bestanden hat, nicht etwa auf diejenige, die beim Aufenthalt der Klägerin im Bundesgebiet bestanden hätte (vgl BSG SozR Nr 15 zu § 1291 RVO). Maßgeblich ist grundsätzlich das zur Zeit der Wiederheirat jeweils geltende Recht, soweit es vom Gesetzgeber nicht später rückwirkend geändert worden ist. An diesem Grundsatz hat sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch durch die Vereinigung Deutschlands nichts geändert; insbesondere sind die vorher eingetretenen Wiederauflebensfälle nach wie vor nach dem zur Zeit der Wiederheirat geltenden Recht, einschließlich des Fremdrentenrechts, zu beurteilen. Das FRG ist lediglich für Übersiedler, die nach dem 18. Mai 1990 aus dem Gebiet der früheren DDR in das bisherige Gebiet der Bundesrepublik zuwandern, abgelöst worden, gilt aber ansonsten uneingeschränkt, allerdings mit den bereits ab Juli 1990 in Kraft getretenen Änderungen durch das Rentenreformgesetz 1992, weiter (vgl im einzelnen Stephan, DAngVers 1990, 303, 307 f mwN). Das ist nicht – wie die Klägerin meint – verfassungswidrig.
Im übrigen ist bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der typisierenden Wirkung des § 68 Abs 2 Satz 1 AVG (= 1291 Abs 2 Satz 1 RVO) – hier unter Einbeziehung des FAG – auch zu berücksichtigen, daß das Wiederaufleben von Hinterbliebenenrenten dem System der gesetzlichen Rentenversicherung an sich fremd ist und diese verfassungsrechtlich nicht gebotene Regelung den Gesetzgeber nicht zu einer weiteren Ausdehnung der Regelung zwingt (vgl den Beschluß des BVerfG in SozR 2200 § 1291 Nr 32 unter Bezugnahme auf BVerfGE 55, 114, 127, 131). Insbesondere war und ist der Gesetzgeber des FANG weder aus Gleichbehandlungsgründen noch wegen Art 6 Abs 1 GG, Art 14 GG oder im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip verpflichtet, unter rückwirkender Aufhebung des Wohnsitzgrundsatzes auch denjenigen einen wiederauflebensfähigen Anspruch einzuräumen, die bis zur Wiederheirat keinen solchen Anspruch hatten.
Eine Ausdehnung auf die vor dem 1. Januar 1959 in der DDR geschlossene Zweitehe der Klägerin ist vorliegend auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin „in die Bundesrepublik” geheiratet hat und sich deshalb vertrauend hätte darauf einrichten dürfen, daß ein mit der zweiten Eheschließung erworbener und gleichzeitig weggefallener Anspruch auf Rente aus der Versicherung des früheren Ehemannes unter den gleichen Voraussetzungen wiederauflebt wie bei denjenigen, die bisher schon in der Bundesrepublik gewohnt haben. Für ein solches Vertrauen fehlt es an einem sachlich rechtfertigenden Grund. Es ist schon zweifelhaft, ob ein Anspruch auf Rente auch dann wiederaufleben kann, wenn er in ein und demselben Moment – Wiederheirat – sowohl entstanden als auch weggefallen ist; denn nach der inneren Logik des § 68 Abs 1 AVG, der mit Abs 2 korrespondiert, kann nur wegfallen, was „vorher” bestanden hat. Das bedeutet, daß also bereits vor der zweiten Eheschließung – wenn auch nur für kurze Zeit – ein Rentenanspruch bestanden haben muß, um durch die Wiederheirat wegfallen zu können (vgl dazu BSG SozR Nr 16 zu § 1291 RVO). Da die Klägerin vor der zweiten Eheschließung einen ständigen Aufenthalt im damaligen Bundesgebiet unstreitig nicht hatte, kann durch die Wiederheirat ein vorher bestehender Rentenanspruch nicht weggefallen sein. Aber auch wenn der Senat davon ausgeht, daß ein erst „mit” der Eheschließung erworbener bundesdeutscher Wohnsitz zur Begründung eines Rentenanspruchs ausreichen könnte, ergäbe sich für die Klägerin keine günstigere Entscheidung. Denn sie hatte auch mit der Eheschließung noch keinen Wohnsitz in der (damaligen) Bundesrepublik begründet. Zutreffend ist insoweit das SG der Auffassung der Klägerin entgegengetreten, mit der Eingehung der zweiten Ehe am 23. Dezember 1957 in Dresden habe sie aufgrund des § 10 Abs 1 Satz 1 BGB bereits den Wohnsitz ihres Ehemannes in Coburg geteilt und daher eine logische Sekunde lang einen Anspruch auf Zahlung der Hinterbliebenenrente gegenüber einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik erworben, der mit eben dieser Eheschließung wieder entfallen sei. Ungeachtet der Frage, ob Bundesrecht für die zur Zeit der Eheschließung sich noch ständig in der DDR aufhaltende Klägerin überhaupt gegolten hätte, steht dem jedenfalls entgegen, daß § 10 BGB, wonach die Ehefrau den Wohnsitz des Ehemannes teilt – ungeachtet seiner formellen Aufhebung durch Art 1 Nr 3 des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (BGBl I S 609) – bereits nach Art 117 Abs 1 GG am 31. März 1953 außer Kraft getreten ist. Nach dieser Übergangsbestimmung blieb das dem Art 3 Abs 2 GG entgegenstehende Recht bis zu seiner Anpassung an diese Bestimmung des GG in Kraft, jedoch nicht länger als bis zum 31. März 1953. Die von der Klägerin angesprochenenen Bestrebungen, für die Zeit nach dem 31. März 1953 den Art 117 Abs 1 Halbs 2 GG wegen Verstoßes gegen vorrangiges Verfassungsrecht als nichtig anzusehen bzw ihn als verfassungswidrige Verfassungsnorm nicht anzuwenden, sind jedoch sämtlich vom BVerfG zurückgewiesen worden (BVerfGE 3, 225, 247 f; vgl Dürig in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Komm zum GG, Art 117 RdNr 6). Da § 10 BGB mithin am 27. Dezember 1957 (zweite Eheschließung) nicht mehr in Kraft war, hat die Klägerin einen Wohnsitz in der Bundesrepublik erst mit ihrer Übersiedlung und ständigen Niederlassung in Coburg im Januar 1958 begründet und daher als wiederverheiratete Ehefrau einen „wiederauflebensfähigen” Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht mehr erwerben können.
Für die von der Klägerin beantragte Einholung einer Entscheidung des BVerfG zu Fragen der zeitlichen Geltung des FRG sieht der Senat nach allem keinen Anlaß.
Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen