Leitsatz (amtlich)

Nach dem Erwerb einer neuen Anwartschaft auf Arbeitslosenunterstützung (Arbeitslosengeld) ist die Hauptunterstützung (der Hauptbetrag) auch dann nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen versicherungspflichtiger Beschäftigung zu bemessen (AVAVG 1927 § 105 Abs 1, AVAVG § 90 Abs 1) wenn sich aus dem Arbeitsentgelt dieser Beschäftigung (zB bei Notstandsarbeiten) eine geringere Unterstützung ergibt als vorher.

Ist dieses Arbeitsentgelt infolge berufsfremder Beschäftigung geringer gewesen, so kann zwar nach AVAVG 1927 § 105 Abs 2 (AVAVG § 90 Abs 2) ein höheres Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden; maßgebend ist aber nicht etwa die nach selbständiger Tätigkeit der früheren Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Arbeitslosenhilfe) zugrundegelegte Schätzung, sondern das tatsächliche Arbeitsentgelt aus versicherungspflichtiger Beschäftigung.

 

Normenkette

AVAVG § 105 Abs. 1, § 90 Abs. 1 Fassung: 1957-04-03, Abs. 2 Fassung: 1957-04-03

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. August 1957 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen

 

Gründe

I.

Der Kläger, von Beruf Elektroingenieur, war von 1945 bis zum 6. Juli 1954 selbständiger Gewerbetreibender (Elektroinstallateur und Rundfunkmechaniker). Nach Aufgabe dieses Betriebes erhielt er vom Arbeitsamt (ArbA.) H vom 10. Juli 1954 an Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu). Die Alfu wurde nach einem geschätzten Arbeitsentgelt von wöchentlich 116,- DM bemessen und mit einem Familienzuschlag auf 36,90 DM wöchentlich festgesetzt.

Vom 10. Dezember 1955 bis zum 9. März 1956 war der Kläger bei "Notstandsarbeiten" der Stadt H beschäftigt; das wöchentliche Arbeitsentgelt betrug zunächst 70,08 DM, vom 31. Dezember 1955 an 75,18 DM und vom 7. Januar 1956 an 75,84 DM. Vom 10. März 1956 an erhielt er Alfu in der bisherigen Höhe und vom 2. April 1956 an Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 40,80 DM wöchentlich.

Vom 14. Juli bis zum 12. Oktober 1956 war der Kläger wieder "Notstandsarbeiter" bei der Sozialbehörde H; sein Arbeitsentgelt betrug wöchentlich 75,84 DM. Am 13. Oktober 1956 meldete er sich arbeitslos und beantragte am 15. Oktober 1956 Arbeitslosenunterstützung (Alu). Durch Verfügung vom 18. Oktober 1956 gewährte das ArbA. Alu nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 75,84 DM im Betrage von 36,60 DM wöchentlich.

Der Widerspruch des Klägers gegen die Bemessung der Alu wurde durch Widerspruchsbescheid vom 31. Dezember 1956 zurückgewiesen. Das Sozialgericht (SG.) Hamburg hob durch Urteil vom 8. April 1957 die Entscheidungen des ArbA. vom 18. Oktober 1956 und 31. Dezember 1956 auf und verurteilte die Beklagte, die Alu nach einem Entgelt von 116,- DM zu zahlen. Die Alu habe nicht nach § 105 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) aus dem tatsächlichen Entgelt der letzten Beschäftigung als "Notstandsarbeiter" berechnet werden dürfen. Vielmehr habe das für die Alhi maßgebende geschätzte Entgelt zugrundegelegt werden müssen; eine andere Rechtsausübung widerspreche Treu und Glauben. Die Berufung ließ das SG. zu.

Auf die Berufung der Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG.) Hamburg durch Urteil vom 29. August 1957 das Urteil des SG. auf und wies die Klage ab. Es stellte fest, der Kläger habe durch versicherungspflichtige Beschäftigungen bei Notstandsarbeiten die Anwartschaft auf Alu erfüllt, die Alu habe nach § 105 Abs. 1 AVAVG nach dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt bemessen werden müssen. Zwar habe der Kläger behauptet, die Beschäftigung habe seinem Berufe nicht entsprochen, in den letzten Wochen versicherungspflichtiger Beschäftigung sei aber das Arbeitsentgelt nicht geringer gewesen als in den vorhergehenden Beschäftigungen, so daß die Alu schon aus diesem Grunde nicht nach § 105 Abs. 2 AVAVG habe höher bemessen werden können. Es verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, Arbeitslose zu Notstandsarbeiten zuzuweisen, wenn das Entgelt hieraus beim Erwerb einer neuen Anwartschaft eine geringere Unterstützung ergäbe als vorher. Die Revision ließ das LSG. zu.

Das Urteil wurde dem Kläger am 13. September 1957 zugestellt. Durch Beschluß vom 31. März 1958 wurde ihm das Armenrecht bewilligt und Rechtsanwalt H.J. F beigeordnet. Der Beschluß wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 3. April 1958 zugestellt. Am 8. April 1958 legte er Revision ein; er beantragte,

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist zu gewähren, das Urteil des LSG. aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Am 16. April 1958 begründete der Kläger die Revision: Zwar habe er durch Beschäftigungen bei Notstandsarbeiten die Anwartschaft auf Alu erfüllt, deren Höhe richte sich aber nicht nach dem Entgelt, das er als "Notstandsarbeiter" erzielt habe. Diesen Fall habe § 105 AVAVG nicht berücksichtigt, das SG. habe diese Lücke zutreffend geschlossen.

Die Beklagte beantragte, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und zulässig. Der Kläger hat sie zwar nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Urteils eingelegt (§ 164 Abs. 1 SGG); er ist aber durch Armut und damit ohne Verschulden verhindert gewesen, diese Frist einzuhalten. Dieses Hindernis ist mit der Bewilligung des Armenrechts und der Mitteilung dieses Beschlusses an den dem Kläger beigeordneten Rechtsanwalt weggefallen. Der Kläger hat rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG) Wiedereinsetzung beantragt und die versäumte Rechtshandlung - die Revision und deren Begründung - in der gesetzlichen Form nachgeholt (§ 67 Abs. 2 Satz 3 SGG). Es ist ihm daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Revision ist aber nicht begründet. Mit Recht ist das LSG. davon ausgegangen, daß die Hauptunterstützung der Alu auch dann nach § 105 Abs. 1 AVAVG a.F. zu bemessen gewesen ist, wenn der Arbeitslose in den letzten 13 Wochen vor der Arbeitslosmeldung bei Notstandsarbeiten versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Das LSG. hat festgestellt, der Kläger sei vom 10. Dezember 1955 bis zum 9. März 1956 und vom 14. Juli 1956 bis zum 12. Oktober 1956 bei Notstandsarbeiten der Stadt H im Bürodienst des Tiefbauamts B versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, er habe durch diese Beschäftigungen (insgesamt 26 Wochen) die Anwartschaft auf Alu erfüllt und in den letzten 13 Wochen vor der Arbeitslosmeldung am 13. Oktober 1956 ein durchschnittliches Arbeitsentgelt von wöchentlich 75,84 DM bezogen. Gegen diese Feststellung sind Revisionsrügen nicht erhoben worden, sie ist daher für das Bundessozialgericht bindend (§ 163 SGG). Der Kläger ist der Ansicht, die Alu richte sich nicht nach dem Verdienst als "Notstandsarbeiter", der Gesetzgeber habe nicht daran gedacht, daß auch durch "Notstandsarbeiten" eine Anwartschaft auf Alu erfüllt werde; wie in diesem Falle die Alu zu berechnen sei, sei daher in § 105 AVAVG nicht besonders geregelt gewesen; diese Gesetzeslücke sei dadurch auszufüllen, daß der "frühere normale Verdienst" berücksichtigt werde. Diese Rüge trifft nicht zu.

Die Hauptunterstützung ist nach § 105 Abs. 1 Satz 1 AVAVG in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des AVAVG vom 29. März 1951 (BGBl. I S. 219) nach dem tatsächlichen Arbeitsentgelt zu bemessen gewesen, das der Arbeitslose in den letzten 13 Wochen (drei Monate) versicherungspflichtiger Beschäftigung vor der ersten Arbeitslosmeldung nach dem Erwerb der Anwartschaft durchschnittlich bezogen hat. Entsprach in dieser Zeit die Beschäftigung nicht dem Beruf und der Ausbildung des Arbeitslosen und war das durchschnittliche Arbeitsentgelt deshalb geringer als der Durchschnitt des Arbeitsentgelts der letzten 52 Wochen versicherungspflichtiger Beschäftigung in einem Zeitraum von längstens zwei Jahren, so ist dieses zugrunde zu legen gewesen (§ 105 Abs. 2). Nach dem Erwerb einer neuen Anwartschaft auf Alu ist demnach grundsätzlich von dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen versicherungspflichtiger Beschäftigung auszugehen. Insoweit ist auch das Arbeitsentgelt versicherungspflichtiger Beschäftigungen bei Notstandsarbeiten zu berücksichtigen. Es besteht kein Anhalt, daß diese Beschäftigungen von § 105 AVAVG a.F. ausgenommen wären. Sie beruhen wie jede Beschäftigung auf einem freien Arbeitsvertrag; in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung sind sie nach den Merkmalen der Tätigkeiten zu beurteilen, die im Einzelfall verrichtet werden. Ist für den Fall, daß der Arbeitslose in dem für die Bemessung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts maßgebenden Zeitraum bei Notstandsarbeiten beschäftigt war, in § 105 AVAVG a.F. eine besondere Regelung nicht vorgesehen gewesen, so hat insoweit nicht eine Gesetzeslücke bestanden; die Hauptunterstützung ist vielmehr wie sonst nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen versicherungspflichtiger Beschäftigung zu berechnen. Dieses Arbeitsentgelt ist nach dem Erwerb einer neuen Anwartschaft auch maßgebend, wenn es im Verhältnis zu früher niedriger war oder wenn sich daraus eine geringere Unterstützung ergab, als sie der Arbeitslose vor dem Erwerb der Anwartschaft bezogen hat (vgl. Grundsätzliche Entscheidungen des Reichsversicherungsamts (RVA) Nr. 3547 (AN 1929 S. 370) und Nr. 3727 (AN 1930 S. 200)).

Der Gesetzgeber konnte auch nicht übersehen haben, daß die Anwartschaft auf Alu auch durch versicherungspflichtige Beschäftigungen bei Notstandsarbeiten erfüllt werden konnte. Die Anwartschaft ist lediglich daran geknüpft, daß der Arbeitslose in dem Zeitraum von 12 Monaten bis zu zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung wenigstens 26 Wochen versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist (§ 95 AVAVG a.F.). Beschäftigungen bei Notstandsarbeiten sind aber wie andere Beschäftigungen versicherungspflichtig, wenn die Voraussetzungen des § 69 AVAVG a.F. erfüllt sind. Unter Notstandsarbeiten versteht man die Maßnahmen, die mit Mitteln der Arbeitslosenversicherung und mit anderen öffentlichen Mitteln gefördert werden, um Arbeitslosen eine Beschäftigung zu ermöglichen. Diese selbst ist aber wie eine andere Beschäftigung zu beurteilen. Die Anordnung, daß die Beschäftigung bei Notstandsarbeiten innerhalb eines Kalenderjahres nicht länger als 13 Wochen dauern soll und nur ausnahmsweise bis zu 26 oder 39 Wochen verlängert werden kann (Nr. 9 Abs. 2 und 3 der Richtlinien für die Grundförderung von Maßnahmen der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge in der Fassung vom 11. November 1954, ANBA 1955 S. 188), soll möglichst vielen Arbeitslosen Gelegenheit zur Beschäftigung bei Notstandsarbeiten bieten; sie soll aber nicht verhindern, daß der Arbeitslose eine Anwartschaft erwirbt, zumal dies auch möglich ist, wenn eine nur 13 Wochen dauernde Beschäftigung bei einer Notstandsarbeit zusammen mit vorhergehenden oder nachfolgenden Beschäftigungen innerhalb der Rahmenfrist eine versicherungspflichtige Beschäftigung von insgesamt 26 Wochen ergibt. Die Möglichkeit, auch bei Notstandsarbeiten die Anwartschaft auf Alu zu erwerben, ist danach offenkundig. Um eine Gesetzeslücke kann es sich daher nicht gehandelt haben, wenn es der Gesetzgeber trotzdem nicht für erforderlich hielt, in § 105 AVAVG a.F. eine besondere Regelung für den Fall vorzusehen, daß der Arbeitslose in dem für die Feststellung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts maßgebenden Zeitraum bei Notstandsarbeiten beschäftigt gewesen ist.

Von der Berücksichtigung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei Notstandsarbeiten kann ohne weiteres auch nicht abgesehen werden, wenn der Arbeitslose dabei weniger verdient hat als sonst. Zwar ist er dadurch bei der Festsetzung der Alu benachteiligt, in solchen Fällen wäre es aber nur möglich gewesen, statt des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten 13 Wochen das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten 52 Wochen versicherungspflichtiger Beschäftigung innerhalb einer Frist von längstens zwei Jahren zugrundezulegen, wenn die Beschäftigung in den letzten 13 Wochen dem Beruf und der Ausbildung des Arbeitslosen nicht entsprach und infolgedessen das durchschnittliche Arbeitsentgelt in dieser Zeit geringer war als in den letzten 52 Wochen (§ 105 Abs. 2 AVAVG a.F.). Diese Voraussetzungen haben aber nach den Feststellungen, von denen das Bundessozialgericht auszugehen hat (§ 163 SGG), nicht vorgelegen. Insoweit kann auch nur das Arbeitsentgelt einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung berücksichtigt werden, die dem Erwerb der Anwartschaft auf Alu folgte, aber nicht der "frühere normale Verdienst", zumal wenn der Arbeitslose, wie hier, früher selbständig tätig gewesen ist und bisher Alfu nach dem fiktiven Arbeitsentgelt einer Beschäftigung bezogen hat, für die er nach Lebensalter und Leistungsvermögen unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung in Betracht kam.

Auszugehen ist nach § 105 AVAVG a.F. auch stets von dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose in dem für die Bemessung maßgebenden Zeitraum tatsächlich bezogen hat oder in der betriebsüblichen Arbeitszeit bezogen hätte, wenn er wegen Arbeitsmangels die in seiner Arbeitsstätte übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht und infolgedessen weniger verdient hat (§ 105 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 AVAVG a.F.). Es ist grundsätzlich ausgeschlossen, der Bemessung der Alu an dessen Stelle ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Für die Alfu (Alhi) dagegen ist diese Möglichkeit zugelassen, weil diese Unterstützung auch beanspruchen kann, wer die Anwartschaft auf Alu nicht erfüllt hat. Ist es in einem solchen Falle nicht möglich, das Arbeitsentgelt einer nicht nur gelegentlichen oder nicht nur geringfügigen Beschäftigung zu ermitteln - für die Alfu war insoweit eine Beschäftigung von 13 Wochen erforderlich, für die Alhi genügt eine Beschäftigung von 10 Wochen - oder wäre dessen Berücksichtigung unbillig hart, so ist das am Wohn- oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgebliche tarifliche oder ortsübliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung zugrunde zu legen, für die der Arbeitslose nach Lebensalter und Leistungsvermögen unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung in Betracht kommt (§ 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Bemessung und Höhe der Alfu vom 29.3.1951 (BGBl. I S. 221), § 141 d Abs. 3 AVAVG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 16.4.1956 (BGBl. I S. 243)). Auf die Alu können diese Vorschriften aber auch nicht entsprechend angewendet werden. Dies ist schon deswegen nicht möglich, weil § 105 AVAVG abschließend regelt, nach welchen Grundlagen die Alu nach dem Erwerb einer Anwartschaft zu bemessen ist. Es widerspräche auch den grundsätzlichen Unterschieden der beiden Unterstützungssysteme und ihrer Voraussetzungen. Anders als Alfu und Alhi ist die Alu stets von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von wenigstens 26 Wochen abhängig, diese ermöglicht es in jedem Falle, das nach § 105 AVAVG erforderliche Arbeitsentgelt festzustellen; außerdem dient die Alu dem teilweisen Ausgleich des mit der Arbeitslosigkeit wegfallenden Arbeitsentgelts und hat sich grundsätzlich nach dem Arbeitsentgelt zu richten, das bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit die Lebenshaltung bestimmt hat.

Auch der Vergleich des § 105 Abs. 1 AVAVG a.F. mit der entsprechenden Vorschrift in § 90 Abs. 1 AVAVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (BGBl. I S. 321) ergibt, daß eine Gesetzeslücke nicht bestanden hat. Danach ist der Hauptbetrag des Arbeitslosengeldes (Alg) ebenso wie nach § 105 Abs. 1 AVAVG a.F. die Hauptunterstützung nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen (drei Monate) versicherungspflichtiger Beschäftigung zu bemessen, durch welche die Anwartschaftszeit erfüllt wird. Für den Fall, daß der Arbeitslose die Anwartschaft bei Notstandsarbeiten erfüllt hat, ist eine andere Regelung nicht vorgesehen; das Alg ist in diesem Falle wie sonst zu berechnen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. X § 9 Abs. 6 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 23. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1018). Danach ist § 105 Abs. 4 in der Fassung dieses Gesetzes (jetzt § 90 Abs. 4) in Berlin mit der Maßgabe anzuwenden, daß das durchschnittliche Arbeitsentgelt einer versicherungspflichtigen Beschäftigung auf Grund des Tarifvertrages für die im Notstandsprogramm beschäftigten Angestellten nach einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden zu berechnen ist. Dies bedeutet aber nicht, daß von dieser Beschäftigung nicht auszugehen wäre; es ist vielmehr eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden zugrunde zu legen, obwohl für diese Angestellten tariflich eine Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich vorgesehen ist (vgl. Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode, Bericht des 27. Ausschusses, Drucksache 2714 S. 24).

Das SG. hat danach nicht eine Gesetzeslücke ausgefüllt; es hat sich vielmehr über die Regelung in § 105 Abs. 1 AVAVG a.F. hinweggesetzt, wenn es der Bemessung der Alu statt des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten 13 Wochen versicherungspflichtiger Beschäftigung vor der Arbeitslosmeldung das fiktive Arbeitsentgelt zugrunde gelegt hat, nach dem die Alfu bemessen wurde, die der Kläger vorher bezogen hat. Das LSG. hat das Urteil des SG. mit Recht aufgehoben. Die Revision ist nicht begründet; sie ist nach § 170 Abs. 1 SGG zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 7

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