Leitsatz (redaktionell)
1. Die Übernahme von Maßnahmekosten setzt unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme voraus; das gilt auch für im Gesetz nicht aufgeführte "sonstige Kosten".
2. Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) trifft keine Verpflichtung, dem Teilnehmer an einer Fortbildungsmaßnahme die Kosten zu erstatten, die dadurch entstanden sind, daß er wegen der geförderten Bildungsmaßnahme seine Kinder durch Fremde betreuen lassen mußte.
3. Der § 44 Abs 3 AFG verweist nur hinsichtlich der Rechtsfolgen auf § 112 Abs 7 AFG. Es kommt deshalb allein auf das erzielbare Entgelt an, das sich danach richtet, welche Tätigkeit der Teilnehmer objektiv beim Eintritt in die Maßnahme hätte ausüben können.
4. Bei einem Widerspruch zwischen Tenor und den Entscheidungsgründen eines Urteils ist nach allgemeiner Meinung der Tenor maßgebend.
Orientierungssatz
Unmittelbare Entstehung von Kinderbetreuungskosten durch die Fortbildungsmaßnahme - Einstufung nach § 112 Abs 7 AFG:
1. Kinderbetreuungskosten entstehen nur aus Anlaß der Teilnahme an der Maßnahme und nicht unmittelbar durch sie iS von § 45 S 1 AFG.
2. Bei der Feststellung, für welche Tätigkeit der Arbeitslose in Betracht kommt (§ 112 Abs 7 AFG) ist nicht entscheidend, ob er sich von einer früher ausgeübten Tätigkeit gelöst hat. Es ist allein darauf abzustellen, für welche Beschäftigung er objektiv in Betracht kommt.
Normenkette
AFG § 45 S. 1 Fassung: 1977-12-12, § 112 Abs. 7 Fassung: 1969-06-25, § 44 Abs. 3 Nr. 1 Fassung: 1974-08-07
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 17.12.1980; Aktenzeichen L 2/7 Ar 136/79) |
SG Lüneburg (Entscheidung vom 22.10.1979; Aktenzeichen S 13 Ar 88/79) |
Tatbestand
Der 1941 geborene Kläger begehrt die Erstattung von Kinderbetreuungskosten und ein höheres Unterhaltsgeld (Uhg) wegen der Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme mit dem Ziel, die Prüfung als Industriekaufmann abzulegen.
Der Kläger arbeitete von 1962 bis 1965 im erlernten Beruf als Elektroinstallateur. Danach besuchte er ein halbes Jahr lang eine Technikerschule und war anschließend für kurze Zeit als Handelsvertreter für Waschmaschinen und als Verkaufsfahrer tätig. Nachdem er über ein Jahr lang erkrankt war, war er ab Oktober 1968 Verkaufsberater im Elektrogroßhandel. Von April 1970 bis Ende März 1971 besuchte er erfolgreich die Landesversehrtenfachschule. Danach war er ein Jahr kaufmännischer Angestellter und arbeitete dann vom 1. April 1972 bis 30. Juni 1974 als Bankangestellter. Anschließend war er arbeitslos. Er versorgte den Haushalt und betreute seine 1966, 1974 und 1976 geborenen Kinder. Vom 1. August 1977 bis 31. Juli 1979 nahm der Kläger an der oa beruflichen Bildungsmaßnahme teil, die er erfolgreich abschloß. Seit dem 1. august 1979 ist er erwerbstätig. Seine Ehefrau war bis Ende 1979 ganztätig beschäftigt.
Mit Bescheid vom 25. August 1977 bewilligte die Beklagte dem Kläger ua Uhg, bei dessen Bemessung sie als fiktives Arbeitsentgelt gem § 112 Abs 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) monatlich 1.517,-- DM zugrundelegte, was dem Tariflohn eines Angestellten der Gruppe 2 des Gehaltstarifvertrages für die Niedersächsische Metallindustrie vom 1. Januar 1977 entsprach. Die Übernahme der geltend gemachten Kinderbetreuungskosten, die der Kläger deshalb begehrt hatte, weil er wegen der Teilnahme an der Maßnahme gezwungen gewesen sei, eine Aufsichtsperson für seine Kinder einzustellen, wurde abgelehnt. Widerspruch, Klage und die vom Sozialgericht (SG) zugelassene Berufung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 1978, Urteil des SG Lüneburg vom 22. Oktober 1979 und Urteil des Landessozialgerichts -LSG- Niedersachsen vom 17. Dezember 1980).
Das LSG hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Zutreffend sei das Uhg gem § 112 Abs 7 AFG bemessen worden. Der letzte Tag des Bemessungszeitraums habe bei Beginn der Maßnahme länger als drei Jahre zurückgelegen. Es sei nicht zu beanstanden, daß das SG insoweit von dem Gehaltstarifvertrag für die Niedersächsische Metallindustrie als dem maßgeblichen Tarifvertrag ausgegangen sei und den Kläger in die Leistungsgruppe 2 eingestuft habe. Der Kläger habe zwar eine Lehre als Elektroinstallateur abgeschlossen und anschließend in diesem Beruf sowie als Handelsvertreter für Waschmaschinen und Verkaufsfahrer gearbeitet. Er sei dann jedoch nach einer einjährigen Umschulung ein Jahr lang kaufmännischer Angestellter und danach vom 1. April 1972 bis 30. Juni 1974 Bankangestellter gewesen, ehe er auf eigenen Wunsch aus diesem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Unter diesen Umständen sei nach Alter und Leistungsfähigkeit des Klägers davon auszugehen, daß er auch weiterhin als kaufmännischer Angestellter beruflich tätig sein konnte. Unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines beruflichen Werdeganges sowie der Tatsache, daß er über drei Jahre keinen Beruf ausgeübt habe, sei zu unterstellen, daß eine Einstellung in die Tarifgruppe 2 erfolgen würde. Dem Kläger könne nicht dahin gefolgt werden, daß er bereits die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Gruppe 3 erfüllt habe. Davon würden solche Tätigkeiten erfaßt, die nach allgemeinen Anweisungen in gewissem Umfange selbständig ausgeführt würden. Sie erforderten Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren erworben würden; eine solche Ausbildung habe der Kläger nicht durchlaufen. Er habe diese Kenntnisse und Fertigkeiten auch nicht durch eine entsprechende Berufstätigkeit erworben. Zwar sei er nach einjähriger Umschulung ein Jahr lang als Sachbearbeiter im technischen Büro einer Keksfabrik eingesetzt gewesen und habe zweieinhalb Jahre als Bankangestellter gearbeitet. Diese vergleichsweise kurze Zeit, in der der Kläger habe berufliche Erfahrungen sammeln können, scheine nicht ausreichend, zumal da diese durch die mehrjährige Arbeitslosigkeit und das damit verbundene Ausscheiden aus der Arbeitswelt zusätzlich geschmälert worden seien.
Einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Betreuung seiner Kinder habe der Kläger deshalb nicht, weil diese Kosten nicht unmittelbar durch die Bildungsmaßnahme entstanden seien. Die Betreuung und Beaufsichtigung seiner Kinder durch eine Aufsichtsperson sei unabhängig von der Maßnahme erforderlich gewesen. Wenn diese Aufgabe hier der Kläger übernommen habe, weil er über mehrere Jahre arbeitslos gewesen und Aufwendungen in Geld deswegen nicht entstanden seien, dann ändere dies nichts daran, daß er schon vor Beginn des Lehrgangs für die Kinder sorgen mußte. Die Kinderbetreuungskosten seien daher schon vor Beginn des Lehrgangs entstanden und nicht durch den Lehrgang. Der Kläger sei zwar infolge seiner Arbeitslosigkeit in der Lage gewesen, diese geldwerte Leistung selber zu erbringen, so daß sie ihn bis zum Beginn der Maßnahme nicht mit Ausgaben belastete. Einen Ausgleich für den Verlust solcher Vorteile sehe jedoch § 45 AFG grundsätzlich nicht vor.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 44 Abs 3, 112 Abs 7 und 45 AG sowie der §§ 103, 128 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Er ist der Auffassung, die Beklagte habe das Uhg zu niedrig festgesetzt. Die Anwendung des § 112 Abs 7 AFG solle, wie der Senat bereits entschieden habe, eine Besserstellung des Arbeitslosen bewirken. Das sei im vorliegenden Falle nicht geschehen. Das Arbeitslosengeld (Alg), welches der Kläger erhalten habe, sei höher als das Uhg, weil zu Ungunsten des Klägers zwei unterschiedliche Bemessungsgrundlagen angewandt worden seien. Dem Kläger sei aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 27. April 1976 ein Alg auf der Basis eines monatlichen Entgelts nach der Gehaltsgruppe 4 des Tarifvertrages für Volksbanken (Tabellenentgelt 415 DM) gezahlt worden. Es sei nicht erklärt, warum die Beklagte das Uhg auf der Basis der Lohngruppe 2 (Tarifvertrag für das Metallgewerbe) nach einem Tabellenentgelt von 350 DM errechnet habe. Nach der Rechtsprechung sei allein ausschlaggebend das Tarifgehalt, das der Arbeitslose bei Nichtbestehen der Arbeitslosigkeit erzielen könnte. Im vorliegenden Falle sei dies das Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 4 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Kreditgenossenschaften in der für das Jahr 1977 geltenden Höhe von 1.719 DM zuzüglich Kinderzuschlag. Aber auch wenn man dieser Auffassung nicht folgen wolle, sei das dem Kläger gezahlte Uhg zu niedrig festgesetzt worden. Zu Unrecht sei das LSG zu dem Ergebnis gelangt, die Tarifgruppe 3 des Metalltarifvertrages könne der Bemessung des Uhg nicht zugrundegelegt werden, weil hiernach Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien, wie sie im allgemeinen nur durch eine abgeschlossene Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren erworben würden. Eine solche Ausbildung habe der Kläger aber nicht durchlaufen. Hierbei habe es das LSG unterlassen, nach dem qualitativen Wert der zuletzt vor der Arbeitslosigkeit vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Bankangestellter zu fragen. Daraus hätte es erkennen können, für welche Tätigkeit der Kläger nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung in Betracht gekommen sei. Schließlich sei noch zu beachten, daß nach der Auffassung von Hennig/Kühl/Heuer (Kommentar zum AFG, Anm 4 zu § 44) das bisherige Bemessungsentgelt maßgebend sei, wenn ein Teilnehmer unmittelbar aus dem Alg-Bezug in eine Maßnahme eintrete. Zwar sei der Kläger erst kurze Zeit nach dem Ende des Alg-Bezuges in die Maßnahme eingetreten; da er jedoch keine versicherungspflichtige Beschäftigung in dieser zeit ausgeführt habe, sei es gerechtfertigt, im konkreten Falle einen unmittelbaren Übergang in diesem Sinne anzunehmen.
Zu Unrecht habe das LSG auch entschieden, daß dem Kläger kein Anspruch auf Erstattung für die Kosten zustehe, die er während der Maßnahme für die Betreuung seiner Kinder habe aufwenden müssen. Das LSG habe den Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Teilnahme des Klägers an der Maßnahme verkannt. Es müsse den Eheleuten überlassen bleiben, wer von ihnen die Hausarbeit und wer die Sorge für den Unterhalt der Familie übernehme. Diese Regelung könne, wie im konkreten Fall, durch die Arbeitslosigkeit eines Ehepartners erheblich beeinflußt sein. Daraus könne aber nicht der Schluß gezogen werden, daß dann, wenn der bis dahin arbeitslose und den Haushalt führende Ehegatte in eine Maßnahme eintrete, der andere Ehegatte seine berufliche Beschäftigung aufzugeben habe, um nur die Betreuung der Kinder zu übernehmen. Dies würde eine Benachteiligung gegenüber den kindererziehenden Alleinstehenden bedeuten. Die Frage, ob die Kosten für die Kinderbetreuung erstattet werden könnten, könne aber nicht vom Personenstand des Betreuenden abhängig gemacht werden. Im übrigen seien solche Kosten nach der Auffassung von Gagel/Jülicher (Kommentar zum AFG RdNr 12 zu § 45) erstattungsfähig, wenn die Notwendigkeit zur Betreuung nur während der Maßnahme bestanden und vor- wie nachher von den Teilnehmern selbst übernommen werden könne, wie das hier der Fall sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom
17. Dezember 1980 und das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom
21. Oktober 1979 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres
Bescheides vom 25. August 1977 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 1979 zu verurteilen,
1. dem Kläger ein höheres Unterhaltsgeld zu zahlen und
2. die dem Kläger aus Anlaß der Durchführung der Maßnahme entstandenen
Kosten der Betreuung seiner Kinder zu erstatten,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen aufzuheben und
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Revision des Klägers ist zulässig. Sie ist in vollem Umfange statthaft. Das LSG hat zwar zur Begründung der Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausgeführt, die Frage, ob Kinderbetreuungskosten im Rahmen des § 45 AFG von der Beklagten zu tragen seien, habe grundsätzliche Bedeutung, und deshalb sei die Revision zugelassen worden. Selbst wenn man hieraus folgern wollte, das LSG habe die Revision nur hinsichtlich dieses Anspruchs zulassen wollen, was zulässig ist, stünde dies der Statthaftigkeit des Rechtsmittels in Bezug auf den Anspruch wegen höheren Uhg nicht entgegen. Nach dem eindeutigen Tenor seiner Entscheidung hat das LSG die Revision uneingeschränkt zugelassen. Bei einem Widerspruch zwischen Tenor un den Entscheidungsgründen ist nach allgemeiner Meinung der Tenor maßgebend (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zum SGG, § 141 Anm 3 b bb; Meyer-ladewig, Kommentar zum SGG, 2. Aufl, § 141 Anm 7).
Soweit der Kläger die Erstattung von Kinderbetreuungskosten begehrt, ist seine Revision unbegründet. Im übrigen ist sie im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, die Kosten zu erstatten, die dem Kläger deswegen entstanden sind, weil er während der Teilnahme an der von der Beklagten geförderten Bildungsmaßnahme seine Kinder durch Fremde betreuen lassen mußte. Dem Kläger steht ein solcher Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Auf § 45 Satz 2 AFG, wonach die Beklagte die Kosten für die Betreuung der Kinder eines Teilnehmers ganz oder teilweise bis zu 60,-- DM monatlich tragen kann, wenn diese durch die Teilnahme an der Maßnahme unvermeidbar entstehen und die Belastung durch diese Kosten für den Teilnehmer eine unbillige Härte darstellen würde, kann der Kläger seinen Anspruch nicht stützen. Diese Vorschrift ist erst durch das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497 ff) geschaffen worden. Sie gilt gem Art 18 AFKG erst ab 1. Januar 1982.
Gemäß § 45 Satz 1 AFG trägt die Beklagte ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, die durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstehen. Es muß also zunächst ein Kausalzusammenhang zwischen der Entstehung der Kosten und dem Eintritt in die Maßnahme bestehen, was hier im Gegensatz zur Auffassung des LSG der Fall ist. Wenn der Kläger nicht an der Maßnahme teilgenommen hätte, hätte er durch den Einsatz seiner Arbeitskraft die Betreuungskosten erspart. Damit liegt jedoch ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang, wie ihn § 45 Satz 1 AFG verlangt, noch nicht vor. Der Kläger muß, um überhaupt an der Maßnahme teilnehmen zu können, zunächst von der Aufgabe befreit sein, seine Kinder zu betreuen, dh, er muß für die Teilnahme überhaupt zur Verfügung stehen. Es handelt sich hierbei um eine Bedingung, die Voraussetzung für die Teilnahme an der Maßnahme ist. Die Kosten, die durch den Erwerb dieser allgemeinen Eigenschaft entstehen, sind nur aus Anlaß der Teilnahme und nicht unmittelbar durch sie iS von § 45 Satz 1 AFG entstanden.
Wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 38, 292, 296 = SozR 4100 § 45 Nr 3), gehört es nicht zur Aufgabenstellung der Beklagten im Bereich der beruflichen Bildungsförderung, Zugangsbedingungen allgemeiner Art, deren Besitz oder Erwerb für die Erreichung eines bestimmten Bildungszieles unumgänglich ist, die jedoch nicht spezifischer Teil der angestrebten Berufsqualifikation sind, zu fördern. Die Kosten für die Beschaffung von Qualifikationen, wie sie üblicherweise nach allgemeiner Erfahrung jeder, der am Berufsleben teilnimmt, besitzen sollte oder sich nach üblicher Anforderung verschaffen muß, sind daher von der Erstattung nach § 45 AFG ausgenommen. Das gilt auch dann, wenn sie einem Bildungswilligen erst aus Anlaß des Eintritts in die Bildungsmaßnahme entstehen. Erst recht muß dies gelten, wenn es sich um eine Bedingung handelt, die es dem Teilnehmer überhaupt erst ermöglicht, an einer Bildungsmaßnahme mit Ganztagsunterricht teilzunehmen. Ob dies auch dann der Fall ist, wenn wegen der besonderen Ausgestaltung der Maßnahme, zum Beispiel auswärtige Unterbringung, Kosten für die Betreuung der Kinder entstehen, kann hier dahingestellt bleiben. Solche Sonderheiten liegen nicht vor. Der Kläger ist jeden Tag mit dem Pkw von seinem Wohnort zur Ausbildungsstätte gefahren.
Die Richtigkeit der vorstehenden Auffassung wird im übrigen dadurch bestätigt, daß der durch das AFKG in § 45 eingefügte Satz 2 nach der Begründung zu dem Gesetzentwurf (BT-Drucks 9/799 S 37) deshalb geschaffen wurde, um die Bundesanstalt in die Lage zu versetzen, in Härtefällen die Kosten der Kinderbetreuung ganz oder teilweise bis zu einem monatlichen Höchstsatz zu übernehmen, um insbesondere Frauen die Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme zu ermöglichen. Der Gesetzgeber ist also davon ausgegangen, daß bisher eine gesetzliche Grundlage für die Erstattung solcher Kosten nicht bestand.
Auch auf § 18 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) vom 23. März 1976 (ANBA S 559) kann der Kläger seinen Anspruch nicht stützen. Sonstige Kosten, die die Beklagte hiernach zu übernehmen hat, wenn sie durch die Teilnahme an einer Maßnahme unvermeidbar entstehen, können nur solche sein, die gem § 45 Satz 1 AFG unmittelbar durch die Fortbildungsmaßnahme entstehen.
Das LSG hat hiernach im Gegensatz zur Auffassung des Klägers den Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für die Betreuung der Kinder und der Teilnahme des Klägers an der Maßnahme im Ergebnis nicht verkannt. Zu Unrecht meint der Kläger, dieses Ergebnis verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil es eine Benachteiligung von Verheirateten gegenüber kindererziehenden Alleinstehenden bedeute. Er verkennt, daß ein Alleinstehender, der ein Kind zu betreuen hat, nach der bisherigen Rechtslage und bei gleicher Sachlage gleichfalls keinen Anspruch auf Erstattung der Betreuungskosten gehabt hätte. Es handelt sich hierbei um Kosten der persönlichen Lebensführung, die nicht erstattet werden sollen. Zutreffend hat das LSG unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 30. September 1975 (7 RAr 111/74) darauf hingewiesen, daß dem Geförderten, der von der Beklagten durch die Übernahme der Maßnahmekosten und die Gewährung von Uhg eine wirksame Hilfe erhält, die ihm die Weiterbildung erlaubt, durch welche er in aller Regel berufliche Vorteile erlangt, eigene Opfer zugemutet werden.
Soweit der Kläger ein höheres Uhg begehrt, lassen die tatsächlichen Feststellungen des LSG eine abschließende Entscheidung nicht zu.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß im vorliegenden Falle die Bemessung des Uhg gem § 44 Abs 3 Nr 1 AFG wie im Falle des § 112 Abs 7 AFG zu erfolgen hat. Der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Maßnahme lag länger als drei Jahre zurück. Die Maßnahme hat am 1. August 1977 begonnen. Der letzte Tag des Bemessungszeitraums gem § 112 Abs 3 AFG, der hier gem § 44 Abs 7 AFG entsprechend gilt, kann günstigenfalls der Tag des Ausscheidens aus dem letzten Beschäftigungsverhältnis des Antragstellers sein. Das war hier der 30. Juni 1974. Zwischen diesem Tag und dem Maßnahmebeginn liegt ein Zeitraum, der länger als drei Jahre ist. Es mag dahingestellt bleiben, ob der von Hennig/Kühl/Heuer (Kommentar zum AFG Anm 4 zu § 44) vertretenen Auffassung gefolgt werden kann, wonach das bisherige Bemessungsentgelt für Teilnehmer maßgebend ist, die unmittelbar aus dem Alg-Bezug in die Maßnahme eintreten. Im vorliegenden Falle ist der Kläger gerade nicht unmittelbar aus dem Alg-Bezug in die Maßnahme eingetreten. Er bezog keine Leistungen und war lediglich arbeitsuchend gemeldet. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs 3 Nr 1 hat in diesem Falle die Bemessung des Uhg gem § 112 Abs 7 AFG zu erfolgen.
Hierbei kommt es im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob eine unbillige Härte im Sinne dieser Vorschrift vorliegt. Der § 44 Abs 3 AFG verweist nur hinsichtlich der Rechtsfolgen auf § 112 Abs 7 AFG. Die Voraussetzungen, die diese Rechtsfolgen auslösen, sind in § 44 Abs 3 AG geregelt. Hiernach kann es dahingestellt bleiben, ob eine unbillige Härte dann besteht, wenn bei der Bemessung des Alg und des Uhg von zwei unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen ausgegangen worden ist. Es ist daher auch insoweit nicht erheblich, welches Arbeitsentgelt der Kläger bei seiner letzten Tätigkeit als Bankangestellter bezogen hatte. Das Arbeitsentgelt ist vielmehr gem § 112 Abs 7 AFG zu ermitteln. Hiernach ist von dem am Wohnort oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung von dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufes und seiner Ausbildung in Betracht kommt. Das heißt, maßgebend ist das erzielbare Arbeitsentgelt und nicht das erzielte. Das hat das LSG auch richtig erkannt. Seine tatsächlichen Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um zu entscheiden, von welchem erzielbaren Arbeitsentgelt auszugehen ist.
Ausgangspunkt für die Bestimmung des erzielbaren Einkommens ist zunächst die Feststellung, für welche Beschäftigung der Kläger nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung in Betracht kommt, dh welche Tätigkeiten er objektiv bei Eintritt in die Maßnahme hätte ausüben können. Hierzu bedarf es konkreter Feststellungen über die berufliche Qualifikation des Klägers zu diesem Zeitpunkt. Hieran fehlt es. Das LSG hat lediglich festgestellt, der Kläger sei als kaufmännischer Angestellter (Sachbearbeiter) und Bankangestellter tätig gewesen und unterstellt, daß eine Einstellung in die Tarifgruppe 2 nach dem Gehaltstarifvertrag für die Niedersächsische Metallindustrie erfolgen würde. Welche Tätigkeiten der Kläger konkret ausgeübt hat, hat es nicht festgestellt. So kann sich die Tätigkeit eines Bankangestellten im Rahmen der Funktionen eines Angestellten in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis bis zu der eines Angestellten mit einfachen Tätigkeiten, die keine Berufsausbildung erfordern, bewegen. Das LSG wird daher noch zu ermitteln haben, welche Tätigkeiten der Kläger als kaufmännischer Angestellter und Bankangestellter ausgeübt und welche Kenntnisse und Fähigkeiten er sich aufgrund dieser Tätigkeit angeeignet hat. Erst wenn dies feststeht, läßt sich beantworten, für welche Tätigkeiten der Kläger bei Beginn der Maßnahme in Betracht kam.
Hierbei ist nicht entscheidend, ob sich der Kläger von der Tätigkeit eines Bankangestellten gelöst hat. Es ist vielmehr allein darauf abzustellen, für welche Beschäftigung der objektiv in Betracht gekommen wäre. Das Gesetz stellt insoweit allein auf die objektive Qualifikation des Betroffenen ab. Es ist also auch zu prüfen, ob der Kläger für eine Tätigkeit als Bankangestellter in Betracht kam und in welche Leistungsgruppe er insoweit einzuordnen wäre. Hierbei ist allerdings zu beachten, daß nach dem bisher vor dem LSG gestellten Antrag - die Beklagte zu verurteilen, Uhg nach Gruppe 3 des Gehaltstarifvertrags für die Niedersächsische Metallindustrie zu gewähren - gem § 123 SGG eine Obergrenze besteht, über die das Gericht nicht hinaus gehen darf.
Bei der Feststellung der beruflichen Qualifikation des Klägers muß auch, wie das LSG richtig erkannt hat, berücksichtigt werden, daß er längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war. In diesem Zusammenhang könnte weiter von Bedeutung sein, daß der Kläger für die Ablegung der bisher fehlenden beruflichen Abschlußprüfung, dh für den Nachweis einer Qualifikation, entsprechend der er unter Umständen bereits vor dessen Erbringung eingestuft werden will, an einer Vollzeitmaßnahme teilnehmen mußte, die insgesamt zwei Jahre gedauert hat.
Gemäß § 170 Abs 1 SGG ist deshalb die Revision hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung der Kosten für die Betreuung der Kinder zurückzuweisen. Hinsichtlich des Anspruchs auf ein höheres Uhg ist die Sache gem § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das LSG zurückzuverweisen. Dieses wird bei seiner abschließenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen