Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 26.01.1988; Aktenzeichen L 14 Ar 7/86)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 26. Januar 1988 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Streitig ist, ob die Klägerin zur Erteilung bestimmter Auskünfte an die Beklagte verpflichtet ist.

Die Klägerin betreibt vornehmlich – mit Erlaubnis der Beklagten – gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung im Büro- und gewerblichen Bereich. Daneben führt sie Werkvertragsarbeiten für Dritte aus. Hierzu schließt sie mit ihren Arbeitnehmern sog kombinierte Arbeitsverträge ab, die einen Einsatz bei einem Entleiher als Leiharbeitnehmer als auch im Rahmen von Werkvertragsarbeiten der Klägerin vorsehen und möglich machen.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1984 bat das Landesarbeitsamt (LAA) Berlin die Klägerin, ihm bis zum 18. Juni 1984 unterteilt nach Leiharbeitnehmern und sonstigen Arbeitnehmern die Namen und Vornamen der bei ihr in der Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 31. Mai 1984 beschäftigten Arbeitnehmer sowie deren Beschäftigungsdauer bekanntzugeben. Dem war vorausgegangen, daß die Klägerin dem Arbeitnehmer S. (S), mit dem sie am 9. August 1983 einen kombinierten Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte, nicht das Merkblatt der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über den wesentlichen Inhalt des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ausgehändigt hatte. Aufgrund dieses Vorfalls hatte das LAA gegen den Geschäftsführer der Klägerin eine Geldbuße festgesetzt (Bußgeldbescheid vom 21. November 1983), obwohl der Geschäftsführer geltend gemacht hatte, S sei im Rahmen eines Werkvertrages eingesetzt worden. Den Einspruch des Geschäftsführers verwarf das Amtsgericht Tiergarten wegen Fristversäumnis als unzulässig (Beschluß vom 27. Dezember 1983). Weiterer Anlaß für das Auskunftsersuchen war, daß dem LAA auch für andere Leiharbeitnehmer der Klägerin keine Kontrollmeldungen vorlagen.

Auf das Schreiben vom 10. Mai 1984 erwiderte die Klägerin, daß sie zwar grundsätzlich zur Auskunftserteilung bereit sei, jedoch im Hinblick auf die informationelle Selbstbestimmung ihrer Arbeitnehmer Bedenken habe; auch habe das LAA weder eine Rechtsgrundlage für das Auskunftsbegehren noch einen konkreten Grund für eine Überprüfung der Klägerin genannt (Schreiben vom 26. Juni 1984). Es werde daher um Stellungnahme gebeten, ob die Klägerin durch die erbetenen Auskünfte nicht gegen Datenschutz und Arbeitsrecht verstoße. Hierauf bezugnehmend teilte das LAA der Klägerin mit, daß Rechtsgrundlage der angeforderten Auskunft Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG sei und datenschutzrechtliche Grundsätze beachtet seien. Es bat die Auskünfte nunmehr bis zum 27. Juli 1984 zu erteilen und wies darauf hin, daß die Verletzung der Auskunftspflicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden könne und aus der Verweigerung der Auskunft Rückschlüsse auf die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Verleihers möglich seien (Schreiben vom 9. Juli 1984). Das Schreiben ließ das LAA der Klägerin förmlich zustellen.

Die Klägerin hat am 7. August 1984 beim Sozialgericht (SG) Klage erhoben und beantragt festzustellen, daß sie nicht verpflichtet sei, die Namen und Vornamen der von ihr in der Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 31. Mai 1984 beschäftigten Arbeitnehmer sowie deren Beschäftigungsdauer bekanntzugeben. Zur Begründung hat sich die Klägerin ua darauf berufen, daß die bei ihr im Büro als kaufmännische Angestellte tätige Regine B. gegen sie eine einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts Berlin erwirkt habe, derzufolge die Klägerin keine personenbezogenen Daten der B. – wie Name, Beschäftigungsdauer – an die Arbeitsbehörde herausgeben dürfe (Beschluß vom 2. August 1984). Gegen die einstweilige Verfügung hat die Klägerin nichts unternommen.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Oktober 1985). Die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 26. Januar 1988).

Zur Begründung seines Urteils hat das LSG zunächst ausgeführt, die Klägerin habe zulässigerweise eine negative Feststellungsklage erhoben. Zwar könne in der Aufforderung zur Auskunftserteilung ein Verwaltungsakt erblickt werden, gegen den die an sich vorrangige Anfechtungsklage die zulässige Klageart darstellen würde. Das berechtigte Interesse der Klägerin gehe aber über die Beseitigung des Auskunftsverlangens hinaus, so daß eine Feststellungsklage den Streit in umfassenderem Umfange zu bereinigen geeignet sei. Es handele sich insofern um den (ausnahmsweisen) Fall einer zulässigen Elementenfeststellungsklage. Sei diese unzulässig, bestünden keine Bedenken, das Schreiben vom 10. Mai 1984 als Verwaltungsakt und das Schreiben vom 9. Juli 1984 als Widerspruchsbescheid zu werten.

Zur Sache hat das LSG anschließend ausgeführt, daß die Beklagte nach Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG berechtigt sei, von der Klägerin die Nennung der Namen und Vornamen ihrer Beschäftigten – getrennt nach Leiharbeitnehmern und Nichtleiharbeitnehmern – sowie die Angabe ihrer Beschäftigungsdauer zu verlangen. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift stünden die Bestimmungen des Art. 1 § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AÜG nicht entgegen, da diese anderen und speziellen Zwecken zu dienen bestimmt seien. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsbegehrens sei jedoch, daß die erbetene Auskunft im Zusammenhang mit der der Beklagten nach § 17 AÜG obliegenden Durchführung des AÜG stehe und hierfür erforderlich sei. Dies sei vorliegend der Fall, und zwar auch bezüglich der Nennung der nicht als Leiharbeitnehmer Beschäftigten. Das LSG hat dies näher begründet. Durch das Auskunftsersuchen werde weder das Bundesdatenschutzgesetz verletzt noch in unzulässiger Weise in das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Die Weitergabe der Arbeitnehmerdaten rechtfertige sich aus der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit der Teilnahme am Erwerbsleben; es gehe lediglich um nicht sensible Daten mit Sozialbezug. Schließlich ergebe sich ein Auskunftsverweigerungsrecht für die Klägerin nicht aus der gegen sie ergangenen einstweiligen Verfügung; denn durch den Beschluß des Arbeitsgerichts werde die Beklagte nicht gebunden. Im übrigen sei die Klägerin ggf gehalten, eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände zu erwirken.

Mit der Revision rügt die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG und die Verletzung rechtlichen Gehörs. Hierzu trägt sie vor: Zu Unrecht sei das LSG davon ausgegangen, daß sie gegenüber der Beklagten zur Auskunft verpflichtet sei; denn eine Rechtsgrundlage hierfür sei nicht vorhanden. Soweit das LSG die Auskunftspflicht aus Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG hergeleitet habe, gehe dies fehl. Hierauf könne allenfalls die Pflicht zur Erteilung von Auskünften hinsichtlich der Leiharbeitnehmer, nicht jedoch hinsichtlich derjenigen Arbeitnehmer, die nicht als Leiharbeitnehmer beschäftigt seien, gestützt werden. Auf den Personenkreis der Nichtleiharbeitnehmer sei diese Vorschrift weder mittelbar noch im Wege der Analogie anwendbar. Insbesondere sei nicht zu billigen, daß das LSG die Auskunftsberechtigung der Beklagten hinsichtlich dieser Personengruppe wegen der Rechtswirklichkeit auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung bejaht habe.

Ferner macht die Revision geltend, der Klägerin sei das rechtliche Gehör verweigert worden. Sowohl die von der Beklagten dem Gericht vorgelegten Akten des Ordnungswidrigkeitenverfahrens (Bußgeldvorgang S) als auch der Verwaltungsvorgang selbst seien unvollständig gewesen. Der Schriftwechsel der Beklagten mit dem Datenschutzbeauftragten sei nicht vorgelegt worden. Der dem Bußgeldbescheid zugrundeliegende Sachverhalt sei nicht aufgeklärt worden. Das alles habe sie ohne Erfolg beim LSG gerügt, so daß das angefochtene Urteil ursächlich auf der Verweigerung rechtlichen Gehörs beruhe.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie auf Bedenken gegen die Zulässigkeit ihres bisherigen Feststellungsantrags hingewiesen worden war,

die Urteile des LSG und des SG sowie die Bescheide vom 10. Mai und 9. Juli 1984 aufzuheben,

und hilfsweise,

die Urteile des LSG und des SG sowie die Bescheide vom 10. Mai und 9. Juli 1984 insoweit aufzuheben, als danach auch die Namen und Vornamen der von der Klägerin in der Zeit vom 1. Dezember 1983 bis zum 31. Mai 1984 beschäftigten Arbeitnehmer sowie deren Beschäftigungsdauer bekanntgegeben werden sollen, die nicht Leiharbeitnehmer waren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, daß der Umfang der Auskunftspflicht nach Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG sich keineswegs auf den Katalog des Art. 1 § 8 AÜG beschränke, da ansonsten die Bestimmung des Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG überflüssig sei. Dagegen spreche auch die vollkommen unterschiedliche Zweckrichtung beider Vorschriften, da Art. 1 § 8 AÜG der Arbeitsmarktbeobachtung diene, während hingegen die in Art. 1 § 7 AÜG statuierte Auskunftspflicht eine wirksame Überwachung und Kontrolle der Tätigkeit der Verleiher ermöglichen solle. Damit diese Kontrollfunktion gewährleistet sei, erstrecke sich deren Auskunftspflicht auf alle Angaben, die der Überwachung dienten, ob der Verleiher die ihm nach dem AÜG obliegenden gesetzlichen Pflichten erfülle. In welcher Art. und in welchen Umfange die Beklagte von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch mache, stehe in ihrem Ermessen und sei nicht davon abhängig, daß ein konkreter Verdacht auf Rechtsverstöße gegeben sei, da anderenfalls eine ordnungsgemäße Überwachung der legalen Arbeitnehmerüberlassung unzumutbar erschwert würde. Dementsprechend sei der Begriff der „geschäftlichen Unterlagen”, die der Verleiher auf Verlangen der Erlaubnisbehörde vorlegen müsse, weit zu verstehen und erfasse alle Dokumente, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der vom Verleiher betriebenen Arbeitnehmerüberlassung stünden. Bei einem Mischbetrieb bestehe ein derartiger Bezug auch zu den Daten der nicht als Leiharbeitnehmer Beschäftigten mit der Folge einer entsprechenden Auskunftspflicht, sofern die im Einzelfall erbetenen Auskünfte für die pflichtgemäße Überwachung der Arbeitnehmerüberlassung erforderlich seien. Dies sei hier der Fall. Die Beklagte habe ihr Ermessen im Hinblick auf die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der von ihr verlangten Auskünfte pflichtgemäß ausgeübt. Die von der Klägerin erhobene Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs hält die Beklagte für unbegründet.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zugelassene, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision ist zulässig, und zwar nach wie vor. Ihrer Zulässigkeit steht nicht entgegen, daß die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat statt wie bisher die Feststellung, daß sie nicht verpflichtet sei, die Namen der von ihr in der Zeit vom 1. Dezember 1983 bis zum 31. Mai 1984 beschäftigten Arbeitnehmer und deren Beschäftigungsdauern bekannt zu geben, die Aufhebung der beiden Schreiben des LAA vom 10. Mai und 9. Juli 1984 beantragt hat, mit denen diese Auskünfte von der Klägerin verlangt worden sind.

Zwar sind Klageänderungen im Revisionsverfahren unzulässig (§ 168 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Der Übergang vom Feststellungs- zum Anfechtungsantrag, den die Klägerin vorgenommen hat, ist indessen nicht als eine Änderung der Klage anzusehen. Zutreffend hat die Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, daß mit dem geänderten Antrag kein neues Anliegen verfolgt wird. Das Prozeßziel der Klägerin geht unverändert dahin, die verlangten Auskünfte nicht bzw nicht im geforderten Umfange erteilen zu müssen. Der Antrag ist lediglich in der Erkenntnis geändert worden, daß ein Feststellungsbegehren angesichts der Möglichkeit der immer vorrangigen Anfechtungsklage unzulässig sein dürfte (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Komm zum SGG, Stand August 1987, § 55 Anm. 8; Kopp, Komm zur VwGO, 7. Aufl 1986, § 43 RdZiff 28).

Allerdings widerspräche es dem Wesen des Rechtsmittels der Revision, wenn im Revisionsverfahren ein anderer Sachverhalt in den Rechtsstreit eingeführt werden könnte (vgl. dazu BSGE 18, 12, 14 f = SozR Nr. 2 zu § 168 SGG), was ua gerade durch das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren verhindert wird. Indessen hat die Klägerin mit dem Übergang auf den Anfechtungsantrag keinen anderen Sachverhalt in den Rechtsstreit eingeführt. Der hier vorliegende Übergang von einem negativen Feststellungsbegehren zu einem Anfechtungsbegehren, bei dem – unverändert, – eine in einem Verwaltungsakt festgelegte öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu einem Tun oder Unterlassen bekämpft wird, ist daher noch im Revisionsverfahren statthaft (vgl. BVerwGE 27, 181, 184; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 3. Aufl 1987, § 168 RdZiff 2).

Weil die Klägerin ihren Antrag geändert hat und hiergegen keine Bedenken bestehen, stellt sich auch nicht die Frage, ob nicht schon der bisherige Antrag entgegen seinem Wortlaut gemäß § 123 SGG dahin zu verstehen gewesen ist, daß die Klägerin das Auskunftsverlangen des LAA anfechten wollte.

Zutreffend hat die Klägerin ihre Klage nunmehr auf die Anfechtung ihrer Verpflichtung gerichtet, unterteilt nach Leiharbeitnehmern und sonstigen Arbeitnehmern die Namen und Vornamen der bei ihr in der Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 31. Mai 1984 Beschäftigten sowie deren Beschäftigungsdauern bekannt zu geben, wie sie das LAA in dem Schreiben vom 10. Mai 1984 erstmals formuliert und mit dem Schreiben vom 9. Juli 1984 unter Angabe der gesetzlichen Grundlage und der Folgen der Nichtbeachtung der Verpflichtung wiederholt hat.

Es ist nicht zweifelhaft, daß auch die Heranziehung zu einer Auskunft durch eine Behörde ein den Betroffenen beschwerender Verwaltungsakt sein kann, gegen den die Anfechtungsklage gegeben ist (vgl. BVerwGE 8, 78; 40, 33; 51, 291; BFHE 127, 104; 128, 346, 347; 140, 518; OVG Lüneburg OVGE 6, 325; OVG Münster DÖV 1970, 205). Das gilt auch bei Auskünften, die auf Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG gestützt werden.

Zwar fehlt behördlichen Maßnahmen, die eine Regelung in Aussicht stellen oder eine spätere Regelung vorbereiten und nicht selbständig vollstreckbar sind, der für den Begriff des Verwaltungsakts unentbehrliche Regelungscharakter. Sie können daher nicht angefochten werden; ihre Überprüfung findet erst im Zusammenhang mit der Anfechtung der das Verfahren abschließenden Sachentscheidung statt (vgl. BVerwG DVBl 1961, 735; BVerwGE 34, 248; BVerwG Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 6; BFHE 146, 99 = NVwZ 1987, 174; Urteile des BSG vom 14. Dezember 1988 – 9/4b RV 55/86 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Ein Fall dieser Art. ist zB gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger während des Steuerfestsetzungsverfahrens gebeten wird, die Empfänger bestimmter, als Betriebsausgaben geltend gemachter Beträge zu benennen (vgl. BFH aaO). Zu behördlichen Verfahrenshandlungen dieser Art. gehören auf Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG gestützte Auskunftsverlangen jedoch nicht (aA wohl Noack BB 1973, 1313, 1314). Das ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang. Hiernach ist nämlich die gesetzliche Pflicht der Verleiher, der Erlaubnisbehörde auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung des Gesetzes erforderlich sind (Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG), nach ihrem Zweck mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchsetzbar. Das zeigt schon die Befugnis der Erlaubnisbehörde, in begründeten Einzelfällen Prüfungen auf Grundstücken und in Geschäftsräumen der Verleiher und ggf Durchsuchungen vorzunehmen (Art. 1 § 7 Abs. 3 und 4 AÜG). Im übrigen dient die Auskunftspflicht nicht ausschließlich dazu, Entscheidungen über die Erlaubnis herbeizuführen, dh die Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen, sie nicht zu verlängern oder nachträglich mit Auflagen zu versehen. Die Auskunftspflicht soll es nämlich der Erlaubnisbehörde ermöglichen, im Interesse eines sozial- und arbeitsrechtlichen Mindestschutzes der Leiharbeitnehmer eine fortlaufende Kontrolle und Überwachung der gesamten Verleihtätigkeit durchzuführen, um von vornherein gesetzwidrige Praktiken zu verhindern (Becker/Wulfgramm, Komm zum AÜG, 3. Aufl 1985, Art. 1 § 7 RdZiff 2 und 7; Franßen/Haesen, Komm zum AÜG, Art. 1 § 7 RdZiff 11 und 15; Sandmann/Marschall, Komm zum AÜG, Stand Dezember 1988, Art. 1 § 7 Anm. 13). Von der Erlaubnisbehörde verlangte Auskünfte führen also keinesfalls regelmäßig zur Überprüfung der Erlaubnis und stellen daher nicht typischerweise nur eine Vorbereitungshandlung für eine spätere Entscheidung gegenüber dem Verleiher dar. Dementsprechend sieht das Schrifttum ganz überwiegend die Erlaubnisbehörde allgemein als befugt an, durch Verwaltungsakte zu regeln, welche konkreten Auskünfte ein Verleiher zu erstatten hat, und diese Verwaltungsakte ggf mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen (Becker/Wulfgramm aaO RdZiff 11; Franßen/Haesen aaO RdZiff 22; Sandmann/Marschall aaO Anm. 5; aA Noack aaO).

Daß das LAA mit der Heranziehung der Klägerin einen Verwaltungsakt gesetzt hat, folgt allerdings nicht schon aus der Befugnis hierzu. Einen Verwaltungsakt stellt eine Aufforderung an den Verleiher, Auskünfte zu erteilen, vielmehr nur dann dar, wenn die Aufforderung selbst Regelungscharakter besitzt. Regelungscharakter hat eine behördliche Maßnahme nicht schon, wenn eine abstrakte und generelle Rechtspflicht – wie hier die Auskunftsverpflichtung – im Einzelfalle konkretisiert wird. Hinzukommen muß, daß die behördliche Maßnahme nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt darauf gerichtet ist, die Rechtsfolge – hier die Verpflichtung zu bestimmten Auskünften – kraft hoheitlicher Gewalt mit unmittelbarer Wirkung nach außen abschließend, dh – vorbehaltlich eines Anfechtungsverfahrens – verbindlich zu regeln. Der Ausspruch der Behörde muß daher potentielle Verbindlichkeit beanspruchen (vgl. dazu BVerwGE 29, 310, 312 f). Schlichte Anfragen, mit deren Hilfe Behörden vielfach Auskünfte erlangen, genügen nicht, auch wenn die Auskunftserteilung gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Behörde darf den Betroffenen also nicht lediglich um Auskunft gebeten haben. Das Auskunftsverlangen der Behörde muß vielmehr erkennen lassen, daß die Behörde den Betroffenen zur Erteilung der Auskunft bindend verpflichten will (so zutreffend Eyermann/Fröhler, Komm zur VwGO, 9. Aufl 1988, § 42 RdZiff 51; VG Minden FamRZ 1977, 495 f; vgl. ferner OVG Lüneburg OVGE 6, 325). Aus der behördlichen Maßnahme muß deshalb der Regelungswille der Behörde erkennbar sein, und zwar auch für den Adressaten (vgl. BSGE 17, 124, 126; 49, 258, 261 f = SozR 2200 § 1251 Nr. 75).

Diesen Anforderungen wird das Schreiben vom 9. Juli 1984, nicht aber das vom 10. Mai 1984 gerecht. Zwar hat das LAA bereits im Schreiben vom 10. Mai 1989 die im AÜG nur allgemein umschriebene Auskunftspflicht des Verleihers konkretisiert, indem sie die Klägerin um die Erteilung genau bezeichneter Auskünfte gebeten hat. Ein Wille, abschließend und mit potentiell verbindlicher Wirkung die Auskunftsverpflichtung der Klägerin mit der Folge festzustellen, sie ggf zwangsweise durchzusetzen, ist indes nicht erkennbar. Dem Schreiben des LAA vom 10. Mai 1989 ist, worauf schon die Klägerin in ihrer Anfrage vom 26. Juni 1984 hingewiesen hat, nicht einmal zu entnehmen, ob die Auskünfte aufgrund einer gesetzlichen Pflicht oder freiwillig erteilt werden sollen. Jedoch hat das LAA mit Schreiben vom 9. Juli 1984 durch Angabe der Rechtsgrundlage für die Auskunft, durch den Hinweis darauf, daß die Verletzung der Auskunftspflicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden könne und aus der Verweigerung Rückschlüsse auf die gewerberechtliche Zuverlässigkeit der Klägerin möglich seien, und schließlich durch die förmliche Zustellung dieses Schreibens hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die Klägerin hoheitlich verbindlich verpflichtet werden sollte, die bezeichneten Auskünfte zu erteilen, und diese Verpflichtung auch durchgesetzt werden sollte. Daß das LAA dabei übersehen haben dürfte, daß – ungeachtet der abstrakten Richtigkeit der gegebenen Hinweise – weder ein Bußgeld noch Maßnahmen hinsichtlich der Erlaubnis, sondern allein die im Verwaltungsvollstreckungsgesetz vorgesehenen Zwangsmaßnahmen dazu bestimmt sind, Verwaltungsakte durchzusetzen, die auf die Vornahme einer Handlung durch den Bürger gerichtet sind, steht auf einem anderen Blatt.

Der Verwaltungsaktsqualität des Inhalts des Schreibens vom 9. Juli 1984 steht schließlich nicht entgegen, daß eine Rechtsbehelfsbelehrung fehlt. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung spricht zwar allgemein gegen das Vorliegen eines Verwaltungsaktes, zwingt indessen nicht in allen Fällen zu einer solchen Beurteilung (vgl. BVerwGE 29, 310, 313; 41, 305, 307). Keine Rolle spielt daher die Frage, ob überhaupt für ursprüngliche Verwaltungsakte der Beklagten in Angelegenheiten des AÜG eine Rechtsbehelfsbelehrung gesetzlich vorgeschrieben ist (vgl. zur Nichtanwendbarkeit des § 36 SGB 10 Becker/Wulfgramm aaO vor Art. 1 § 2 RdZiff 2 ff; Sandmann/Marschall aaO Art. 1 § 2 Anm. 7; zur Nichtanwendbarkeit des § 59 VwGO für viele Eyermann/Fröhler aaO § 59 RdZiff 3).

Ist der Übergang zur Anfechtungsklage hiernach nicht zu beanstanden, steht einer Entscheidung in der Sache allerdings entgegen, daß das gesetzlich vorgeschriebene Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist. Mach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind vor der Erhebung der Anfechtungsklage Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer der Ausnahmefälle, in denen es eines Vorverfahrens nicht bedarf (§ 78 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist nicht gegeben. Das Vorverfahren ist hier nicht durchgeführt worden.

Das LSG hatte zwar für den Fall der Unzulässigkeit der Feststellungsklage keine Bedenken, im Schreiben vom 9. Juli 1984 den aufgrund der im Schreiben vom 26. Juni 1984 von der Klägerin vorgetragenen Einwände erlassenen Widerspruchsbescheid zu sehen. Dem kann indessen nicht gefolgt werden. Das Schreiben vom 26. Juni 1984 als Widerspruch der Klägerin zu deuten, steht nicht nur die zeitliche Abfolge entgegen; dies ist auch wegen seines Inhalts nicht möglich. Zwar muß eine Widerspruchsschrift nicht als solche bezeichnet und in ihr auch nicht von „Widerspruch” die Rede sein. Nach dem Zweck des Rechtsbehelfs muß aus der Widerspruchsschrift jedoch erkennbar sein, daß sich der Absender gegen eine bestimmte Verwaltungsmaßnahme wendet, die er beseitigt oder geändert haben möchte (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 70 VwGO Nr. 4 = VerwRspr 22, 634; OVG Lüneburg OVGE 30, 384, 385; Urteil des Senats vom 14. Juni 1983 – 7 RAr 114/81 –, insoweit nicht veröffentlicht). Mit dem Schreiben vom 26. Juni 1984 hat die Klägerin sich jedoch nicht gegen eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung gewendet, sondern lediglich um Stellungnahme gebeten, „ob wir durch die Übermittlung der personenbezogenen Daten nicht gegen das Datenschutzgesetz und damit gegen arbeitsrechtliche Nebenpflichten verstoßen”. Auch im LAA selbst ist das Schreiben nicht als Widerspruch gewertet worden. Es wäre anderenfalls nämlich nicht durch den bisherigen Sachbearbeiter beantwortet worden. Vielmehr wäre es zur Herbeiführung einer Entscheidung über den Widerspruch an den zur Bearbeitung von Widerspruchssachen zuständigen Sachbearbeiter für SGG-Angelegenheiten weitergeleitet worden (vgl. Nr. 29 des Runderlasses 233/56.4.7 vom 29. Juni 1956). Auch inhaltlich stellt das Schreiben des LAA keine Widerspruchsentscheidung dar. Das LAA hat zwar nunmehr die Rechtsgrundlage genannt, Hinweise über mögliche Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung der Auskunft gegeben und, wenn auch mehr formal, zu den datenrechtlichen Bedenken der Klägerin Stellung genommen. Eine umfassende Oberprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit der Heranziehung der Klägerin zur Auskunft, wie sie aufgrund eines Widerspruchs vorgenommen werden soll, ist damit nicht erfolgt.

Auf andere Weise ist dem Vorverfahrenserfordernis im vorliegenden Falle nicht genügt. Allerdings kann das Vorverfahren während des Prozesses nachgeholt werden. Auch bestehen keine Bedenken, in der Klageerhebung zugleich die Einlegung des Widerspruchs zu sehen (vgl. BVerwGE 15, 306, 310; BSGE 20, 199, 200 f = SozR Nr. 11 zu § 79 SGG), die im vorliegenden Falle die – mangels Rechtsbehelfsbelehrung einjährige – Widerspruchsfrist gewahrt hat. Indessen fehlt es an einem Widerspruchsbescheid. Soweit angenommen wird, der Widerspruchsbescheid könne durch Prozeßvorbringen der beklagten Verwaltung ersetzt werden (vgl. BVerwGE 15, 306, 310; 27, 141, 143; BVerwG DVBl 1959, 777; ablehnend BSGE 8, 3, 10; 19, 164, 167; BSG NJW 1963, 1374; vgl. jetzt aber BSG SozR 1500 § 78 Nr. 8) kann dies nur gelten, soweit das Vorbringen über bloßes Prozeßvorbringen hinausgeht und seinem Inhalt nach einer Widerspruchsentscheidung entspricht (vgl. BVerwGE 15, 306, 310; Peters/Sautter/Wolff aaO § 78 Anm. 3). Das ist hier nicht der Fall.

Da im Widerspruchsverfahren Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes nachzuprüfen sind, hat die Widerspruchsstelle auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes zu prüfen, soweit es auf Zweckmäßigkeit ankommt. Das ist bei der Heranziehung des Verleihers zu einer Auskunft nach Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG regelmäßig der Fall; denn es sind nur Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung des AÜG durch die Erlaubnisbehörde erforderlich sind. Die Stelle, die über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann einen vom Betroffenen rechtzeitig eingelegten Widerspruch gegen eine Heranziehung zur Auskunft von Rechts wegen daher nur dann zurückweisen, wenn sie es zur Durchführung des AÜG für erforderlich hält, daß die Auskünfte wie verlangt noch erteilt werden. Sie muß also nicht nur die weitere Erforderlichkeit der Prüfung bejahen, der die Auskünfte dienen sollen, sondern auch die Geeignetheit der verlangten Auskünfte für diese Prüfung. Soweit das nicht der Fall ist, ist dem Widerspruch stattzugeben.

Genügt schon eine Entscheidung der Widerspruchsstelle nicht den gesetzlichen Anforderungen, die in Fällen vorliegenden Art. nicht auch prüft, ob die getroffene Regelung noch zweckmäßig ist, kann Prozeßvorbringen der beklagten Verwaltung, das lediglich die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts verteidigt, einen Widerspruchsbescheid nicht ersetzen. So aber liegt der Fall hier. Die Beklagte hat zwar in der Klageerwiderung ausgeführt, weshalb das LAA berechtigt sei, Auskünfte, wie sie 1984 von der Klägerin gefordert worden sind, von Verleihunternehmern gemäß Art. 1 § 7 Abs. 2 AÜG zu verlangen. Es ist auch begründet worden, daß das LAA anläßlich des Falles S zu der Auskunft berechtigt gewesen sei. Aus der Klageerwiderung oder der Berufungserwiderung ergibt sich jedoch nicht, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Vorlage einer dieser Schriftsätze es zur Durchführung des AÜG noch für zweckmäßig hält, die Klägerin zu den Auskünften, die das LAA 1984 gefordert hat, weiterhin heranzuziehen.

Nach der Spruchpraxis des Senats ist die Durchführung des Vorverfahrens zwar dann entbehrlich, wenn das Vorverfahren gescheitert ist, dh von vornherein oder aufgrund der Stellungnahmen im Prozeß ersichtlich ist, daß das noch mögliche Vorverfahren eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht zu vermeiden vermag (SozR 4100 § 136 Nr. 4). Davon kann im vorliegenden Falle jedoch keine Rede sein, weil die Erfolglosigkeit des Vorverfahrens nicht von vornherein feststeht. Hat die Widerspruchsstelle auch die Zweckmäßigkeit zu beurteilen, ist es nämlich durchaus möglich, daß die Erforderlichkeit der 1984 beabsichtigten Prüfungen bzw die Geeignetheit der von der Klägerin 1984 verlangten Auskünfte 1989 anders beurteilt wird. Das ist schon deshalb der Fall, weil die 1984 verlangten Auskünfte Geschäftsvorfälle betreffen, die inzwischen mehr als fünf Jahre zurückliegen.

Daß das Vorverfahren noch nicht abschließend durchgeführt worden ist, führt nach der Rechtsprechung dazu, gemäß § 170 Abs. 2 Satz 2 SGG das Urteil des LSG aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, das Vorverfahren abzuschließen (vgl. für viele BSGE 20, 199, 201 = SozR Nr. 11 zu § 79 SGG).

Es ist daher zu erkennen wie geschehen. Bei der erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI921556

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