Leitsatz (amtlich)
Eine Schwerbeschädigte hat Anspruch auf einen Berufsschadensausgleich als "Hausfrau" iS des BVG § 30 Abs 4 S 4 idF des 2. und 3. NOG, wenn sie den Hausfrauenberuf gleichwertig neben einem anderen Beruf ausübt und für sie die Zugrundelegung des Hausfrauenberufs zur günstigsten Leistung führt.
Normenkette
BVG § 30 Abs 4 DV § 8 Fassung: 1968-02-08; BVG § 30 Abs. 4 S. 4 Fassung: 1964-02-21, S. 4 Fassung: 1966-12-28, Abs. 3 Fassung: 1964-02-21, Abs. 3 Fassung: 1966-12-28; BVG § 30 Abs 3 DV § 8 Fassung: 1968-02-08
Tenor
1) Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 26. April 1967 aufgehoben.
2) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Mai 1966 wird als unbegründet zurückgewiesen.
3) Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin erhält wegen des Verlustes des linken Unterarms mit beweglichem Ellenbogengelenk Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H. Sie übt neben ihrer Tätigkeit als Hausfrau noch den Beruf einer Telefonistin aus; in diesem Beruf arbeitet sie 40 Stunden wöchentlich. Im September 1964 stellte sie einen Antrag auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs. Die Versorgungsbehörde lehnte mit Bescheid vom 19. März 1965 den Antrag der Klägerin ab. In der Begründung ist ausgeführt, daß die Klägerin ohne ihre Schädigungsfolgen wahrscheinlich als kaufmännische Angestellte tätig wäre. Unter Berücksichtigung eines Durchschnittseinkommens nach der Leistungsgruppe IV des Versicherungsgewerbes ergebe sich im Verhältnis zu ihrem derzeitigen Einkommen als Telefonistin kein Einkommensverlust. Ein Berufsschadensausgleich als schwerbeschädigte Hausfrau komme nicht in Betracht, weil ihre Tätigkeit als Telefonistin nach Zeit und Umfang ihre Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nehme, so daß eine Haushaltsführung im Sinne des § 30 Abs. 4 letzter Satz des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht angenommen werden könne. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. September 1965).
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 26. Mai 1966 die Bescheide vom 19. März 1965 und 20. September 1965 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin einen Berufsschadensausgleich gemäß § 30 Abs. 4 Satz 4 BVG vom 1. Januar 1964 an zu gewähren.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg mit Urteil vom 26. April 1967 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das LSG ausgeführt, daß die Klägerin als Schwerbeschädigte ihren Haushalt für sich, ihren Ehemann und zwei unmündige Kinder neben ihrer Tätigkeit als Telefonistin versorge. Es sei daher die Frage zu prüfen, ob der berufstätigen Klägerin bei 40 Wochenarbeitsstunden als Telefonistin in ihrer Eigenschaft als Hausfrau ein Berufsschadensausgleich zustehe. Als Telefonistin stehe ihr ein solcher Ausgleich unzweifelhaft nicht zu, als Hausfrau aber könne sie nicht angesehen werden. Der Begriff "Hausfrau" im Sinne des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG lasse sich aus den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung nicht deuten. Es müsse angenommen werden, daß der Gesetzgeber nicht ohne Grund in § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85 - 2. NOG) das Wort "Hausfrau" in Klammern eingefügt habe. Damit habe der Begriff "Frau, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann ... führt", erläutert werden sollen. Wenn es aber einer solchen näheren Erläuterung bedurft hätte, so könne mit dem in Klammern gesetzten Wort Hausfrau ausschließlich die "Nur-Hausfrau" gemeint sein, bzw. diejenige Hausfrau, die überwiegend im Haushalt tätig sei. Damit aber könne die Klägerin nicht als Hausfrau im Sinne des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG angesehen werden. Ein Berufsschadensausgleich müsse ihr jedenfalls solange verschlossen bleiben, als sie einem Erwerb in der bisherigen Form nachgehe. Der eigentliche Beruf der Klägerin im Sinne einer Lebensaufgabe, in der sich die menschliche Persönlichkeit voll ausforme und vollende und der zugleich der Grundlage der Lebensführung diene, sei bei ihr der einer angestellten Telefonistin. Dieser Beruf nehme mit 40 Wochenstunden zuzüglich des Zeitaufwandes für Mittagspausen und Arbeitswege die wesentliche Arbeitskraft und einen großen Teil der Zeit der Klägerin in Anspruch. Wenn sie demgegenüber vortrage, für die Hausarbeit wende sie wöchentlich einschließlich des Wochenendes 50 und mehr Stunden auf, so könne dies zu keinem anderen Ergebnis führen, weil ihre Tätigkeit im Haushalt zwar die Lebensführung der Familie wirtschaftlich erleichtere, aber nicht entscheidend der wirtschaftlichen Existenz diene. Die Verwaltungs-Anordnung zu § 8 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 - BGBl I 574 - DVO 1964) stehe nicht im Gegensatz zu § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG. Ebenso sei dadurch nicht eine Einengung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts der freien Berufswahl gegeben, weil zwischen einer Nur-Hausfrau, die keinen Arbeitsverdienst habe, und der berufstätigen Ehefrau, die einen Fremdberuf ganztägig ausübe, wesentliche Unterschiede bestünden. Diese verschiedenen Lebenslagen habe der Gesetzgeber auch verschieden regeln dürfen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses ihr am 1. Juni 1967 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 21. Juni 1967 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schriftsatz vom 20. Juni 1967 Revision eingelegt und diese innerhalb der bis zum 1. September 1967 verlängerten Revisionsbegründungsfrist mit einem Schriftsatz vom 14. August 1967, eingegangen beim BSG am 16. August 1967, begründet.
Sie beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des LSG Hamburg vom 26. April 1967 nach dem Klageantrag zu erkennen und die außergerichtlichen Kosten aller Instanzen der Beklagten aufzuerlegen.
Die Klägerin rügt eine Verletzung des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG durch das LSG und trägt hierzu insbesondere vor, es könne aus dem Klammerzusatz in § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG, also dem Wort "Hausfrau", entgegen der Auffassung des LSG nicht entnommen werden, daß nur diejenige schwerbeschädigte Hausfrau einen Berufsschadensausgleich erhalten solle, die keinen anderen beruflichen Tätigkeiten nachgehe. Nach den Materialien zum 2. NOG sei es die Auffassung des Gesetzgebers gewesen, die Tätigkeit der Hausfrau einer beruflichen Tätigkeit gleichzustellen. Aus dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten Begriff des Berufs könne für den vorliegenden Fall nichts Entscheidendes entnommen werden. Das BVerfG habe gerade ausgesprochen, daß es eine der wichtigsten Aufgaben in § 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) sei, der rechtlichen Unterbewertung der Arbeit der Frau in Haushalt und Familie ein Ende zu setzen und ihr eine gerechte Berücksichtigung zu sichern. Wenn aber der wirtschaftliche Wert der Tätigkeit einer Ehefrau in der Familie als Unterhaltsleistung anzusehen ist, dann müsse der wirtschaftliche Wert dieser Tätigkeit als Ertrag einer echten Berufsausübung auch anerkannt werden, wenn und solange die schwerbeschädigte Frau einen Haushalt neben einer anderen beruflichen Tätigkeit führe. Insoweit handele es sich um eine doppelte Berufstätigkeit. Die Haushaltsführung sei eine ebenso sinnvolle und wirtschaftlich wertvolle Tätigkeit wie die Ausübung eines anderen Berufs. Im vorliegenden Fall müsse somit der Wert der Arbeit der Klägerin als Telefonistin dem ihrer Tätigkeit als Hausfrau gleichgestellt werden, da nach den Feststellungen des LSG davon auszugehen sei, daß die im Haushalt vorkommenden Arbeiten der Klägerin dem Umfang nach wie von einer "Nur-Hausfrau" vorgenommen würden. Ihre Tätigkeit im Haushalt diene - entgegen der Auffassung des LSG - aber auch der Existenzsicherung der Familie. Im übrigen verkenne das LSG, daß nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG Voraussetzung nur die Führung des im Gesetz näher bestimmten Haushalts sei. Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf ihre Revisionsbegründung vom 14. August 1967 verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, daß das Urteil des LSG der materiellen Rechtslage entspricht. Zur näheren Darstellung ihres Vorbringens wird auf die Revisionserwiderung vom 25. August 1967 verwiesen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, sie hält aber gleichfalls das Urteil des LSG für zutreffend. Sie führt dazu aus, daß zwar die Tätigkeit einer Hausfrau in Übereinstimmung mit der allgemeinen rechtlichen Bewertung dieser Tätigkeit einem Beruf im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG gleichzusetzen sei und daher auch eine schwerbeschädigte Hausfrau beruflich besonders betroffen im Sinne dieser Vorschrift sein könne. Bei diesem beruflichen Betroffensein müsse es sich aber immer um einen Beruf im Sinne eines "Lebensberufs" handeln, mithin üben nur diejenige schwerbeschädigte Hausfrau einen Beruf aus, die sich allein oder überwiegend als Hausfrau betätige. Gleiches habe für den Berufsschadensausgleich des § 30 Abs. 3 BVG zu gelten; dieser sei rechtssystematisch wie rechtsdogmatisch als Fortführung und Weiterentwicklung des rechtspolitischen Anliegens des Gesetzgebers anzusehen, den schädigungsbedingten beruflichen Schaden - über die Möglichkeit der MdE-Erhöhung hinaus - durch eine besondere Versorgungsleistung in einer dem Umfang und Inhalt des Schadensersatzanspruchs des bürgerlichen Rechts angenäherten verwandten Rechtsform abzugelten. Mithin könne ein Berufsschadensausgleich einer Schwerbeschädigten als Hausfrau lediglich einer "Nur-Hausfrau" gewährt werden. Die Revision der Klägerin sei daher unbegründet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beigeladenen wird auf ihren Schriftsatz vom 4. Oktober 1968 verwiesen.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist somit zulässig. Sie ist auch begründet.
Die Klägerin hat für ihren Anspruch auf Berufsschadensausgleich zwei Tätigkeiten angeführt, nämlich einmal ihre Tätigkeit als Telefonistin, und zum anderen die Tätigkeit in ihrem Haushalt, in welchem sie für sich, ihren Ehemann und zwei unmündige Kinder sorgt. Soweit die Klägerin als Telefonistin tätig ist, hat das LSG zutreffend entschieden, daß der Klägerin "unzweifelhaft" insoweit ein Berufsschadensausgleich nicht zusteht, weil ihr Einkommen aus dieser Tätigkeit nicht durch Schädigungsfolgen gemindert ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin auch nicht, sondern nur gegen die Versagung des Berufsschadensausgleichs als schwerbeschädigte Hausfrau gemäß § 30 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 letzter Satz BVG. Entgegen der Ansicht des LSG steht der Klägerin nach diesen Vorschriften ein Berufsschadensausgleich zu.
Gemäß § 30 Abs. 3 BVG in der für den Anspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1966 geltenden Fassung des 2. NOG erhält ein Schwerbeschädigter einen Berufsschadensausgleich, wenn er durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens 75,- DM hat, und nach § 30 Abs. 3 BVG - in der für den Anspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1967 an geltenden Fassung des 3. NOG - erhält ein Schwerbeschädigter den Berufsschadensausgleich dann, wenn sein Erwerbseinkommen durch Schädigungsfolgen gemindert ist (Einkommensverlust). Ein solcher Einkommensverlust ist nach § 30 Abs. 4 BVG idF des 2. und 3. NOG der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte. Für eine schwerbeschädigte Frau bestimmt § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG idF des 2. und 3. NOG besonders, daß als Einkommensverlust einer Ehefrau, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führt oder zu führen hätte (Hausfrau), die durch die Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Haushaltsführung gelten. Voraussetzung für den Anspruch auf Berufsschadensausgleich ist demnach zunächst einmal, daß bei dem Schwerbeschädigten durch die anerkannten Schädigungsfolgen ein Einkommensverlust eingetreten ist, Zum anderen folgt aus dem Gebrauch der Worte "Berufsschadensausgleich" (in Abs. 3), "beruflich insoweit besonders betroffen" (in dem in Abs. 3 angezogenen Abs. 2) und "Berufs- oder Wirtschaftsgruppe" (in Abs. 4), daß der durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursachte Einkommensverlust bei einer Tätigkeit eintreten muß, die als "Beruf" bezeichnet werden kann. Dabei braucht es sich aber nicht, wie vom 9. Senat des BSG schon mit zutreffender Begründung entschieden worden ist (BSG 26, 78-79), um einen sogenannten "Lebensberuf", d. h. um eine Tätigkeit zu handeln, die auf Lebenszeit ausgeübt wird. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin somit nur dann einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich als Hausfrau, wenn die Tätigkeit in der Führung des gemeinsamen Haushalts mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern "Beruf" i. S. des § 30 Abs. 3 und 4 BVG ist. Das trifft hier zu.
In der Rentenversicherung ist die Tätigkeit einer Hausfrau deshalb nicht als "Beruf" erfaßt und in gesetzliche Regelungen einbezogen, weil - abgesehen von der Handwerkerversicherung - grundsätzlich nur in abhängiger Stellung beschäftigte Personen versicherungspflichtig sind, eine Ehefrau aber ihre Arbeitskraft bei der Haushaltsführung als Beitrag zum Familienunterhalt verwertet (s. dazu BGHZ 38, 55, 58; BVerwG, Urteil vom 13. November 1963 in MDR 1964, 259). Aus dem Recht der Rentenversicherung lassen sich demnach zur Frage, ob die Tätigkeit der Hausfrau ein Beruf ist, für das Versorgungsrecht keine Schlüsse ziehen. Nach den Vorschriften des BVG selbst kann die Tätigkeit einer Hausfrau nicht schlechthin und allgemein als Beruf anerkannt werden, jedenfalls nicht als ein Beruf, dessen Ausübung mit irgendeinem und in Geld festsetzbaren wirtschaftlichen Erfolg (Einkommen) verbunden ist, so daß ohne nähere gesetzliche Regelung beim Berufsschadensausgleich von einem Einkommensverlust durch Schädigungsfolgen im Hausfrauenberuf hätte gesprochen werden können. Dagegen spricht die Regelung über die Ausgleichsrente (§ 33 BVG), bei welcher nicht die Tätigkeit einer Hausfrau berücksichtigt ist, was unbedingt erforderlich gewesen wäre, wenn der Gesetzgeber diese Tätigkeit schlechthin als eine Berufstätigkeit, die mit einem in Geld festsetzbaren wirtschaftlichen Erfolg verbunden ist, angesehen hätte. Obwohl demnach im BVG die Tätigkeit einer Hausfrau nicht grundsätzlich als eine mit einem Einkommen verbundene Berufstätigkeit anerkannt ist, wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß diese Tätigkeit in gewissen Beziehungen als eine Berufstätigkeit zu behandeln oder ihr gleichgestellt ist. Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, aber der Verwaltungsübung nach, war die Hausfrauentätigkeit schon immer als Beruf bei Anwendung des § 30 Abs. 2 BVG behandelt worden, der voraussetzt, daß die Beschädigte beruflich, d. h. in ihrem Beruf als Hausfrau besonders - in wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht - betroffen ist (s. dazu VV Nr. 5 zu § 30 BVG). Im Gesetz selbst ist dann für den Berufsschadensausgleich mit der Einfügung des letzten Satzes im § 30 Abs. 4 BVG durch das 2. NOG zum Ausdruck gekommen, daß im Rahmen dieser Regelung die Führung eines gemeinsamen Haushalts mit dem Ehemann, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind durch die schwerbeschädigte Frau als deren "Beruf" anzusehen ist. Zwar ist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur gesagt, was als "Einkommensverlust" einer schwerbeschädigten Hausfrau zu "gelten" hat, jedoch geht aus dieser Regelung eindeutig hervor, daß nach dem Gesetz jedenfalls im Rahmen der Regelung über den "Berufs"-Schadensausgleich die Hausfrauentätigkeit als ein "Beruf" anzusehen ist, und daß bei diesem Beruf auch von einem Einkommen auszugehen ist, das durch die Schädigungsfolgen infolge notwendiger Mehraufwendungen bei der Haushaltsführung gemindert werden kann, und in solchem Fall den "Einkommensverlust" darstellt. Daß die Hausfrauentätigkeit als Beruf im Rahmen der Regelung über den Berufsschadensausgleich auch nach dem Willen des Gesetzgebers angesehen werden soll, geht aus den Materialien zum 2. NOG, insbesondere aus dem Bericht des Bundestagsausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (22. Ausschuß, BT-Drucks. IV Nr. 1831/1963 S. 6 zu § 30 BVG) hervor, in dem es heißt, daß "die Tätigkeit der Hausfrau ... einer beruflichen Tätigkeit gleichgestellt und beim Berufsschadensausgleich angemessen berücksichtigt" wird (s. dazu auch Protokoll der 24. Sitzung des 22. Ausschusses vom 25. Oktober 1963 S. 8).
Von dieser Auffassung, daß die Tätigkeit einer schwerbeschädigten Frau, die mit einer der in § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG bezeichneten Person einen gemeinsamen Haushalt führt oder zu führen hätte, als Beruf im Rahmen der Regelung des Berufsschadensausgleichs im BVG anzusehen ist, gehen offenbar auch die Beteiligten im vorliegenden Fall aus, jedenfalls haben sie insoweit nicht Bedenken geäußert; sie bringen gegen den Anspruch der Klägerin vornehmlich vor, daß ein Berufsschadensausgleich lediglich einer "Nur-Hausfrau" zustehe.
Diese Auslegung, welche die Beklagte und die Beigeladene dem § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG beilegen, daß nur diejenige Frau als "Hausfrau" im Sinne dieser Bestimmung gelte, die ihren Haushalt allein oder - neben einem anderen Beruf - überwiegend führt, und daß somit auch nur eine solche Hausfrau einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich habe, läßt sich weder aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG herleiten, noch ist eine derartig einschränkende Auslegung dieser Vorschrift aus anderen Erwägungen gerechtfertigt. Seinem Wortlaut nach handelt es sich bei der Vorschrift um eine Fiktion ("gelten") oder um eine Begriffsbestimmung für den "Einkommensverlust", den eine schwerbeschädigte Hausfrau durch die Folgen der Schädigung insofern erleidet, als Mehraufwendungen bei der Haushaltsführung notwendig werden. Auf jeden Fall aber ist dieser Vorschrift nichts dafür zu entnehmen, welchen Umfang die Tätigkeit der Frau im Haushalt haben muß, d. h. ob sie ausschließlich, überwiegend oder auch nur neben einem anderen Beruf ausgeübt werden muß, um als Hausfrauenberuf angesehen werden zu können. Hinsichtlich des Umfangs der Haushaltsführung ergibt sich aus § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG nur, daß es sich um einen "gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind" handeln muß; bei Führung des eigenen Haushalts durch eine alleinstehende Frau oder bei Führung eines gemeinsamen Haushalts mit anderen als den genannten Personen handelt es sich nicht um eine Hausfrau im Sinne dieser Vorschrift und damit auch nicht um einen Beruf, für den ein Berufsschadensausgleich gewährt werden könnte. Mit den aus dem letzten Satz des § 30 Abs. 4 BVG zitierten Worten ("gemeinsamen Haushalt mit ...") ist also nur die Größe des Haushalts und der Personenkreis des Haushalts umrissen, bei dessen Führung eine schwerbeschädigte Frau als Hausfrau im Sinne der Vorschriften über den Berufsschadensausgleich anzusehen ist. Weitere Voraussetzungen sind damit für den Umfang der Tätigkeit, insbesondere der Art, daß die beschädigte Frau nur oder neben anderen Tätigkeiten wenigstens überwiegend in der Haushaltsführung tätig ist, nicht gefordert. Auch aus dem Gebrauch des in Klammern beigefügten Wortes "Hausfrau" allein kann - entgegen der Auffassung des LSG - nicht gefolgert werden, daß darunter nur eine Frau zu verstehen ist, die allein oder - neben einem anderen Beruf - überwiegend einen solchen, der Größe und dem Personenkreis nach näher umrissenen gemeinsamen Haushalt führt; denn dem allgemeinen Sprachgebrauch nach wird eine Frau als Hausfrau unabhängig davon bezeichnet, ob und in welchem Umfang sie neben der Führung des Haushalts noch andere Tätigkeiten ausübt.
Diese Ansicht, daß als Hausfrau im Sinne der Vorschriften über den Berufsschadensausgleich nicht nur eine solche Frau anzusehen ist, die nur ihre Hausfrauentätigkeit oder diese Tätigkeit wenigstens überwiegend neben einer anderen ausübt, geht schließlich auch daraus hervor, daß nach dem letzten Satz in § 30 Abs. 4 BVG auch eine solche schwerbeschädigte Frau als Hausfrau anzusehen ist, die einen gemeinsamen Haushalt "zu führen hätte". Es sind nämlich durchaus Fälle denkbar, in denen eine schwerbeschädigte Frau wegen der bei ihr anerkannten Schädigungsfolgen körperlich nicht mehr in der Lage ist, den gemeinsamen Haushalt tatsächlich zu führen, ihn aber unter anderen Umständen zu führen hätte. In diesem Fall lassen sich gar nicht Erwägungen darüber anstellen, ob sie nur den Haushalt oder diesen wenigstens überwiegend neben einer anderen Tätigkeit zu führen hätte. Aus dieser Gleichstellung derjenigen Frau, die tatsächlich einen gemeinsamen Haushalt führt, mit derjenigen, die einen solchen Haushalt wegen ihrer Beschädigung gar nicht mehr führen kann, ihn aber sonst zu führen hätte, läßt sich gleichfalls folgern, daß nach der erwähnten Vorschrift als Hausfrau nicht nur diejenige Frau angesprochen ist, die nur oder wenigstens überwiegend neben einer anderen Tätigkeit einen Haushalt führt oder zu führen hätte.
Die vom Senat gewonnene Auffassung wird durch die Gesetzesmaterialien zu der Vorschrift § 30 Abs. 4 BVG bestätigt. Bei den Beratungen zum 2. NOG war der Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (22. Ausschuß) der Auffassung, daß im Recht des Berufsschadensausgleichs der auf die Schädigung zurückzuführende erhöhte Kraftaufwand einer Hausfrau bei der Haushaltsführung ausreichend berücksichtigt werden müsse (Protokoll der 24. Sitzung vom 25. Oktober 1963 S. 8). Bei der Formulierung des Entwurfs des § 30 BVG sollte ein "durch die schädigungsbedingten Mehraufwendungen bei der Haushaltsführung sich ergebender Berufsschaden einer Hausfrau" berücksichtigt werden (Protokoll der 25. Sitzung vom 6. November 1963 S. 5). Der Entwurf erhielt in § 30 Abs. 5 BVG (später im Gesetz § 30 Abs. 4 BVG) folgende Fassung: "Als Einkommensverlust einer Frau, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führt oder zu führen hätte (Hausfrau), gelten die durch die Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Haushaltsführung; dies gilt nicht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 4 (später im Gesetz Abs. 3) erfüllt sind" (Protokoll der 26. Sitzung vom 7. November 1963 S. 5). Diese vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vorgeschlagene Formulierung des letzten Halbsatzes, wonach die Mehraufwendungen bei der Haushaltsführung einer Hausfrau nicht als Einkommensverlust gelten, "wenn die Voraussetzungen des Abs. 4 erfüllt sind", ließ demnach die Auslegung zu, daß nur solche schwerbeschädigten Frauen als Hausfrauen in den Genuß des Berufsschadensausgleichs gelangen sollten, die ihre Arbeitskraft allein oder überwiegend für die Haushaltsführung aufwendeten. Diese im letzten Halbsatz des Entwurfs liegende Einschränkung ist aber nicht vom Ausschuß übernommen worden, "da es durchaus Fälle gebe, in denen sowohl ein Beruflicher als auch ein durch die Haushaltsführung bedingter Mehraufwand vorliege. Beide Tatbestände müßten gegeneinander abgewogen und der Frau die Leistung entsprechend dem günstigeren Ergebnis zugestanden werden" (Protokoll der 26. Sitzung vom 7. November 1963 S. 7). Auf Grund der von den Ausschußmitgliedern geltend gemachten Bedenken wurde sodann der die Einschränkung enthaltende letzte Halbsatz gestrichen und die geänderte Fassung einstimmig angenommen. Daraus folgt aber, daß mit der Einfügung des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG in der endgültigen Fassung in das 2. NOG nicht nur diejenige Hausfrau einen Berufsschadensausgleich erhalten sollte, die allein oder - neben einem anderen Beruf - überwiegend ihre Arbeitskraft der Führung des gemeinsamen Haushalts zuwendet.
Soweit die Beigeladene dieser Ansicht gegenüber vorbringt, im § 30 Abs. 2 BVG sei der "Lebensberuf" angesprochen, worunter allein die Tätigkeit einer "Nur-Hausfrau" zu verstehen sei, und daß diese Begriffsbegrenzung wegen des inneren Zusammenhangs des § 30 Abs. 2 BVG mit den Vorschriften des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 auch für die im § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG erwähnte "Hausfrau" gelten müsse, kann ihr nicht gefolgt werden. Es trifft nämlich schon die Voraussetzung nicht zu, von welcher die Beigeladene bei ihrer Folgerung ausgeht, daß als Beruf im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG nur ein Lebensberuf anzusehen ist; dies ist schon oben unter Hinweis auf die Entscheidung des 9. Senats des BSG (BSG 26, 78-79) dargelegt worden. Abgesehen davon ist, wie in einer anderen Entscheidung des 9. Senats vom 21. März 1969 (BSG in SozR BVG § 30 Nr. 36) und dieser folgend im Urteil des erkennenden Senats vom 23. Mai 1969 - 10 RV 558/68 - ausgesprochen ist, für die Gewährung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG nicht erforderlich, daß die Voraussetzungen für eine Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG vorliegen. Der Zusammenhang zwischen den beiden Vorschriften ist also nicht derartig - wie früher und offenbar von der Beigeladenen angenommen -, daß deswegen zwangsnotwendig der im letzten Satz des § 30 Abs. 4 BVG besonders umschriebene Beruf der Hausfrau nach der Vorschrift des § 30 Abs. 2 BVG abzugrenzen wäre.
Ist sonach nicht Voraussetzung für den Beruf als Hausfrau im Sinne des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG, daß deren Tätigkeit sich allein oder wenigstens überwiegend auf die Haushaltsführung erstreckt, so ist im vorliegenden Fall die Tätigkeit der schwerbeschädigten Klägerin in dem gemeinsamen Haushalt als Beruf im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, und zwar unbeschadet der Tatsache, daß sie außerdem noch ihrem Beruf als Telefonistin nachgeht. Die Klägerin, die zwei Berufen nachgeht, muß hinsichtlich ihres Anspruchs auf einen Berufsschadensausgleich genauso behandelt werden wie ein anderer Schwerbeschädigter, der seine ihm noch verbliebene Arbeitskraft in mehreren Berufen verwertet. Es ist kein Grund dafür einzusehen, eine schwerbeschädigte Frau mit mehreren Berufen allein deswegen anders zu behandeln, weil einer ihrer Berufe der einer Hausfrau ist. Daß Schwerbeschädigte ihre Arbeitskraft in mehreren Berufen verwenden, sei es in einem Hauptberuf und in einer nebenberuflichen Tätigkeit, sei es in mehreren gleichwertig nebeneinanderstehenden Berufstätigkeiten, sei es in einer Tätigkeit, die nur einen Teil der Arbeitskraft erfordert, ist nach der Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich. Solchen Verhältnissen hat der § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 8. Februar 1968 (BGBl I 164 - DVO 1968) ausdrücklich Rechnung getragen. Nach dieser Vorschrift ist dann, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung a) neben dem Hauptberuf eine oder mehrere nebenberufliche Tätigkeiten oder b) mehrere Tätigkeiten, bei denen jede den gleichen Zeitaufwand an Arbeitskraft erfordert, oder c) eine Tätigkeit, die nur einen Teil der Arbeitskraft erfordert, ausgeübt hätte, in den Fällen des Buchst. a) das Durchschnittseinkommen des Hauptberufs, in den Fällen des Buchst. b) das günstigste Durchschnittseinkommen von den in Betracht kommenden Berufen und in den Fällen des Buchst. c) ein dem Einsatz an Arbeitskraft entsprechender Teilbetrag des Durchschnittseinkommens des in Betracht kommenden Berufs maßgebend. Der Abs. 2 des § 2 der DVO gilt auch, wenn der Beschädigte die nach dieser Vorschrift in Betracht kommende Tätigkeit ausübt (§ 2 Abs. 3 Satz 1 der DVO 1968). Die erwähnten Vorschriften (Abs. 2 und 3) sind allerdings erst mit Wirkung vom 1. Januar 1967 in Kraft getreten (§ 15 Abs. 1 der DVO 1968); eine dieser Vorschrift entsprechende Bestimmung ist in der vom 1. Januar 1964 an gültigen Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574 - DVO 1964), die für die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1964 an maßgebend ist, noch nicht enthalten. Dennoch muß die für die Berechnung des Durchschnittseinkommens in § 2 Abs. 2 der DVO 1968 getroffene Regelung auch in der Zeit vor dem Inkrafttreten der DVO 1968 Platz greifen. Die Tatbestände, die in dieser Vorschrift erfaßt sind, bestanden auch bereits vor dem Inkrafttreten der DVO 1968, also vor dem 1. Januar 1967. Wenn sie in der früheren DVO 1964 noch nicht geregelt waren, so besteht insoweit eine Gesetzeslücke; denn der Verordnungsgeber hat diese Tatbestände bei der früheren Regelung offenbar übersehen und dann später in der Erkenntnis dieses Übersehens das Versäumte nunmehr durch die Einfügung des Abs. 2 in den § 2 der DVO 1968 nachgeholt. Die vor dem Inkrafttreten der DVO 1968 bestehende Gesetzeslücke ist durch eine gesetzeskonforme gerichtliche Ausfüllung zu schließen. Der Senat ist der Auffassung, daß die vom Verordnungsgeber in § 2 Abs. 2 DVO 1968 gefundene Regelung der Berechnung des Durchschnittseinkommens auch der gesetzlichen Regelung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG vor dem Inkrafttreten des 3. NOG, also dem 1. Januar 1967, gerecht wird und einer vernünftigen Abwägung aller Umstände entspricht, die sich daraus ergeben, daß ein Schwerbeschädigter seine Arbeitskraft bei mehreren beruflichen Tätigkeiten verwertet. Da die Regelung in § 2 Abs. 2 DVO 1968 die Berechnung des Durchschnittseinkommens betrifft und die Definition des Begriffs "Durchschnittseinkommen" in dem § 30 Abs. 4 BVG sowohl im 2. NOG als auch im 3. NOG unverändert geblieben ist, erscheint es somit gerechtfertigt, die für das 3. NOG vom 1. Januar 1967 an in Kraft befindliche Vorschrift des § 2 Abs. 2 DVO 1968 auch für die Geltungsdauer des 2. NOG, also vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1966 in entsprechender Weise anzuwenden. Danach kommt es also darauf an, in welchem Umfange der Schwerbeschädigte bei der Ausübung mehrerer beruflicher Tätigkeiten seine Arbeitskraft oder seine Zeit für die verschiedenen Berufe aufwendet. Im vorliegenden Fall verwendet die Klägerin nach den bindenden Feststellungen des LSG 40 Wochenstunden für ihren Beruf als Telefonistin und 50 Wochenstunden für die Führung ihres gemeinsamen Haushalts mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern. Sie übt also zwei Tätigkeiten aus, bei denen jede etwa den gleichen Zeitaufwand an Arbeitskraft erfordert, so daß - in Anwendung des § 2 Abs. 2 Buchst. b) DVO 1968 - das günstigere Durchschnittseinkommen aus den in Betracht kommenden Berufen maßgebend ist. Nun ist aber im vorliegenden Fall eine rechnerische Ermittlung des "günstigeren Durchschnittseinkommens" deshalb nicht möglich, weil sich überhaupt nur für die Tätigkeit der Klägerin als Telefonistin ein Durchschnittseinkommen - hier nach § 3 der DVO in der jeweils gültigen Fassung - berechnen läßt, dagegen für die Berechnung des Durchschnittseinkommens einer Hausfrau jegliche Vorschriften fehlen. Das liegt daran, daß für den Berufsschadensausgleich der Hausfrau vom Gesetz in § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG - abweichend von dem sonstigen System - gleich ein "Einkommensverlust" festgesetzt ist (§ 8 DVO), ohne daß dieser Verlust erst aus dem Unterschied zwischen dem derzeitigen Einkommen und dem Durchschnittseinkommen (§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG) zu errechnen ist. Ist es somit nicht möglich, das günstigste Durchschnittseinkommen bei einer schwerbeschädigten Frau festzustellen, die neben einem anderen Beruf auch gleichwertig den einer Hausfrau ausübt, so wird den im § 2 Abs. 2 DVO 1968 zum Ausdruck gebrachten und auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten der DVO 1968 zur Lückenausfüllung anwendbaren Grundsätzen am ehesten dadurch Rechnung getragen, daß von den zwei gleichwertigen Berufen (§ 2 Abs. 2 Buchst. b DVO 1968) derjenige der Berechnung des Berufsschadensausgleichs zugrunde gelegt wird, der für die schwerbeschädigte Hausfrau zum günstigsten Ergebnis führt. Diese Auffassung entspricht auch dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck, den er mit der Einfügung des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG in das 2. NOG verfolgt hat. Wie oben bereits dargelegt, ist bei den Beratungen des 22. Ausschusses des Bundestages (s. dazu Protokoll der 26. Sitzung vom 7. November 1963 S. 7) ausgeführt worden, es gebe durchaus Fälle, in denen bei einer Hausfrau im Sinne des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG sowohl ein beruflicher als auch ein durch die Haushaltsführung bedingter Mehraufwand vorliegt. "Beide Tatbestände müßten gegeneinander abgewogen und der Frau die Leistung entsprechend dem günstigeren Ergebnis zugestanden werden."
Somit ist der Anspruch der Klägerin auf Berufsschadensausgleich davon abhängig, bei welcher Tätigkeit - ob als Telefonistin oder als Hausfrau - die Berechnung des Berufsschadensausgleichs zu einem günstigeren Ergebnis führt. Als Telefonistin steht der Klägerin, wie von keiner Seite in Zweifel gezogen wird, ein Berufsschadensausgleich aber nicht zu, weil sie in diesem Beruf durch Schädigungsfolgen nicht einen Einkommensverlust erlitten hat. Dagegen hat die Klägerin in ihrem Beruf als Hausfrau einen Einkommensverlust erlitten, denn dieser wird gemäß § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG i. V. m. § 8 der DVO in der jeweils gültigen Fassung fiktiv festgesetzt. Da die Klägerin eine Rente nach einer MdE um 50 v. H. bezieht, gelten nach § 8 der DVO 1964 als Mehraufwendungen ein Betrag von 125,- DM und nach § 8 der DVO 1968 ein Betrag von 140,- DM; Diese Beträge gelten wiederum nach § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG als Einkommensverlust der schwerbeschädigten Hausfrau. Hat aber die Klägerin nicht in ihrem Beruf als Telefonistin, wohl aber in ihrem Beruf als Hausfrau einen Einkommensverlust erlitten, so führt die Zugrundelegung des Hausfrauenberufs für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs zu dem günstigeren Ergebnis; mithin steht der Klägerin ein Berufsschadensausgleich als Hausfrau zu.
Das LSG hat bei seiner anderweitigen Entscheidung den § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG verletzt, so daß die Revision der Klägerin begründet ist. Das angefochtene Urteil war aufzuheben. Da das SG im Ergebnis zutreffend der Klägerin einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich im Sinne des § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG zuerkannt hat, mußte die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2284687 |
BSGE, 48 |