Entscheidungsstichwort (Thema)
Schädigungstatbestand. Beitrittsgebiet. Beweisanforderungen. Anscheinsbeweis. Hinterbliebenenversorgung. Rentenausweis. Reichsversorgungsgesetz. Dienstunfall. Badeverbot
Leitsatz (amtlich)
Wenn im Beitrittsgebiet bis zum Kriegsende Leistungen nach dem Reichsversorgungsgesetz erbracht wurden, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß eine Schädigung iS von § 1 BVG stattgefunden hat.
Normenkette
BVG §§ 1, 38, 85; RVG § 2; SGG § 128
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Juli 1994 und des Sozialgerichts Dessau vom 15. Dezember 1993 sowie die Bescheide des Beklagten vom 22. Januar 1992 und 27. Juli 1992 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenversorgung ab dem 1. Januar 1991 zu gewähren.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in sämtlichen Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
I
Die im Beitrittsgebiet wohnende Klägerin begehrt Hinterbliebenenversorgung nach ihrem am 6. Juli 1940 verstorbenen Ehemann, der seinerzeit als Soldat bei einer Genesungskompanie eines Bau-Bataillons in G.…/O.… eingesetzt war. Die Klägerin, die nach ihren Angaben bereits in den Jahren 1940 bis 1945 eine Hinterbliebenenversorgung bezogen hatte – den Bescheid aber nicht mehr vorlegen kann, sondern nur noch einen Ausweis des Versorgungsamtes für Empfänger von Versorgungsrenten –, stützte ihren Antrag darauf, daß ihr Ehemann in Ausübung seines Dienstes zu Tode gekommen sei. Die Versorgungsverwaltung lehnte die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung ab (Bescheid vom 22. Januar 1992), nachdem ihre Ermittlungen ergeben hatten, daß eine Karteikarte der Wehrmachtsauskunftstelle über den verstorbenen Ehemann der Klägerin den Vermerk enthält “6.7.1940 in der O.… ertrunken, beim Schwimmen, welches ausdrücklich verboten war”. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1992; Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 15. Dezember 1993; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 28. Juli 1994). Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin könne sich trotz der Gewährung von Hinterbliebenenversorgung bis zum Jahre 1945 nicht auf § 85 Bundesversorgungsgesetz (BVG) berufen, da diese Vorschrift nur in früheren Bescheiden enthaltene Beurteilungen des medizinischen Ursachenzusammenhangs zwischen einer Schädigung und Schädigungsfolgen als weiterhin verbindlich erkläre. Im Falle der Klägerin sei nicht der medizinische Ursachenzusammenhang fraglich, sondern vielmehr, ob der Ehemann in Ausübung seines Dienstes oder auf sonstige versorgungsrechtlich geschützte Weise ums Leben gekommen sei. Nach Auswertung aller Unterlagen und Berücksichtigung der Tatsache, daß der Ehemann der Klägerin als Folge einer Kriegsverletzung an einer Epilepsie gelitten habe, sei es zwar möglich, daß er als Folge eines epileptischen Anfalls Selbstmord begangen habe oder ertrunken sei; mangels näherer Anhaltspunkte fehle es aber schon an der Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlicher sei es vielmehr, daß der Ehemann der Klägerin beim Baden in der Freizeit ertrunken sei. Auch ein Badeunfall komme zwar als Dienstunfall in Betracht. Dann müsse es sich aber um einen Fronteinsatz gehandelt haben. Der Ehemann der Klägerin habe sich jedoch im rückwärtigen Reichsgebiet befunden.
Dagegen richtet sich die vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt eine Verletzung des § 38 BVG iVm § 85 BVG und macht geltend, das LSG habe die Beweisanforderungen im Hinblick auf die besondere Lage der Betroffenen aus dem Gebiet der ehemaligen DDR, die ihre Ansprüche erst nach Jahrzehnten geltend machen können, überspannt. § 85 BVG müsse für solche Ansprüche dahingehend erweitert werden, daß Versorgung nach dem BVG zu gewähren sei, wenn Hinterbliebene nachweisen können, daß sie bereits nach früheren Vorschriften vor dem 1. Oktober 1950 Versorgung erhalten haben, es sei denn, daß der damalige Versorgungsbezug offensichtlich unberechtigt gewesen ist.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung der angefochtenen Urteile und der zugrundeliegenden Bescheide den Beklagten zu verurteilen, Hinterbliebenenversorgung ab 1. Januar 1991 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält § 85 BVG für nicht anwendbar. Ein Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen eines Versorgungstatbestandes nach § 1 BVG könne der Klägerin nicht zugute kommen.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Ausführungen des LSG, mit denen es den Anspruch der Klägerin auf Witwenversorgung verneint hat, verletzen Bundesrecht, nämlich die Beweisgrundsätze des sog Anscheinsbeweises. Das LSG hat unter Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze der Indizwirkung, die aus der früheren Gewährung von Versorgungsbezügen nach dem Reichsversorgungsgesetz (RVG) folgt, nicht die entscheidende Bedeutung beigelegt und im übrigen die Beweisanforderungen, die bei der Geltendmachung von Versorgungsansprüchen in den neuen Bundesländern mehr als 50 Jahre nach dem schädigenden Ereignis zu stellen sind, überspannt. Aufgrund der gegebenen Beweistatsachen, die durch weitere Ermittlungen nicht zu vervollständigen sind, ist der Klägerin die Witwenrente zuzuerkennen, obwohl die näheren Umständen des Todes ihres Ehemannes unklar geblieben sind.
Zutreffend hat das LSG allerdings erkannt, daß § 85 BVG der Klägerin nicht zugute kommt. Nach dieser Vorschrift ist, soweit nach vor dem 1. Oktober 1950 geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften über die Frage des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung iS des § 1 BVG entschieden worden ist, diese Entscheidung auch für die Anerkennung nach dem BVG verbindlich. Diese Vorschrift gilt nach dem Einigungsvertragsgesetz (EinigVtrG) vom 23. September 1990 (BGBl II, 885/1066) Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst h und m seit dem 1. Januar 1991 auch im Beitrittsgebiet mit der Maßgabe, daß eine den ursächlichen Zusammenhang verneinende Entscheidung, die nach dem 8. Mai 1945 in der ehemaligen DDR getroffen worden ist, nicht verbindlich ist. Letztere Maßgabe kann hier außer Betracht bleiben. Im übrigen gilt aber für den Anwendungsbereich der Vorschrift weiterhin, daß sie lediglich den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung iS von § 1 BVG, den sog medizinischen Zusammenhang behandelt. Eine frühere Entscheidung ist daher nicht verbindlich für die Frage, ob eine Schädigung iS von § 1 BVG vorliegt oder ob der Beschädigte zu dem nach dem BVG versorgungsberechtigten Personenkreis gehört (BSGE 4, 21; BSG SozR Nr 25 zu § 85 BVG; BSG SozR Nr 77 zu § 128 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, könnte sich die Klägerin allenfalls dann auf die Verbindlichkeit einer früheren Anerkennung berufen, wenn sich feststellen ließe, daß darin der Ertrinkungstod des Ehemanns der Klägerin als mittelbare Folge der vorangegangenen Hirnverletzung gewertet worden ist. Der Inhalt des früheren Bescheides, dessen Fehlen als solches der Klägerin nicht entgegengehalten werden könnte (BSG SozR Nr 77 zu § 128 SGG), läßt sich jedoch nicht mehr feststellen.
Wenn somit die Bindungswirkung einer früheren Anerkennung den jetzigen Versorgungsanspruch der Klägerin nicht begründet, so folgt doch dies unmittelbar aus § 38 BVG iVm § 1 BVG, die ebenfalls ab 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet gelten. Danach hat die Witwe eines Beschädigten, der an den Folgen einer Schädigung gestorben ist, Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Versorgungsrechtlich geschützt ist eine Schädigung, die jemand durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse erlitten hat. Die Auffassung des LSG, daß diese Voraussetzungen in der Regel voll, dh iS einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, bewiesen sein müssen, ist im Grundsatz zutreffend. Im Hinblick auf die Besonderheit der Situation, die dadurch eingetreten ist, daß Kriegsopfer oder deren Hinterbliebene aus den neuen Bundesländern erst mehr als 40 Jahre nach Inkrafttreten des BVG in die Lage gekommen sind, erstmalig Versorgungsansprüche geltend zu machen, sind jedoch Beweiserleichterungen einzuräumen. Bei diesem Personenkreis, der wegen des langen Zeitablaufs und des Verlustes von Beweismitteln sich häufig in Beweisnot befindet, kann ein so hoher Sicherheitsgrad bei der Überzeugungsbildung nicht verlangt werden. Denn diese Beweisnot ist unverschuldet auch dann, wenn zunächst aussagekräftige Urkunden vorhanden waren, weil im Hinblick darauf, daß eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten in absehbarer Zeit nicht erwartet werden konnte, nachvollziehbar ist, daß solche Urkunden nicht mehr sorgfältig aufbewahrt worden sind. Dieser besonderen Beweisnot, der § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfg) allein nicht ausreichend Rechnung trägt, weil er voraussetzt, daß zumindest der Antragsteller Angaben über die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen machen kann, ist dadurch gerecht zu werden, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Schädigungstatbestandes zur Begründung des Anspruchs ausreichen muß. Der Gesetzgeber hat zwar im Zusammenhang mit der Erstreckung des BVG auf die neuen Bundesländer keine ausdrücklichen Beweiserleichterungen vorgesehen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß er dies ausgeschlossen hätte. Dafür geben weder die Verhandlungen im Zusammenhang mit dem Einigungsvertrag (EinigVtr) noch die Materialien zum Zustimmungsgesetz einen Anhaltspunkt. Aus dem Schweigen des Gesetzgebers kann gefolgert werden, daß er die Lösung der mit der Rechtsausdehnung insoweit verbundenen Probleme der Rechtsanwendung überlassen und damit auch den Gerichten den Freiraum belassen hat, die der besonderen Situation nach dem Beitritt der neuen Bundesländer angemessenen Rechtsgrundsätze zu entwickeln. Während für Schädigungen im alten Geltungsbereich des BVG bei erstmaligem Geltendmachen nach mehr als 30 Jahren keine Veranlassung besteht, Beweiserleichterungen einzuräumen (vgl Urteil des Senats vom 13. Dezember 1994 – 9/9a RV 9/92), müssen im Beitrittsgebiet für typische Geschehensabläufe die Beweiserleicherungen des Anscheinsbeweises zum Tragen kommen (zur Zulässigkeit des Anscheinsbeweises im Sozialrecht allgemein vgl BSG SozR 3-5679 Art 3 Nr 1 ≪Unfallversicherung≫; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 11 ≪Kassenarztrecht≫; BSGE 65, 123 = SozR 1500 § 128 Nr 39 und BSGE 63, 270 = SozR 1500 § 128 Nr 34 ≪Gewaltopferentschädigung≫; BSG SozR 2200 § 1251 Nr 49 ≪Rentenversicherung≫).
Es spricht ein hohes Maß von Wahrscheinlichkeit iS eines Anscheinsbeweises dafür, daß der Ertrinkungstod des Ehemanns der Klägerin eine Schädigungsfolge iS des § 1 BVG war. Die Auffassung des LSG, es sei wahrscheinlicher, daß der Ehemann der Klägerin Opfer eines versorgungsrechtlich nicht geschützten Unfalls in der Freizeit geworden ist, verstoßt gegen allgemeine Erfahrungssätze. Sie mißt der Tatsache, daß die Klägerin bereits Versorgungsbezüge nach dem RVG erhalten hat, zu geringe Bedeutung bei, während sie den in den Wehrmachtsunterlagen enthaltenen Vermerk, daß der Unfall beim Schwimmen, das ausdrücklich verboten war, geschehen ist, zu Unrecht als schwerwiegendes Indiz gegen das Vorliegen eines Schädigungstatbestands wertet.
Der Tatsache, daß die Klägerin Versorgungsbezüge nach dem RVG bezogen hat, wie das LSG in Übereinstimmung mit der Versorgungsverwaltung dem von der Klägerin vorgelegten Ausweis für Bezieher von Versorgungsrenten entnommen hat, kommt im Hinblick auf das Vorliegen eines Schädigungstatbestandes deshalb so hohe Beweiskraft zu, weil das RVG in den tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versorgung im wesentlichen mit dem BVG übereinstimmt und davon auszugehen ist, daß die Versorgungsämter das Recht im Regelfall zutreffend angewandt haben. Nach § 1 RVG idF der Bekanntmachung vom 1. April 1939 (RGBl I 663) erhielten frühere Angehörige der deutschen Wehrmacht und ihre Hinterbliebenen wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Dienstbeschädigung auf Antrag Versorgung. Nach § 2 Abs 1 RVG war Dienstbeschädigung die gesundheitsschädigende Einwirkung, die durch militärische Dienstverrichtungen oder durch einen während der Ausübung des Militärdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Militärdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Daneben bestand das Fürsorge- und Versorgungsgesetz für die ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht und ihre Hinterbliebenen ≪Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetz≫ (WFVG) vom 26. August 1938 (RGBl I, 1077), das Fürsorge- und Versorgungsleistungen für die Hinterbliebenen auch für den Fall vorsah, daß der Tod nicht die Folge einer Wehrdienstbeschädigung war (vgl § 114 WFVG). Für diese Versorgung waren jedoch nicht die Versorgungsämter, sondern die Fürsorge- und Versorgungsämter der Wehrmacht zuständig. Es spricht nichts dafür, daß die Klägerin Leistungen nach diesem Gesetz erhalten hat. Grund für die Gewährung einer Versorgung an die Klägerin kann danach nur gewesen sein, daß das Versorgungsamt eine Dienstbeschädigung iS des § 2 RVG bejaht hat, also Voraussetzungen angenommen hat, die sich – abgesehen von der Formulierung und der Einbeziehung auch des militärähnlichen Dienstes – mit § 1 Abs 1 BVG decken. Es spricht alles dafür, daß die Versorgungsbehörden entweder den Tod als mittelbare Schädigungsfolge aufgrund eines Epilepsieanfalles oder als Folge eines Unfalls während der Ausübung des Militärdienstes eingeordnet haben.
Beides war schon nach der damaligen Gesetzeslage ohne Rechtsanwendungsfehler möglich. Die Annahme des LSG, die Versorgungsverwaltung habe zu Unrecht einen Versorgungstatbestand bejaht, ist demgegenüber so unwahrscheinlich, daß sie den Anscheinsbeweis, der zugunsten der Klägerin spricht, nicht ernsthaft erschüttern kann. Der in den Wehrmachtsunterlagen enthaltene Vermerk, daß der Unfall beim ausdrücklich verbotenen Schwimmen geschehen ist, kann als richtig unterstellt werden, ohne daß der Versorgungsanspruch entfallen würde. Eine mittelbare Schädigungsfolge ist in der Regel auch dann nicht zu verneinen, wenn der Beschädigte sich grob fahrlässig verhalten hat (BSGE 48, 187 = SozR 3100 § 1 Nr 23). Ausnahmen sind lediglich dann zu machen, wenn der Geschädigte durch sein Verhalten nicht nur sich selbst, sondern auch die Allgemeinheit gefährdet hat, etwa durch Führen eines Kraftfahrzeugs, dem er schädigungsbedingt nicht gewachsen war (vgl BSG SozR 3-3100 § 1 Nr 7; dazu ferner BVerfG SozR 3-3100 § 1 Nr 9). Das durch dienstlichen Befehl, möglicherweise aber auch nur durch eine allgemeine Polizeiverfügung erlassene Badeverbot dürfte allein im Hinblick auf eine Selbstgefährdung ausgesprochen worden sein. Ein Verstoß dagegen mag im Hinblick auf die tatsächlich eingetretenen Folgen als grob fahrlässig zu werten sein. Den Versorgungsanspruch schloß dies nicht aus. Bereits das RVG enthielt in § 2 Abs 4 den Ausschluß einer Versorgung nur für absichtlich herbeigeführte Gesundheitsschädigungen.
Das Zuwiderhandeln gegen ein ausgesprochenes Badeverbot schloß den Versorgungsanspruch auch dann nicht aus, wenn der Ertrinkungstod nicht auf die Vorschädigung, sondern auf andere Körpereigene oder auch äußere Umstände zurückzuführen war. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich um einen Unfall in der Freizeit des Soldaten gehandelt hätte. Insoweit ist dem LSG beizupflichten (vgl BSG SozR Nr 50 zu § 1 BVG; BSG Urteil vom 27. März 1973 – 10 RV 390/72 –, Der Versorgungsbeamte 1973, 99 ≪Leitsatz≫). Es hat aber zu Unrecht anscheinend gemeint, das Baden im Fluß am Garnisonsort müsse zwangsläufig während der Freizeit geschahen sein, bei der im Gegensatz zu Fronteinsatzbedingungen dem Wehrdienst eigentümliche Verhältnisse keine Rolle gespielt haben können. Diese Schlußfolgerung ist nicht zwingend. Das Baden kann auch während der Dienstzeit, etwa in einer Ruhepause, stattgefunden haben. Die Formulierung der Eintragung spricht eher dafür als für einen Freizeitunfall. Denn bei einem Freizeitunfall hätte es nahegelegen, eben dieses zu vermerken, und nicht ein ausdrückliches Verbot. Hat es sich aber um einen Unfall während des Dienstes gehandelt, so schließt ein ausdrücklich angeordnetes Badeverbot auch hier einen Anspruch auf Versorgung nicht aus. Allenfalls rücksichtsloses, die Allgemeinheit gefährden des Verhalten kann den Versorgungsschutz entfallen lassen (vgl BSGE 75, 180). Dies entspricht lange anerkannten, besonders auch im Unfallversicherungsrecht entwickelten Grundsätzen. Es kann angenommen werden, daß die Versorgungsverwaltung schon damals entsprechend verfahren ist.
Der Anscheinsbeweis, der zugunsten der Klägerin spricht, kann damit nur mit der theoretischen Erwägung in Frage gestellt werden, die Gewährung der Witwenversorgung nach dem RVG sei zu Unrecht erfolgt, weil es sich in Wirklichkeit um einen Badeunfall in der Freizeit des Soldaten gehandelt habe. Diese theoretische Möglichkeit reicht nicht aus, den Anscheinsbeweis ernsthaft zu erschüttern. Damit ist der Klägerin der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 151 |
Breith. 1996, 731 |
SozSi 1997, 76 |