Leitsatz (amtlich)
1. BVG § 60a stellt es in das pflichtmäßige Ermessen der Versorgungsbehörde, eine Ausgleichsrente als "vorläufige" (Abs 1) oder als "endgültige " Abs 4) festzusetzen. Das gilt auch für Ausgleichsrenten, die vom bisherigen Recht auf das neue Recht vom 1960-06-01 an umzustellen sind.
2. Eine nach altem Recht festgestellte Ausgleichsrente, die von der Versorgungsbehörde mit Wirkung vom Inkrafttreten des neuen Rechts als "endgültige Ausgleichsrente" umgestellt wird, ist unter entsprechender Anwendung des BVG § 60a Abs 2 wie eine " vorläufige gezahlte Ausgleichsrente" abzurechnen.
3. Der Feststellungszeitraum von 12 Monaten des BVG § 60a Abs 1 S 1 gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Feststellungszeitraum bei vorläufigen Ausgleichsrenten im Bescheid nicht festgelegt ist.
Normenkette
BVG § 60a Abs. 1 S. 1 Fassung: 1960-06-27, Abs. 2 Fassung: 1960-06-27, Abs. 4 Fassung: 1960-06-27
Tenor
Die Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. Januar 1961 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die durch das Revisionsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Bei dem Ehemann der Klägerin waren nach dem Bescheid des Versorgungsamts (VersorgA) G... vom 24. April 1944 als Wehrdienstbeschädigungen anerkannt: Chronisch asthmatische Bronchitis, Lungenerweiterung und Herzmuskelschädigung. Der Ehemann der Klägerin ist am 2. Januar 1946 verstorben.
Durch Umanerkennungsbescheid vom 7. Juli 1951 erkannte das VersorgA L... an, daß der Ehemann der Klägerin an den Folgen einer Schädigung im Sinne des § 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) gestorben ist. Das VersorgA bewilligte der Klägerin gleichzeitig Witwenrente vom 1. Oktober 1950 an.
Am 2. September 1960 stellte das VersorgA durch Neufeststellungsbescheid (Umrechnungsbescheid) nach dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts, Erstes Neuregelungsgesetz (= 1. KOVNG) vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) die Ausgleichsrente neu fest, und zwar für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis 30. Juni 1960 endgültig und für die Zeit vom 1. Juli 1960 an vorläufig mit dem Zusatz: "Die endgültige Feststellung erfolgt später". Gleichzeitig nahm das VersorgA in diesem Bescheid eine Abrechnung für die Zeit vom 1. Juli 1960 bis 31. Oktober 1960 vor und stellte für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis 30. Juni 1960 eine Überzahlung fest. Das VersorgA berücksichtigte dabei als anzurechnendes Einkommen von der Witwenrente der Klägerin aus der Rentenversicherung den abgerundeten Betrag von 80,-- DM (120,-- DM - 40.-- DM). Danach ergab sich für die Zeit vom 1. Juli 1960 bis 31. Oktober 1960 eine Überzahlung von 32,-- DM und für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis 30. Juni 1960 eine solche von 8,-- DM, zusammen also 40,-- DM. Deshalb ordnete das VersorgA in dem Neufeststellungsbescheid weiter an, daß die zuviel empfangenen 40,-- DM mit je 5,-- DM von den laufenden Bezügen ab November 1960 einzubehalten seien.
Auf den gegen den Neufeststellungsbescheid erhobenen Widerspruch setzte das VersorgA die Tilgung der im Bescheid vom 2. September 1960 festgestellten Rentenüberzahlung aus; im übrigen wies es mit dem Bescheid vom 31. Oktober 1960 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat auf die hiergegen erhobene Klage den Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1960 aufgehoben und den Bescheid vom 2. September 1960 abgeändert. Es hat den Beklagten entsprechend dem Klageantrag für verpflichtet erklärt, der Klägerin einen Abänderungsbescheid zu erteilen und darin den geforderten Rückzahlungsbetrag auf 15,-- DM zu ermäßigen. Es hat ausgeführt, bei Umstellungen vom bisherigen Recht auf das neue Recht des 1. KOVNG müsse die nach dem 31. Mai 1960 nach altem Recht gezahlte Ausgleichsrente als nach neuem Recht vorläufig gezahlte Rente gelten. Es komme daher entgegen der Auffassung des Beklagten der Klägerin die Vergünstigung des § 60 a Abs. 2 BVG zugute. Hiernach stehe der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis 31. Oktober 1960 monatlich ein Freibetrag von 5,-- DM, insgesamt also ein Freibetrag von 25,-- DM, zu. Damit betrage die gesamte Überzahlung für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis 31. Oktober 1960 nur 15,-- DM, so daß die Bescheide entsprechend abzuändern gewesen seien.
Das SG hat im Urteilstenor die Berufung zugelassen. In der Rechtsmittelbelehrung hat es dazu ausgeführt: "Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden. Die Berufung wurde gemäß § 150 Abs. 1 SGG zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat."
Der Beklagte hat unter gleichzeitiger Überreichung der schriftlichen Einwilligungserklärung des früheren und beim Bundessozialgericht (BSG) zur Vertretung zugelassenen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin Sprungrevision eingelegt.
Er beantragt,
das Urteil der 5. Kammer des SG Lübeck vom 13. Januar 1961 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte rügt eine Verletzung des § 60 a BVG und trägt dazu vor: Die Ausgleichsrente der Klägerin sei für die Zeit vor dem Inkrafttreten des 1. KOVNG endgültig festgesetzt gewesen. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, daß die bis zum 31. Mai 1960 endgültig festgesetzte Rente mit Wirkung vom 1. Juni 1960 automatisch als vorläufig gezahlt zu gelten habe, hätte er diese Auffassung im Neuordnungsgesetz besonders zum Ausdruck bringen müssen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Revision als unbegründet zurückzuweisen;
2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Sie meint, die vom Beklagten vertretene Ansicht finde im Gesetz keine Stütze. Aus § 60 a BVG müsse vielmehr das Gegenteil geschlossen werden. Gegen die Ansicht des Beklagten spreche auch, daß der Freibetrag im § 60 a BVG der Regelung in § 62 Abs. 3 BVG aF Rechnung trage, wonach Ausgleichsrente und Elternrente nicht neu festzusetzen waren, wenn sich das sonstige Einkommen um nicht mehr als 5,-- DM monatlich erhöhte. Der Bescheid vom 2. September 1960 setze außerdem die Ausgleichsrente vom 1. Juni 1960 bis 30. Juni 1960 endgültig fest, was nur Sinn habe, wenn eine vorläufige Festsetzung vorausgegangen sei.
Nach § 161 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann gegen die nach § 150 SGG mit der Berufung anfechtbaren Urteile der Sozialgerichte unter Übergehung des Berufungsverfahrens die Revision unmittelbar beim BSG (Sprungrevision) eingelegt werden, wenn der Rechtsmittelgegner einwilligt.
Dabei gelten für die Sprungrevision hinsichtlich ihrer Einlegung, insbesondere was die Fristen und die Form anbetrifft, ebenso wie für die Durchführung des Verfahrens die allgemeinen Vorschriften über die Durchführung der Revision. Diese Formvorschriften (§ 164 Abs. 1, § 166 SGG) sind im vorliegenden Fall gewahrt. Es war jedoch zu prüfen, ob die vom Beklagten mit Einwilligungserklärung der Klägerin eingelegte Sprungrevision deshalb nicht statthaft ist, weil hier die für die Sprungrevision nach ständiger Rechtsprechung des BSG (BSG 1, 69, 111; 2, 135; 3, 276; 5, 140; 8, 84) geforderte Voraussetzung, daß das Urteil des SG "nach § 150 SGG" mit der Berufung anfechtbar sein muß (§ 161 SGG), nicht erfüllt ist; denn gegen das Urteil des SG ist die Berufung schon nach § 143 SGG gegeben. Der Rechtsstreit ist allein auf die Rückerstattung eines Geldbetrages gerichtet, und zwar auf Rückerstattung angeblich überzahlter Versorgungsbezüge. Bei ihnen handelt es sich, wie nach der ständigen Rechtsprechung ebenfalls feststeht (BSG 3, 234), weder um einmalige Leistungen im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG noch um Versorgung für bereits abgelaufene Zeiträume, so daß die Berufung gegen das Urteil des SG nicht durch Berufungsausschließungsgründe der §§ 144 bis 149 SGG ausgeschlossen ist. Nach der gesetzlichen Regelung ist somit die vom Beklagten mit Einwilligungserklärung der Klägerin eingelegte Sprungrevision nicht statthaft. Die Rechtsprechung des BSG (BSG 2, 135; 3, 276; 5, 140; 8, 84), der sich der Senat anschließt hat jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für den Fall anerkannt, daß das SG rechtsirrtümlich die Berufung nach den Vorschriften der §§ 144 bis 149 SGG für ausgeschlossen gehalten und sie deshalb nach § 150 SGG zugelassen hat. Ein solcher Fall des Vertrauensschutzes für die Beteiligten ist hier gegeben. Wenn schon das Gericht selbst nicht erkannt hat, daß die Berufung im vorliegenden Fall nach § 143 SGG statthaft ist, muß davon ausgegangen werden, daß sich alle am Verfahren Beteiligten über die Zulässigkeit der Berufung nach § 143 SGG im vorliegenden Fall im unklaren waren. Daher ist das Revisionsgericht an die Entscheidung des SG über die Zulassung der Berufung gebunden, so daß die Revision statthaft ist.
Sie ist jedoch sachlich nicht begründet. Der Beklagte rügt eine unrichtige Auslegung des § 60 a BVG, insbesondere seines Abs. 2. Nach Satz 1 dieser Vorschrift gilt bei Ausgleichsrenten für den Fall, daß die endgültig festgestellte Ausgleichsrente niedriger als die im Feststellungszeitraum vorläufig gezahlte Ausgleichsrente ist, als Überzahlung der Betrag, der 60,-- DM übersteigt; ist der Feststellungszeitraum kürzer oder länger als 12 Monate, so ist nach Satz 2 des § 60 a Abs. 2 BVG dieser Betrag entsprechend der Anzahl der Monate festzusetzen. Die Gewährung der Vergünstigung des § 60 a Abs. 2 BVG hängt hiernach davon ab, ob die Klägerin nach dem 31. Mai 1960 eine "vorläufig gezahlte Ausgleichsrente" im Sinne dieser Vorschrift erhalten hat. Bis zur Umstellung durch den Neufeststellungsbescheid (Umrechnungsbescheid) nach dem 1. KOVNG ist der Klägerin die nach dem bis zum 31. Mai 1960 geltenden Recht festgestellte Ausgleichsrente weitergezahlt worden. Bei dieser Zahlung handelt es sich um einen rein tatsächlichen Vorgang, der die Feststellung der Ausgleichsrente nach altem Recht zur Grundlage hatte. § 60 a BVG kennt nun im Unterscheid zum frühren Recht zwei Arten von Ausgleichsrenten, nämlich die "vorläufig gezahlte Ausgleichsrente" und die "endgültig festgestellte Ausgleichsrente". Das Gesetz selbst - auch in seinen Übergangsvorschriftenbesagt nichts darüber, zu welcher von den beiden nach neuem Recht geschaffenen Arten von Ausgleichsrenten alle über den 1. Juni 1960 hinaus auf Grund der nach altem Recht erfolgten Feststellung gezahlten Ausgleichsrenten zu zählen sind, insbesondere auch nichts darüber, ob diese nach altem Recht gezahlten Renten etwa als "vorläufig" gezahlt nach neuem Recht zu gelten haben. Die Gesetzesmaterialien und die bisher vorliegenden Kommentierungen behandeln diese Frage ebenfalls nicht. Sie ist daher unter Berücksichtigung des Inhalts und des Zweckes der neu eingefügten Vorschrift des § 60 a BVG zu beantworten.
Die Höhe der Ausgleichsrente ist vom anzurechnenden Einkommen abhängig. Deshalb schreibt § 60 a Abs. 1 BVG vor, daß die Ausgleichsrente von der Versorgungsbehörde in der Regel für 12 Monate festgesetzt wird. Während dieses Feststellungszeitraumes werden die Monatsbeträge vorläufig festgesetzt und gezahlt. Der vorläufig zu zahlende Betrag richtet sich im allgemeinen nach den bei Beginn des Feststellungszeitraumes bestehenden Einkommensverhältnissen. Erhöht sich das anzurechnende Einkommen im Laufe des Feststellungszeitraumes, ist der vorläufig zu zahlende Betrag neu festzusetzen oder zu entziehen, wenn eine Überhebung zu erwarten ist. Die so vorläufig festgesetzte Ausgleichsrente ist gemäß § 60 a Abs. 1 Satz 6 BVG nach Ablauf des Feststellungszeitraumes endgültig festzusetzen. Wegen der häufig wechselnden Einkünfte der zum Bezug von Ausgleichsrente Berechtigten geht der Gesetzgeber in § 60 a BVG davon aus, daß die Versorgungsbehörde zunächst von der Feststellung vorläufiger Ausgleichsrenten Gebrauch machen wird. Die vorläufige Ausgleichsrente ist also nach dem Willen des Gesetzgebers nach dem 1. KOVNG die Regelfestsetzung. Nach § 60 a Abs. 4 BVG kann die Versorgungsbehörde von der vorläufigen Festsetzung der Ausgleichsrente nur dann absehen, wenn der zum Bezug von Ausgleichsrente Berechtigte gar kein oder festes Einkommen hat, das Veränderungen in absehbarer Zeit nicht erwarten läßt, oder wenn er als Pflegezulageempfänger nach § 33 Abs. 3 BVG Ausgleichsrente bezieht, deren Betrag feststeht.
Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, daß die Entscheidung darüber, ob zunächst eine "vorläufige" Feststellung im Sinne von § 60 a Abs. 1 BVG oder sofort eine "endgültige" Feststellung im Sinne von § 60 a Abs. 4 BVG vorzunehmen ist, in das pflichtmäßige Ermessen der Versorgungsbehörde gestellt ist. Erst durch die Ausübung des der Versorgungsbehörde vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessens wird bestimmt, ob die Ausgleichsrente im konkreten Einzelfall eine vorläufige oder eine endgültige im Sinne des § 60 a BVG ist. Da der Gesetzgeber von dieser grundsätzlichen Regelung keine Ausnahmen oder Sonderregelungen für die Fälle getroffen hat, in denen die nach altem Recht festgestellten Ausgleichsrenten bis zur Umstellung auf das neue Recht des 1. KOVNG weitergezahlt worden sind, muß das den Versorgungsbehörden in § 60 a BVG eingeräumte Ermessen auch für diese Fälle gelten. Das scheint sowohl das Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 8. Juli 1960 - V a 2-5110-3900/60 - (BVBl 1960, 104) als auch der Runderlaß des Arbeits- und Sozialministers von Nordrhein-Westfalen vom 30. Dezember 1960 - II B 2-4243. 1 (56/60) MinBl für das Land Nordrhein-Westfalen Ausgabe A 1961, 117 - nicht hinreichend zu berücksichtigen. Entsprechend diesem eingeräumten Ermessen können die Versorgungsbehörden bestimmen, ob und gegebenenfalls für welchen Zeitraum eine nach altem Recht festgesetzte Ausgleichsrente als "vorläufig" oder als "endgültig" festgestellte Ausgleichsrente nach neuem Recht zu behandeln ist. Der rein tatsächliche Vorgang der Weiterzahlung der nach früherem Recht endgültig oder unter Vorbehalt festgestellten Ausgleichsrente hat daher keinen Einfluß auf dieses der Versorgungsbehörde in § 60 a BVG eingeräumte Ermessen, zu bestimmen, ob und für welchen Zeitraum eine Ausgleichsrente nach neuem Recht eine vorläufige oder eine endgültige sein soll.
Hieraus folgt zunächst, daß die Versorgungsbehörde in dem Neufeststellungsbescheid (Umrechnungsbescheid) vom 2. September 1960 die Ausgleichsrente der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis 30. Juni 1960 als eine endgültige im Sinne des neuen Rechts festlegen konnte. Es sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, die den Schluß zuließen, die Behörde habe insoweit das ihr eingeräumte Ermessen nicht sachgemäß ausgeübt. Die Versorgungsbehörde konnte nach dem ihr eingeräumten Ermessen die Ausgleichsrente vom 1. Juli 1960 an auch wieder als vorläufige Rente festsetzen; und zwar läuft eine solche nunmehr nach dem genannten Bescheid mit Wirkung vom 1. Juli 1960 an mit dem Regelfeststellungszeitraum von 12 Monaten des § 60 a Abs. 1 Satz 1 BVG. Diese Frist von 12 Monaten ist zwar im Bescheid vom 2. September 1960 nicht ausdrücklich angeführt, sie muß jedoch als Regelfrist auch immer in den Fällen gelten, in denen der Verwaltungsakt bei Feststellung von vorläufigen Ausgleichsrenten entgegen der Vorschrift des § 60 a BVG einen Feststellungszeitraum nicht ausdrücklich aufführt. Das folgt daraus, daß nach § 60 a BVG der Feststellungszeitraum in der Regel mit Ablauf von 12 Monaten enden soll. Der Bescheid vom 2. September 1960 entspricht zunächst insoweit ebenfalls der gesetzlichen Regelung.
Es bleibt jedoch die Frage zu beantworten, ob eine nach altem Recht festgesetzte Ausgleichsrente, die von der Versorgungsbehörde nach neuem Recht auf Grund des ihr eingeräumten Ermessens mit Wirkung vom Inkrafttreten des neuen Rechts (1.6.1960) als endgültige Ausgleichsrente im Sinne des neuen Rechts festgesetzt wird (hier für die Zeit vom 1.6. bis 30.6.1960), als eine "vorläufig gezahlte Ausgleichsrente" im Sinne von § 60 a Abs. 2 BVG zu gelten hat. Der Senat bejaht diese Frage in entsprechender Anwendung des § 60a Abs. 2 BVG. Dem steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber nicht ausdrücklich bestimmt hat, daß die bis zum 31. Mai 1960 nach altem Recht festgesetzten Ausgleichsrenten mit Wirkung vom 1. Juni 1960 ab als vorläufig gezahlt zu gelten haben. Ganz abgesehen davon, daß der Gesetzgeber auch nirgends das Gegenteil ausgesprochen hat, ist nach Auffassung des Senats in § 60a Abs. 2 BVG der allgemein tragende Gedanke zum Ausdruck gekommen, wie seit dem Inkrafttreten des 1. KOVNG der Ausgleich von Überzahlungen bei Ausgleichsrenten überhaupt zu erfolgen hat. Da allein die große Anzahl der nach dem BVG alten Rechts festgestellten Ausgleichsrenten ihre sofortige Umstellung auf das neue Recht ausschloß, war es nicht zu umgehen, daß die Umstellung bei den einzelnen Berechtigten zu verschiedenen Zeitpunkten erfolgte § 60a Abs. 2 BVG kann nun bei der Berechnung von Überzahlungen eine gleiche Behandlung nicht etwa dadurch in Frage stellen, daß seine Anwendung vom Zeitpunkt der Umstellung nach neuem Recht abhängig wird. Es würden sich anderenfalls verschiedenartige Zeitabschnitte für die Berechtigten ergeben, je nachdem, ob die Erteilung des Umstellungsbescheides nach dem 1. KOVNG alsbald nach seinem Inkrafttreten oder erst später erfolgte. § 60a Abs. 2 BVG muß jedoch eine gleichmäßige Behandlung gerade dadurch gewährleisten, daß die überzahlten Beträge immer gleichmäßig zu errechnen sind, gleichgültig, zu welchem Zeitpunkt die Umstellung der alten Renten auf das neue Recht erfolgte. Allein diese Erwägung spricht gegen die vom Beklagten dem § 60a Abs. 2 BVG gegebene Auslegung. Dagegen spricht weiter, wie das SG hervorgehoben hat, daß der Freibetrag in § 60a BVG der Regelung in § 62 Abs. 3 BVG aF Rechnung trägt, wonach Ausgleichsrente und Elternrente nicht neu festzusetzen waren, wenn sich das sonstige Einkommen um nicht mehr als 5,-- DM monatlich erhöhte.
Für die vom 1. Juni bis 30. Juni 1960 nach neuem Recht festgestellte endgültige Ausgleichsrente der Klägerin konnte die Versorgungsbehörde somit nur nach § 60a Abs. 2 BVG abrechnen. Es mußte der Klägerin für diese Zeit ein monatlicher Freibetrag von 5,-- DM gewährt werden, so daß die Überzahlung für diesen Zeitraum nur 3,-- DM beträgt. Für die vom 1. Juli 1960 an erst vorläufig festgestellte Ausgleichsrente konnte nach § 60a Abs. 1 und 2 BVG eine Abrechnung und damit eine Feststellung eines überzahlten Betrages im Bescheid vom 2. September 1960 überhaupt noch nicht erfolgen, denn die Feststellung eines überzahlten Betrages für eine erst vorläufig festgestellte Ausgleichsrente kennt das Gesetz nicht. Eine Überzahlung kann nach diesen Vorschriften immer erst dann festgestellt werden, wenn eine endgültige Feststellung der Ausgleichsrente erfolgt ist. Das ist für den Zeitraum ab 1. Juli 1960 noch nicht der Fall. Das vorgedruckte Formular des Bescheides vom 2. September 1960 hat deshalb unter III B
mit Recht folgenden Wortlaut: "Vom Einkommen abhängige Bezüge. (Diese Leistungen werden vorläufig gezahlt; die endgültige Feststellung erfolgt später)." Trotz dieses Wortlautes; welcher der gesetzlichen Regelung entspricht, hat die Versorgungsbehörde für die vom 1. Juli 1960 an erst vorläufig festgestellte Ausgleichsrente der Klägerin unter III C des Bescheides eine Abrechnung vom 1. Juli 1960 bis 31. Oktober 1960 vorgenommen. Insoweit entspricht der Bescheid vom 2. September 1960 nicht dem Gesetz.
Die auf Verletzung des § 60a BVG gestützte Revision konnte daher keinen Erfolg haben. Das SG hat diese Vorschrift, soweit es sich um den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. Juni 1960 handelt, im Ergebnis zutreffend angewendet. Der Beklagte hätte bisher lediglich einen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückzahlung der Überzahlung von 3,-- DM für den Monat Juni 1960. Ob eine Überzahlung für die Zeit ab 1. Juli 1960 gegeben ist, hätte der Beklagte nach den vorstehenden Ausführungen erst feststellen können, wenn die endgültige Feststellung der Ausgleichsrente nach Ablauf von 12 Monaten ab 1. Juli 1960 erfolgt ist. Da die Klägerin gegen das angefochtene Urteil, das für sie eine Rückzahlungspflicht über einen Betrag von 15,-- DM für die Zeit vom 1. Juni bis 30. Oktober 1960 feststellt, Revision nicht eingelegt hat, mußte es trotz dieser Rechtslage bei dem Urteilsausspruch des SG bleiben. Die Revision des Beklagten war gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen