Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff Einkommen in der Arbeitslosenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Das dem Ehegatten eines Arbeitslosen nach § 44 Abs 2a AFG idF des AFKG darlehensweise bewilligte Unterhaltsgeld ist kein beim Anspruch des Arbeitslosen auf Arbeitslosenhilfe zu berücksichtigendes Einkommen iS der §§ 137, 138 AFG (Abgrenzung zu BSG 12.2.1980 7 RAr 13/79 = SozR 4100 § 138 Nr 5).
Orientierungssatz
Einkommen iS der §§ 137 Abs 1, 138 AFG sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Für die Bestimmung des Einkommensbegriffs in der Arbeitslosenhilfe ist von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehen.
Normenkette
AFG § 44 Abs 2a Fassung: 1981-12-22, § 134 Abs 1 Nr 3, § 134 Abs 1 S 1 Nr 3, § 137 Abs 1, § 138 Abs 1, § 138 Abs 2
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 02.12.1983; Aktenzeichen L 1 Ar 82/83) |
SG Schleswig (Entscheidung vom 09.03.1983; Aktenzeichen S 1 Ar 8/83) |
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die verheiratete Klägerin, Mutter zweier 1979 und 1981 geborener Kinder, bezog von der Beklagten bis zum 26. Oktober 1982 Arbeitslosengeld (Alg). Der Ehemann der Klägerin erhielt aus Anlaß seiner Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme mit dem Ziel der Ausbildung zum technischen Schiffsingenieur seit 8. September 1982 von der Beklagten Unterhaltsgeld (Uhg) als Darlehen in Höhe von wöchentlich 295,20 DM. Nach Angaben der Klägerin wird sich die nach Abschluß der Ausbildung zurückzuzahlende Darlehenssumme voraussichtlich auf 28.300,-- DM belaufen.
Den Antrag der Klägerin vom 5. Oktober 1982 auf Gewährung von Alhi im Anschluß an die Erschöpfung ihres Alg-Anspruchs ab 27. Oktober 1982 lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8. November 1982; Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 1982). Sie ging davon aus, daß die Klägerin nicht bedürftig iS der §§ 134 Nr 3, 138 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sei. Auf die der Klägerin zustehende Alhi von wöchentlich 96,-- DM sei von dem ihrem Ehemann gewährten Uhg ein Betrag von wöchentlich 134,87 DM anzurechnen, ferner ein Unterhaltsbeitrag von 68,65 DM, den ihr ihre Mutter schulde.
Durch Urteil vom 9. März 1983 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. November 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 1982 verurteilt, der Klägerin Alhi zu gewähren, ohne das ihrem Ehemann zustehende Uhg als Einkommen anzurechnen. Das SG hat dazu ausgeführt, daß die Anrechnung von Einkünften der Mutter der Klägerin zwar rechtens sei, nicht aber die Anrechnung von Teilen des dem Ehemann ausgezahlten Uhg. Der Darlehenscharakter dieser Leistung hindere ihre Berücksichtigung als Einkommen iS des § 138 AFG.
Die Berufung der Beklagten hiergegen hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 2. Dezember 1983 unter Zulassung der Revision zurückgewiesen. Es hat ausgeführt: Der Anspruch der Klägerin auf Alhi, dessen Voraussetzungen im übrigen gegeben seien, scheitere nicht an mangelnder Bedürftigkeit iS der §§ 134 Abs 1 Nr 3, 137, 136, 138 AFG. Er stehe ihr allerdings nicht in voller Höhe von wöchentlich 96,-- DM zu, sondern nur nach Minderung um den Unterhaltsbeitrag ihrer Mutter von wöchentlich 68,65 DM, wie das SG mangels Anfechtung durch die Klägerin rechtskräftig entschieden habe.
Das dem Ehemann der Klägerin gewährte Uhg sei hingegen kein nach § 138 Abs 1 Nr 2 AFG berücksichtigungsfähiges Einkommen. Darlehensvaluta seien schon sprachlich keine Einnahmen in Geld oder Geldeswert, weil sie in zumindest gleicher Höhe als Verbindlichkeit anwüchsen und damit per Saldo einkommensneutral blieben. Sie seien als Verwertung von Vermögen (hier aus der Arbeitslosenversicherung) zu verstehen. Der Ehemann sei unterhaltsrechtlich zwar verpflichtet, die Klägerin daran zu beteiligen; hieran knüpfe der Einkommensbegriff des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG nicht an. Im übrigen folge auch aus §§ 138 Abs 3 und 4, 139 AFG, daß Alhi zwar nachrangig zu gewähren sei, aber zumindest einem Ehegatten voll zustehe, wenn ohne die Ehe beide anspruchsberechtigt wären. Die Behandlung des Uhg als Einkommen hätte demgegenüber zur Folge, daß der andere Ehegatte uU keine Alhi erhielte. Auch der Zweck der Regelung führe zum gleichen Ergebnis. Nach § 138 AFG sollten Lohn- und Lohnersatzleistungen berücksichtigt werden; Darlehen seien aber kein Lohnersatz.
Mit der Revision macht die Beklagte geltend, die Entscheidung des LSG verstoße gegen § 138 AFG. Sie führt dazu aus: Der § 138 AFG erfasse nach seinem Absatz 2 alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, soweit sie davon nicht durch § 138 Abs 3 AFG oder den Vorschriften der Alhi-Verordnung ausgenommen seien. Auf Form, Quelle oder Rechtsgrund der jeweiligen Einkünfte komme es sonach nicht an, folglich auch nicht darauf, ob sie als Darlehen gewährt würden. Für das nach § 44 Abs 2a AFG darlehensweise gewährte Uhg gelte mithin dasselbe wie für das zuschußweise gewährte Uhg, dessen Anrechenbarkeit auf die Alhi das Bundessozialgericht (BSG) bereits bestätigt habe. Beide Leistungen dienten dem Zweck, den Lebensunterhalt des Bildungswilligen und - ggf - seiner Familie zu sichern. Die Pflicht zur Rückzahlung des darlehensweise gewährten Uhg berühre nicht das Einkommen, sondern das Vermögen des Leistungsempfängers.
Die Auffassung des LSG, nach § 138 AFG seien nur Lohn- und Lohnersatzleistungen zu berücksichtigen, Darlehen seien aber kein Lohnersatz, gehe fehl; dann müßten zB auch Kapitalerträge berücksichtigungsfrei bleiben. Im Rahmen der Alhi gelte der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Tatsächlichen. Auch deliktisch erlangte Einkünfte, die dem Geschädigten grundsätzlich zurückzuzahlen sind, müßten nach herrschender Auffassung berücksichtigt werden. Eine andere Behandlung darlehensweise zufließender Einkünfte würde erhebliche Manipulationsmöglichkeiten eröffnen.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Schleswig vom 9. März 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten gem § 166 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vertreten. Sie hat jedoch ebenso wie die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat für die Zeit ab 27. Oktober 1982 Anspruch auf Alhi. Nach den Feststellungen des LSG war sie arbeitslos, sie stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, hatte sich arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt; ihr vorangehender Anspruch auf Alg war durch Zahlungen bis zum 26. Oktober 1982 erschöpft worden (§ 134 Abs 1 Nrn 1, 2, 4 Buchst a AFG). Die Klägerin war auch bedürftig iS des § 134 Abs 1 Nr 3 AFG, denn sie konnte ihren und ihrer Familie Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreiten, insbesondere erreichte das nach § 138 AFG zu berücksichtigende Einkommen die der Klägerin nach § 136 AFG zustehende Alhi nicht (§ 137 Abs 1 AFG). Aus dem Zusammenhang der Feststellungen des LSG folgt ferner, daß die Klägerin nicht über ein berücksichtigungsfähiges Vermögen verfügte, welches ihre Bedürftigkeit ausgeschlossen hätte (§ 137 Abs 2 AFG).
Wie das LSG unangegriffen festgestellt hat, errechnete sich für die Klägerin ab Leistungsbeginn ein Alhi-Wochensatz von 96,-- DM. Rechtskräftig steht fest, daß dieser Betrag der Klägerin nicht in voller Höhe zusteht, sondern nur gemindert um einen wöchentlichen Anrechnungsbetrag von 68,65 DM. In diesem Umfange hat das SG die Klage abgewiesen. Das ist zwar nicht ausdrücklich im Tenor des SG-Urteils geschehen, folgt aber aus den Ausführungen des SG in den Gründen seiner Entscheidung, daß die von der Beklagten vorgenommene Berücksichtigung eines Unterhaltsanspruchs der Klägerin gegen ihre Mutter von wöchentlich 68,65 DM als Einkommen iS des § 138 Abs 1 Nr 1 AFG nicht zu beanstanden sei (BSGE 4, 121). Da die Klägerin hiergegen keine Berufung eingelegt hat, ist Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur noch die Begründetheit der Klage hinsichtlich des den oa Anrechnungsbetrag übersteigenden Alhi-Anspruchs geworden. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Rechtmäßigkeit der Anrechnung eines Unterhaltsbeitrages der Mutter als solche rechtskräftig feststeht. Insoweit handelt es sich nämlich nur um die rechtliche Begründung für die Anrechnung von wöchentlich 68,65 DM, die für sich gesehen nicht in Rechtskraft erwachsen kann. Käme es hierauf noch an, hätte das LSG diese Frage prüfen müssen; denn die Begründetheit eines Klageanspruchs ist, auch wenn er dem Berufungsgericht nur noch betragsmäßig beschränkt angefallen ist, unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu untersuchen. Im vorliegenden Falle konnte das LSG die Frage der Rechtmäßigkeit der Alhi-Kürzung um den Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihre Mutter jedoch deshalb ungeprüft lassen, weil dieser Unterhaltsanspruch mit wöchentlich 68,65 DM festgestellt und die Klage betragsmäßig in diesem Umfange rechtskräftig abgewiesen worden ist. Für eine weitere Kürzung des Alhi-Anspruchs aufgrund Unterhaltsrechts ist nichts ersichtlich; dies wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.
Soweit die Beklagte die vollständige Ablehnung der Bewilligung von Alhi darauf gestützt hat, daß auf den Anspruch auch Teile des dem Ehemann der Klägerin darlehensweise bewilligten Uhg als Einkommen anzurechnen seien, hat das LSG die insoweit der Klage stattgebende Entscheidung des SG zu Recht bestätigt. Bei dem auf § 44 Abs 2a AFG in der seit 1. Januar 1982 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497 -AFKG-) beruhenden, als Darlehen bewilligten Uhg, handelt es sich nämlich nicht um ein im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung gem §§ 137 Abs 1, 138 Abs 1 AFG zu berücksichtigendes Einkommen.
Einkommen im Sinne der Vorschriften über die Alhi sind nach der gesetzlichen Bestimmung des § 138 Abs 2 Satz 1 AFG alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Bestimmte Einnahmen oder Einkünfte gelten nicht als Einkommen in diesem Sinne (§ 138 Abs 3 AFG; §§ 11, 12 der auf der Ermächtigung in § 134 Abs 4 AFG fußenden Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 7. August 1974 idF des AFKG, BGBl I 1978, 1929; 1981, 1497 -Alhi-VO-). Das Uhg genießt seiner Art nach nicht diese Privilegierung, wie der Senat bereits entschieden hat (SozR 4100 § 138 Nr 5). Diese Entscheidung betraf jedoch das als Zuschuß zu gewährende Uhg iS des § 44 Abs 2 AFG, welches in bezug auf seine Valutierung und seinen vermögenswerten Inhalt für den Empfänger keine Besonderheit gegenüber anderen Einkunftsarten wie Arbeitsentgelt, Gewinn, Kapitalerträgnissen oder sonstigen Leistungen mit lediglich geldwerten Vorteilen aufweist. Infolgedessen bedurfte es dort nicht der Klärung des Begriffs des Einkommens iS der §§ 137 Abs 1, 138 AFG als solchen.
Für den vorliegenden Fall ist dies jedoch in bezug auf die Frage notwendig, ob als Einkommen in diesem Sinne auch darlehensweise zufließende Geldmittel anzusehen sind, die der Empfänger zurückzahlen muß. Diese Frage ist zu verneinen; deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob ein darlehensweise an den Ehegatten des Alhi-Berechtigten gewährtes Uhg zu den Einkommensarten gehört, die kraft normativer Regelung bei der Bedürftigkeitsprüfung in der Alhi ausgenommen sind.
Einkommen iS der §§ 137 Abs 1, 138 AFG sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dies folgt vornehmlich aus dem begrifflichen Inhalt des Anspruchsmerkmals "Bedürftigkeit", aber auch aus dem Sinn des Wortes "Einkommen" und der gesetzlichen Ausgestaltung dieses Begriffs im Recht der Alhi.
Der Abhängigkeit des Alhi-Anspruchs von der Bedürftigkeit des Arbeitslosen liegt die Erwägung zugrunde, daß derjenige, der seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, nicht der Unterstützung aus Steuermitteln bedarf, aus denen die Alhi finanziert wird (§ 188 AFG). Ihm wird zugemutet, für Unterhaltszwecke vorrangig seine Mittel und in gewissem Umfange ihm zugängliche Mittel naher Angehöriger einzusetzen (§§ 137 Abs 1, 138 Abs 1 AFG; zum Begriff der Bedürftigkeit vgl auch Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Komm z AVAVG, Anm II zu § 149; Schönefelder-Kranz-Wanka, Komm z AFG, Anm zu § 137 AFG, insoweit Stand August 1973). Darin liegt aber zugleich die Begrenzung dafür, was unter eigenen Mitteln der Arbeitslosen (und seiner Angehörigen) im Sinne von berücksichtigungsfähigem Einkommen zu verstehen ist. Es muß sich um Einkünfte handeln, die ihm endgültig zur Verwertung zur Verfügung stehen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt jedoch nur eine vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung dar, die ungeachtet des Umstandes, daß sie in Form von tatsächlichen Zahlungen in die Hand des Darlehensnehmers gelangt, nicht Mittel des eigenen Vermögens werden, weil sie von vornherein mit der Pflicht zur Rückgewähr belastet sind. Das LSG hat dies treffend damit bezeichnet, daß solche Darlehenszahlungen einkommensneutral sind. Aufgrund der gleichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise hat deshalb das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) schon entschieden, daß eine ausschließlich als rückzahlbares Darlehen gewährte Ausbildungsförderung nicht als Einnahme in Geld oder Geldeswert (iS des § 10 Abs 1 des Zweiten Wohngeldgesetzes) anzusehen ist (BVerwGE 41, 220, 226; 54, 358, 362, 365), und zwar selbst nicht teilweise mit Rücksicht auf Zinslosigkeit oder ersparte Zinsen (BVerwG vom 25. Mai 1984 - 8 C 96/82 und 8 C 107/82 -).
Auch in der bisherigen Rechtsprechung des Senats kommt bereits zum Ausdruck, daß für die Bestimmung des Einkommensbegriffs in der Alhi von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehen ist. Wenn der Senat zunächst ausgeführt hat, daß als Einkommen iS des § 138 Abs 1 AFG solche finanziellen (oder wirtschaftlichen) Leistungen anzusehen sind, die dem Empfänger von Alhi "zufließen" (BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 138 Nr 1) und demgegenüber Vermögen iS des § 137 Abs 2 AFG der "Bestand" von Sachen und Rechten (in Geld oder Geldeswert) in der Hand des Berechtigten ist (aaO), so hat er dies später dahin erläutert, daß tatsächliche Geldzuflüsse allein nicht als Einkommen gelten können, wenn dadurch Vermögensveränderungen dessen, der diese Einkünfte hat, nicht eintreten. Er hat deshalb einerseits tatsächliche Geldzuflüsse an den Arbeitslosen, die dieser aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen erzielt, nicht als iS des § 138 AFG berücksichtigungsfähiges Einkommen erachtet, weil - und soweit - sich die Vermögenslage des Arbeitslosen dadurch nicht verändert (BSGE 46, 271, 274 = SozR 4100 § 138 Nr 3). Zum anderen hat er eine Minderung des berücksichtigungsfähigen Arbeitseinkommens der Ehefrau des Alhi-Berechtigten um abgetretene oder gepfändete Lohnteile nicht zugelassen, weil diese insoweit von Schulden befreit wird und demgemäß das volle Entgelt ihren Vermögensbestand positiv verändert hat (BSGE 53, 115, 116 = SozR 4100 § 138 Nr 7). Das LSG Niedersachsen hat in seinem Urteil vom 27. März 1984 - L 7 Ar 262/83 -, auf welches die Beklagte Bezug nimmt, diese Bedeutung der oa Entscheidung des Senats verkannt, wenn es meint, es komme auf die bloße Verfügbarkeit von Geldmitteln - also auch solcher in Darlehensform - an, wenn schon die Berücksichtigung abgetretener oder verpfändeter Lohnteile nicht ausgeschlossen sei. Einschränkungen der Verfügbarkeit über ein den Vermögensbestand vergrößerndes Einkommen hat der Senat keinesfalls als entscheidenden Gesichtspunkt für dessen Nichtberücksichtigung bei der Alhi erachtet (so hinsichtlich vermögenswirksam angelegter Teile des Arbeitseinkommens, BSG SozR 4100 § 138 Nr 1), soweit mit dem (nachträglichen) Verfügbarmachen nicht Verluste im Vermögensbestand einhergehen, bzw anderweitige schutzwürdige Gesetzeszwecke vereitelt werden (so hinsichtlich zusätzlich zum Lohn gewährter und vermögenswirksam angelegter Leistungen des Arbeitgebers, BSG SozR 4100 § 44 Nr 10).
Folgt mithin schon aus dem Begriffsinhalt der Bedürftigkeit iS des § 134 Abs 1 Nr 3 AFG, daß von dem Arbeitslosen nur der Einsatz solcher Einkünfte verlangt wird, die eine Veränderung seines Vermögensbestandes bewirken - einfach ausgedrückt, die ihm wirtschaftlich letztendlich gehören -, so entspricht dies auch dem allgemeinen Verständnis dessen, was unter den Worten "Einkommen" oder "Einkünften" zu verstehen ist. Ungeachtet von Motiv, Rechtsgrund und Quelle ihrer Herkunft ist ihnen - wie nach Auffassung des Senats keiner weiteren Begründung bedarf - begriffsimmanent ihr Charakter als vermögenswerter Vorteil für den Empfänger. Diesen Vorteil besitzt ein Darlehen aber gerade nicht, weil - und wenn - seine Rückzahlung geschuldet wird. Die Beklagte irrt, wenn sie unter Hinweis auf § 138 Abs 2 Satz 1 AFG meint, maßgeblich sei nur die Tatsache eines Zuflusses von Geld oder Geldeswert. Die Vorschrift will lediglich die Unabhängigkeit der Berücksichtigung von Einkommen nach Form und Art seiner Gewährung sicherstellen; den Inhalt dessen, was berücksichtigungsfähiges Einkommen iS des § 137 Abs 1 AFG ist, regelt sie nicht.
Das SG hat übrigens zu Recht darauf hingewiesen, daß die Auffassung der Beklagten dazu führen müßte, auch ratenweise zufließendes Darlehen aufgrund privater Bankgeschäfte als Einkommen anzusehen, wenn es aufgenommen wurde, um vorübergehend den Lebensunterhalt zu sichern; auf die Lohnersatzqualität allein als Motiv der Gewährung kommt es nämlich - wie die Beklagte zutreffend ausführt - für den Einkommensbegriff nicht an. Möglicherweise müßte gleiches sogar für treuhänderisch veranlaßte Geldzuflüsse gelten, wenn dem Treuhänder eine vorübergehende Nutzung eingeräumt ist. Es liegt auf der Hand, daß derartige Geldwerte ungeachtet ihrer aktuellen Verwendbarkeit nicht als "Einnahmen" des Empfangsberechtigten angesehen werden können, die seine Bedürftigkeit als Voraussetzung zum Bezug von Alhi ausschließen.
Anderenfalls müßte man konsequenterweise auch eine Verpflichtung des Arbeitslosen für gegeben halten, zur Sicherung seines Lebensunterhalts und damit zur Abwendung seiner Alhi-Berechtigung Schulden einzugehen. Es ist nicht ersichtlich, daß eine solche Erwägung jemals angestellt worden ist.
Bei einem auf Rückzahlung angelegten Geldzufluß, wie dem Darlehen, steht auch eine finanz- oder bilanztechnische Betrachtung entgegen, ihn als positives Einkommen zu betrachten. Gegenüberzustellen ist dem nämlich die Belastung durch die Rückzahlungspflicht als negatives Einkommen (vgl §§ 607 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Sofern diese Schuld nicht ganz oder teilweise entfällt, zB durch Erlaß, ergibt sich, wenigstens beim zinslosen Darlehen, ein mit Null zu bewertendes Einkommen.
Schließlich sprechen auch die Bestimmungen des § 138 Abs 2 Satz 2 AFG für die Berechtigung der vorstehenden Erwägungen. Danach sind nämlich auch von einem an sich berücksichtigungsfähigen Einkommen Steuern, öffentlich-rechtliche und gleichwertige Beitragslasten und Werbungskosten abzusetzen. Das Gesetz geht also davon aus, daß nur ein bestimmtes Netto-Einkommen anspruchsmindernd berücksichtigt werden darf, also das Einkommen, das dem Empfänger - pauschal betrachtet - belastungsfrei verbleibt. Grundsätzlich dasselbe gilt für die Feststellung des zur Minderung der Bedürftigkeit einsatzfähigen Vermögens gem § 137 Abs 2 AFG (vgl BSGE 46, 271 = SozR 4100 § 138 Nr 3).
An der Rechtslage, daß ein nach § 44 Abs 2a AFG darlehensweise gewährtes Uhg nicht als Einkommen iS der §§ 137 Abs 1, 138 Abs 1 AFG anzusehen ist, ändert es nichts, daß es wie das zuschußweise gewährte Uhg nach § 44 Abs 2 AFG zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt ist, nach dem Motiv seiner Gewährung Lohnersatzcharakter besitzt und die Beklagte für seinen Bezieher Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung entrichtet (§§ 155 Abs 1, 157 Abs 1, 166b AFG). Einerseits handelt es sich dabei um Qualifizierungen, die der Verwirklichung des Gesetzesauftrags der Beklagten zur Förderung der beruflichen Bildung dienen (§ 3 Abs 2 Nr 3 AFG), andererseits um Rechtsbedingungen, die dem Gesetzgeber angebracht erschienen, um die soziale Sicherung der Bildungswilligen zu gewährleisten, was zugleich übrigens die Motivierung zur Teilnahme an Bildungsmaßnahmen fördert. Auf die Frage, ob eine bestimmte Leistung im Einzelfalle als Einkommen nach §§ 137 Abs 1, 138 Abs 1 AFG zu werten ist, hat dies jedoch keinen Einfluß.
Das Uhg nach § 44 Abs 2a AFG nicht als derartiges Einkommen zu werten, bedeutet ferner keineswegs, wie das LSG Niedersachsen (aaO) annimmt, eine Finanzierung des Darlehens durch die Alhi. Das Darlehen wird von der Beklagten vorgelegt und von dem Darlehensempfänger zurückgezahlt. Finanziert wird es also ohne Rücksicht auf die Frage, ob und in welcher Höhe seinem Ehegatten Alhi zusteht, ausschließlich von ihm selbst. Eine wegen des Darlehens vorgenommene Minderung der Alhi des Ehegatten bis hin zu ihrem gänzlichen Fortfall würde im Gegenteil bedeuten, daß der Bildungswillige nicht nur seine Teilnahme an der Bildungsmaßnahme - wenn auch nachträglich - selbst bezahlt, sondern darüber hinaus auch noch die Kürzung der Alhi seines Ehegatten, die schließlich auch Komponenten für die Sicherung seines Lebensunterhalts enthält, in Kauf nehmen müßte. Aus diesem Grunde stellt sich die Herausnahme des Uhg nach § 44 Abs 2a AFG von der Einkommensberücksichtigung bei der Alhi nicht deswegen als eine Benachteiligung des Beziehers von Uhg nach § 44 Abs 2 AFG dar, weil jenes auf die Alhi anzurechnen ist; denn jenem verbleibt, da Uhg nach § 44 Abs 2 AFG nicht rückzahlungspflichtig ist, endgültig der wirtschaftliche Wert dieser Leistung.
Ob für die Nichtberücksichtigung darlehensweise gewährter Leistungen als Einkommen nach §§ 137 Abs 1, 138 Abs 1 AFG etwas anderes gilt, wenn die Rückzahlung entfällt oder mit ihr nicht gerechnet werden kann, das "Darlehen" im wirtschaftlichen Ergebnis also den Vermögensbestand des Zahlungsempfängers verbessert (vgl dazu BVerwGE 41, 220, 226), bedarf hier keiner Entscheidung. Angesichts der für die Rückzahlung des Uhg nach § 44 Abs 2a AFG vorgesehenen Regelung in § 10 Abs 3 der Anordnung der Beklagten über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 23. März 1976 (ANBA S 559), hier idF der 12. Änderungsanordnung vom 16. März 1982 (ANBA S 563 -AFuU-) besteht weder allgemein noch aufgrund besonderer Feststellungen des LSG im vorliegenden Falle Anlaß für eine derartige Sachlage. Der § 10 Abs 3 AFuU sieht ohne Einschränkung die ratenweise Rückzahlungspflicht nach Ablauf bestimmter tilgungsfreier Zeiten, ggf nach Unterbrechungen der Tilgung, vor.
Soweit die Beklagte in der gefundenen Lösung die Gefahr von Manipulationsmöglichkeiten erblickt, braucht dem nicht nachgegangen zu werden; denn eine solche Gefahr - sollte sie wirklich bestehen - könnte nicht die Änderung einer vorhandenen Rechtslage rechtfertigen. Auch auf ihren Hinweis zur Berücksichtigungsfähigkeit deliktisch erlangter Einkünfte, die ungeachtet der Pflicht zur Rückgewähr an den Geschädigten als Einkommen iS der §§ 137 Abs 1, 138 Abs 1 AFG gelten, braucht der Senat hier nicht einzugehen. Ganz abgesehen davon, daß schon auf den ersten Blick derartige Sachverhalte beträchtliche Unterschiede zur Rückgewährpflicht aus Darlehensverhältnissen aufweisen, steht ein solcher hier nicht zur Entscheidung.
Die Revision der Beklagten kann nach allem keinen Erfolg haben; sie ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen