Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Februar 1987 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit.
Der 1928 geborene Kläger brach 1945 eine Lehre als Former ab, die er 1943 begonnen hatte. Nach kurzfristiger Tätigkeit als Bergmann arbeitete er bis 1958 als Maschinenformer. Nach weiteren Tätigkeiten als Maschinenschlosser und Chemiearbeiter nahm er 1965 bei den … eine Beschäftigung als Gleiswerker an. Während dieser Tätigkeit wurde er zum Thermit-Schweißer angelernt und legte 1968 betriebsintern eine entsprechende Prüfung ab. Diese Tätigkeit übte er bis etwa Oktober 1983 aus, arbeitete aber auch als Gleiswerker bei der Weichen- und Gleisreinigung, Wartung der Haltestellen usw.
Nach vergeblichen Versuchen 1979 und 1982 beantragte der Kläger am 12. März 1984 bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab (Bescheid vom 30. November 1984; Widerspruchsbescheid vom 4. April 1985).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 22. Mai 1986), das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 13. Februar 1987). Es hat im wesentlichen ausgeführt: Beim Kläger lägen gewisse krankheitsbedingte Leistungseinschränkungen vor. Sie ließen jedoch die vollschichtige Ausübung leichter körperlicher Arbeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen noch zu. Der Kläger genieße Berufsschutz als Angelernter. Die Tätigkeit des Thermit-Schweißers setzte eine Anlernzeit von einem Jahr voraus. Diese Anlernzeit sei mit einer betriebsinternen Prüfung abgeschlossen worden. Damit sei der Thermit-Schweißer dem oberen Bereich der Anlernberufe zuzuordnen mit der Folge, daß eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsse. Als solche komme für den Kläger die Tätigkeit eines einfachen Pförtners nach Lohngruppe 4 (Angelernter der unteren Stufe) – Nr. 4.11 des Tarifvertrages für die Arbeiter der Länder, MTL II – in Betracht. Anders als beim sogenannten gehobenen Pförtner sei diese Pförtnertätigkeit nicht mit besonderen Anforderungen in Form schriftlicher Arbeiten, umfangreicher Vermittlungsbemühungen und genauer Kenntnis von Organisation und Arbeitsabläufen in größeren Behörden oder Betrieben verbunden. Die Tätigkeit sei körperlich leicht und könne im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen wahrgenommen werden. Sie werde ganz überwiegend in geschlossenen beheizbaren Räumen (Pförtnerloge) wahrgenommen. Diese Tätigkeit entspreche dem Leistungsvermögen des Klägers.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung der §§ 1246 Abs. 2, 1247 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Berufungsgericht.
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erwerbs- oder auf Berufsunfähigkeitsrente gegen die Beklagte.
Der Kläger ist noch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Ausgangspunkt für die Beurteilung eines gemäß § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO zumutbaren Verweisungsberufes ist der bisherige Beruf des Versicherten, wobei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein abgestuftes Berufsgruppenschema zugrunde zu legen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 140, 143 m.w.N.). Dieses Mehrstufenschema gliedert die Arbeiterberufe nach verschiedenen „Leitberufen”, nämlich demjenigen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des „Angelernten” und schließlich des ungelernten Arbeiters. Grundsätzlich darf der Versicherte nur auf die jeweils niedrigere Gruppe verwiesen werden. Denn das Gesetz sieht den Versicherten nicht schon dann als berufsunfähig an, wenn er seinen „bisherigen Beruf” aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, sondern es verlangt, daß der Versicherte, ausgehend von diesem Beruf, einen „zumutbaren” beruflichen Abstieg in Kauf nimmt. Erst wenn der Versicherte in diesem Sinne nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann – sei es, daß es eine solche Tätigkeit (objektiv) nicht gibt, sei es, daß er (subjektiv) aus gesundheitlichen Gründen oder wegen fehlender (nicht ausreichender) Kenntnisse und Fähigkeiten eine solche Tätigkeit nicht zu verrichten vermag – ist er berufsunfähig (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 S. 470 m.w.N.).
Als bisherigen Beruf des Klägers hat das LSG den des Thermit-Schweißers und Gleiswärters festgestellt. Es hat ihn angesichts einer Anlernzeit von einem Jahr und einer betriebsinternen Prüfung als Anlernberuf gewertet. Das ist nicht zu beanstanden und wird auch in der Revisionsinstanz nicht angegriffen. Zur Gruppe mit dem Leitberuf des „sonstigen Ausbildungsberufs” („Angelernter”) gehören diejenigen Tätigkeiten, die eine Ausbildungszeit von längstens zwei Jahren Dauer und mindestens drei Monaten erfordern (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 109 S. 347, 140). Zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters gehören diejenigen Tätigkeiten, die eine längere Ausbildungszeit als zwei Jahre voraussetzen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 140 S. 455 m.w.N.). Bei der Gruppe der Versicherten mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters handelt es sich um eine inhomogene und vielschichtige Berufsgruppe. Diese Gruppe umfaßt einmal die staatlich anerkannten Ausbildungsberufe mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit bis zu zwei Jahren. Neben diesen Ausbildungsberufen gehören in diese Gruppe auch schon diejenigen Berufe, welche eine betriebliche Ausbildungszeit von nur drei Monaten voraussetzen. Dazwischen liegen zahlreiche andere „Anlernberufe”. Diesen gleichbehandelt werden schließlich diejenigen ungelernten Tätigkeiten, die wegen ihrer Qualität – nicht aber wegen etwaiger mit ihrer Verrichtung verbundenen Nachteile – tariflich etwa gleichhoch wie sonstige Ausbildungsberufe eingestuft sind, ohne daß es darauf ankommt, ob hierfür überhaupt eine Ausbildung gefordert wird (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109 S. 347 m.w.N.). Der 1. Senat des BSG hat deshalb im Urteil vom 15. November 1983 (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109 S. 347) erwogen, daß die konkrete Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit jedenfalls bei denjenigen Versicherten innerhalb der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters erforderlich sein könnte, deren bisheriger Beruf ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit bis zu zwei Jahren gewesen ist oder wenigstens eine über bloße Einweisung und Einarbeitung hinausgehende echte betriebliche Ausbildung vorausgesetzt hat. Der 4. Senat des BSG hat im Urteil vom 28. November 1985 (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132) ausgeführt, daß einem Angelernten, der innerhalb seiner Gruppe dem oberen Bereich angehört, z.B. Regelausbildung bis zu zwei Jahren, mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret bezeichnet werden müsse (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132 S. 425). Begründet hat er das damit, daß einem solchen Arbeiter ungelernte Tätigkeiten nur ganz geringen qualitativen Werts nicht mehr zumutbar seien. Vielmehr müßten sich die zumutbaren Verweisungstätigkeiten durch Qualitätsmerkmale, z.B. durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder durch die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen. Der 5. Senat des BSG hat sich dieser Entscheidung im Urteil vom 9. September 1986 – 5b RJ 82/85 – (SozR 2200 § 1246 Nr. 140 S. 458) angeschlossen. Auf jeden Fall sei Angelernten ein Verweisungsberuf konkret zu benennen, die eine Regelausbildung von zwei Jahren Dauer gehabt hätten.
Wo die Grenze zwischen „oberem” und „unterem” Angelernten zu ziehen ist, kann hier dahinstehen. Für beide Arten der Angelernten gilt, daß sie nicht auf ungelernte Arbeiten verwiesen werden können, „welche nur einen sehr geringen qualitativen Wert” haben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109 S. 348, 2. Abs. m.w.N.). Ob der Kläger der Gruppe der „oberen Angelernten” angehört, bedarf deshalb keiner Prüfung, weil das LSG dem Kläger einen – für diesen Fall zu benennenden – Verweisungsberuf auch tatsächlich benannt hat, nämlich den „einfachen Pförtner”. Dieser Beruf stellt keine Tätigkeit von nur sehr geringem qualitativen Wert dar. Der „gehobene” oder „qualifizierte” Pförtner ist zwar als ein typischer Schonarbeitsplatz beurteilt worden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 139 S. 451 m.w.N.). Das LSG ist aber in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß das für den einfachen Pförtner nicht gilt. Hiergegen sind zulässige und begründete Verfahrensrügen nicht erhoben worden, so daß die diesbezüglichen Feststellungen des LSG gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindend sind.
Davon, daß dem Kläger für die Tätigkeit eines einfachen Pförtners der Arbeitsmarkt verschlossen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 139 S. 450), brauchte das LSG nicht auszugehen. Es hat dem Kläger eine von einem Tarifvertrag erfaßte Tätigkeit benannt, die er vollschichtig ausüben kann und die ihm zuzumuten ist. Es besteht eine Vermutung dafür, daß es für solche Tätigkeiten Arbeitsplätze in einer Zahl gibt, welche die Annahme ausschließt, der Versicherte habe praktisch keine Chance mehr, eine solche Arbeitsstelle zu erlangen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102 S. 319). Auch hinsichtlich dieser Tatsachenannahme, die dem Urteil des LSG zugrunde liegt, sind Revisionsrügen nicht vorgebracht worden.
Da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, liegen die strengeren Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeitsrente erst recht nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen