Leitsatz (amtlich)
Zur Interessenabwägung nach § 45 Abs 2 S 1 SGB 10.
Orientierungssatz
1. Bei Verwaltungsakten, mit denen Dauerleistung bewilligt worden sind, wird das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes größer sein als bei der Gewährung einmaliger Leistungen, weil eine Dauerleistung die Allgemeinheit in der Regel mehr belastet als eine einmalige Leistung. Im Einzelfall kann die Interessenlage aber auch anders sein. So wie das öffentliche Interesse bei Geldleistungen vor allem ein fiskalisches ist, dh die Allgemeinheit vor ungesetzlichen Zahlungen zu ihren Lasten geschützt werden soll, können solche Umstände auch auf der Seite des Betroffenen nicht unberücksichtigt bleiben. Es kann daher im Einzelfall gerechtfertigt sein, einem Begünstigten eine Dauerleistung auch für die Zukunft nicht zu entziehen, wenn das für ihn unzumutbar ist. Das Gesetz nennt hierfür als Beispiel die Vermögensdisposition, die der Begünstigte nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann, bei der jedoch auch nur "in der Regel" die Entziehung ausgeschlossen ist. Auch in diesen Fällen kann also die Leistung entzogen werden, wenn es etwa nach den gesamten wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen für ihn zumutbar ist, in Zukunft diese Leistungen zu entbehren. Andererseits schließt aber das Fehlen solcher Dispositionen den Vertrauensschutz nicht aus, wenn andere Umstände das öffentliche Interesse gegenüber dem Vertrauen des Begünstigten zurücktreten lassen.
2. Zur Frage, unter welchen Umständen in einem besonders gelagerten Einzelfall das schutzwürdige Vertrauen eines Begünstigten am Fortbestand einer rechtswidrigen Kindergeldbewilligung das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes überwiegen und eine Rücknahme der Bewilligung gemäß § 45 Abs 2 SGB 10 ausschließen kann.
Normenkette
SGB 10 § 45 Abs 2 S 1 Fassung: 1980-08-18; SGB 10 § 45 Abs 2 S 2 Fassung: 1980-08-18; SGB 10 § 45 Abs 3 Fassung: 1980-08-18
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 11.02.1983; Aktenzeichen L 1 Kg 4/82) |
SG Kiel (Entscheidung vom 05.04.1982; Aktenzeichen S 3 Kg 12/81) |
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte dem Kläger bewilligtes Kindergeld entzogen hat.
Der 1942 geborene Kläger ist peruanischer Staatsangehöriger. Er begehrt wegen politischer Verfolgung Asyl in der Bundesrepublik Deutschland. Das Asylverfahren ist bisher noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
Auf seinen Antrag vom 1. September 1977 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17. Januar 1978 Kindergeld für seine drei ehelichen Kinder und nach der Geburt seines vierten Kindes ab Oktober 1978 für vier Kinder (Änderungsverfügung vom 29. November 1978). Nachdem ihm die Beklagte diese Leistung ab Januar 1980 erneut bewilligt hatte (Wiederbewilligungsverfügung vom 15. Januar 1980), versagte sie ihm ab März 1981 das Kindergeld mit dem Bescheid vom 19. März 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. September 1981, weil er als Asylbewerber keinen Anspruch auf Kindergeld habe.
Das Sozialgericht Kiel (SG) hat mit seinem Urteil vom 5. April 1982 den Entziehungsbescheid aufgehoben.
Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat mit seinem Urteil vom 11. Februar 1983 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Rücknahme sei gemäß § 45 Abs 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) unzulässig. Denn das Vertrauen des Klägers auf den Bestand des bewilligenden Verwaltungsakts sei unter Abwägung gegen das öffentliche Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig, weil er das Kindergeld länger als drei Jahre bezogen gehabt habe. Auch wenn das Rücknahmerecht in Kindergeldangelegenheiten nicht auf zwei Jahre nach der Bekanntgabe des begünstigenden Verwaltungsakts begrenzt sei, sei das Vertrauen schutzwürdig, wenn nur der Leistungsbezug länger als zwei Jahre gedauert habe. Der Vertrauensschutztatbestand des schlichten Zeitablaufs trage der sozialstaatlichen Wirklichkeit Rechnung. Deswegen und weil der Kläger mit seinem Einkommen um das Sozialhilfeniveau praktisch keine den Vertrauenstatbestand im Sinne von § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X auslösende Vermögensdispositionen habe treffen können, sei die hier gegebene Bezugsdauer von mehr als drei Jahren hinreichend, um einen überwiegenden Vertrauensschutz zu begründen.
Mit ihrer von dem LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 45 Abs 2 SGB X und des § 20 Abs 4 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG). Es liege keiner der in § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X genannten Gründe vor, wonach eine Rücknahme unzulässig sei. Der schlichte Zeitablauf sei kein Vertrauensschutztatbestand, weil er im Kindergeldrecht entgegen § 45 Abs 3 SGB X nicht die Rücknahme für die Zukunft ausschließe. Der Kindergeldempfänger könne nicht darauf vertrauen, diese Leistung im Zweifel bis zu seinem Lebensende zu beziehen. So greife im Gegensatz zum Rentenrecht der Gesetzgeber laufend auch zu Ungunsten in das Kindergeldrecht ein und ändere damit diese Ansprüche. Diese unterschiedliche Handhabung des Bestandsschutzes stehe aber im Einklang mit den unterschiedlichen Zweckbestimmungen von Renten und Kindergeld.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 1983 und das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 5. April 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keine Anträge.
Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat ihre gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG gerichtete Berufung zu Recht zurückgewiesen. Die Beklagte durfte dem Kläger das Kindergeld nicht entziehen.
Trotz der unklaren Fassung des angefochtenen Bescheides vom 19. März 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1981 "..... muß ihnen das Kindergeld versagt werden", kann dieser Bescheid im Hinblick auf die voraufgegangene Bewilligung und laufende Zahlung des Kindergeldes, sowie mangels jeglicher Aussage darüber, ob empfangene Leistungen zurückgefordert werden oder nicht, nur als Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts im Sinne von § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft verstanden werden. Im übrigen hat auch die Beklagte während des gesamten Streitverfahrens übereinstimmend mit dem SG und dem LSG den Bescheid nur in diesem Sinne beurteilt.
Im Ergebnis zutreffend haben SG und LSG das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X verneint, unter denen allein seit dem 1. Januar 1981 die Rücknahme der dem Kläger das Kindergeld bewilligenden Verwaltungsakte zulässig gewesen wäre. Der Bescheid vom 17. Januar 1978 (Bewilligung von Kindergeld für drei Kinder) und die Änderungsverfügung vom 29. November 1978 (Bewilligung von Kindergeld für nunmehr vier Kinder) waren begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung. Um solche Verwaltungsakte handelt es sich, wenn sie sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpfen, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründen oder inhaltlich verändern (BT-Drucks 8/2034 S 34, Begründung zu § 43 Abs 3 des Regierungsentwurfs). Maßgeblich sind die rechtlichen Wirkungen des Verwaltungsakts, dem allein bereits dann Dauerwirkung beizulegen ist, wenn er in rechtlicher Hinsicht über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe bzw Bindungswirkung hinaus Wirkungen zeitigt (BSG Urteil vom 16. Februar 1984 - 1 RA 15/83 - zur Veröffentlichung bestimmt).
Nach § 45 Abs 3 SGB X kann ein begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, es sei denn, es liegen Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozeßordnung (ZPO) vor. Der gesamte Abs 3 gilt jedoch im Kindergeldrecht nicht (§ 20 Abs 4 BKGG idF des Art 2 § 24 Nr 2 des Gesetzes vom 18. August 1980 - BGBl I 1469). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Regelung ganz oder teilweise mit dem Grundgesetz vereinbar ist, denn auch wenn die Beklagte nicht bereits wegen der überschrittenen Zweijahresfrist an der Rücknahme der Bewilligungsbescheide gehindert war, durfte sie diese Bescheide nicht zurücknehmen, weil das Vertrauen des Klägers auf deren Bestand gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Es bedarf deshalb im vorliegenden Fall keiner Erörterung der Frage, unter welchen Umständen bei Asylbewerbern abweichend vom Regelfall (BSGE 49, 254 ff; SozR 5870 § 1 Nr 10) ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich des BKGG zu bejahen und der Kindergeldanspruch deshalb nicht nach § 1 Nr 1 BKGG ausgeschlossen ist.
Nach § 45 Abs 1 SGB X ist die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte nicht grundsätzlich, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Diese Voraussetzungen sind zunächst in Abs 2 genannt, wobei in Abs 4 weitere - hier nicht interessierende - Einschränkungen gemacht sind, unter denen eine Rücknahme für die Vergangenheit ausgeschlossen ist. § 45 Abs 2 SGB X macht die Rücknahmemöglichkeit für die Zukunft von der Abwägung des Vertrauens des Begünstigten in die Bestandskraft des Verwaltungsakts gegenüber dem öffentlichen Interesse an dessen Rücknahme abhängig und verbietet die Rücknahme, wenn diese Abwägung ergibt, daß das Vertrauen schutzwürdig ist. In Abs 2 Satz 3 ist sodann bestimmt, unter welchen Voraussetzungen das Vertrauen nicht geschützt ist, während Abs 2 Satz 2 zwei Fälle des schutzwürdigen Vertrauens nennt (Verbrauch der Leistung oder bestimmte Vermögensdispositionen). Aus der Formulierung: "Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn ..." ist nicht zu folgern, daß es sich hierbei um die einzigen Fälle handelt, in denen das Vertrauen "in der Regel" schutzwürdig ist. Vielmehr handelt es sich um beispielhaft genannte Sachverhalte, bei deren Vorliegen die Schutzwürdigkeit vom Gesetz vermutet wird. Wären demgegenüber keine anderen die Rücknahme ausschließenden Sachverhalte möglich, wäre der Grundtatbestand der Abwägung in Abs 2 Satz 1 nicht gerechtfertigt und die Absätze 1 und 2 hätten sehr viel einfacher gefaßt sein müssen, etwa in dem Sinne, daß die Rücknahme grundsätzlich zulässig und nur bei Verbrauch und Vermögensdisposition ausgeschlossen ist (vgl im Ergebnis Schroeder-Printzen/Engelmann/Wiesner/von Wulffen, SGB X § 45 Anm 3.2, 4; Pickel, Das Verwaltungsverfahren, Kommentar zum SGB X § 45 Anm 3a; Hauck/Haines SGB X 1,2 K § 45 Anm 18, 19, 20; Federl, Die Korrektur bestandskräftiger Verwaltungsakte der Rentenversicherung nach dem SGB X in Mitteilungen der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken 1981 S 388, 389; Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, Anm 61, 62, 65 zu dem insoweit gleichlautenden § 48 Abs 2 VwVfG; BR-Drucks 269/70 Begründung zu § 37 S 55 a E). Die Interessenabwägung in § 45 Abs 2 SGB X ebenso wie in § 48 Abs 2 VwVfG entspricht weitgehend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts zur Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte. Auch danach waren alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei bei der Rücknahme für die Zukunft Vermögensdispositionen des Begünstigten eine wesentliche Bedeutung beigemessen wurde (vgl Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht 9. Aufl S 460 ff; BVerwG ua 13, 28, 32, 33; 24, 294, 297 f; 40, 212, 216).
Der Grundsatz der Rechtmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit allen Verwaltungshandelns erfordert es grundsätzlich, daß rechtswidrige Verwaltungsakte beseitigt werden. Dem steht der Grundsatz gegenüber, daß der Staatsbürger auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns vertrauen darf. Um diesen Widerstreit zu lösen, hat im Einzelfall eine Interessenabwägung dahingehend zu erfolgen, welches Interesse überwiegt, - das der Allgemeinheit auf Herstellung eines rechtmäßigen, dh gesetzmäßigen Zustandes, oder das des gutgläubigen Begünstigten auf Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes. Bei Verwaltungsakten, mit denen Dauerleistungen bewilligt worden sind, wird dabei das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes größer sein als bei der Gewährung einmaliger Leistungen, weil eine Dauerleistung die Allgemeinheit in der Regel mehr belastet als eine einmalige Leistung. Im Einzelfall kann die Interessenlage aber auch anders sein. So wie das öffentliche Interesse bei Geldleistungen vor allem ein fiskalisches ist, dh die Allgemeinheit vor ungesetzlichen Zahlungen zu ihren Lasten geschützt werden soll, können solche Umstände auch auf der Seite des Betroffenen nicht unberücksichtigt bleiben. Es kann daher im Einzelfall gerechtfertigt sein, einem Begünstigten eine Dauerleistung auch für die Zukunft nicht zu entziehen, wenn das für ihn unzumutbar ist. Das Gesetz nennt hierfür als Beispiel die Vermögensdisposition, die der Begünstigte nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann, bei der jedoch auch nur "in der Regel" die Entziehung ausgeschlossen ist. Auch in diesen Fällen kann also die Leistung entzogen werden, wenn es etwa nach den gesamten wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen für ihn zumutbar ist, in Zukunft diese Leistung zu entbehren. Andererseits schließt aber das Fehlen solcher Dispositionen den Vertrauensschutz nicht aus, wenn andere Umstände das öffentliche Interesse gegenüber dem Vertrauen des Begünstigten zurücktreten lassen. Der reine Zeitablauf, dh die Zeitspanne zwischen der Bewilligung der Leistung und ihrer Entziehung ist, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, für sich allein in diesem Sinne kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand, denn er sagt über die Zumutbarkeit der Entziehung nichts aus. So wie bei fehlendem Vertrauen das öffentliche Interesse die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes immer zuläßt, schließt vorhandenes Vertrauen die Rücknahme nicht grundsätzlich aus. Der Zeitablauf kann allerdings zusammen mit anderen Umständen in dem Sinne bedeutsam sein, daß dadurch ein verstärktes Vertrauen begründet worden ist. Wenn § 45 Abs 3 SGB X unter den dort genannten Voraussetzungen bereits nach Ablauf von zwei Jahren seit der Bekanntgabe des begünstigenden Verwaltungsakts einen absoluten Vertrauensschutz gibt, so hat der Gesetzgeber damit allerdings dem Zeitablauf eine überragende Bedeutung zuerkannt. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß auf anderen Rechtsgebieten, für die diese Ausschlußfrist nicht gilt, der Zeitablauf eine ähnlich entscheidende Rolle spielen soll.
Die Beklagte hat dem Kläger das Kindergeld gut drei Jahre nach der erstmaligen Bewilligung entzogen. Da der Kläger, wie das LSG festgestellt hat, keine Vermögensdispositionen im Sinne von § 45 Abs 2 Satz 2 SGB X vorgenommen hat und keine Tatsachen festgestellt oder vorgetragen sind, aus denen sich ergibt, er habe dem bewilligenden Bescheid nicht vertraut, hängt die Rechtmäßigkeit des streitigen Rücknahmebescheides von der Interessenabwägung nach § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X ab. Dabei spielt der Zeitablauf keine entscheidende Rolle. Es liegen aber andere Umstände vor, aus denen sich die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Klägers ergibt.
Die Beklagte hatte während der genannten drei Jahre wiederholt zu erkennen gegeben, daß sie den Kindergeldanspruch nach der ersten Anerkennung weiterhin für gerechtfertigt halte; der Kläger hat alle Anfragen prompt und gewissenhaft beantwortet, wiederholt Haushaltsbescheinigungen beigebracht, und die Beklagte hatte in voller Kenntnis aller Umstände auch das vierte Kind des Klägers nach dessen Geburt berücksichtigt. Das durch die erste Bewilligung begründete Vertrauen ist also in der Folgezeit noch gefestigt worden (vgl Pickel aaO; Schroeder-Printzen aaO). Im übrigen entsprach die Bewilligung des Kindergeldes auch der damaligen Rechtsauffassung der Beklagten (vgl den Runderlaß des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit Nr 375/74 zu § 1 BKGG in der damals geltenden Fassung), die erst durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31. Januar 1980 (BSGE 49, 254 ff) korrigiert worden ist. Vor allem aber ist der Kläger durch die Entziehung des Kindergeldes erheblich getroffen worden. Ob allein die Tatsache, daß der Wegfall einer rechtswidrig bewilligten Leistung den Begünstigten zum Sozialhilfeempfänger werden läßt, dazu führt, daß sein Vertrauen (nach dreijährigem Bezug dieser Leistung) schutzwürdig ist (so Pickel aaO; Schroeder-Printzen aaO Anm 4.2), kann hier dahingestellt bleiben. Er hatte nämlich ein derart niedriges Einkommen, daß der Wegfall des Kindergeldes zur Bewilligung von Sozialhilfe führte, die mit monatlich 549,26 DM um rund 100,-- DM niedriger war, als das ihm nach den damals geltenden Sätzen des § 10 BKGG zustehende Kindergeld (650,-- DM für vier Kinder). Eine Reduzierung der für den Unterhalt einer sechsköpfigen Familie zur Verfügung stehenden Mittel um monatlich 100,-- DM bedeutete für ihn und seine Familie eine (weitere) Einschränkung der ohnehin schon sehr bescheidenen Lebensführung. Das grundsätzliche öffentliche Interesse an der Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes tritt hier unter Berücksichtigung der oben genannten Umstände gegenüber dem Vertrauen des Klägers schließlich auch deshalb zurück, weil die finanziellen Auswirkungen der Weiterzahlung gegenüber dem Verlust auf Seiten des Klägers vergleichsweise gering sind. Zwar handelt es sich um eine Dauerleistung, für deren Beseitigung in der Regel ein überwiegendes Interesse besteht. Im Falle des Klägers ist deren Ende aber in absehbarer Zeit vorauszusehen. Denn sein Rechtsstatus als Asylbewerber endet mit der rechtskräftigen Entscheidung über seinen schon 1977 gestellten Asylantrag. Die für den Kindergeldanspruch maßgeblichen rechtlichen Verhältnisse werden sich dann ändern, und es wird über den Kindergeldanspruch erneut zu entscheiden sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen