Leitsatz (amtlich)
1. RVO § 368c Abs 3 genügt als Ermächtigung zur Regelung der gemeinsamen Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit dem verfassungsmäßigen Gebot, daß Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt sind (GG Art 80 Abs 1 S 2).
RVO § 368c Abs 3 verstößt, soweit er die gemeinsame Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit regelt, nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (GG Art 12).
2. ZO-Zahnärzte § 33 Abs 2 S 4 wird durch die Ermächtigung des RVO § 368c Abs 3 insoweit nicht gedeckt, als die Zustimmung zur gemeinsamen Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit davon abhängig gemacht ist, daß die Versorgung der Versicherten die gemeinsame Ausübung der Kassenpraxis erfordert.
Insoweit ist die genannte Bestimmung nichtig.
3. Bei Teilnichtigkeit einer verordneten Norm ist diese ohne den nichtigen Teil anzuwenden, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, daß der Verordnungsgeber die Norm in Kenntnis ihrer Teilnichtigkeit auch ohne den nichtigen Teil - also in verkürzter Gestalt - erlassen hätte.
Normenkette
RVO § 368c Abs. 3 Fassung: 1955-08-17; GG Art. 12 Abs. 1 Fassung: 1956-03-19, Art. 80 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1949-09-23; ZO-Zahnärzte § 33 Abs. 2 S. 4 Fassung: 1957-05-28
Tenor
Die Revisionen des beklagten Berufungsausschusses und des beigeladenen Landesverbandes der Ortskrankenkassen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. November 1962 werden zurückgewiesen.
Der beklagte Berufungsausschuß und der beigeladene Landesverband der Ortskrankenkassen haben den Klägern die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Zahnärzte Willy und Dr. Christel St. - Eheleute und als Kassenzahnärzte zugelassen - beantragten am 27. Februar 1961 bei dem zuständigen Zulassungsausschuß die Zustimmung zur Ausübung einer Gemeinschaftspraxis nach § 33 der Zulassungsordnung für Kassenzahnärzte ( ZulOZ ) vom 28. Mai 1957 (BGBl I, 582). Diese wurde ihnen versagt unter Hinweis darauf, daß die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 ZulOZ nicht gegeben seien, weil die Versorgung der Versicherten eine Gemeinschaftspraxis nicht erfordere. Der Widerspruch der Antragsteller wurde durch Beschluß des Berufungsausschusses für Zahnärzte Westfalen-Lippe vom 22. Juli 1961 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Berufungsausschuß aus, § 33 Abs. 2 ZulOZ sei als geltendes Recht in vollem Umfange anwendbar. Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. März 1960 (BVerfGE 11, 30) und vom 8. Februar 1961 (BVerfGE 12, 144), durch die § 368 a Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Gesetzes über Kassenarztrecht vom 17. August 1955 (BGBl I, 513) als eine den Art. 12 GG verletzende Vorschrift für nichtig erklärt worden sei, hätten auf die Gültigkeit des § 33 Abs. 2 ZulOZ keinen Einfluß. Mit Rücksicht darauf, daß der Kassenzahnarzt im Gegensatz zum Nichtkassenzahnarzt in eine öffentliche Ordnung eingefügt sei, müsse er sich Einschränkungen seiner Befugnisse gefallen lassen, soweit es die Sicherstellung der kassenzahnärztlichen Versorgung erfordere. Dafür aber, daß die Versorgung der Versicherten eine solche Gemeinschaftspraxis erfordere, seien weder Anhaltspunkte vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kläger erhoben Klage mit dem Antrag,
den Beschluß des Berufungsausschusses für Zahnärzte Westfalen-Lippe vom 22. Juli 1961 aufzuheben und diesen zu verpflichten, den Klägern die Ausübung der Gemeinschaftspraxis zu genehmigen.
Die Kläger sind der Auffassung, daß angesichts der Liberalisierung der Zulassung zu den RVO-Kassen durch die genannten Entscheidungen des BVerfG kein triftiger Grund mehr bestehe, die Bildung einer Gemeinschaftspraxis von dem Nachweis abhängig zu machen, daß die Versorgung der Versicherten eine solche Gemeinschaftspraxis erfordere. Ein solches Verlangen stehe auch im Widerspruch zu § 368 c Abs. 3 RVO; nach dieser Vorschrift sei die Zulässigkeit einer Gemeinschaftspraxis "nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufs" zu regeln. Der Grundsatz der persönlichen Ausübung der Kassenpraxis werde durch die Ausübung einer Gemeinschaftspraxis nicht verletzt. Für die RVO-Patienten dürfte es auch von Vorteil sein, wenn eine Gemeinschaftspraxis ausgeübt werde, zumal es sich hier um Eheleute handele.
Die beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) hat sich dem Klageantrag angeschlossen. Hingegen haben der beklagte Berufungsausschuß sowie der beigeladene Landesverband der Ortskrankenkassen die Klagabweisung beantragt.
Das Sozialgericht (SG) Detmold hat mit Urteil vom 21. März 1962 die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrage,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den in der ersten Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.
Der Beklagte und der beigeladene Landesverband der Ortskrankenkassen haben beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die beigeladene KZÄV hat sich dem Antrag der Kläger angeschlossen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat unter Abänderung des Urteils des SG den Beschluß des beklagten Berufungsausschusses vom 22. Juli 1961 aufgehoben und diesen verpflichtet, die Gemeinschaftspraxis für die Kläger zu genehmigen. Die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 13. November 1962). Zur Begründung hat es ausgeführt: Im Einklang mit dem SG vertrete der Senat die Ansicht, daß die Rechtswirksamkeit des § 33 Abs. 2 ZulOZ durch den Beschluß des BVerfG vom 8. Februar 1961 (BVerfG 12, 144) nicht betroffen werde. § 33 Abs. 2 ZulOZ betreffe nicht die Zulassung zur Kassenpraxis, sondern die Art und Weise der Ausübung der Kassenpraxis.
Nach § 368 c Abs. 3 RVO sei in den Zulassungsordnungen festzulegen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfange - nach den Grundsätzen eines freien Berufs - die Kassen(zahn)ärzte die kassen(zahn)ärztliche Tätigkeit gemeinsam ausüben könnten. Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestünden keine Bedenken. Von der durch § 368 c Abs. 3 RVO gegebenen Ermächtigung sei in § 33 ZulOZ Gebrauch gemacht. Hiernach sei erforderlich, daß im konkreten Falle die Versorgung der Versicherten ausschließlich durch die erstrebte Gemeinschaftspraxis und nicht auf andere Weise sichergestellt werden könne. Unter diesen Voraussetzungen sei die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis durch die Zulassungsausschüsse fast ausgeschlossen; denn es müßten schon außergewöhnliche Umstände vorliegen, wenn die gleiche Wirkung nicht durch die Zulassung eines weiteren Zahnarztes oder durch eine Praxisgemeinschaft im Sinne des § 33 Abs. 1 ZulOZ erreicht werden könne. Die Ermächtigung des § 368 c Abs. 3 RVO habe darauf abgestellt, daß die gemeinsame Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufs folgen müßte. Diese hätten in der Regel in den Berufsordnungen ihren Niederschlag gefunden. Die Berufsordnung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe vom 20. Juli 1955 bestimme, daß die Ausübung einer Gemeinschaftspraxis durch Zahnärzte nur zulässig sei, wenn die Zahnärztekammer festgestellt habe, daß die beabsichtigte Ausübung der Gemeinschaftspraxis nicht die Interessen der Patienten gefährde. Dieser Grundsatz solle nach dem Willen des Gesetzgebers nicht nur für die zahnärztliche Praxis, sondern auch für die davon kaum streng zu trennende Kassenpraxis gelten. Hierzu stehe § 33 Abs. 2 ZulOZ in auffälligem Widerspruch. Es sei nicht erkennbar, daß die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung eine so einschneidende Maßnahme fordere. Dem Erfordernis einer geordneten zahnärztlichen Versorgung der Versicherten werde auch dann genügend Rechnung getragen, wenn die kassenärztliche Versorgung durch die Bildung der erstrebten Gemeinschaftspraxis nicht gefährdet werde. Die Bestimmung des § 33 Abs. 2 ZulOZ überschreite daher den Rahmen der Ermächtigung in § 368 c Abs. 3 RVO und sei somit unwirksam. Voraussetzung für die Zustimmung sei daher nur, daß die kassenzahnärztliche Versorgung der Versicherten durch die Bildung der erstrebten Gemeinschaftspraxis nicht gefährdet werde und landesrechtliche Vorschriften über die zahnärztliche Berufsausübung nicht entgegenstünden. Da im vorliegenden Falle eine Gefährdung nicht festzustellen sei und auch landesrechtliche Vorschriften über die zahnärztliche Berufsausübung der Bildung der Gemeinschaftspraxis nicht entgegenstünden, sei der Beschluß des Beklagten aufzuheben und der Beklagte zur Genehmigung der Gemeinschaftspraxis zu verurteilen.
Der beklagte Berufungsausschuß und der beigeladene Landesverband der Ortskrankenkassen haben gegen dieses Urteil Revision eingelegt mit dem Antrage,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Beklagte hat zur Begründung seiner Revision im wesentlichen ausgeführt, das LSG sei zwar mit Recht davon ausgegangen, daß § 33 Abs. 2 ZulOZ nicht gegen Art. 12 GG verstoße. § 33 Abs. 2 ZulOZ halte sich aber auch im Rahmen der in § 368 c Abs. 3 RVO gegebenen Ermächtigung. Es treffe nicht zu, daß § 33 Abs. 2 ZulOZ die Ausübung einer Gemeinschaftspraxis derart beschränke, daß sie fast niemals wirksam werden könne. Man müsse davon ausgehen, daß der Gesetzgeber in § 368 c Abs. 3 RVO mit dem Hinweis auf die Grundsätze über die Ausübung eines freien Berufs noch einmal habe hervorheben wollen, daß der Arzt grundsätzlich zur Ausübung der Praxis persönlich und allein verpflichtet sei. Daher sei die Ausübung der Gemeinschaftspraxis auch nicht grundsätzlich für zulässig erklärt, sondern es sei nur die Möglichkeit der Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis als Ausnahme im Rahmen der durch die ZulOen noch näher festzulegenden Voraussetzungen eröffnet worden. Die ärztlichen und zahnärztlichen Berufsordnungen seien in der Frage der Zulassung der Gemeinschaftspraxis immer zurückhaltend gewesen, da sich die Notwendigkeit der persönlichen Ausübung des Arzt-Zahnarzt-Berufes aus der Natur dieser Berufe selbst ergebe und jeder Patient ein begreifliches Interesse daran habe, von einem bestimmten Arzt oder Zahnarzt persönlich behandelt zu werden. Selbst wenn aber § 33 Abs. 2 ZulOZ sich nicht im Rahmen der Ermächtigung halten sollte, könne das LSG sich nicht selbst zum Verordnungsgeber aufschwingen und eine neue Fassung des § 33 Abs. 2 ZulOZ seiner Entscheidung zugrunde legen.
Auch der beigeladene Landesverband der Ortskrankenkassen hat in seiner Begründung ausgeführt, daß die vom LSG beanstandete Regelung rechtmäßig sei. Durch die Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis werde das den Versicherten zustehende Recht, unter den Kassenärzten frei zu wählen, verkürzt. Ferner werde die Verantwortlichkeit der Praxisinhaber verwischt.
Die beigeladene KZÄV hat die Zurückweisung der Revisionen beantragt. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Die Revisionen sind nicht begründet. Das LSG hat mit Recht den angefochtenen Beschluß des beklagten Berufungsausschusses aufgehoben und diesen zur Erteilung der Zustimmung zur Ausübung einer Gemeinschaftspraxis verurteilt.
Unter einer Gemeinschaftspraxis versteht man im Unterschied zur Praxisgemeinschaft (gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal, vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 ZulOZ ) die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten, gemeinsame Karteiführung und Abrechnung aller Fälle unter einem Namen (Heinemann-Liebold, Kassenarztrecht, Bd. I, 4. Aufl., 10. Lieferung, August 1961, § 33 ZulO-Ärzte, Anm. 2). Die Zustimmung zur Ausübung einer Gemeinschaftspraxis kann nach § 33 Abs. 2 Satz 4 ZulOZ nur erteilt werden, "wenn die Versorgung der Versicherten es erfordert". Hiernach muß die Versorgung der Versicherten gerade durch die erstrebte Gemeinschaftspraxis und nicht auf andere Weise sichergestellt werden können (Heinemann-Liebold aaO, 12. Lieferung, Mai 1963, § 33 ZulO-Ärzte, Anm. 3, S. II 95; Krasney, ÄM 1962, 1210, 1211). Die allgemeinen Vorteile, die eine Gemeinschaftspraxis regelmäßig mit sich bringt - gegenseitige Vertretung, Assistenz und Beratung - reichen daher nach dieser Bestimmung für die Zulassung einer Gemeinschaftspraxis nicht aus. Da aber die Kläger keine Gründe dafür vorgetragen haben und solche auch sonst nicht ersichtlich sind, daß die Versorgung der Versicherten nicht auch durch Einzeltätigkeit der Kläger bzw. durch eine Praxisgemeinschaft gewährleistet ist, müßte die beantragte Zustimmung den Klägern versagt werden, wenn § 33 Abs. 2 ZulOZ in der vorliegenden Fassung rechtmäßig wäre. Das ist aber nicht der Fall.
Die genannte Bestimmung beruht auf § 368 c Abs. 3 RVO. Wie der erkennende Senat im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit der Beschäftigung von Assistenten bereits entschieden hat (BSG 20,52,53 f; 8, 256, 260), genügt diese Vorschrift den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG, wonach "Inhalt, Zweck und Ausmaß" der erteilten Ermächtigung in dem Gesetz bestimmt sein müssen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG reicht es aus, wenn sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung aus dem ganzen Gesetz unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs der Norm mit anderen Vorschriften und des Zieles der gesetzlichen Regelung entnehmen lassen (BVerfGE 8, 274, 307). Demnach ist bei Beachtung des Leitgedankens des gesamten Zulassungsrechts, nämlich der Sicherstellung der kassenzahnärztlichen Versorgung, in Verbindung mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die "Grundsätze der Ausübung eines freien Berufs" die in § 368 c Abs. 3 RVO gegebene Ermächtigung so klar umgrenzt, daß sie als hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG angesehen werden muß.
§ 368 c Abs. 3 RVO verstößt auch nicht gegen Art. 12 GG. Durch § 368 c Abs. 3 RVO wird die Freiheit der Berufswahl nicht berührt. Daher können die vom BVerfG in den Urteilen vom 23. März 1960 (BVerfG 11, 30) und 8. Februar 1961 (BVerfG 12, 144) aufgestellten Grundsätze, wonach die Zulassung der Ärzte auf Grund einer Verhältniszahl mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist, auf § 368 c Abs. 3 RVO nicht angewandt werden. Das BVerfG hat in seinen Entscheidungen zwar ausgeführt, daß "alle Vorschriften, die dem Vollzuge des § 368 a Abs. 1 Satz 1 RVO in seiner verfassungswidrigen Funktion als Mittel der Zulassungsbeschränkung dienen", insoweit mit der Entscheidung gegenstandslos werden. Dementsprechend meinen Jantz-Frange (Kassenarztrecht, 8. Lieferung 1960, Vorbem. zu § 368 c), daß auch § 368 c Abs. 3 RVO verfassungswidrig sei, weil die Ermächtigung des § 368 c RVO und die hierauf gestützte Zulassungsordnung dem Vollzuge des § 368 a Abs. 1 Satz 1 RVO diene. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. § 368 c Abs. 3 RVO enthält nur eine Beschränkung der Berufsausübung und betrifft nicht die Berufswahl der Kläger oder ihre Zulassung zur Kassenpraxis. Durch eine Gemeinschaftspraxis wird eine Kassenarztpraxis nur in anderer Form ausgeübt, als es sonst der Fall ist. Als bloße Beschränkung der Berufsausübung ist diese aber bereits zulässig, wenn vernünftige Gründe des Gemeinwohls dafür bestehen; Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit sind ausreichend, wenn die Regelung für die Betroffenen zumutbar und nicht übermäßig belastend ist (BVerfG 7, 377, 406; 11, 30, 42; 16, 286, 297). Daß aber bei der gemeinsamen Ausübung der kassenzahnärztlichen Tätigkeit die Grundsätze des freien Berufs und die sich aus der Sicherstellung der kassenzahnärztlichen Versorgung ergebenden Grenzen beachtet werden, kann ohne Bedenken als vernünftiger Grund des Gemeinwohls im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG angesehen werden. Somit ist die Ermächtigung in § 368 c Abs. 3 RVO auch insoweit, als sie die gemeinsame Ausübung der kassenzahnärztlichen Tätigkeit betrifft, als eine für die betroffenen Zahnärzte zumutbare Regelung ihrer Berufsausübung anzusehen, die Art. 12 GG nicht verletzt.
Demnach ist § 368 c Abs. 3 RVO verfassungsmäßig und mit der aus ihm zu entnehmenden Zielsetzung und Begrenzung für den durchführenden Verordnungsgeber verbindlich. Diese Grenzen sind, wie das LSG mit Recht festgestellt hat, in § 33 Abs. 2 Satz 4 ZulOZ nicht beachtet worden. Die hier für die Zustimmung zur gemeinsamen Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit genannte Voraussetzung: "wenn die Versorgung der Versicherten es erfordert ..." überschreitet den Rahmen der Ermächtigungsnorm (§ 368 c Abs. 3 RVO).
Die "Grundsätze des freien Berufs" haben vor allem in den Berufsordnungen ihren Niederschlag gefunden (Heinemann-Liebold aaO, 4. Aufl., 12. Lieferung, Mai 1963, § 33 ZulO-Ärzte, Anm. 3 S. II 94 b). So bestimmt die Berufsordnung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe vom 20. Juli 1955 (MBl Nordrh.-Westf., 1957, 826) in § 14: "Die Ausübung einer Gemeinschaftspraxis durch mehrere Zahnärzte ist nur zulässig, nachdem die Zahnärztekammer festgestellt hat, daß die beabsichtigte Ausübung der Gemeinschaftspraxis nicht die Interessen der Patienten gefährden wird". Dieselbe Bestimmung enthält die Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein vom 20. Juli 1955 in der Fassung vom 15. April 1958 (MBl Nordrhein-Westfalen 1958, 916). Dagegen ist in den Berufsordnungen der Ärzte nach wie vor die Gemeinschaftspraxis nur als Ausnahme vorgesehen (vgl. § 18 Nr. 1 der Berufsordnung für die deutschen Ärzte, ÄM 1956, 943: "Die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis ist nur in Ausnahmefällen und mit Genehmigung der Ärztekammer zulässig"). Diese unterschiedliche Auffassung in den Berufsordnungen der Zahnärzte und Ärzte mag, wie das LSG angenommen hat, darauf zurückzuführen sein, daß der ärztliche Beruf im Gegensatz zu dem jüngeren zahnärztlichen Beruf noch stärker in der traditionellen und bisher sorgfältig gehüteten engen persönlichen Verbundenheit zwischen Arzt und Patient verwurzelt ist und die ärztliche Behandlung gegenüber der zahnärztlichen regelmäßig einen weit stärkeren Eingriff in die Intimsphäre mit sich bringt. Jedenfalls muß die in den zahnärztlichen Berufsordnungen zum Ausdruck gekommene freiere Beurteilung der Zulässigkeit einer Gemeinschaftspraxis als Form freiberuflicher zahnärztlicher Tätigkeit im Rahmen der nach § 368 c Abs. 3 RVO gegebenen Ermächtigung auch vom Verordnungsgeber beachtet werden.
Dieser hat jedoch aus dem repressiv zur Gefahrenabwehr aufgestellten Grundsatz des Berufsrechts, daß die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der kassenzahnärztlichen Praxis nur zulässig ist, wenn die beabsichtigte Ausübung der Gemeinschaftspraxis nicht die Interessen der Patienten gefährden wird, eine Bedürfnisklausel gemacht, die die Zulassung einer Gemeinschaftspraxis nahezu unmöglich macht. Die Versorgung der Versicherten erfordert nur in den seltensten Fällen die Zulassung einer Gemeinschaftspraxis, während die Feststellung, daß die Interessen der Patienten durch die Ausübung der Gemeinschaftspraxis nicht gefährdet werden, offensichtlich viel leichter möglich ist. Demnach wird die strenge Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 ZulOZ nicht durch die in § 368 c Abs. 3 RVO genannten "Grundsätze der Ausübung eines freien Berufs" gedeckt.
Nun ist zwar denkbar, daß das kassenzahnärztliche Zulassungsrecht durch den zweiten Leitgedanken, der der Ermächtigung des § 368 c Abs. 3 RVO innewohnt - nämlich die Sicherung der zahnärztlichen Versorgung der Versicherten - zu einer weitergehenden Einschränkung der Zulassung der Gemeinschaftspraxis legitimiert wird, als sie das allgemeine Berufsrecht kennt. Was in der Privatpraxis noch tragbar sein kann, braucht in der Kassenpraxis nicht mehr hingenommen zu werden, wenn die Sicherstellung der kassenzahnärztlichen Versorgung eine straffere Handhabung rechtfertigt (BSG 20, 52, 55). So hat der erkennende Senat in der genannten Entscheidung die strengere Regelung des § 32 Abs. 2 und 3 ZulOZ gegenüber dem allgemeinen Berufsrecht - Genehmigung der Beschäftigung eines Assistenten - für zulässig erachtet, weil eine übergroße Kassenpraxis eine Gefahr für die Sicherstellung der kassenzahnärztlichen Versorgung bedeutet.
Der Verordnungsgeber hat sich aber in seiner Regelung der gemeinsamen Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit nicht darauf beschränkt, eine spezifische Gefährdung der Sicherstellung der kassenzahnärztlichen Versorgung abzuwehren, sondern auf ein Bedürfnis für die Versorgung der Versicherten abgestellt. Ein solches Erfordernis mag der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen aufstellen können, wie er es für die Beteiligung leitender Krankenhausärzte an der kassenärztlichen Versorgung in § 368 a Abs. 8 Satz 1 RVO getan hat (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift BVerfG 16, 286). Für die Regelung der gemeinsamen Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit in § 368 c Abs. 3 RVO hat er jedoch davon abgesehen. Ohne eine gesetzliche Grundlage darf der Verordnungsgeber aber - auch gerade im Hinblick auf die Freiheit der zahnärztlichen Berufstätigkeit - eine solche Bedürfnisklausel nicht einführen.
Demnach wird § 33 Abs. 2 Satz 4 ZulOZ durch § 368 c Abs. 3 RVO nicht gedeckt, soweit für die gemeinsame Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit darauf abgestellt ist, daß die Versorgung der Versicherten sie erfordert. Die fragliche Bestimmung ist insoweit nichtig.
§ 33 Abs. 2 Satz 4 RVO bleibt auch mit dieser Einschränkung anwendbar. Allerdings kann der von der Ermächtigungsnorm nicht gedeckte Teil der genannten Bestimmungen nicht einfach in eine Fassung umgedeutet werden, die mit § 368 c Abs. 3 RVO in Einklang stünde, so daß etwa anstatt der in § 33 Abs. 2 Satz 4 ZulOZ enthaltenen Fassung: "wenn die Versorgung der Versicherten es erfordert" zu lesen wäre: "wenn die Versorgung der Versicherten nicht dadurch gefährdet wird". Ein solches Vorgehen könnte zwar unter dem Gesichtspunkt vertretbar erscheinen, daß die der Ermächtigungsnorm gemäße Fassung als ein Minus in dem vom Verordnungsgeber formulierten Tatbestand enthalten wäre. Dennoch liefe eine den Sachgehalt der Norm beschränkende Umdeutung auf eine Änderung der Norm hinaus, zu der die Gerichte nicht befugt sind (vgl. BVerfG 16, 306, 329 zu einem ähnlichen Sachverhalt).
Deshalb bleibt § 33 Abs. 2 Satz 4 ZulOZ nach Feststellung seiner Teilnichtigkeit nur in der Gestalt anwendbar, daß der Satzteil: "wenn die Versorgung der Versicherten es erfordert" als weggefallen gedacht wird. Das setzt jedoch voraus, daß mit Sicherheit anzunehmen ist, der Verordnungsgeber würde, wäre er sich der Gesetzwidrigkeit des von der Ermächtigungsnorm nicht gedeckten Teils der verordneten Norm bewußt gewesen, diese Norm auch ohne den nichtigen Teil - also in verkürzter Gestalt - erlassen haben (vgl. BVerfG 17, 148, 152 zu dem ähnlichen Problem der Teilnichtigkeit einer verfassungswidrigen Norm). Diese Annahme ist im vorliegenden Fall berechtigt. § 33 Abs. 2 Satz 4 ZulOZ behält in seiner bereinigten Form als entscheidende Voraussetzung für die Zustimmung zur gemeinsamen Ausübung kassenzahnärztlicher Tätigkeit die Vorschrift, daß "landesrechtliche Vorschriften über die zahnärztliche Berufsausübung dem nicht entgegenstehen". Damit ist aber die wesentliche Voraussetzung genannt, die den auf die zahnärztliche Versorgung der Versicherten abstellenden Gedanken mitenthält, daß deren Versorgung durch die gemeinsame Ausübung der kassenzahnärztlichen Tätigkeit nicht gefährdet sein dürfe. Das maßgebende Berufsrecht verlangt nämlich, indem es auf die Gefährdung der Interessen der Patienten schlechthin abhebt, die Beachtung des gleichen Grundgedankens auch für die Versicherten. Deshalb kann davon ausgegangen werden, daß der Verordnungsgeber in Kenntnis der Teilnichtigkeit des § 33 Abs. 2 Satz 4 RVO diese Norm in ihrer verkürzten Gestalt erlassen hätte.
Das LSG hat - gestützt auf die Stellungnahmen der zuständigen Zahnärztekammer und der beigeladenen KZÄV - festgestellt, daß die Interessen der Patienten durch die von den Klägern gemeinsam ausgeübte kassenzahnärztliche Tätigkeit nicht gefährdet werden. Da auch die weiteren Voraussetzungen für die Zustimmung (§ 33 Abs. 2 Satz 3 ZulOZ ) vorliegen, haben die Kläger einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Zustimmung (vgl. BSG 8, 256, 263).
Demnach waren die Revisionen des beklagten Berufungsausschusses und des beigeladenen Landesverbandes der Ortskrankenkassen als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen