Leitsatz (redaktionell)
1. Verneint der Versicherungsträger rechtswidrig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung und übt deswegen sein Ermessen nicht aus, so ist sein Bescheid aufzuheben. Es kann aber nur zur Neubescheidung verurteilt werden, nicht zur Leistung.
2. Auch die Vermittlung eines Arbeitsplatzes gehört zu den berufsfördernden Maßnahmen iS des AVG § 14a.
Orientierungssatz
1. Wird eine Klage gegen den beklagten Versicherungsträger abgewiesen, aber ein nach SGG § 75 Abs 2 Alt 2 beigeladener Versicherungsträger gemäß SGG § 75 Abs 5 zur Leistung verurteilt, so hat das Rechtsmittelgericht - hält es den beklagten Versicherungsträger für leistungspflichtig - nicht nur die Verurteilung des Beigeladenen aufzuheben, sondern auch den beklagten Versicherungsträger zu verurteilen. Das ergibt sich aus dem Grundgedanken des SGG § 75 Abs 2 und 5, SGG § 180; eines ausdrücklichen Antrags eines Beteiligten bedarf es nicht.
2. Es gehört nicht zu den Voraussetzungen für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen, daß es sich um keine eingebrachte Behinderung handelt (vgl BSG 1977-11-30 4 RJ 23/77 = SozR 2200 § 1236 Nr 5).
3. Eine Ermessensausübung in Anlehnung an die vor Inkrafttreten des RehaAnglG beschlossenen Rahmengrundsätze als Maßnahme der Rehabilitation niemals eine Erstausbildung zu gewähren, insbesondere wenn eine bereits begonnene Ausbildung innerhalb von 2 Jahren abgebrochen wurde, verstößt gegen AVG § 14a idF des RehaAnglG.
Normenkette
SGG § 75 Abs. 2 Alt. 2 Fassung: 1953-09-03, Abs. 5 Fassung: 1953-09-03, § 180 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1236 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 13 Abs. 1 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1237a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fassung: 1974-08-07; AVG § 14a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fassung: 1974-08-07; SGG § 54 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; AVG § 14a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1237a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Fassung: 1974-08-07
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beigeladenen werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. August 1977 und das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12. Juli 1976 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Durchführung berufsfördernder Maßnahmen neu zu bescheiden.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin; im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation.
Die Klägerin leidet seit ihrem 8. Lebensjahr an einer Hauterkrankung. Eine 1970 begonnene Ausbildung zur Zahnarzthelferin brach sie 1972 aus privaten Gründen ab. Die im August 1974 angefangene Ausbildung zur Kinderkrankenschwester - während der sie in der Angestelltenversicherung versicherungspflichtig war - mußte sie aus gesundheitlichen Gründen im Juli 1975 aufgeben. Sie beantragte daraufhin bei der Beklagten die Einleitung berufsfördernder Maßnahmen.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab: Berufsfördernde Maßnahmen seien nicht zu gewähren, da die Klägerin ihr Leiden bereits in die Sozialversicherung mit eingebracht habe und somit Leistungen durch den Rentenversicherungsträger "irrelevant" wären. Zudem habe die Klägerin bisher zwei Berufsausbildungen abgebrochen, so daß sie keinen erlernten Beruf habe und somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Schließlich habe die Klägerin verfehlte Berufswahlen getroffen. Verfehlte Berufswahlen seien aber nicht von der Versichertengemeinschaft zu vertreten (Bescheid vom 18. November 1975).
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit der Begründung zurück, daß sie bei "eingebrachten Leiden" keine berufsfördernden Maßnahmen gewähren müsse; das schädigende Ereignis sei vor Eintritt in die Rentenversicherung erfolgt. Nach ihren Rahmengrundsätzen fördere sie keine erstmalige Ausbildung für einen Beruf, insbesondere wenn die körperliche Behinderung bereits vor Beginn der Berufsausbildung bestanden habe und diese innerhalb von 2 Jahren aufgegeben werde. Die Vermittlung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes für eine ungelernte Tätigkeit durch das Arbeitsamt (AA) sei ausreichend (Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 1976).
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Speyer die Bundesanstalt für Arbeit (BA) beigeladen. Die Klägerin hat vor dem SG beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ab Antragstellung berufsfördernde Maßnahmen zu gewähren, hilfsweise, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Das SG hat die beigeladene BA verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (Urteil vom 12. Juli 1976).
Die Beigeladene hat die in der Urteilsformel zugelassene Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 25. August 1977). In den Entscheidungsgründen heißt es: Die Voraussetzungen des § 13 Abs 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) für eine Ermessensausübung der Beklagten seien zwar erfüllt. Die Klägerin sei während ihrer Ausbildungszeit von August 1974 bis Juli 1975 gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 AVG versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und habe damit während der der Antragstellung vorausgegangenen 24 Kalendermonate mindestens für 6 Kalendermonate Beiträge zur Beklagten aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet (§ 13 Abs 1 a AVG). Ihre Erwerbsfähigkeit sei durch die bei ihr festgestellte Hauterkrankung auch gefährdet und könne voraussichtlich nur dadurch erhalten werden, daß ihr durch berufsfördernde Maßnahmen die Ergreifung eines Berufes ermöglicht oder erleichtert werde, bei dessen Verrichtung ihr die medizinisch unheilbare Hauterkrankung nicht im Wege stehe. Die Beklagte habe aber die beantragte Ermessensleistung ermessensfehlerfrei abgelehnt. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, Leistungen zur beruflichen Rehabilitation abzulehnen, wenn die zur Begründung dieser Leistung erforderlichen Versicherungsbeiträge erst nach Eintritt des Versicherungsfalles entrichtet worden seien. Auch der weitere Grundsatz, keine Leistungen zu gewähren, wenn es sich um eine erstmalige Ausbildung für einen Beruf handele, sofern die körperliche Behinderung bereits vor Beginn der Berufsausbildung vorgelegen habe und diese innerhalb von 2 Jahren aufgegeben worden sei, sei nicht ermessensfehlerhaft. Das SG habe zu Recht die Beigeladene als verpflichtet angesehen, die notwendigen berufsfördernden Maßnahmen zu erbringen. Nach § 13 Abs 3 AVG bleibe die Verpflichtung der Beigeladenen unberührt. Diese Regelung sei durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Rehabilitations-Angleichungsgesetz - RehaAnglG -) nicht geändert worden. Die Neufassung des § 57 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) durch das RehaAnglG sei nicht dahin zu verstehen, daß entgegen § 13 Abs 3 AVG der Rentenversicherungsträger im Verhältnis zur BA vorrangig verpflichtet sei. Die in § 57 AFG mit der Ausdrucksweise, "sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger ... zuständig ist" angeordnete Subsidiarität der BA trete im Verhältnis zum Rentenversicherungsträger nur dann ein, wenn dieser nicht nur sein Ermessen auszuüben sondern in Ausübung des Ermessens die Leistung zu gewähren habe. Nur auf diese Weise lasse sich die vom Gesetzgeber angestrebte lückenlose Rehabilitation erreichen.
Die Beigeladene beantragt mit der vom LSG zugelassenen Revision,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte nach dem von der Klägerin gestellten Antrag zu verurteilen.
Die Beigeladene meint, der Ablehnungsbescheid der Beklagten sei ermessensfehlerhaft. Lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme vor, so dürfe das Ermessen nicht dahin ausgeübt werden, daß bei eingebrachten Leiden die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen generell abgelehnt werde. Auch die Erwägung, niemals eine Erstausbildung zu gewähren, sei im Hinblick auf § 14a Abs 1 Nr 3 AVG rechtswidrig. Die Beigeladene sei im übrigen selbst dann nicht leistungspflichtig, wenn der ablehnende Bescheid der Beklagten ermessensfehlerfrei wäre. Soweit die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen einer Rehabilitation vorlägen, sei der Rentenversicherungsträger iS des § 57 AFG für die Rehabilitation zuständig und eine Leistungsgewährung der Beigeladenen damit ausgeschlossen, auch wenn der Rentenversicherungsträger im Einzelfall ohne Ermessensfehler die Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme verweigere.
Die Beklagte meint, bei der Hautkrankheit der Klägerin handele es sich um ein eingebrachtes Leiden. Selbst wenn man der Meinung wäre, daß der Rentenversicherungsträger hierfür dem Grunde nach aufzukommen hätte, sei die Beklagte im vorliegenden Fall nicht leistungspflichtig. Denn Maßnahmen des Rentenversicherungsträgers seien nicht erforderlich. Die Hauterkrankung könne vielmehr im Falle ihres Auftretens immer wieder schnell durch entsprechende ärztliche Behandlung zum Rückgang gebracht werden. Auch ohne finanzielle Hilfe der Beklagten und trotz der Hautkrankheit könne die Klägerin aufgrund ihrer bisherigen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten einen Arbeitsplatz bzw eine Lehrstelle finden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen.
Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Alle Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision der Beigeladenen waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, den Antrag der Klägerin auf Durchführung berufsfördernder Maßnahmen neu zu bescheiden.
Der Senat hatte zunächst wie die Vorinstanzen zu prüfen, ob die von der Klägerin gegen die beklagte BfA erhobene Klage zur Verurteilung der Beklagten führen muß. Dem steht nicht entgegen, daß die Vorinstanzen diese als unbegründet angesehen haben und die Klägerin hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt hat. Wird eine Klage gegen den beklagten Versicherungsträger abgewiesen, aber ein nach § 75 Abs 2 (2. Alternative) Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladener Versicherungsträger gemäß § 75 Abs 5 SGG zur Leistung verurteilt, so hat das Rechtsmittelgericht - hält es den beklagten Versicherungsträger für leistungspflichtig - nicht nur die Verurteilung des Beigeladenen aufzuheben, sondern auch den beklagten Versicherungsträger zu verurteilen. Das ergibt sich aus den Grundgedanken der §§ 75 Abs 2 und 5, 180 SGG; eines ausdrücklichen Antrags eines Beteiligten bedarf es nicht. Der Gesetzgeber wollte aus prozeßökonomischen Gründen den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Möglichkeit eröffnen, in Fällen, in denen der Kläger einen passiv nicht legitimierten Versicherungsträger verklagt, den in Wirklichkeit passiv legitimierten, aber nicht verklagten Versicherungsträger zu verurteilen, um die Möglichkeit sich widersprechender Entscheidungen zu vermeiden. Dieses Ziel würde nur unvollkommen erreicht, wenn das Rechtsmittelgericht, weil es den beklagten Versicherungsträger für leistungspflichtig hält, zwar die Verurteilung des Beigeladenen aufhebt, die Abweisung der Klage gegenüber dem beklagten Versicherungsträger aber bestehen läßt (BSGE 9, 67, 69 f).
Die Vorinstanzen haben zu Unrecht die Klage gegen den beklagten Rentenversicherungsträger abgewiesen. Demzufolge war ein etwaiger Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene nicht zu prüfen und für deren Verurteilung kein Raum.
Die Klägerin hat Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten aufzuheben und sie zu verurteilen, ab Antrag berufsfördernde Maßnahmen zu gewähren, hilfsweise den Antrag erneut zu bescheiden. Dabei handelt es sich um eine kombiniert Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, letztere im Sinne einer Neubescheidungsklage, da die Beklagte Leistungen der beruflichen Rehabilitation zweifelsfrei nur als Ermessensleistung zu gewähren hat.
Der Neubescheidungsklage fehlt dabei nicht ein Rechtsschutzinteresse deshalb, weil der Klageantrag nicht erkennen läßt, welche berufsfördernden Maßnahmen die Klägerin im einzelnen erwartet. Die Beklagte hat die Gewährung von berufsfördernden Maßnahmen allgemein mit der Begründung abgelehnt, daß es sich um ein eingebrachtes Leiden handele. Damit hat die Beklagte jegliche Maßnahme zur Rehabilitation, also schon die Einleitung der Maßnahmen zur Rehabilitation (§ 4 RehaAnglG) abgelehnt. Bei dieser Sachlage ist von der Klägerin nicht zu verlangen, daß sie im vorliegenden Rechtsstreit die begehrten Maßnahmen schon näher bezeichnet.
Der ablehnende Bescheid der Beklagten ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen rechtswidrig. Seine Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach den §§ 13, 14a AVG idF des RehaAnglG. Der § 13 AVG ist allerdings in Abs 1a durch das 20. RAG hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen geändert worden. Nach Art 3 § 1 Abs 2 20. RAG hat der Träger der Rentenversicherung Versicherten, denen er vor dem 1. Juli 1978 berufsfördernde Maßnahmen bewilligt hat, diese bis zu ihrer Beendigung weiter zu gewähren. Dann muß das alte Recht auch dann maßgebend bleiben, wenn sich im Rechtsmittelverfahren ergibt, daß vor dem 1. Juli 1978 eine beantragte berufsfördernde Maßnahme zu Unrecht abgelehnt wurde.
Die §§ 13 ff AVG (auch idF des RehaAnglG) trennen zwischen den gesetzlich bindenden Voraussetzungen für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen und dem Ermessensbereich des Versicherungsträgers. Das LSG hat die von der Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe dem Ermessensbereich zugeordnet. Diese hat jedoch schon die gesetzlichen Voraussetzungen einer Ermessensausübung verneint. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Beklagte den Antrag abgelehnt, da die zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen entrichteten Beiträge nach Eintritt der Behinderung entrichtet seien und daher in entsprechender Anwendung des § 32 Abs 8 AVG nicht berücksichtigt werden könnten. Auch im Widerspruchsbescheid steht der Ablehnungsgrund des eingebrachten Leidens an erster Stelle. Insoweit ist der Ablehnungsbescheid nicht nur auf Ermessensfehler, sondern voll nachprüfbar.
Die Beklagte durfte die Gewährung berufsfördernder Maßnahmen nicht generell deswegen ablehnen, weil solche bei "eingebrachten Leiden" nicht zu gewähren seien. Der auch im Kommentar des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger (Anm 2 zu § 1236 Reichsversicherungsordnung - RVO -) vertretenen Ansicht, eine eingebrachte Behinderung begründe nicht die Zuständigkeit der Rentenversicherung, ist schon der 4. Senat im Urteil vom 30. November 1977 - 4 RJ 23/77 - (SozR 2200 § 1236 Nr 5) entgegengetreten. Wie der 4. Senat zutreffend darlegt, gehört es nicht zu den Voraussetzungen für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen, daß es sich um keine eingebrachte Behinderung handelt. Zur Begründung weist der 4. Senat darauf hin, nach § 1236 Abs 1 RVO seien Rehabilitationsmaßnahmen nicht auf die unmittelbare Verhinderung des Versicherungsfalles der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beschränkt. Im übrigen sei dem auf dem Versicherungsprinzip beruhenden Gedanken, eingebrachte Behinderungen aus dem Anwendungsbereich des § 1236 Abs 1 RVO auszuklammern, zumindest jetzt keine entscheidende Bedeutung mehr beizumessen, seit mit Wirkung vom 1. Juli 1975 die Wartezeit für die Erwerbsunfähigkeitsrente mit einer Versicherungszeit von 240 Kalendermonaten auch dann erfüllt werden könne, wenn von Anfang an Erwerbsunfähigkeit iS des § 1247 Abs 2 RVO bestanden habe. Hinzuzufügen ist, daß selbst bei vorher bestehenden Leiden sich die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit - der Anlaß für die Notwendigkeit von Rehabilitationsmaßnahmen - häufig erst nach Eintritt in das Erwerbsleben ergibt oder festgestellt wird. Auch dies steht der Ansicht entgegen, bei einer eingebrachten Behinderung sei der Rentenversicherungsträger für die berufliche Rehabilitation nicht "zuständig". Dies belegt zugleich, daß die Beklagte auch im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen nicht allgemein Rehabilitationsmaßnahmen bei eingebrachten Leiden ablehnen darf.
Nach den Feststellungen des LSG sind im übrigen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen durch die Beklagte erfüllt. Dies gilt zunächst für die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach altem Recht. Die Klägerin war während ihrer Ausbildung zur Kinderkrankenschwester vom 1. August 1974 bis zum 20. Juli 1975 gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 AVG versicherungspflichtig beschäftigt und hat während der der Antragstellung vorausgegangenen 24 Kalendermonate damit mindestens für 6 Kalendermonate Beiträge zur Beklagten aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet (§ 13 Abs 1a AVG).
Nach den unangegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG ist ferner die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die Hauterkrankung gefährdet und voraussichtlich nur dadurch zu erhalten, daß der Klägerin durch berufsfördernde Maßnahmen die Ergreifung eines Berufs ermöglicht oder erleichtert wird, bei dessen Verrichtung ihr die medizinisch unheilbare Hauterkrankung nicht im Wege steht. Das LSG hat dabei zwar nicht präzisiert, welche berufsfördernden Maßnahmen es in Betracht zieht; es hat aber jedenfalls solche nicht generell ausgeschlossen. Die Beklagte meint demgegenüber, bei der Eigenart des klägerischen Leidens könne die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht durch berufsfördernde Maßnahmen iS des § 14a AVG entscheidend beeinflußt werden, die Klägerin könne auch ohne finanzielle Hilfe der Beklagten Arbeitsplatz und Lehrstelle finden; sie hält die Vermittlung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes für ausreichend. Hierbei handelt es sich um tatsächliches Vorbringen, das der Senat im Revisionsverfahren nicht beachten kann (vgl § 163 SGG); im übrigen verkennt die Beklagte dabei, daß auch die Vermittlung eines Arbeitsplatzes zu den berufsfördernden Maßnahmen iS des § 14a AVG gehört, die nach dessen Abs 1 insbesondere Hilfen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes umfassen. Dieses Vorbringen kann es daher nicht rechtfertigen, die rechtlichen Voraussetzungen für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation zu verneinen.
Die Beklagte muß daher der Klägerin einen neuen Bescheid erteilen und hierbei - zweckmäßigerweise nach Anhörung der Klägerin - feststellen, durch welche konkreten berufsfördernden Maßnahmen die gefährdete Erwerbsfähigkeit der Klägerin erhalten werden kann, und auf dieser Grundlage dann das ihr im Gesetz eingeräumte Ermessen ausüben. Dabei wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, daß eine Ermessensausübung in Anlehnung an § 18 Abs 6 der vor Inkrafttreten des RehaAnglG beschlossenen Rahmengrundsätze als Maßnahme der Rehabilitation niemals eine Erstausbildung zu gewähren, insbesondere wenn eine bereits begonnene Ausbildung innerhalb von zwei Jahren abgebrochen wurde, gegen § 14a AVG idF des RehaAnglG verstößt. Nach § 14a Abs 1 Nr 3 AVG umfassen die berufsfördernden Leistungen des Rentenversicherungsträgers zur Rehabilitation "Fortbildung, Ausbildung und Umschulung". Die vom LSG vertretene Ansicht, es sei nicht Aufgabe der Rentenversicherung, ihre finanziellen Mittel dafür einzusetzen, einen Versicherten an einen Beruf heranzuführen und für seine berufliche Erstausbildung Sorge zu tragen, entspricht in dieser Allgemeinheit nicht dem Gesetz; dieses sieht Ausbildungen als berufsfördernde Maßnahmen vor und läßt für die Gewährung von berufsfördernden Maßnahmen die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen genügen.
Da die Beklagte somit zur erneuten Bescheiderteilung zu verurteilen war, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben; damit entfällt die dort ausgesprochene Verurteilung der Beigeladenen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen