Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Auswirkungen einer berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Hat bei offener berufsgenossenschaftlicher Krankenbehandlung der Unfallversicherungsträger die erforderliche Überwachung versäumt, insbesondere die durchgangsärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig durch eine nach Lage des Falles gebotene klinische Untersuchung nachprüfen lassen, so kann er wegen des Verstoßes gegen seine Mitteilungspflicht (RVABest 1936 § 5 Abs 3) dem Ersatzanspruch der KK nicht entgegenhalten, die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei schon vor Ablauf des in RVABest 1936 § 10 Halbs 1 angegebenen Zeitraums beendet gewesen.
Leitsatz (redaktionell)
Solange der die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung durchführend Arzt Arbeitsunfähigkeit wegen Folgen eines Arbeitsunfalles bescheinigt, geht auch das Verletztengeld zu Lasten des Unfallversicherungsträgers; hieran ändert sich auch dann nichts, wenn sich die Beurteilung der Ursächlichkeit später als unzutreffend erweist.
Normenkette
RVO § 1509a Fassung: 1936-06-15, § 1509 Fassung: 1925-07-14; RVABest 1936 § 5 Abs. 3 Fassung: 1936-06-19, § 10 Hs. 1 Fassung: 1936-06-19
Tenor
Die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 3. Juni 1966 und des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Dezember 1965 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Aufwendungen an Krankengeld in der Zeit vom 1. Mai bis zum 5. August 1962 den Betrag von 1.911,- DM zu zahlen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der 1934 geborene, bei der Klägerin krankenversicherte und bei der Beklagten unfallversicherte Reisevertreter Horst S (S.) erlitt auf einer Geschäftsfahrt am 17. Januar 1961 einen Arbeitsunfall, bei dem er - nach dem Durchgangsarzt- (D-Arzt) Bericht - eine Schädelprellung mit Schürfwunde davontrug; nach etwa drei Wochen war S. wieder arbeitsfähig. Im Nachschaubericht vom 15. Januar 1962 teilte der Chirurg und D-Arzt Dr. I der Beklagten mit, S. sei seit Mitte Dezember 1961 neuerlich arbeitsunfähig infolge unfallbedingter Kopfbeschwerden; Dr. I übernahm die berufsgenossenschaftliche ( bgliche ) ambulante Behandlung des S. und bestätigte die weitere Erforderlichkeit dieser Behandlung bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit in zwei Berichten vom 9. Mai und 4. Juli 1962. Der von Dr. I zugezogene Nervenarzt Dr. G hatte im Befundbericht an die Beklagte vom 26. Januar 1962 ausgeführt, bei S. seien im Oktober 1961 Anzeichen einer Hirnquetschung festgestellt worden; das Hirnstrombild von Mitte Januar 1962 zeigte eine leichte Besserung, wofür auch die subjektiven Angaben des S. sprächen; für weitere 6-8 Wochen sei noch Arbeitsunfähigkeit anzunehmen, danach sei erneute neurologische Untersuchung erforderlich. Vom 27. Juli bis zum 2. August 1962 wurde S., der schon im April 1962 die Beklagte um Durchführung einer stationären Behandlung in Tübingen gebeten hatte, in der Neurologischen Universitätsklinik T beobachtet. Die Gutachter (Prof. Dr. H, Dr. V) gelangten auf Grund dieser Beobachtung in dem Gutachten vom 3. Dezember 1962 zu dem Ergebnis, der Unfall habe nur eine Schädelprellung, höchstens eine leichte Gehirnerschütterung verursacht, unfallbedingte Gesundheitsstörungen seien nicht festzustellen gewesen, die von S. noch angegebenen Kopfschmerzen seien auf angeborene vegetative Labilität zurückzuführen.
Die Klägerin hatte inzwischen fortlaufend Krankengeld-Auszahlungsscheine erhalten, in denen Dr. I - mit Krankheitsbezeichnungen wie "postcommotionelle Beschwerden", "Hirnquetschung" - Arbeitsunfähigkeit des S. attestierte; in der letzten dieser Bescheinigungen wurde S. als arbeitsfähig ab 6. August 1962 bezeichnet. Die Klägerin hatte dem S. Krankengeld für die Zeit vom 1. Februar bis zum 26. Juli und vom 2. bis zum 5. August 1962 sowie Hausgeld vom 27. Juli bis zum 1. August 1962 gezahlt; sie machte wegen dieser Leistungen mit Schreiben vom 22. August 1962 gegen die Beklagte einen Ersatzanspruch in Höhe von 3.882,- DM geltend. Die Beklagte hörte den Nervenarzt Dr. G, der in seinem Schreiben vom 7. Juni 1963 meinte, spätestens ab 1. Mai 1962 sei die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit beendet gewesen, weil damals kein pathologischer Befund mehr zu erheben gewesen sei; die seit Ende April 1962 weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit sei wohl teilweise auf eine neurotische Fehleinstellung zurückzuführen, die mit dem Unfall nicht zusammengehangen habe.
Die Beklagte erstattete hierauf der Klägerin den Betrag von 1.971,- DM (Krankengeld für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1962 und Hausgeld für die Zeit vom 27. Juli bis 1. August 1962). Den weitergehenden Ersatzanspruch der Klägerin lehnte sie mit der Begründung ab, die Arbeitsunfähigkeit des S. könne lediglich für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1962 als unfallbedingt anerkannt werden; über diesen Zeitpunkt hinaus seien eine neurotische Fehlhaltung und eine angeborene vegetative Labilität als wesentliche Ursachen der Arbeitsunfähigkeit anzusehen.
Nachdem Gegenvorstellungen der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 5. Januar 1965 abgelehnt worden waren, erhob die Klägerin am 23. Januar 1965 Klage mit dem Antrag, die Beklagte zur Erstattung der für S. gemachten Aufwendungen an Krankengeld in Höhe von 1.911,- DM zu verurteilen. Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat durch Urteil vom 7. Dezember 1965 die Klage abgewiesen.
Ihre hiergegen eingelegte Berufung hat die Klägerin damit begründet, nach dem 30. April 1962 sei S. nicht mehr arbeitsunfähig gewesen; aus diesem Grunde sei die Klägerin nicht verpflichtet, die über diesen Zeitpunkt hinaus im Auftrag der Beklagten gewährten Leistungen zu tragen; die verzögerte Feststellung der Arbeitsfähigkeit gehe zu Lasten der Beklagten, denn der Klägerin sei wegen der bglichen Behandlung die Möglichkeit genommen gewesen, von sich aus auf die Abwicklung des Falles einzuwirken und selbst festzustellen, daß über den 30. April 1962 hinaus keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorlag. Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg hat den ärztlichen Sachverständigen Dr. St gehört und durch Urteil vom 3. Juni 1966 die Berufung zurückgewiesen: Nach Ablauf der ersten 45 Tage seit dem Unfall habe die Klägerin vom 1. Februar 1962 an zunächst Krankengeld nicht aus eigener Verpflichtung, sondern im Auftrag und für Rechnung der Beklagten gemäß § 10 der Bestimmungen des Reichsversicherungsamts vom 19. Juni 1936 (AN 1936, 195, RVA-Best.) gezahlt. Diese Auftragszahlungen seien aber nur bis zum 30. April 1962 erfolgt; denn die Arbeitsunfähigkeit des S. sei nur bis zu diesem Zeitpunkt, nicht aber für die Folgezeit auf den Unfall zurückzuführen gewesen; dies folge aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. St, der darin mit den Gutachtern Dr. G und Prof. Dr. H übereinstimme. Die Erstattungspflicht der Beklagten beschränke sich somit nach § 1505 Abs. 1, § 1509 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (in der vor dem 1. Juli 1963 geltenden Fassung - RVO aF) auf den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 30. April 1962. Dahingestellt könne bleiben, ob für die Zeit vom 1. Mai bis zum 5. August 1962 ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung von Krankengeld deshalb bestehe, weil S. auf Grund unzulänglicher ärztlicher Untersuchung oder falscher Diagnose des D-Arztes Dr. I rückschauend betrachtet auch über den 30. April 1962 hinaus noch arbeitsunfähig im Sinne der Krankenversicherung geschrieben worden sei. Ein solcher Schadensersatz- oder Erstattungsanspruch könnte sich möglicherweise aus den in § 10 der RVA-Best. geregelten Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten und auch aus dem das öffentliche Recht überlagernden Grundsatz von Treu und Glauben ergeben. Das LSG sei jedoch auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. St davon überzeugt, daß S. auch nach dem 30. April 1962 weiterhin arbeitsunfähig krank im Sinne der Krankenversicherung gewesen sei; er sei noch nicht oder doch nur unter der Gefahr der Verschlimmerung fähig gewesen, seine Tätigkeit als Vertreter wiederaufzunehmen. Die Klägerin habe hiernach mit den Krankengeldzahlungen an S. seit dem 1. Mai 1962 eine ihr obliegende eigene Verpflichtung erfüllt. - Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das am 29. Juni 1966 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Juli 1966 Revision eingelegt mit dem Antrag,
unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die für S. gemachten weiteren Aufwendungen an Krankengeld in Höhe von 1.911,- DM zu erstatten.
Innerhalb der gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bis zum 29. September 1966 verlängerten Frist hat die Klägerin die Revision im wesentlichen folgendermaßen begründet: Die Beklagte müsse die Bescheinigungen des D-Arztes Dr. I daß die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 5. August 1962 bestand, gegen sich gelten lassen. Auf Grund der Krankengeld-Auszahlungsscheine mit den auf Unfallfolgen hindeutenden Krankheitsbezeichnungen habe die Klägerin nach Lage des Falles zur Krankengeldzahlung bis zum 5. August 1962 kommen müssen. Wolle die Beklagte diese von ihrem D-Arzt bescheinigte unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht gegen sich gelten lassen, könne sie diese Bedenken lediglich im Innenverhältnis ihrem D-Arzt gegenüber geltend machen. Eine Fehlentscheidung des D-Arztes könne nicht der Klägerin zum Nachteil gereichen.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht geltend, der D-Arzt sei kein Erfüllungsgehilfe des Unfallversicherungsträgers in dessen Verhältnis zur Krankenkasse.
II
Die Revision ist statthaft und zulässig. Sie hat auch Erfolg.
Der Rechtsstreit betrifft den Ersatzanspruch der Klägerin wegen der Aufwendungen an Krankengeld, das sie im Zeitraum vom 1. Mai bis 26. Juli und vom 2. bis 5. August 1962 dem am 17. Januar 1961 von einem Arbeitsunfall betroffenen Versicherten S. gezahlt hat. Für die Beurteilung dieses Ersatzanspruches ist noch das vor dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 (UVNG geltende Recht maßgebend (Art. 4 § 4 UVNG; vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 6. Aufl., S. 964 s, 966 a), d. h. also die RVO aF iVm den RVA-Best. vom 19. Juni 1936, die als gültig erlassene Rechtsverordnung Bundesrecht geworden sind (vgl. BSG 14, 233, 235; Brackmann aaO S. 962).
S. war im Dezember 1961 an den Folgen der beim Arbeitsunfall vom 17. Januar 1961 erlittenen Kopfverletzung wiedererkrankt und dadurch arbeitsunfähig geworden. Auf Grund dieses vom LSG festgestellten, zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalts war die Klägerin gemäß §§ 557 a, 559 h Abs. 1 RVO aF verpflichtet, dem S. Krankengeld zu gewähren. Da S. von dem D-Arzt Dr. I in bgliche ambulante Krankenbehandlung genommen wurde (§ 5 Abs. 2, § 9 RVA-Best.), richtete sich die nähere Ausgestaltung dieser Verpflichtung nach § 10 Halbsatz 1 der RVA-Best.; danach hatte die Klägerin dem S. das Krankengeld auszuzahlen, "solange der Arzt, dem nach diesen Bestimmungen die Behandlung übertragen wurde, den Verletzten für arbeitsunfähig erklärt". Hält man sich lediglich an den Wortlaut dieser Bestimmung, so käme es für die Begründetheit des Klaganspruchs allein darauf an, daß der D-Arzt Dr. I, dem die Behandlung des S. übertragen war, in den bis Juli 1962 ausgestellten Krankengeld-Auszahlungsscheinen den Verletzten S. wegen "postcommotioneller Beschwerden" (bzw. anderer ebenfalls auf die Kopfverletzung hindeutender Diagnosen) für arbeitsunfähig erklärt hatte. Schon dieser Umstand für sich allein würde genügen, um den Ersatzanspruch der Klägerin für die streitige Zeit gemäß § 10 iVm § 11 der RVA-Best. zu rechtfertigen.
Eine solche nur am Wortlaut orientierte Auslegung der RVA-Best. stünde freilich nicht im Einklang mit dem diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Prinzip der "Einheit des Leistungsgrundes" (vgl. Brackmann aaO S. 964 t, 966 b; BSG 17, 157, 159). Danach setzt der Ersatzanspruch der Krankenkasse (KK) voraus, daß sie für einen Versicherten wegen einer Erkrankung, die Folge eines Arbeitsunfalles ist, Leistungen erbracht hat und der Träger der Unfallversicherung (UV) wegen der Vorleistungspflicht der KK nicht hat leisten müssen. Auf diesem Prinzip beruhte auch die Vorschrift des § 1509 a RVO aF, die dem UV-Träger einen Ersatzanspruch gegen die KK gab, wenn sich nachträglich herausstellte, daß die Krankheit nicht Folge eines Arbeitsunfalles war; diese Vorschrift wäre - sofern der UV-Träger Aufwendungsersatz begehrt - auch in Fällen der hier gegebenen Art anwendbar (vgl. Brackmann aaO S. 966 m).
Die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung beruht nun freilich auf einer uneingeschränkten Durchsetzung des angeführten Prinzips, welche von der früheren Rechtsprechung nicht ohne weiteres gebilligt worden wäre (vgl. RVA, Breithaupt 1938, S. 346 Nr. 207).
Nach Meinung des Senats wird durch diese Auffassung der Beklagten im Ergebnis eine Stellung eingeräumt, die dem Sinnzusammenhang der RVA-Best. nicht gerecht wird und die Klägerin in eine von diesen Bestimmungen nicht gewollte Position der Rechtlosigkeit verweist. Die Auffassung des LSG läuft darauf hinaus, daß es dem UV-Träger völlig freigestellt ist, die auf die §§ 10, 11 der RVA-Best. geschützten Ersatzansprüche der KK noch nach Jahr und Tag durch retrospektive ärztliche Gutachten, welche den D-ärztlichen Erklärungen zuwiderlaufen, ohne weiteres zu Fall zu bringen.
Eine solche Betrachtungsweise läßt außer acht, daß die Beziehungen zwischen den UV-Trägern und den KKen auf dem Gebiet der Heilbehandlung unfallverletzter Versicherter im Sinne einer Zusammenarbeit geregelt sind, bei der dem UV-Träger zwecks Gewährleistung eines möglichst wirksamen Heilverfahrens die führende Rolle zukommt. In dem hier gegebenen Fall einer vor D-Arzt selbst durchgeführten bglichen Krankenbehandlung wirkt sich das dahin aus, daß allein der vom UV-Träger beauftragte D-Arzt für die Behandlungsmaßnahmen und auch die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten verantwortlich ist; die KK darf in diesen Verantwortungsbereich nicht eingreifen, insbesondere ist es ihr verwehrt, von sich aus durch vertrauensärztliche Untersuchungen den Heilverlauf kontrollieren und das Ende der Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen (vgl. RVA-Bescheid vom 30. Mai 1940, BKK 1940 Spalte 312; OVA Düsseldorf, zitiert bei Podzun/Adolph, Zusammenarbeit, Ersatzansprüche und Streitverfahren zwischen KKen und BGen, 1. Aufl. 1952 S. 98 ff; Baresel, BG 1951, 330 zu I, Podzun, WzS 1959, 228; Wieglow, WzS 1961, 42). Das bedingt jedoch andererseits, daß die BG Entscheidungen ihres D-Arztes nicht rückgängig machen darf und ein bgliches Heilverfahren nicht rückwirkend abgebrochen werden kann (vgl. Wieglow aaO; Podzun, ZfS 1962, 194; Brackmann aaO S. 962 o). Eine ähnliche Konsequenz aus der dem UV-Träger zukommenden Vorrangstellung wird in § 5 Abs. 3 der RVA-Best. gezogen; danach hat die BG die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit "unverzüglich" (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. hierzu Brackmann aaO S. 962 d mit weiteren Nachweisen) der KK mitzuteilen. Da es in den RVA-Best. grundsätzlich stets auf die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit ankommt, bedeutet § 5 Abs. 3, daß die BG die KK unverzüglich verständigen muß, sobald der Versicherte nicht mehr wegen der Unfallfolgen arbeitsunfähig ist, mag auch weiterdauernde Arbeitsunfähigkeit wegen unfallfremder Leiden anzunehmen sein. Diese Bestimmung trägt unabweisbaren Bedürfnissen der KK Rechnung; denn nur bei rechtzeitiger Information über den Abschluß der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ist die KK imstande, sogleich ihre - nach Beendigung des bglichen Heilverfahrens nunmehr zulässigen und gebotenen - Maßnahmen zu treffen, insbesondere den vertrauensärztlichen Dienst einzuschalten, wodurch sie die Kontrolle der Arbeitsunfähigkeit für die Folgezeit selbst übernimmt.
Aus der in § 5 Abs. 3 RVA-Best. normierten Mitteilungspflicht der BG ergibt sich notwendig deren Verpflichtung, auch die hierzu erforderlichen Ermittlungen anzustellen (vgl. Brackmann aaO S. 962 e), d. h. insbesondere das Heilverfahren intensiv genug zu überwachen, um rechtzeitig das herannahende Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit in Erfahrung zu bringen. Hieran hat es im vorliegenden Fall die Beklagte - wie aus den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen hervorgeht - fehlen lassen. In dem für den Verlauf des bglichen Heilverfahrens entscheident wichtigen Zeitraum von März bis Mai 1962 unternehm die Beklagte nichts, um die Arbeitsunfähigkeit des S. wirksam zu überwachen; insbesondere versäumte es die Beklagte, entsprechend dem Bericht des Nervenarztes Dr. G. vom 26. Januar 1962 tätig zu werden, der Arbeitsunfähigkeit wegen Unfallfolgen noch für 6 bis 8 Wochen prognostiziert und nach Ablauf dieser Zeit eine erneute neurologische Untersuchung vorgeschlagen hatte. Die hiernach im März 1962 notwendige Kontrolluntersuchung durfte - wie oben dargelegt - allein von der Beklagten, nicht etwa von der Klägerin, in die Wege geleitet werden. Die Beklagte begnügte sich jedoch stattdessen mit der Entgegennahme der Berichte, die der Chirurg Dr. I als D-Arzt in längeren Zeitabständen erstattete; daß hiermit eine wirksame Kontrolle des Heilverfahrens keinesfalls gewährleistet sein konnte, bedarf keiner näheren Darlegungen.
Beruft sich nun aber ein UV-Träger, der seinerseits die aus seiner beherrschenden Rolle im Unfallheilverfahren sich ergebenden Pflichten verletzt hat, gegenüber dem Ersatzanspruch der KK auf das Prinzip der Einheit des Leistungsgrundes, so würde dies bedeuten, daß auf die KK Aufwendungen für einen Zeitraum abgewälzt werden, währenddessen ihr eine eigene - möglicherweise wirkungsvollere - Überwachung des Heilverlaufs und der Arbeitsunfähigkeit verwehrt war, auf Grund deren unter Umständen ihre Leistungsverpflichtung enger begrenzt worden wäre. Ein solches Ergebnis widerspräche nach Meinung des erkennenden Senats in so hohem Maße dem Sinn der in den RVA-Best. geregelten Zusammenarbeit zwischen den Trägern der UV und der KV, daß in einem derart gelagerten Fall am Prinzip der Einheit des Leistungsgrundes nicht starr festgehalten werden darf. Angesichts ihres eigenen Verhaltens, das einen schwerwiegenden Verstoß gegen ihre aus § 5 Abs. 3 der RVA-Best. folgende Verpflichtung darstellt, ist daher die Beklagte gehalten, den Ersatzanspruch der Klägerin auch hinsichtlich der in der Zeit nach dem 30. April 1962 gezahlten Geldleistungen zu befriedigen; der Höhe nach ist dieser Anspruch unstreitig. Auf die hiernach begründete Revision der Klägerin war daher die Beklagte entsprechend dem Revisionsantrag zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 SGG.
Fundstellen